Wir möchten Ihnen hiermit eine Auswahl an antisowjetischer Malerei aus verschiedenen Jahren präsentieren. Einige dieser Bilder stammen aus der UdSSR-Zeit, sie wurden heimlich „in die Schublade“ gemalt, das Publikum bekam sie erst nach dem Fall des Sowjetregimes zu sehen. Der zweite Teil der Bilder stammt aus den 1990er und späteren Jahren, als die Zensur und Lubjanka (KGB-Zentrale) die Künstler nicht mehr bedrohten. Beide Teile sind auf ihre Weise interessant, vor allem heute, da die Rehabilitierung des Sowjet-Regimes in der Russischen Föderation in vollem Gange ist und die Sehnsucht nach alten Zeiten gezielt geweckt wird. Es gibt einiges, was man über das Sowjetregime wissen sollte.
Lasst uns doch mit diesem hier beginnen:
1 Juri Kugatsch. „Dem Großen Stalin – Ruhm!“, 1950
Der Autor dieser Unterwürfigkeit heißt Juri Kugatsch, ein berühmter Meister des sozialistischen Realismus. Er hat eine Menge Bilder dieser Art gemalt.
2. Juri Kugatsch. „1. Mai“, 1952
Alle sind einfach nur glücklich, Sonne, Frühling, Lieder und Tänze.
Aber wer hätte gedacht, dass Kugatsch seit den 1960er Jahren in der Stille seines Ateliers 30 Jahre lang an diesem Bild hier arbeitete. Die Arbeit hat er kurz und bündig „Aus der jüngsten Vergangenheit“ genannt.
3. Juri Kugatsch. „Aus der jüngsten Vergangenheit“, 1960-1990
Enteignung: Ein Bauer mit schwieligen Händen und Tschekisten (NKWD-Mitarbeiter), die seine Familie aus dem Dorf vertreiben. Weiter hinten – eine Reihe offener Kutschen mit anderen Familien. Hier sieht man keine Freude, niemand tanzt.
Juri Kugatsch trug den Titel „Volkskünstler der UdSSR“, genoss die Gunst der sowjetischen Regierung, trotzdem malte er alle möglichen Gemeinheiten über sie (heimlich). Viele konnten sich nicht mal das erlauben. Sie schwiegen nur und warteten auf ihre Stunde.
Egil Weidemanis (1924-2004), ein sowjetischer Maler, Sohn eines lettischen Schützen, der nach 1917 in Russland geblieben war. Egil Weidemanis lebte sein ganzes Leben lang in Moskau, über diese Stadt malte er eine Menge ziemlich guter Gemälde.
Dieses zum Beispiel:
4. Egil Weidemanis. „Winterabend in Samoskworetschje“, 1968
Aber als die Zeit reif wurde, stellte sich heraus, dass es in Moskau, außer dem Kreml und Samoskworetschje auch noch Butowo, Truppenübungsplatz, gibt. Ein Ort, wo Tschekisten von 1937 bis 1938 ca. 20.000 Menschen erschossen und in die Gruben kippten, unter ihnen war auch der Vater des Künstlers. Nach dem Bürgerkrieg (1917-1922) arbeitete er nämlich am lettischen Theater „Skatuve“ in Moskau, dessen Truppe später fast vollständig erschossen wurde.
5. Egil Weidemanis. „Butowo. Erschießungspolygon des NKWD“, 1999 – 2003
Die Menschen, die in Butowo erschossen wurden, waren zwischen 14 und 82 Jahre alt, Menschen aller Nationalitäten und sozialer Schichten, darunter auch 100 Künstler und mehr als 900 Priester. Die Methode der Ausführung der Erschießungen ist auf dem Bild nicht ganz historisch korrekt dargestellt. Auf diese Weise – „auf Rädern“ – wurden nämlich die Polen in Katyn durch den NKWD erschossen: Sie wurden aus den Autos in den Wald getrieben und erschossen. In Butowo war alles ein wenig anders: Hier gab es spezielle Baracken, zu denen Menschen etwa gegen ein Uhr morgens hingebracht wurden (400-500 Menschen pro Nacht). Sie wurden in die Baracken hineingeführt, angeblich wegen der Desinfizierung (dieselbe Vorgehensweise wie bei den deutschen Nazis in ihren Konzentrationslagern). Dort hat man ihre Personalien überprüft, die Menschen wurden entkleidet und ihnen wurden die Urteile vorgelesen. Das Erschießungskommando saß währenddessen in einem separaten Haus und trank Wodka. Erst danach wurden die Gefangenen einzeln herausgeführt und einer nach dem anderen erschossen. Zum Abschluss wälzte man am Morgen danach die Grube mit einem Bulldozer glatt.
