
Putins Kommilitone, der Ex-Aufklärer des KGB und heute amerikanische Finanzanalytiker Juri Schwez glaubt, dass die Kehrtwende in der Außenpolitik Russlands China nützt und die russische Wirtschaft daran hindern wird, sich zu entwickeln.
Moskau macht eine strategische Kehrtwende in Richtung China. Zu ihrer Zeit sind die Moskauer Fürsten unter die Horde gefallen, nun ordnen sich die „kremlischen“ den „pekinger“ unter. Dieser weitere strategische Fauxpas wird schwere Folgen für Russland haben. Das Witzigste an der Sache ist, dass der Hauptgrund (wenn nicht der einzige) dieses strategischen Wahnsinns der Wunsch eines einzigen Menschen ist, im Kreml bis ins Grab sitzen zu bleiben. Aber wo sind die Analytiker und die Geheimdienste? Es kann doch nicht sein, dass sie alle gleichzeitig zusammen verrückt geworden sind und niemand den Kreml gewarnt hat, dass er einen strategischen Selbstmord begeht.
Wobei die Kreml-Regenten traditionell schwierige Beziehungen zu ihren Geheimdiensten hatten. Genosse Stalin wusste genau, dass Hitler nicht angreifen wird, und den Aufklärungsdienst brauchte er dafür im Grunde gar nicht. Darum wurde die Aufklärung akkurat am Vorabend des Zweiten Weltkrieges, Ende der 1930er, mit Stumpf und Stiel ausgerottet – damit sie nicht in den Weg tritt. Die Herangehensweise war einfach: Wenn ein Aufklärer über zwei Jahre im Ausland verbracht hatte, hatte er sich mit der Ideologie der Bourgeoisie bereits angesteckt, und vertrauen konnte man ihm nicht mehr. Er wurde in den Urlaub geschickt und dort erschossen. So wurden die Aufklärungsdienste des NKWD und RKKA faktisch komplett vernichtet. Richard Sorge ist durch ein Wunder mit dem Leben davongekommen, als er auf den „Urlaub“ in Moskau verzichtete. Chruschtschow nutzte die Aufklärungsinformationen hauptsächlich dazu, um „den Amerikanern einen Igel in die Hose hineinzustecken“ (gemeint ist die Krise in der Karibik und die sowjetischen Raketen). Einmal ließ er sich davon so hinreißen, dass er zu viel ausplauderte, und der FBI daraufhin einen wertvollen KGB-Agenten in den USA aufdeckte.
Trotz der zahlreichen Aufklärungsberichte gelang es Breschnew nie, die Gründe von Watergate nachzuvollziehen, wegen denen Nixon vorzeitig das Weiße Haus verlassen musste. Breschnew war schockiert. „Aber wir haben uns doch mit NixOn abgesprochen,- murmelte er fassungslos vor sich hin, dem es nie gelungen ist, sich die richtige Aussprache des Nachnamens des amerikanischen Präsidenten anzueignen. – Was ist denn nun mit der Entspannung?“
Danach haben die Analytiker der KGB-Außenaufklärung, die Sondermitteilungen an verschiedene Regierungsinstanzen versendeten, eine strenge Anordnung bekommen, die – dessen bin ich mir faktisch sicher – bis jetzt gültig ist: je hochrangiger der Beamte ist, für den die Information bestimmt ist, desto einfacher muss sie geschrieben sein. Die Berichte ganz nach oben, in den Kreml, hat man so geschrieben, dass es sogar für einen Idioten verständlich ist.
Ich bin sicher, dass man Putin auch Meldungen darüber erstattete, dass die Umorientierung auf China die größte Dummheit ist. Aber Putin mag die Aufklärung nicht. Das ist etwas tief Intimes, das noch in den 1980er entstand, als er in den Aufklärungsdienst nicht aufgenommen wurde. Lustig, aber es stellt sich heraus, dass in jener Zeit die Anforderungen an professionelle Qualitäten eines Aufklärers höher waren, als später die Anforderungen auf den Posten des Präsidenten Russlands wurden…
Nachdem Putin zum Präsidenten gemacht worden war, hat er Krjutschkow in den Kreml eingeladen, den ehemaligen Chef der KGB-Außenaufklärung, um ihn zu überreden, sich an die Heldentaten des Aufklärers Putin zu erinnern. Früher hat man auf eine ähnliche Weise auch Marschall Schukow versucht zu überreden, sich in seinen Memoiren daran zu erinnern, wie er sich während des Krieges für die Meinung von Oberst Breschnew interessierte. Krjutschkow, wie einst Schukow auch, verzichtete darauf, sich an das Niedagewesene zu erinnern, und seitdem verwandelte sich die Außenaufklärung in eine ungeliebte Stieftochter des Kremls. Als Resultat ging der Großteil der aufklärerischen Funktionen im Ausland fließend in die Kompetenz des FSB über, der zu den Zeiten, als ihn Putin leitete, mit Mitarbeitern der territorialen KGB-Verwaltung aus Leningrad und Umgebung „verstärkt“ worden war, deren Mehrheit bis zu ihrem Umzug nach Moskau einen echten lebendigen Amerikaner oder Chinesen nie vors Gesicht bekommen hatte.
