
InformNapalm hat dank CYBINT der ukrainischen Cyberangriffsbrigade CyberStorm-256 Zugang zur E-Mail-Korrespondenz von Russlands stellvertretendem Verteidigungsminister Pavel Fradkov erhalten. Er ist der Sohn des ehemaligen russischen Ministerpräsidenten Michail Fradkov und Bruder von Petr Fradkov, der heute die Promsvjazbank leitet – die Bank, über die der Kreml finanzielle Unterstützung für Aktivitäten in den besetzten Teilen der Ukraine kanalisiert.
Das Material gibt tiefere Einblicke, wie Teile der russischen Elite wirtschaftlich von der Besetzung ukrainischer Gebiete profitieren. Besonders interessant sind Informationen darüber, wie Unternehmen mit Verbindungen zu Ramzan Kadyrow und Marat Kabajew – dem Vater von Wladimir Putins Partnerin Alina Kabajewa – in Bauprojekte in den besetzten Gebieten involviert sind.
Machtmittler in der Präsidialverwaltung
Während Wladimir Putins zweiter Amtszeit (2004–2007) leitete Michail Fradkov die russische Regierung. Seine engen Verbindungen zur Machtstruktur des Kremls legten den Grundstein für einen Familienclan, der bis heute Einfluss in staatlicher und finanzieller Verwaltung hat.
Michail Fradkov war später Leiter des russischen Auslandsnachrichtendienstes (2006–2017) und anschließend Vorsitzender des staatlich finanzierten Instituts für strategische Studien – eine Position, die oft Personen mit engen Machtverbindungen vorbehalten ist. Seine Söhne setzten den Einfluss der Familie fort:
Petr Fradkov (1978) ist Leiter der Promsvjazbank, einer zentralen Bank für die russische Rüstungsindustrie und den wichtigsten finanziellen Akteur in den besetzten Gebieten.
Pavel Fradkov (1981) machte Karriere in der staatlichen Bürokratie und diente im Außenministerium und beim FSB. 2015 wurde er in die Präsidialverwaltung rekrutiert und stieg zum stellvertretenden Leiter der Immobilien- und Bauabteilung auf. Am 17. Juni 2024 wurde er zum stellvertretenden Verteidigungsminister unter Andrej Belousow ernannt.
Der ukrainische Hacktivistengruppe CyberStorm-256 gelang es, auf Pavel Fradkovs persönliches E-Mail-Konto zuzugreifen.
Der E-Mail-Leak umfasst ein breites Spektrum persönlicher Dokumente von Pavel Fradkov und seinen Angehörigen – einschließlich medizinischer Unterlagen, Immobilieninformationen und Korrespondenz mit Relevanz für die russische Verwaltung der besetzten Gebiete. Alle wesentlichen Informationen wurden den ukrainischen Streitkräften übermittelt.
Die Reisepass von Pavel Fradkov.
Die Reisepass von Petr Fradkov.
Der Reisepass der Ehefrau von Petr Fradkov.
Medizinische Informationen bezüglich Pavel Fradkov.
Pavel Fradkov – Kremls Immobilienverwalter in der Präsidialverwaltung
Trotz des Namens geht es in der russischen Präsidialverwaltung nicht primär um die täglichen Aufgaben des Präsidenten, sondern um die Verwaltung staatlichen Eigentums, sowohl in Russland als auch international.
Die Verwaltung besitzt exklusive Immobilien in Russland, beispielsweise im Moskauer Stadtteil Rubljowka und in Sotschi, sowie ehemaliges sowjetisches Eigentum im Ausland, darunter Wohnungen und Häuser in europäischen Hauptstädten. Die Präsidialverwaltung betreibt aktive Verwaltung, Handel und Vermietung dieser Objekte.
Pavel Fradkovs Aufgaben:
- Zuteilung von Freizeitimmobilien an Bürokraten, mit besonderem Fokus auf Rubljowka.
- Überwachung von Renovierungs- und Bauprojekten.
- Lobbyarbeit für die Übertragung spezifischer Immobilien an ausgewählte Empfänger.
- Teilnahme an Veranstaltungen, wie der feierlichen Eröffnung eines Billardraums in einem Hotel – selbst während der laufenden Invasion in der Ukraine.
Einweihung eines Billardraums in einem Hotel, das zur Gruppe der Presidenthotels gehört.
Das Archiv gibt auch Einblick in die internationale Immobilienverwaltung des Kremls, einschließlich Dokumente über Jefim Brandmann, einen deutschen Staatsbürger mit Wurzeln in Czernowitz, der de facto als Kreml-Verwalter für europäische Immobilien fungiert.
Jefim Brandmann ist ein deutscher Staatsbürger, der als Vermögensverwalter des Kremls in Europa agiert.
Fradkovs Rolle in den besetzten Gebieten
Gehackte Archivmaterialien zeigen, dass der aktuelle Verteidigungsminister Andrej Belousow bereits vor seiner offiziellen Ernennung 2024 in kriegsbezogene Angelegenheiten involviert war. Im Juni 2022, als er Erster Vizepremierminister war, leitete er ein Treffen zur Budgetplanung, an dem Fradkov als Vertreter der Präsidialverwaltung teilnahm.
Fradkow hat den gleichen Fokus in seiner Position im russischen Verteidigungsministerium beibehalten.
