Am Morgen des 11. März 2015 fand im ATO-Stab ein Briefing zur heutigen Lage im Raum der ATO statt. Der Vortrag wurde vom stellvertretenden Leiter der ATO in den Gebieten Luhansk und Donezk, Oberst Walentin Feditschew geleitet. Beim Briefing waren Vertreter ausländischer Medien aus Polen, Frankreich, Deutschland, Japan, Dänemark, USA sowie Journalisten von InformNapalm anwesend.
Der Stabsvertreter betonte, dass die zum jetzigen Zeitpunkt schwierigste Lage in der Umgebung der Ortschaften Schtschastja, Stanizija Luhanska, Artemiwsk und Mariupol herrscht.
Ungeachtet des Regimes der Feuereinstellung bleibt die Situation im Raum der ATO-Zone angespannt. Der Gegner ergreift Maßnahmen zum Verbergen schwerer Bewaffnung in Lagern und Depots. Das Regime der Feuereinstellung wird vom Gegner dazu benutzt, seine Kampffähigkeit wiederherzustellen und Munition und Betriebsstoffe aufzufüllen.
Der vollständige Text des Vortrags ist weiter unten vorhanden.
Nach dem Ende des Briefings wurde für die Journalisten ein Ausflug mit einer Begleitkolonne nach Kurachowe organisiert. Die Medienvertreter haben sich unmittelbar mit dem Leiter der zweiten Verteidigungslinie und mit gemeinen Soldaten unterhalten. Die ATO-Vertreter betonten, dass die prorussischen Söldner trotz der Einhaltung der Bedingungen für den Abzug schwerer Technik seitens der ukrainischen Armee weiterhin provokative Mörserbeschüsse der ukrainischen Stellungen auf der 1. und 2. Verteidigungslinie ausführen, wobei man eine bedeutende Verringerung der Anzahl der Beschüsse nach der Einführung der Waffenruhe vermerkte.
Eigentlich war im Rahmen des Ausflugs auch ein Besuch der 1.Verteidigungslinie durch die Journalisten geplant, aber dieser Punkt wurde wegen Sicherheitsbedenken gestrichen, denn nach operativen Angaben wurde durch die Söldner in dieser Gegend ein Beschuss mit 120-mm Mörsern geführt, und außerdem waren dort Scharfschützen tätig.
Vollständiger Text des Vortrags des ATO-Stabsvertreters:
„In unmittelbarer Nähe zur Grenze der Ukraine wurde mit Stand vom 10. März 2015 eine mächtige Gruppierung der Streitkräfte Russlands aufgestellt, zu deren Verband 48 bataillon-taktische Gruppen und 11 kompanie-taktische Gruppen mit einer Gesamtzahl von 56.000 Militärangehörigen gehören.
Als Bewaffnung haben sie operativ-taktische Raketensysteme „Totschka-U“ – 4; Panzer- 438; Kampffahrzeuge (BMP, SPWs) – 2081; Artillerie- 584; Raketenwerfersysteme- 213; Flugzeuge – bis zu 384; Hubschrauber- 127; Kampfschiffe- 30; U-Boote- 2.
Aus dem Verband dieser Gruppierung sind auf dem Territorium der Gebiete Donezk und Luhansk bis zu 14 bataillon-taktische Gruppen und 1 kompanie-taktische Gruppe aktiv, die aus Kräften und Mitteln der Einheiten und Verbände der Streitkräfte Russlands aufgestellt wurden.
Und zwar:
– die 15. selbstständige motorisierte Schützenbrigade der Friedenskräfte (Roschinski) 2A (Samara) des Zentralen Militärbezirks – im Raum von Luhansk;
– die 17. selbstständige motorisierte Schützenbrigade (Schali) 58A des südlichen Militärbezirks – im Raum von Krasnoarmijsk;
– die 18. selbstständige motorisierte Schützenbrigade (SMSBr) (Kalinowska) 58A des südlichen Militärbezirks – im Raum von Donezk;
– die 20. SMSBr (Wolgograd) des südlichen Militärbezirks – im Raum von Horliwka.