Es folgte eine Reihe berüchtigter und oft beleidigend dämlicher Niederlagen. Nun können wir in Echtzeit eine geopolitische Niederlage beobachten: die strategische Kehrtwendung Russlands vom Westen zum Osten hin.
Eigentlich ist diese Kehrtwendung vom historischen Standpunkt aus irgendwie folgerichtig. Das Moskauer Fürstentum, dem Russland entwachsen ist, materialisierte sich als Ulus der Horde. Nun schließt sich der historische Kreis und Russland verwandelt sich in einen Vasallen der Tianxia. Die Frage ist nur, wer dabei im Gewinn bleibt und wer mit Pauken und Trompeten durchfällt.
Im Eifer des Kalten Krieges, als ich in der amerikanischen Abteilung des Ersten Direktorats des KGB arbeitete, bestimmte die UdSSR-Regierung die „Hauptfeinde“ der UdSSR in folgender Reihenfolge: USA, NATO, China. Faktisch bedeutete dies, dass die Aufklärungsoffiziere, unabhängig davon, in welches Land sie abkommandiert wurden, in erster Linie verpflichtet waren, zu diesen Hauptfeinden zu arbeiten. Und darum waren sie vor ihrer Dienstreise verpflichtet, ein Praktikum in einer entsprechenden Abteilung des PGU (Erstes Direktorat des KGB) abzuschließen. So musste auch ich eine Woche in der chinesischen Abteilung der politischen Aufklärung arbeiten, wo ich verschiedene Verfahren und Vorschriften durchlas.
Die Resultate dieses Praktikums haben mich tief beeindruckt. Es stellte sich heraus, dass trotz der langen Jahre der engen Zusammenarbeit zwischen der UdSSR und China – in erster Linie unter Stalin – China eine terra incognita für die KGB-Außenaufklärung war, von den anderen Staatsbehörden mal abgesehen. Die Chinesen galten als nicht-rekrutierbar, und ihre Mentalität als schwer nachvollziehbar. Also, alles wie im bekannten Film: „Der Osten ist eine feine Sache“.
Davon konnte ich mich in Washington überzeugen, als ich einen Reporter einer der führenden chinesischen Zeitung bearbeitete, der nach Angaben des Zentrums ein Mitarbeiter der chinesischen Geheimdienste war. Es gibt viele Theorien darüber, wie die chinesischen Geheimdienste arbeiten, dabei werden viele von diesen Theorien von Menschen geschrieben, die einen echten Chinesen nie im Leben gesehen haben.
Ich persönlich hatte den Eindruck, dass ich und mein chinesisches „Objekt“ das Handwerk der Aufklärung in einer Gruppe und nach den gleichen Lehrbüchern erlernt haben (anscheinend hat die Beihilfe des KGB bei der Erschaffung der chinesischen Geheimdienste in den 1950ern ihre Früchte getragen). Er versuchte, mich zu rekrutieren – ich rekrutierte ihn. In der Zwischenzeit redeten wir „über das Leben“.
Zu der Zeit, und das geschah in der Mitte der 1980er, war China ein armes und zurückgebliebenes Land. Millionen Chinesen hungerten. Das Rückgrat der Industrie bestand aus Betrieben, die noch zu Stalins Zeiten von der UdSSR geschenkt worden waren. „Ja, Ihr seid weit nach vorne gegangen“, sagte der Chinese traurig, als wir den Lebensstandard der beiden Länder verglichen.