6. Sergej Nikiforow. „Linden am Ort der Erschießungen (Butowo – Polygon)“, 2002
Die Desinfizierungen in den Baracken von Butowo waren nicht effektiv genug. Daher wendeten „effektive Manager“ der UdSSR (so werden Stalin und seine Henker im heutigen Russland genannt) effizientere Methoden der Massenvernichtung an. Zum Beispiel, Hunger. In diesem Zusammenhang möchten wir Ihnen die „Wohlverdiente Künstlerin der Ukrainischen SSR“ (das ist der offizielle Titel der Künstlerin) Nina Martschenko vorstellen. Auf dem Höhepunkt der UdSSR malte sie solche optimistischen Bilder:
7. Nina Martschenko. „Die Rückkehr der Kindheit“, 1965
Ein sowjetischer Soldat befreit Kinder aus einem deutschen Konzentrationslager. Dieses Bild (Diplom-Arbeit) widmete die Künstlerin den Kindern von Buchenwald. Buchenwald wurde zwar durch die US-Truppen befreit, aber na ja.
Oder dieses Gemälde:
8. Nina Martschenko. „Zwillinge“, 1972
Das Gemälde zeigt ein ukrainisches Dorf, glückliche Großmutter, Kinder, Handtücher.
Seit Mitte der 1980er begann Nina Martschenko das zu malen, was tatsächlich in den ukrainischen Dörfern während der Stalin-Zeit geschah.
9. Nina Martschenko. „Einschreibung in die Kolchose“, 1985
Der wütende Kommunist mit Budjonowka auf dem Kopf (typische Kopfbedeckung der Bolschewiken) treibt einen Bauer in die Kolchose.
Nachdem man die Menschen in die Kolchosen getrieben hatte, hat man ihnen ihr Brot weggenommen und in den Westen verkauft, um Gelder für die Industrialisierung zu erhalten. In den kornreichen Gebieten des Landes brach 1932-1933 eine Hungersnot aus, in erster Linie in der Ukraine (Holodomor).
10. Nina Martschenko. „Der Weg der Trauer“, 1998 bis 2000
Die Idee, Millionen von Menschen zur Industrieförderung verhungern zu lassen, ist nicht neu. Zum ersten Mal wandten es die britischen Kolonialherren in Bengalen Ende des 18. Jahrhunderts an. Sie belasteten die Inder mit derart hohen Steuern, dass sie ihnen alles wegnahmen und nach England ausführten, wo zu jener Zeit die industrielle Revolution voranschritt. Deswegen verhungerten zwischen 1769 und 1773 ca. 7 Millionen Menschen in Bengalen. Die Ukraine, das russische Wolga-Gebiet, sowie das Kuban-Gebiet wurden zum inneren Bengalen der Sowjetunion.
11. Nina Martschenko. „Mutter 1933“, 2000
Nach sehr vorsichtigen Schätzungen verhungerten zwischen 1932 und 1933 in der UdSSR mindestens 3 Millionen Menschen. Sie wurden im Grunde gegen eine Produktionslinie „FORD“ für das Autowerk in Gorki (GAZ) und die Turbinen von Siemens fürs Dnipro-Wasserkraftwerk eingetauscht. War das gut so? Welchen Wert hat das Leben eines durchschnittlichen Bengalen? Und die Turbinen? Die Turbinen kann man drehen lassen.
12. Nina Martschenko. „Der letzte Weg“, 1998-2000
Ähnlich wie die Industrialisierung führte die UdSSR auch den Krieg gegen die Deutschen im 2. Weltkrieg (gemeint ist die truppenverheizende Kriegstaktik der Roten Armee-Führung). Das hat der Künstler Sergej Scherstjuk aus Moskau mit seinen Gemälden aus dem Jahr 1985 versucht zu verdeutlichen. Scherstjuks Vater war ein Kriegsveteran, General der Roten Armee.
