Ukrainische Hacktivisten der Gruppe Cyber Resistance haben die E-Mail-Konten von Andrej Lugowoj, dem ersten stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für Sicherheit und Korruptionskontrolle der russischen Staatsduma, gehackt.

Das Material in Lugowojs Korrespondenz, wie parlamentarische Anfragen und andere Informationen, wurde ausschließlich InformNapalm zur Analyse übergeben.

Andrej Konstantinowitsch Lugowoj

Andrej Lugowoj wurde am 19. September 1966 in Baku in einer Offiziersfamilie geboren. 1987 absolvierte er die Moskauer Oberkommandoschule. Anschließend wurde ihm eine Position im Kreml-Regiment zugewiesen, das der neunten Direktion des KGB unterstellt war. 1990 absolvierte er höhere Kurse in militärischer Spionageabwehr beim KGB. Zwischen 1991 und 1996 diente er in der russischen Hauptsicherheitsdirektion, dem Sicherheitsdienst des Präsidenten und dem Bundessicherheitsdienst. Seine Mission war es, hochrangige russische Beamte zu schützen.

Bekannt ist auch, dass ein russisches Gericht Lugowoj 2004 zu 14 Monaten Gefängnis verurteilte, weil er die Flucht von Nikolaj Gluschkow organisiert hatte, einem Mitarbeiter von Boris Beresowski. Nach Verbüßung seiner Strafe wurde Lugowoj Geschäftsmann und leitete die Sicherheitsgruppe Neunte Welle. Das Unternehmen führte unter anderem den Schutz der Familie Beresowski durch. Im Jahr 2006 beendete Lugowoj eine Mission, indem er KGB-Oberst Alexander Litwinenko in London mit Polonium-210 vergiftete. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Straßburg war er der direkte Täter des Mordes. Im Januar 2016 kamen britische Ermittler zu dem Schluss, dass der Mord an Litwinenko wahrscheinlich von Putin und dem damaligen FSB-Chef Nikolaj Patruschew sanktioniert wurde.

Unter Sanktionen nach dem Magnitsky Act

Im Jahr 2017 haben die Vereinigten Staaten Lugowoj auf die Sanktionsliste nach dem Magnitsky Act gesetzt. Laut der primären Sanktionsdatenbank der Ukraine steht er auch unter Sanktionen der EU, Kanadas, der Schweiz, Australiens, Neuseelands und der Ukraine.

Laut der offiziellen Website der russischen Staatsduma hat Lugowoj derzeit die folgenden Positionen inne:

• Stellvertretender Vorsitzender der Untersuchungskommission zur Einmischung ausländischer Staaten in die inneren Angelegenheiten Russlands
• Mitglied der Kommission zur Überprüfung der Bundeshaushaltsausgaben für die nationale Verteidigung, die nationale Sicherheit und die Strafverfolgung
• Erster stellvertretender Vorsitzender des Sicherheits- und Antikorruptionsausschusses

Als Staatsmann und russischer Propagandist zog Lugowoj selbst die Aufmerksamkeit der Hacktivisten auf sich. Grund dafür waren trotzige Kommentare zur skandalösen Verabschiedung des Wehrdienstabberufungsgesetzes vom 11. April 2023. Er trat auch als aktiver Lobbyist auf, um Russen, die sich nicht am Krieg gegen die Ukraine beteiligen wollen, Beschränkungen aufzuerlegen.

Die erhaltene Korrespondenz

Die ukrainischen Hacktivisten haben viel Korrespondenz aus Lugowoj gesammelt. Um die Leser nicht mit Material zu überladen, werden nur einige persönliche Dokumente zu Andrej Lugowoj und seiner parlamentarischen Tätigkeit vorgestellt. Darüber hinaus werden Fakten über die jüngsten teuren Reisen der Familie auf die Seychellen enthüllt, vermutlich nicht nur zur Erholung, sondern auch zur Eröffnung von Offshore-Konten, um Geld aus Russland abzuheben. Außerdem wird ein persönliches und heikles Thema zu einer Diagnose, die er Anfang April erhalten hat, angesprochen.

Andrej Konstantinowitsch Lugowoj (geboren am 19. September 1966) besitzt einen russischen Pass mit der Nummer 4511 282676. Er ist derzeit an seiner Wohnadresse gemeldet: Lialin pereulok 7/2, Gebäude 1, Wohnung 20 in Moskau.