Seine Erzählung über den Alltag der chinesischen Diplomaten und Journalisten in Washington verblüffte mich bis auf tiefste Innere. Seine Familie, bestehend aus drei Menschen, lebte von seinem Lohn, der – Achtung! – 200 Dollar im Monat betrug. Dabei plante er in den vier Jahren seiner Dienstreise einen Kühlschrank, einen Fernseher und eine Menge anderer Haushaltselektronik in den USA zu erwerben. Dafür sparten er und andere Chinesen äußerst hart beim Essen, indem sie sich aus einem gemeinsamen Topf in der Botschaft ernährten.
Als der Chinese mir all das erzählte, waren seine Augen sehr traurig, aber darin war auch das Glitzern einer bissigen Überzeugung: „Wir werden euch schon einholen! Für die Erniedrigung, die Genosse Mao erfahren hat, als er auf darauf warten musste, dass ihn Genosse Stalin empfängt; für den beleidigenden Spitznamen „Pekinger Revisionisten“, den Chruschtschow seinen ehemaligen Verbündeten verliehen hat; für die beinahe ausradierte Insel Zhenbao Dao und für die 1,2 Millionen Quadratmeter Land in der Mandschurei, die Russland bei seinem chinesischen Brudervolk in der Mitte des 19. Jahrhunderts gestohlen hatte, als dieses durch den „Opiumkrieg“ entkräftet war, und die Russland noch immer nicht zurückgegeben hat.“ In einem berühmten chinesischen Lied vom Anfang der 1950er wurde „Ein Russe und ein Chinese sind Brüder für Ewigkeit“ gesungen, aber im realen Leben kam heraus, dass die Geschichte sie zu einem ewigen Zwist verdammt.
Einmal, ungefähr Ende 1985, bestellte mich mein chinesischer Kollege unerwartet zu einem Sondertreffen, um eine sensationelle Nachricht mitzuteilen: China reduziert seine Streitkräfte um 50% und nimmt einen Kurs auf eine forcierte Wirtschaftsentwicklung. Seinen Worten nach war das eine historische Kehrtwende, die nicht nur die Geschichte der Chinesischen Volksrepublik, sondern auch der ganzen Welt ändern wird. Als ich das im Zentrum mitteilte, wurde mir geantwortet, dass dies eine Desinformation sei, die die ansteigende Aggressivität der chinesischen Soldateska zu verheimlichen bestimmt ist. In Wirklichkeit haben die Chinesen ihren ursprünglichen Plan der Reduzierung wesentlich überboten, und bis zum Jahr 2000 wurden ihre Streitkräfte um 1,7 Millionen Menschen reduziert. In der gleichen Zeit verwandelte sich China aus einem zurückgebliebenen halbhungrigen Land in einen wirtschaftlichen Giganten. Dies geschah, weil sich in der chinesischen Elite eine Gruppe Pragmatiker gebildet hat, die sich ganz einfache Wahrheiten zu eigen machten: dass man die Politiker austauschen müsse, wie Pampers – also in regelmäßigen Abständen; dass man sein Land nicht bestehlen darf, und dass man die Täter dafür erschießen solle; dass das Hauptkriterium, das den Platz eines Staates in der modernen Welt bestimmt, seine Wirtschaft ist, und das Herumfuchteln mit Atomwaffen nur den Randfiguren à la Nordkorea eigen ist. In der gleichen Zeit hat sich in Moskau eine Mannschaft intellektueller Nieten gebildet, die durch einen Klan hartgesottener Diebe und Banditen abgelöst wurde. In Peking sind sozial verantwortliche Menschen an die Machtspitze gekommen – in Moskau stieg hauptsächlich der Abschaum hoch. Als Folge stürzte erst die UdSSR zusammen, und nun steht auch die Russische Föderation unter der Bedrohung eines Zerfalls.
Und unter diesen Bedingungen beschloss Putin, die Richtung zu wechseln. Gemacht wurde es himmlisch meisterhaft. Zuerst hat sich Russland mit der EU und den USA total überworfen und den Westen davon überzeugt, dass er so einen strategischen Erdöl- und Gaslieferanten nicht braucht. Und als man dann anfing, die „Gasprom“ von den traditionellen Märkten abzudrängen, und ihr Gewinn in nur einem Jahr um das Siebenfache abstürzte, beschloss der Kreml, den chinesischen Trumpf auszuspielen, um… die USA und EU zu bestrafen. Zu diesem Zweck ist Putin im Mai letzten Jahres (2014) pompös nach Peking gekommen.