Bei Belousows Amtsantritt als Verteidigungsminister wurde Fradkov als sein Stellvertreter mit Verantwortung für Immobilien, Bau und Landressourcen rekrutiert. Diese Position wurde zuvor von Timur Iwanow innegehabt, der nach Schoigus‘ Entlassung verhaftet wurde.
Im Ministerium für Nationale Verteidigung setzte Fradkow die Bearbeitung von Fragen fort, die Bauvorhaben, die Verwaltung volkseigener Liegenschaften sowie die Nutzung von Bodenressourcen betrafen.
Der stellvertretende Verteidigungsminister Russlands, Pavel Fradkow, und der Minister für Bauwesen sowie Wohnungs- und Kommunalwirtschaft, Irek Faizullin, erörtern Fragen der gemeinsamen Arbeit.
Eine Durchsicht von Fradkovs Dokumenten zeigt, dass er aktiv an der Umverteilung des Marktes für Bauaufträge in den besetzten Gebieten beteiligt war. Ein Beispiel ist ein Dokument vom September 2024 mit dem Titel „Betreffend Ukraine“, das eine farbcodierte Liste von acht als „genehmigt“ markierten Unternehmen enthält. Das Dokument wurde an die Präsidialverwaltung weitergeleitet.
Wirtschaftliche Interessen im Zusammenhang mit Kadyrow und Kabajew
Die Namen und Eigentümer der unten aufgeführten Unternehmen sind allgemein unbekannt. Einige der Unternehmen zeichnen sich besonders durch den starken Umsatzanstieg im Jahr 2024 aus. Beispielsweise stiegen die Einnahmen von Krasnodar Stroyotdel K um ganze 2738 %. Die Eigentümerin, Zalina Batyrovna Toldieva, ist nicht als Inhaberin weiterer Unternehmen registriert.
Einige der oben genannten Betriebe zeichnen sich besonders durch den erheblichen Zuwachs an Einnahmen im Jahr 2024 aus.
Die folgenden Unternehmen in Fradkovs Dokumentensammlung haben besondere Aufmerksamkeit erregt:
- Strojotdel K (Krasnodar): Steigerte seinen Umsatz 2024 um 2738 %. Eigentümerin: Zalina Toldijewa – ohne weitere Geschäftstätigkeit.
- IRS 2000 (Tschetschenien): Verbunden mit Sultan Usmanow, ehemals tätig bei Grosnygraschdanstroj – einem der größten Bauunternehmen Tschetscheniens. Weist indirekte Verbindungen zum Kadyrow-Kreis auf.
- Evrostroj-3 (Tjumen): Gehört Medni Iljasowa. Keine formelle Verbindung zu Kadyrow wurde festgestellt, aber Tjumen ist der Sitz von Kadyrows Vertretung im Föderalen Ural-Distrikt, wo Adam Iljasow – ihr vermutlicher Verwandter – als Sekretär und Unternehmer tätig ist.
Das bemerkenswerteste Unternehmen ist jedoch:
- PK Prombeton (Moskau): Registriert unter der Adresse Malyj Tatarskij pereulok 5 – dieselbe Adresse wie mehrere muslimische Organisationen, darunter die „MOORND-Allianz“, geleitet von Marat Kabajew, dem Vater von Alina Kabajewa. Kabajew, eine bekannte Figur in russischen Medien, hat seit langem seine Absicht bekundet, Geschäfte in den besetzten Gebieten zu tätigen, und ist bisher Sanktionen entgangen.
Kabajew kontrolliert indirekt Unternehmen wie PK Prombeton, die von der präsidialen Administration „genehmigt“ wurden und in den von Russland besetzten Gebieten tätig sind.
Kabajew äußerte bereits vor der großangelegten Invasion seine offene Bereitschaft, in den besetzten Gebieten tätig zu werden. Bislang wurden keine Sanktionen gegen ihn verhängt.
Sanktionen – Ein entscheidendes Instrument
Der russische Staat nutzt die Baubranche als wirtschaftliches und politisches Instrument in den besetzten Gebieten. Dies ermöglicht der Elite, Haushaltsmittel zu vereinnahmen, während die Belastung des Bundesbudgets durch lokalen Konsum reduziert wird.
Doch die Korruption ist systematisch. Wie Fradkovs E-Mails zeigen, ist nicht nur der Wille, sondern auch die Genehmigung der Präsidialverwaltung erforderlich, um beispielsweise Zementlieferungen in das besetzte Mariupol durchzuführen.
Gezielte Sanktionen erweisen sich somit als wesentliches Instrument, da sie rechtliche Umgehungskonstrukte behindern, Liefernetzwerke destabilisieren und internationale Wirtschaftsbeziehungen einschränken. Ferner schädigen sie die Reputation der Betroffenen, besonders im asiatischen und nahöstlichen Raum.
Fazit
Dieser Bericht ist der erste Teil einer Reihe, die russische Geschäftsinteressen in den besetzten ukrainischen Gebieten aufdeckt. Das Ziel ist es, durch Sanktionen die Aktivitäten dieser Akteure zu behindern und zu unterbinden.
InformNapalm fordert den ukrainischen Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat auf, Maßnahmen gegen alle in diesem Material genannten Personen und Unternehmen zu ergreifen, und appelliert an die internationale Gemeinschaft, diesen Prozess zu unterstützen.
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