Finanzieller Status

Gescannte Kopien von Finanzdokumenten werden unten zur Überprüfung vorgelegt:

• Einkommens- und Vermögensbescheinigung über Lugowoj und seine Familienmitglieder für 2022 (PDF)
• Kontoauszüge der Ehefrau vom 14. März 2023 (PDF)
• Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens Bratsk Elektrizitätsunternehmen (БЭС) für 2021 (PDF)
• Expertenbericht über Bratsk Elektrizitätsunternehmen (PDF)
• Registrierungsbescheinigung für Bratsk Elektrizitätsunternehmen (PDF)

Aus der Erklärung für 2022 geht hervor, dass Lugowoj ein Einkommen von acht Millionen Rubel hatte und seine Frau 34 Millionen Rubel.

Es handelt sich hauptsächlich um Einnahmen aus dem Verkauf von Strom aus Bratsk Elektrizitätsunternehmen in der Region Irkutsk, wo der Kapitalanteil der Frau von Lugowoj gehört. Es ist schwer vorstellbar, wie die Dividende ausgefallen wäre, wenn Frau Ksenia Logowaja 2018 nicht fast 111.000 Aktien der Stromnetzgesellschaft Bratsk im Wert von 85 Millionen Rubel an ihren Partner Andrej Andrejewitsch Agafonow übertragen hätte (PDF).

Darüber hinaus wurden Lugowojs Vollmachten für Agafonow in seinen E-Mails gefunden, was darauf hindeutet, dass Agafonow Lugowojs Geschäftspartner und Schattensack ist, um Einkommen und Kapital zu verbergen (PDF).

Die Tatsache, dass Lugowojs Frau und ihr Geschäftspartner vom Stromverkauf in der Region Irkutsk profitieren, erklärt jedoch weitgehend, warum Lugowoj sich jetzt aktiv für die Verabschiedung eines Kryptowährungsgesetzes in Russland einsetzt. Am 28. April 2023 wurde in der Zeitung der Staatsduma ein langes Interview mit ihm über Kryptowährung im Bergbau veröffentlicht.

Er hat Strom, der für den Bergbau benötigt wird. Viel Strom bedeutet viel Kryptowährung und damit noch mehr Dividenden von Bratsk Elektrizitätsunternehmen. Eine weitere Chance, in ein anderes „profitables Geschäft“ zu reinvestieren. Wie zum Beispiel 2018, als die Familie Lugowoj in Moskau nach einer Immobilie suchte. Das gefundene Eigentum ist weit mehr wert als das kombinierte Jahreseinkommen eines Mitglieds des Staatssicherheits- und Korruptionskontrollkomitees und seiner Frau.

Lugowojs parlamentarische Arbeit

Besondere Aufmerksamkeit verdient die parlamentarische Arbeit von Andrej Lugowoj. Zum Beispiel eine Anfrage vom 21. März 2023 zur wohltätigen Unterstützung von 5 Millionen Rubel für ein Denkmal (PDF). Oder ein Schreiben an die Staatsanwaltschaft vom 13. Februar 2023 (PDF) mit der Forderung, die öffentliche Frauenvereinigung Soft Power zu kontrollieren, die angeblich versucht, Menschen zum Protest gegen den militärischen Sondereinsatz in der Ukraine zu bewegen (PDF).

Auch ein Ersuchen an den Justizminister vom 12. Juni 2022 mit der Forderung, die Freiheitslegion Russlands als extremistische Organisation anzuerkennen und ihre Symbole zu verbieten (PDF). Interessant ist auch ein Ersuchen vom 4. Juli 2023, Z-Freiwilligen militärische Ehren zu verleihen (PDF). Ebenfalls aufgeführt ist alles, was sie für die Kämpfe der 58. russischen Armee in der Nähe von Saporischschja in der Ukraine gesammelt haben.