Alles weitere erinnerte an das Bild von Repin „Unerwartet“. Es hat sich herausgestellt, dass der „Affe“ nicht umsonst Jahrzehnte lang geduldig herumsaß und den Kampf zweier Tiger beobachtete. Nun kam einer von ihnen, der in dieser Zeit zu einer zerlumpten Katze mutiert ist, um Hilfe bettelnd zum „Affen“ herangekrochen, der nun die volle Breitseite abbekommen kann. Den stärksten Schlag bekam das Lieblingswerk des Kreml: Seine Pläne, die Hauptlieferungen von Gas aus Europa nach China unter der ungefähren Beibehaltung des Preisniveaus zu verlegen. Dabei war sich Moskau sicher, dass Peking ihm 30 Milliarden Dollar zum Bau der Gaspipeline zur chinesischen Grenze zur Verfügung stellt. Die Chinesen entgegneten mit einem Angebot, die Gaspipeline fürs eigene, russische Geld zu bauen, und gaben so einen Preis für Gas, dass Putin und Co gebeten haben, diesen geheimzuhalten, um kein homerisches Gelächter im Westen hervorzurufen. Experten haben aber den ungefähren Preisstand herausgefunden, und es stellte sich heraus, dass dieser den Selbstkosten der Förderung und des Transports des russischen Gases nahekommt.
Als Putin die in Peking abgelaufenen Verhandlungen kommentierte, merkte er mit einem erzwungenen Lächeln an, dass sich die chinesischen Kumpels als harte Verhandlungspartner entpuppt haben. Man möchte doch fragen: Was hast Du denn gedacht, mein Lieber? Du hast doch eigenhändig erst all die Brücken nach Westen hinter dir abgebrochen und bist dann ohne jegliche Verbündete, unter Sanktionen und im Zustand einer Krisenwirtschaft mit einer ausgestreckten Hand zu einem reichen und harten Nachbarn um Hilfe bitten gekommen. Peking müsste doch ein seltener Altruist sein, damit es unter solchen Bedingungen aus Russland nicht alles auspresst, was es nur braucht. Und genau das hat Peking auch getan.
Das letzte Vereinbarungspaket, das beidseitig am 8. Mai 2015 während des Besuchs von Xi Jinping in Moskau unterzeichnet wurde, bestätigte die sich abzeichnende Tendenz: China geht ruhig und planmäßig an die Verwandlung Russlands zu seinen Rohstoffanhängsel heran. In Peking versteht man richtig, dass sich Putin derartig in eine Ecke manövrierte, aus welcher er sich der Tianxia nur noch zu Füßen werfen kann. Was er eigentlich auch getan hat.
Die Kampfgefährten Putins gerieten auch in Schwierigkeiten. Nach vorhandenen Angaben überwies Putins Umfeld seine Aktiva an Banken von Hongkong. Was denken Sie, wenn Obama oder jemand von seinen Ministern ein Geheimkonto bei der Sberbank Russlands eröffnet hätte, würde es der FSB ausnutzen oder nicht? Natürlich würde er! Ich bin sicher, dass die chinesischen Geheimdienste in Bezug auf die Inhaber der russischen Bankkonten in Hongkong genauso vorgehen werden, denn sie erinnern sich sehr gut an die Erfahrung, die ihnen noch in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts die sowjetischen Genossen aus dem KGB weitergegeben haben. Das Geld von Putin und seinen Komplizen ist also in guten Händen.
Aus der Kehrtwende von Russland zum Osten kann man mehrere Schlussfolgerungen ziehen. Erstens wird Russland den chinesischen Trumpf gegen die USA nicht ausspielen können. Russland ist ein wirtschaftlicher Zwerg im Vergleich zu China und es ist absolut lächerlich zu vermuten, dass die Tianxia irgendwelchen Gaunern erlauben wird, sie selbst als eine Trumpfkarte auszunutzen. Außerdem ist die Wirtschaft von China so eng mit der Wirtschaft von den USA verbunden, dass in absehbarer Zukunft die eine ohne die andere nicht existieren kann. Aber ohne das russische Erdöl und Gas kann sich China ganz gut zurecht finden, zumal Kasachstan und Turkmenistan in der Nähe sind.
