
von Sascha Sotnik, einem bekannten unabhängigen russischen Journalisten, der seit dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine eine kremlkritische Position einnimmt und offen seine Meinung sagt.
Als Putin an die Macht kam, wurden alle Witze über „Wowotschka“ (Anm.d.Red.: Wowotschka ist eine sehr beliebte Gestalt in russischen Anekdoten, ein kleiner Junge) für politisch erklärt. Er hat ja auch das dreckige Wesen seiner Herkunft als Aufseher nie verheimlicht.
Aber in letzter Zeit hat sich der „Petersburger Kumpel“ unmerklich vom Diebstahl zurückgezogen. Was aber nicht bedeutet, dass sein Umfeld plötzlich zu „zersägen“ und zu schmieren aufgehört hat.
Sie putinostehlen genauso. Und wie. Aber ihr capo del capi ist schon so übersättigt mit Vergnügungen, dass er sich nunmehr mit Fragen der Ewigkeit zu beschäftigen beschlossen hat.
Nicht im Sinne der Seele natürlich, denn an ihre Existenz glaubt er gar nicht, ebenso wie sein Seelsorger – der Opa Gundjajew, sondern im Sinne der Ewigkeit rein historischer Natur.
Es ist doch eine bekannte Tatsache: Es ist bedeutend einfacher, in eine Geschichte hineinzugeraten als in die Geschichte einzugehen.
Und hineingeraten ist er ja schon längst: mit „YUKOS“ und „Osero“, mit der „Kursk“ und Litwinenko – die Liste seiner Fehltritte könnte man bis ins Unendliche weiterführen, aber sie alle werden vor der „größten Mission“ verblassen, die er gerade auf seine Judo-Schultern auferlegt und die er auch ausführen wird, seufzend wie Sisyphos am Fuße des Berges.
Es ist ihm bereits zutiefst egal, ob er mit einem Minus- oder Plus-Zeichen in die Geschichte eingeht. Am Ende nennen manche Stalin einen Blutsauger, andere finden jedoch, er sei ein Genie. „Und Buonarotti?“, fragte Puschkins Salieri. Die Menschheit hat aufgehört, Bonaparte zu verdammen, und streitet schon über Hitler, der, wie es sich herausgestellt hat, ja doch „was für Deutschland getan hat – er hat ja zum Beispiel die Autobahn gebaut“…
Der putinsche Gedankengang liegt ungefähr auf dieser Ebene: Es wird eine gewisse Zeit vergehen und jegliche Infernalität wird sich in eine historische Gegebenheit verwandeln, den Malefikanten mit dem Siegel der Größe versehend – wenn auch lediglich mit einem Minus-Zeichen.
Und dann wird es Streitereien geben: ob er nicht doch was Gutes für das Land getan hätte; man wird seine Reden zu studieren beginnen – einschließlich der Kommata und der vorher unbekannten, dem Text unterliegenden Leitgedanken.
Und „hochmütige Nachfahren“ werden unbedingt eine Menge positiver Momente finden, welche die im Grunde kleinliche und boshafte Persönlichkeit rechtfertigen werden, die sich dank eines Schicksalswinks aus einem „Aktentaschenträger Sobtschaks“ in einen gefährlichen Diktator verwandelte.
Hier, sehr geehrte westliche Politologen – hier ist alles, was Sie über das Wesen des putinschen Verhaltens wissen wollten, aber sich nicht zu fragen trauten, was zugleich bedeutet – sich dies nicht zu verstehen trauten.
Putin braucht keinerlei Frieden. Er dreht den Planeten Erde an seiner Leine herum, wie einen billigen Schlüsselanhänger mit Schlüsseln für ein „Lada-Kalina“, und Euch dreht er an einer anderen Stelle, erfüllt von Verachtung gegenüber Euren Überlegungen zur Strategie und Diplomatie.
Die Zombies auf den Straßen, die bereit sind, „den Feind zu zerreißen“ – das ist seine Strategie, und der Lügner Lawrow ist die Fratze seiner Diplomatie.
Er wird noch ein bisschen mit Euch spielen, die Aufmerksamkeit von Merkel und Hollande auskostend; er wird noch die UNO zur Genüge anpöbeln, wie auch Amerika, bis ihm diese ganze Trödelei langweilig wird und seine Hand nach dem heißersehnten Knopf der „Vergeltungswaffe“ ausstreckt…
Um seinen Namen mächtig in die Geschichte einzuprägen, muss man krasser als Hitler und gefährlicher als Bin Laden sein.
Die Welt hat Wladimir als „bad guy“ anerkannt und wird unvermeidlich einen „son of a bitch“ bekommen – mit allem sich daraus Ergebendem, inklusive der berüchtigten „radioaktiven Asche“.
Hauptsache ist, dass in ein paar Jahren auf unserer sündigen Erde noch jemand bleibt, der über den Platz Wowotschkas in der Weltgeschichte Überlegungen anstellen könnte…
Autor: Sascha Sotnik; übersetzt von Irina Schlegel
One Response to “Der Dritte Weltkrieg: Mission erfüllbar?”
03/04/2015
Ukraine: ein europäisches Déjà-vu - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Verhalten Putins kann man mit der Psychologie eines Banditen erklären. Die Stärke eines Banditen besteht in der Angst seines Opfers und der zufälligen […]