13. Sergej Scherstjuk. „Männer einer Familie. 1941“
14. Sergej Scherstjuk. „Männer einer Familie. 1945“
Den Todesstoß versetzte dem männlichen Teil der Bevölkerung des Landes die Nachkriegsalkoholisierung der UdSSR. Der Künstler Wasilij Kolotew erfasste das sehr expressiv in seinen Arbeiten aus den 1970er und 1980-er Jahren. Kolotew war ein Nonkonformist, arbeitete nicht mit den Behörden zusammen, war nicht auf der Suche nach Titeln, Auszeichnungen oder Ausstellungen. Als Mechaniker in einer Fabrik wohnte er in einer armseligen Moskauer Gemeinschaftswohnung „(Kommunalka“ – im Grunde genommen eine gewöhnliche Wohnung, deren einzelne Zimmer von je einer Familie bewohnt waren- sprich‘: WG) und malte „für die Schublade“.
15. Wasilij Kolotew. „Der rote Kalendertag“, 1985
Die betrunkenen sowjetischen Proletarier feiern den 1. Mai. In der UdSSR gab es keine Arbeitslosen, die Demos wurden von staatlichen Betriebsgewerkschaften organisiert, die Teilnahme war obligatorisch. Für Stimmung sorgten die Betriebsgewerkschaften mit Wodka.
16. Wasilij Kolotew. „… Und das Schiff fährt. Bierstube“, 1979
Die staatsbildende Nation der UdSSR zu späten Breschnew – Zeiten…
17. Wasilij Kolotew. „Pappelblätter fallen von einer Esche“, 1984
18. Wasilij Kolotew. „Szene auf dem Boulevard“, 1984
1984 „Andropowka“ (billiger Wodka für 4,70 Rubel). Nun, auf die berühmte russische Geistlichkeit!
19. Wasilij Kolotew. „Sonntag“, 1984
„Russkij Mir“ (zu dt. „Russische Welt“):
20. Wasilij Kolotew. „Im Treppenhaus“, 1983
Das Dritte Rom.
21. Wasilij Kolotew. „Rush-hour“, 1986
Und seine Römer.
22. Wasilij Kolotew. „Morgen der Nachbarin“, 1984
Sowjetische Gemeinschaftswohnung (Kommunalka). Dreck, Armut, Supermacht.
23. Wasilij Kolotew. „Die neunte Welle“, 1979
Eine sowjetische Familie. Die Frau ist wahrscheinlich ebenfalls alkoholisiert. Und die Zigarettenstummel auf dem Boden… Rauchen vor den Kindern?
Sowjetische Geschäfte. Die Sowjetunion war ein Land der Warteschlangen. Kaum etwas gab es ohne Warteschlangen zu kaufen. Von Wurst bis Toilettenpapier. Toilettenpapier gab es dabei nur in großen Städten zu kaufen. Der Begriff „Defizit“ war alltäglich – so wurden Waren genannt, die es nur selten und nicht überall zu kaufen gab.
24. Wasilij Kolotew. „Warteschlange“, 1985
Die berühmten sowjetischen Warteschlangen waren ein integrierender Bestandteil der Planwirtschaft. Diese Warteschlangen inspirierten viele Künstler.
25. Alexej Sundukow. „Warteschlange“, 1986
Warteschlangen für Lebensmittel. Identisch und elendig gekleidete Frauen dieser Warteschlangen wirkten sehr deprimierend. Sie strahlten Verzweiflung aus.
26. Wladimir Korkodym. „Warten auf die Waren“, 1989
Warteschlange in einem Dorfladen. Niedergeschlagenheit und Gefügigkeit. Durch Despotismus gebrochene Menschen. Es ist jedoch nicht überraschend. Menschen wurden lange und grausam gebrochen. Sie wurden auch noch zombiert und belogen. Bei der älteren Generation, die unter Stalin gelebt hatte, saß die Angst sehr tief und auf ewig: die Angst und die gleichzeitige Angewohnheit, der Propaganda blind zu vertrauen.
Die Befreiung von all dem dauerte Jahre, zwar nicht bei allen, aber die Metamorphosen, die dabei herauskamen, waren manchmal sehr verblüffend. Ein markantes Beispiel – Igor Obrosow, Volkskünstler (1983), Meister des Sozialistischen Realismus, arbeitete im sogenannten „Strengen Stil“, der in den 1960-80-er Jahren populär war. Er stand ziemlich loyal zur sowjetischen Regierung, besaß Auszeichnungen, wurde mehrmals ausgestellt, auch im Ausland.