Zweitens kann China Europa als die Quelle der Finanzierung des russischen Großbusiness nicht ersetzen. Vor der Ausrufung der Sanktionen vergaben die westlichen Banken dem russischen Großbusiness billige Kredite in einer Gesamtsumme von 500 bis 700 Milliarden Dollar. Von China wird Russland kein Geld für die Entwicklung des privaten Großbusiness bekommen. Peking wird das Geld nur in solche Projekte auf dem Territorium Russlands investieren, die für die weitere wirtschaftliche Expansion von China unerlässlich sind. Von der Entwicklung des russischen Großbusiness steht in Pekings Plänen nichts.
Drittens, wenn man das wirtschaftliche Potenzial beider Seiten betrachtet, werden nun die „kremlischen“ den „Pekingern“ untergeben sein, und die Beziehungen zwischen ihnen werden an die Beziehung zwischen einem Vasallen und seinem Lehnsherrn erinnern. Und das ist gut so. Am Ende muss doch jemand auf das Gesindel aufpassen. Ihr habt den liberalen und dekadenten Westen nicht gemocht? Dann bekommt Ihr den autoritären und harten Osten. Alexander Newskij hat sich geweigert, die königliche Krone vom Papst anzunehmen und bevorzugte, auf den Knien vor dem Horden-Khan zu kriechen und seine Stiefel zu küssen. Die geheimnisvolle russische Seele. Die Geschichte wiederholt sich, wie man so schön sagt…
Der Kreml wird auch seine außenpolitischen Ambitionen zügeln müssen. Ein Vasall muss ein Vasall bleiben, und hat über ein mythisches Imperium nicht herumzuschreien. Um so mehr, weil China sich in Außenbeziehungen äußerst zurückhaltend verhält, indem es auf die wirtschaftliche Expansion setzt, und nicht auf militärische Abenteuer. Überhaupt ist es für Peking wohl sehr seltsam, wenn Menschen über die eigene Größe Reden schwingen, die sich in der Hochzeit eines wissenschaftlich-technischen Progresses davon ernähren, was ihnen der liebe Gott geschenkt hat (Erdöl, Gas, andere Bodenschätze), und alles, was sie dabei mit Händen und ihrem Verstand tun, auf den internationalen Märkten keiner Konkurrenz standhält. Und hört auf, über den russischen Export der Superwaffen zu erzählen. Faktisch alle davon wurden noch in der Sowjetunion ausgearbeitet, als sich 80% des wissenschaftlichen Potenzials, das mit dem Militärindustriekomplex verbunden ist, in der Ukraine befand…
Die Kehrtwende in Richtung China wird eine Spannung in der russischen Bürokratie hervorrufen. Bislang haben die Beamten ihre Ausweichflugplätze im Westen gebaut, und werden wohl kaum froh darüber sein, sich auf Shanghai oder Peking umorientieren zu müssen.
Die Beamten regieren Russland seit den Zeiten von Peter I., und wenn der Regent in einen Konflikt mit dem Beamten-Heerschar trat, verlor er mit wenigen Ausnahmen. Mal hat den halbirren Regenten eine Apoplexia cerebri mithilfe einer Tabakdose in die Schläfe aufgehalten, mal riss ein unerwarteter Putsch die Macht aus den Händen eines abenteuerlustigen Generalsekretärs. Bis jetzt brauchte die Bürokratie Putin als einen Stabilitätsgaranten, aber die „Perestrojka“ vom Westen auf den Osten – das ist ein strategisches Abenteuer. Es ist unwahrscheinlich, dass sie dem Staatsapparat gelegen kommt.
Bei allem Grinsen und den äußerlich erwiesenen Aufmerksamkeiten müssten die chinesischen Kumpels die kremlischen Anführer mit tiefer Verachtung wahrnehmen. Dafür, was die Genossenschaft „Osero“ mit Russland macht, wird man in China erschossen. Darum werden die kremlischen Jungs wohl bald spüren, dass man sie auch hier nicht respektiert, aber eine Kehrtwende wird man nirgendwohin mehr machen können, es sei denn man geht eine Allianz mit Nordkorea ein…
Was die Ukraine angeht, so verbindet sie mit China ein wichtiger Umstand: Beiden Ländern hat Russland heimtückisch einen großen Teil ihrer Territorien gestohlen, als diese Länder sich in Not befanden. Hier könnte man auch Berührungspunkte finden.
Autor: Juri Schwez in gordonua.com; übersetzt von Irina Schlegel.
CC BY 4.0
One Response to “Wem nützt Russlands Kehrtwende vom Westen zum Osten?”
17/06/2015
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