Eine Liste der Petitionen von Lugowoj wird ebenfalls vorgelegt:

• Die Kommission zur Erhaltung des Erbes von Akademiker Sacharow vom 12.12.2022 (PDF)
• Migrationszentrum Priwolschski vom 12.08.2022 (PDF)
• Der polnische Verein Polaros vom 09.11.2022 (PDF)
• Die russische Staatsbürgerin Wera Poloskowa und ihr Interview mit dem YouTube-Blogger Dudia vom 19.12.2022 (PDF)
• Über den Bürger Russlands Waleri Meladze vom 01.09.2023 (PDF)
• Über den britischen Staatsbürger Christopher Nigel Donnelly vom 07.11.2022 (PDF)
• Blogger, die an Werbeaktionen für die Bekleidungsmarke Stone Edge teilnehmen vom 04.06.2023 (PDF)
• Die Einzelhandelskette Auchan und das russische Steuerhinterziehungssystem vom 03.01.2023 (PDF)
• Das Team gegen Folter vom 10.01.2023 (PDF)

Ehefrau von Andrej Lugowoj

Ksenia Aleksejewna Lugowaja (geb. 26.07.1989) besitzt einen russischen Pass mit der Nummer 4512 892921. Aktuelle Melde- und Wohnadresse: Lialin pereulok 7/2, Gebäude 1, Wohnung 20 in Moskau.

Es ist bekannt, dass Lugowaja die Seychellen im Zeitraum vom 4. März bis 14. März 2023 besucht hat, wie aus Buchungsunterlagen für Hotel- und Hubschraubertransport hervorgeht:

• Reiseroute – Lugowaja (PDF)
• Route – Lugowaja x 3 (PDF)
• CLS-voucher — Lugowaja (PDF)
• FSS-voucher — Lugowaja (PDF)

Die OSINT-Ermittler von InformNapalm konnten mit Hilfe sozialer Netzwerke bestätigen, dass Ksenia Lugowaja in dieser Zeit tatsächlich die Seychellen besuchte.

Aus offenen Quellen ist bekannt, dass Ksenia Lugowaja (die Andrej Lugowoj 2012 heiratete) seit 2018 auch als Entertainerin arbeitet. Sie tritt unter dem Pseudonym Kaya auf und hat eine Seite auf Instagram. Am 14. März 2022 fügte die russische Zensurbehörde Roskomnadzor Instagram offiziell über verbotene Websites hinzu. Darüber hinaus wird Instagram als extremistisch erkannt, was bedeutet, dass Benutzer, die Links zu Instagram posten, für das Markieren von extremistischen Symbolen gemäß Artikel 20.3 bestraft werden können. Die Strafe ist eine Geld- oder Gemeinschaftsstrafe bis zu 15 Tagen.

Zwischen dem 8. und 12. März hat Ksenia Lugowaja auf ihrer Instagram-Seite mehrere Fotos und Videos von den Seychellen hochgeladen.

Die Tatsache, dass die Frau des stellvertretenden Vorsitzenden des Sicherheits- und Korruptionskontrollausschusses der Staatsduma im Urlaub auf den Seychellen ist, ist kein Beweis für Finanzkriminalität. Verdächtig erscheint allerdings, dass sie am Tag ihrer Abreise von den Seychellen am 14. März 2023 einen Kontoauszug nahm (PDF). Es ist möglich, dass ihre Aufgabe neben der Erholung darin bestand, einige finanzielle Probleme im Ausland zu lösen. So wie die Geschichte des ehemaligen Mitglieds der Staatsduma Semjon Bagdasarow.

Polonium-210

Im Fall der Vergiftung von Alexander Litwinenko scheint die Spezialoperation mit Polonium-210 Andrej Lugowoj selbst getroffen zu haben. Es ist allgemein bekannt, dass kleine Dosen von Polonium-210 bösartige Tumore verursachen können. Und laut ärztlichem Gutachten vom 5. April 2023 wurde bei ihm Prostatakrebs (T2aN0M0 Stadium II) diagnostiziert. Die Ärzte schlugen eine Operation vor, doch laut eidesstattlicher Erklärung lehnte der Patient eine Operation und Bestrahlung schriftlich ab (PDF). Andrej Lugowojs öffentliche und nichtöffentliche Aktivitäten als Mitglied der Staatsduma, seine Teilnahme an Propaganda-Talkshows im Fernsehen, seine Beteiligung am Mord an Litwinenko und viele andere Aktivitäten haben ihn natürlich mit russischen Kriegsverbrechern gleichgestellt. Diese müssen vor Gericht gebracht werden, und wenn eine Identifizierung von Körperteilen erforderlich ist, sind Röntgenbilder seines Kiefers verfügbar (PDF).

InformNapalm dankt den Hacktivisten von Cyber Resistance für die exklusive Gelegenheit, an dieser Untersuchung teilzunehmen und diese Geschichte zu veröffentlichen. Alle Leser werden ermutigt, unseren Telegram-Kanal zu besuchen, auf dem wir mehr Informationen veröffentlichen als auf der Website.

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