– die 21. SMSBr (Tozke) 2A des Zentralen Militärbezirks – im Raum von Jenakijewe
– die 23. SMSBr (Samara) 2A des Zentralen Militärbezirks – im Raum von Luhansk
– die 28. SMSBr (Yekaterinburg) 2A des Zentralen Militärbezirks – im Raum von Brjanka, Stachanowe;
– die 32. SMSBr (Schilowo) des Zentralen Militärbezirks – im Raum von Jenakijewe.
– die 33. SMSBr (Maikop/49A/Stawropol) des südlichen Militärbezirks – im Raum von Starobeschewe.
– die 37. SMSBr (Kjachta) 36A des Östlichen Militärbezirks – im Raum von Horliwka, Jenakijewe;
– die 74. SMSBr (Jurga) 41A des Zentralen Militärbezirks – im Raum von Komsomolske;
– die 138. SMSBr (Kamjanka) 6A des westlichen Militärbezirks- im Raum von Snischne, Tores;
– die 6. selbstständige Panzerbrigade (Mulino) 1TA des westlichen Militärbezirks – im Raum von Telmanowe.
– die 56. selbstständige Sturmbrigade (Kamyschin) der Luftlandetruppen – im Raum von Sachanka, Krasnoarmijske, Rosa Luxemburg;
– das 217. Fallschirmjägerregiment (Iwanowo) und die 98. Luftlandedivision (Iwanowo) – im Raum von Debalzewe.
– das 331. Fallschirmjägerregiment (Kostroma) und die 98. Luftlandedivision (Iwanowo) der Luftlandetruppen – im Raum von Donezk;
– eine kompanie-taktische Gruppe der 61. selbstständigen Marineinfanteriebrigade (Sputnik) der Nordflotte des operativ-strategischen Kommandos „Nord“ – im Raum von Donezk;
– eine kompanie-taktische Gruppe der 106. Luftlandedivision (des 51. (Tula) oder des 137. (Rjasan) Fallschirmjägerregiments) der Luftlandetruppen – im Raum von Telmanowe.
Die Gesamtzahl der angegebenen Gruppierung beträgt: 8.580 Militärangehörige der Streitkräfte Russlands; „Totschka-U“ – 4; Panzer – bis zu 190; SPWs – bis zu 495; TOS-1 „Buratino“ – 7; Artilleriesysteme – 133; Raketenwerfersysteme – 83; Fla-Raketensysteme – 66.
Außer den auf der Basis der Streitkräfte Russlands auf dem Territorium der ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk aufgestellten bataillon-taktischen Gruppen ist auf diesem Territorium auch eine illegale Gruppierung der bewaffneten Separatisten-Formationen aktiv (der sogenannten „Armeen der DVR und LVR“), die folgendes im Bestand haben :
– lebende Kräfte – 34 000; Panzer – bis zu 450 Stück; SPWs – bis zu 470; Artilleriesysteme – bis zu 360; Raketenwerfersysteme – bis zu 335; Fla-Raketensysteme – 59.
Dabei ist die Separatistengruppierung bedingt nach territorialem Prinzip aufgeteilt. Zur aktiven Kampfführung in Richtung auf Luhansk, Artemiwsk, Donezk, Wolnowacha und Mariupol sind fünf Sturmgruppen und ein Versorgungsraum erschaffen worden, und zwar:
– „Luhansk“ – 2.400; Panzer – bis zu 80; SPWs – bis zu 100; Raketenwerfersysteme – bis zu 40; Artillerie – bis zu 40;
– „Horliwka-Stachanowe“: 21.500 Personal, Panzer – bis zu 140; SPWs – bis zu 160; Raketenwerfersysteme – bis zu 95; Artillerie – bis zu 110;
– „Donezk“ – bis zu 7.000 Personalbestand; Panzer – bis zu 100; SPWs – bis zu 100; Raketenwerfersysteme – bis zu 90; Artillerie – bis zu 130;
– „Starobeschewe-Nowoasowsk“ – bis zu 2.500 Personen, Panzer – bis zu 120; SPWs – bis zu 75; Raketenwerfersysteme – bis zu 85; Artillerie – bis zu 80;
– „Rowenki“ (Versorgungsraum): bis zu 500 Personen, plus kosakische Formationen, SPWs – bis zu 30; Raketenwerfersysteme – bis zu 30; Artillerie – bis zu 10.