Das Gemälde war von Arkadi Gaidars Märchen „Über ein Kriegsgeheimnis, Maltschisch-Kibaltschisch und sein Festes Ehrenwort“ inspiriert. Propaganda begann nämlich in der Sowjetunion schon im Windelalter, auch dank der Mühe solcher Menschen wie Arkadij Gaidar und Igor Obrosow.
27. Igor Obrosow. „Maltschisch-Kibaltschisch“ (Der kleine Revolutionär), 1963
Aber das ist nicht nur Propaganda. Das ist ein allegorisches Bild, mit einem Doppelboden. Der kleine Junge in Budjonowka (typische Kopfbedeckung der roten Armee in den 1920ern) streckt seine Hände nach dem rauen Rotarmist aus, der den Jungen verlässt. Der abgehende Mann ist in der Tat der Vater des Künstlers, ein berühmter Chirurg (und Revolutionär-Kommunist) Pawel Obrosow, der 1938 erschossen wurde. Ende der 1980er begann unter Gorbatschow die Aufklärungskampagne zu Stalins Verbrechen. Igor Obrosow malt in dieser Zeit eine Reihe von Gemälden, die er „Widmung dem Vater“ nennt (1986-1988). So wird auch klar, wer auf seinem Gemälde aus dem Jahr 1963 zu sehen ist.
28. Igor Obrosow. „Mutter und Vater. Warten. 1937“, 1986-1988
Hier sind derselbe Rotarmist und die auf ihn im Hof wartende „Schwarze Krähe“ (so nannte man das Auto, mit dem NKWD-Mitarbeiter Menschen nachts aus ihren Wohnungen abführten) zu sehen.
29. Igor Obrosow. „Ohne Recht auf Korrespondenz“, 1986-1988
Tschekisten (NKWD-Mitarbeiter) führen einen Verhafteten ab. Das Standardurteil „10 Jahre ohne Recht auf Korrespondenz“ ließ die Verwandten in Ungewissheit über das Schicksal ihrer Angehörigen. Es konnte tatsächlich 10 Jahre Arbeitslager oder auch eine Erschießung bedeuten, über die niemand informiert wurde. Im Falle von Igor Obrosows Vater war es das Zweite.
Später setzte Igor Obrosow seine Arbeit zu diesem von ihm aufgegriffenen Thema fort. 2008 wurden seine Bilder auf der Solo-Ausstellung „Tragische Vergangenheit (Opfer der Stalin-Repressionen)“ präsentiert.
30. Igor Obrosow. „Das Opfer des GULAG“, 2000er
Tschekisten vergewaltigen eine Gefangene.
Zwei Gemälde eines Künstlers in einem Zeitabstand von 40 Jahren:
Mehr Gemälde des späten Obrosow:
31. Igor Obrosow. „Zombies des GULAG“, 2000er
Stalins Konzentrationslager. Zwei Tschekisten schleppen die Leiche eines ausgemergelten Gefangenen weg.
Das letzte Bild erinnert an Grafikzeichnungen von David Oehler über Auschwitz, nur geht es in diesem Fall um ein sowjetisches Konzentrationslager. Oehler war ein Gefangener in Auschwitz, der im Krematorium arbeiten musste und überlebte. Nach dem Krieg fertigte er eine Reihe von Zeichnungen über das Lagerleben an.
32. David Oehler. „Hinüberschleppen der Leichen aus der Gaskammer des Krematoriums III zum Aufzug“, 1946
Obrosow selbst saß im Gegensatz zu David Oehler nie in einem Konzentrationslager. Er hat nur darüber gemalt.
Aber in der UdSSR gab es einige Künstler, die Stalins GULAG persönlich erlebt hatten und aus dem Gedächtnis das malten, was sie mit ihren eigenen Augen gesehen hatten. Zum Beispiel Georgij Tscherkassow (1910-1973): Dreimal wurde er für antisowjetische Agitation verurteilt und kam erst nach Stalins Tod frei.
33. Georgij Tchserkassow. „Nordlichter. UhtpetschLAG, Ende der 1930er Jahre“, 1960er (Uchto-Petschorskij Arbeitslager, eine Abteilung des GULAG)
34. Georgij Tscherkassow. „Auf dem letzten Weg. UhtpetschLAG 1938“, 1960er
Dies ist ein Lager in Workuta, wo 1938 die sog.“Kaschketin-Hinrichtungen“ (nach dem Namen des Tschekisten, der sie organisierte, benannt -Jefim Kashketin) ausgeführt wurden. Das Gemälde zeigt, wie eine Gruppe von Gefangenen zur Erschießung abgeführt wird. Links im Bild fesseln zwei kollaborierende Gefangene einem Priester (das ist eine reale Person: der Priester Jegor, ein Mithäftling von Tscherkassow) die Hände, damit die Menschen vor der Hinrichtung keine Kommunion empfangen können.
