
In der Redaktion des krimtatarischen Fernsehkanals ATR in Simferopol fand gestern, am 26. Januar 2015, eine Durchsuchung statt. Ein Gefangenentransporter mit mindestens 20 OMON-Soldaten (russ. Spezialkräfte der Polizei) kam zu dem Gebäude.
Die Mitarbeiter des Fernsehsenders wurden nicht zu ihren Arbeitsplätzen gelassen. Ein Journalist des ATR, Schewket Namatullajew, sagte, dass die Ermittler aus dem FSB und Ermittlungskomitee in die Redaktion eindrangen. „Neben jedem Arbeitsbüro wurde ein bewaffneter Mensch hingestellt. Sie haben unsere Arbeit ein wenig gelähmt, aber wir sind noch auf Sendung. Zu drehen ist uns verboten, sie drohen auch damit, unsere technischen Geräte wegzunehmen,“ schrieb Namatullajew in seinem Facebook-Profil.
Nach Aussage des Journalisten Osman Paschajew, der früher beim ATR gearbeitet hat, interessieren sich die Ermittler für Materialien, die während einer Massendemonstration am 26. Februar 2014 gedreht wurden. Damals fanden Zusammenstöße zwischen Anhängern und Gegnern des Anschlusses an Russland vor dem Gebäude des Oberrates der Krim statt. Paschajew merkte an, dass der Fernsehsender schon im letzten Jahr all diesbezüglichen Materialien zur Verfügung gestellt hatte.
Die stellvertretende Generaldirektorin des ATR für Fragen der Informationspolitik, Lilja Budschurowa, berichtete, dass die Ermittler die Server beschlagnahmt haben.
– Am 16. Mai 2014 hat der Fernsehsender ATR eine offizielle Verwarnung über die Unzulässigkeit von Verstößen gegen die Gesetzgebung Russlands über den Extremismus bekommen.
– Im September 2014 ist ein Brief aus dem Zentrum für Bekämpfung des Extremismus des Innenministeriums Russlands in die ATR-Redaktion eingegangen, mit der Forderung, alle Lizenzdokumente und eine Liste der Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. Im Brief wurde erklärt, dass der Fernsehsender „hartnäckig den Gedanken über die möglichen Repressionen nach dem nationalen oder religiösen Prinzip verbreitet, zur Bildung einer antirussischen gesellschaftlichen Meinung beiträgt, absichtlich Misstrauen gegenüber der Obrigkeit und ihren Aktivitäten unter den Krimtataren entfacht, was indirekt die Bedrohung durch extremistische Betätigung darstellt“.
– Der Fernsehsender ATR ist seit 2005 auf Sendung. Er sendet hauptsächlich in russischer Sprache. ATR behauptet, dass er zum populärsten unter allen regionalen Sendern der Krim gehört.
Quelle: meduza.io; übersetzt von Irina Schlegel