Unter Verletzung des Minsker Abkommens verwirklicht die Führung Russlands die Umstrukturierung der illegalen bewaffneten Formationen (IBF) der „LVR“ und „DVR“ zu klassischen militärischen Verbänden: Korps-Brigade (Regiment, selbstständiges Bataillon) – Bataillon (Division) – Kompanie (Batterie) – Trupp.
Auf dem Territorium der „DVR“ wurde ein Artilleriekorps erschaffen, in der „LVR“ zwei davon. An der Aufstellung der Korps nehmen die Militärangehörigen Russlands unmittelbar teil. Die grundlegendsten Stab- und Kommandoposten bis zu einem Bataillon inklusive besetzen ausschließlich Offiziere der Streitkräfte Russlands.
Außer den bewaffneten Formationen der „LVR“ und „DVR“ agieren auf dem Territorium der ukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk auch einzelne Truppen der IBFs, die der Kontrolle der selbsternannten „Republikführung“ und dem Generalstab der Streitkräfte Russlands nicht unterstehen. Die Mehrheit der angeführten Formationen agiert auf dem Territorium der „LVR“ und beläuft sich auf bis zu 2.000 Menschen. Die größten davon sind Kosakische Truppen des sogenannten „Erhabenen Donsker Heers“ mit ihren „Atamanen“ O.Konkin (Stadt Rowenki) und P.Dremow (Stadt Stachanowe). Nach unseren Informationen haben die IBFs in Rowenki den Status eines „selbstständigen kosakischen Bataillons der territorialen Verteidigung“ bekommen und sind der Kontrolle der „Volksmiliz der LVR“ unterstellt worden.
Entsprechend dem Gesetz der Ukraine „Über den Kampf gegen den Terrorismus“ lösen die Streitkräfte der Ukraine und andere militärische Formationen sowie die Rechtschutzbehörden die Aufgaben der antiterroristischen Operation auf dem Territorium der Gebiete Donezk und Luhansk.
Entsprechend den Minsker Verhandlungen vom 12. Februar 2015 wurde ein Maßnahmenkomplex zur Regulierung des Konflikts festgelegt, unter anderem auch eine vollständige Feuereinstellung ab 0:00 Uhr des 15. Februar 2015, Abzug der schweren Bewaffnung über 100-mm-Kaliber und ein größerer Abstand von der Berührungslinie, der der maximalen Feuerentfernung der schweren Bewaffnung gleich ist.
Die ukrainische Seite erfüllt die Minsker Abmachungen im vollen Umfang.
Trotz der Abmachungen setzen die IBFs Angriffe und Beschüsse mit Raketenwerfersystemen, Panzer-Rohrartillerie und Schützenwaffen fort.
Vom 15. Februar bis zum 10. März 2015 wurden 831 Beschüsse von ATO-Stellungen ausgeführt, es wurden 20 Sturmversuche und 17 Gefechtsbegegnungen unternommen.
Unmittelbar nach Sektoren:
Sektor „A“: 64 Beschüsse und 3 Gefechtsbegegnungen.
Sektor „C“: 417 Beschüsse, 12 Sturmhandlungen und 7 Gefechtsbegegnungen. Infolge der Massenbeschüsse aus Raketenwerfersystemen und der Erstürmungen im Verteidigungsraum Debalzewe wurde am 18. Februar der Abzug der ATO-Abteilungen aus Debalzewe auf vorbereitete Stellungen verwirklicht.
Sektor „B“: 271 Beschüsse, 3 Sturmversuche und 4 Gefechtsbegegnungen.
Sektor „M“: 79 Beschüsse, 5 Sturmversuche und 3 Gefechtsbegegnungen.
Analyse der Beschüsse nach Waffentypen:
Raketenwerfersysteme – 93 mal, Rohrartillerie und Panzer – 103 Mal, Mörser – 206 mal, Schützenwaffen – 487 Mal.
Gleichzeitig verbreitet die russische Seite im Rahmen der Maßnahmen zur operativen Tarnung aktiv Desinformation. Dafür werden russische Söldner und ortsansässige Separatisten eingesetzt.“
Dieses Material wurde von Don Proud und Dascha Kalinina exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials wie auch der Photos ist ein Hinweis auf die Autoren und unser Projekt erforderlich.
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