Ein weiterer beeindruckender Künstler, auch ein GULAG-Insasse, ist Nikolaj Getman. Der in Charkiw geborene Künstler ist 1945 wegen „antisowjetischer Agitation und Propaganda“ ins GULAG gekommen. Er war im Tajshet-Lager (das mit dem Bau der Bajkal-Amur Magistrale beauftragt war) und am Fluss Kolyma. Nach der Freilassung arbeitete er ein halbes Jahrhundert (1953-2004) an seiner Bilderreihe „GULAG mit den Augen eines Künstlers“.
35. Nikolaj Getman. „Per Schub befördert“, 1954
36. Nikolaj Getman. „Lagerstelle Oberer Debin. Kolyma“, 1985
Es ist ein Bergwerk, wo der Künstler an Goldgewinnung arbeiten musste. (Rund 400 km von Magadan entlang der Kolyma-Straße entfernt).
„Im Bergwerk Debin (Kolyma) wurde 1951 einer Gruppe von Gefangenen erlaubt, Beeren zu pflücken. Drei verliefen sich. Zeit vergeht – sie sind nicht da. Der Lagerkommandant Oberleutnant Peter Lomaga schickte Folterer nach ihnen los. Als sie sie gefunden haben, ließen sie ihre Hunde auf die drei Schlafenden los, dann erschossen sie sie, dann zertrümmerten sie den Dreien ihre Schädel mit den Gewehrkolben, ihre Köpfe zu Brei verwandelnd, so dass ihr Hirn heraushing – und in dem Zustand brachten sie die Leichen in einer offenen Pferdekutsche zum Lager zurück. Hier ersetzten sie die Pferde durch vier Häftlinge und ließen diese die Kutsche durch das Lager an den in Reihen aufgestellten Häftlingen vorbeiziehen. „Das wird jedem passieren!“ verkündete Lomaga.“ (Alexander Solschenizyn, „Der Archipel GULAG“).
37. Nikolaj Getman. „Mittag. Balanda ist da“, 1991 („Balanda“ ist eine Pampe, eine ungenießbare widerliche Suppe).
Wie in den Nazi-Konzentrationslagern wurden Häftlinge im sowjetischen GULAG ständig in Hunger gehalten. So wurde der Wille zum Widerstand gebrochen.
38. Nikolaj Getman. „Docht“, 1987
Als „Docht“ wurde ein Sträfling bezeichnet, der kaum noch am Leben war.
39. Nikolaj Getman. „Brotration für Dubar“, 1989 („Dubar“ ist ein toter Häftling)
In der unteren rechten Bildecke liegt auf dem Boden ein Häftling im Sterben. Wenn es seinen Baracken-Nachbarn gelingt, seinen Tod einige Zeit zu verbergen, dann gibt es für sie eine zusätzliche Ration Brot, 800 Gramm pro Tag.
40. Nikolaj Getman. „Leichenhaus der GULAG-Häftlinge“, 1980
Im Bild der Häftling Ivan Pawlowskij, ein russischer Ingenieur, der mit Getman im gleichen Lager war. Seine Aufgabe war es, Leichen zum Begräbnis vorzubereiten. Aus Konservendosen hat er Schildchen angefertigt, die er mit einem Draht an der Leiche befestigte.
41. Nikolaj Getman. „Stechmücken“, 1990
Die im Bild gezeigte Foltermethode wurde bereits im Sonderlager auf den Solowezki-Inseln praktiziert. Häftlinge wurden während der Mückensaison an einen Baum gebunden, in einigen Lagern wurden sie in eine Grube geworfen. In maximal einer Stunde verlor der Häftling so viel Blut, dass er qualvoll starb.
42. Nikolaj Getman. „In Erwartung der Erschießung“, 1987
Wird wohl reichen fürs erste Mal. Wer sich noch immer nach Sowjetunion zurücksehnt, kann ja nach Nordkorea ausreisen:
Quelle: Uglich/Livejournal; übersetzt von Andrij Topchan, editiert von Irina Schlegel