von Boris Wischnewski, Abgeordneter der gesetzgebenden Versammlung von Sankt-Petersburg (Fraktion “Jabloko”)
Als die Boeing abgeschossen wurde, haben die Donezker Terroristen unverzüglich und freudig erklärt, dass ein ukrainisches Transportflugzeug abgeschossen wurde, und haben damit gedroht, dass dies jedem passieren würde, der in „ihrem Himmel“ auftaucht. Dann, als sie verstanden hatten, dass sie ein Passagierflugzeug abgeschossen hatten, haben sie alles wieder abgestritten. Und bis heute gibt es Zweifelnde, dass die Terroristen tatsächlich geschossen haben.
Als der Bus in Wolnowacha beschossen wurde, haben die Terroristen unverzüglich und freudig erklärt, dass sie einen ukrainischen Checkpoint vernichtet haben. Als sie verstanden hatten, dass sie einen Passagierbus getroffen hatten, haben sie wieder alles abgestritten. Und bis heute gibt es Zweifelnde, dass die Terroristen tatsächlich geschossen haben.
Als in Donezk infolge eines Mörserbeschusses Menschen an einer Bushaltestelle starben, haben die Terroristen unverzüglich die ukrainische Armee deswegen beschuldigt. Dann, als sie verstanden hatten, dass ein Mörser nicht auf 15 Kilometer Entfernung schießen kann (die Entfernung zu ukrainischen Stellungen), haben sie über eine „Diversionsgruppe eines Strafkommandos“ gesprochen, die sich vorsätzlich in die Stadt eingeschlichen habe, um die Bushaltestelle zu beschießen. Und noch immer gibt es Zweifelnde, dass die Terroristen geschossen haben…
Als in Mariupol infolge eines GRAD- und „Uragan“-Angriffs Menschen gestorben sind, haben die Terroristen unverzüglich und freudig eine Offensive auf die Stadt angekündigt (und davor hatte ihr Anführer geprahlt, dass er keine Gefangene mehr zu nehmen beabsichtigt). Dann, als sie verstanden hatten, was passiert war, haben sie gewohnheitsmäßig versucht, alles der ukrainischen Armee in die Schuhe zu schieben und eine „Provokation“ zu melden – aber diesmal liegen all die Beweise auf der Hand, dass von den Territorien geschossen wurde, die von den Terroristen kontrolliert werden.
Heute können nur russische Diplomaten öffentlich anzweifeln, wer für den Tod von 30 Menschen in Mariupol verantwortlich ist – und gewohnheitsmäßig Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats blockieren, die gegen die Donezker Terroristen gerichtet sind. Und die russischen Propagandisten in Zivilkleidung, von den Moderatoren des Kreml-TVs bis zu anonymen Bloggern, beklagen sich darüber, dass man es nicht geschafft habe, Mariupol früher zu „befreien“…
Wieviele Opfer braucht es noch nach dem „Mariupoler Meilenstein“, damit die Tödlichkeit der Kremlpolitik in der „ukrainischen Frage“ offensichtlich wird?
Just Kremlpolitik – denn die Terroristen hätten nicht mal eine Woche ohne die russische Unterstützung durchgehalten. Denn gerade aus Russland bekommen sie ihre GRADe, „Uragane“, BUKs und MANPADS, ihre Panzer und SPWs.
Oder gibt es noch Zweifelnde an der Herkunft dieser Waffen? Die denken, dass die Donezker Bergbauarbeiter diese aus örtlichen Mitteln in unterirdischen Werkstätten zusammenbasteln? Und da auch Geschosse und Patronen herstellen?
Oder gibt es noch Zweifelnde daran, dass im Donbas gegen die ukrainische Armee ganz und gar keine „Volkswehr“ kämpft, die phantastischerweise gelernt haben soll, Panzer zu fahren und aus GRADen zu schießen, sondern aus Russland eingeschleuste Spezialisten?
Übrigens, wer erinnert sich daran, wie die russische Obrigkeit und ihre Propagandisten die Tschetschenen nannten, die gegen die russische Armee kämpften (und die weder Panzer, noch SPWs noch Raketenwerfersysteme aus dem Ausland bekamen)? Etwa „Volkswehr“?
Und das Ermittlungskomitee, soweit man sich erinnert, hat keine Strafverfahren wegen den Massenmorden von Zivilisten in Tschetschenien eingeleitet. Dafür leitet es solche furchtlos gegen ukrainische Militärangehörige ein…
Natürlich streitet die russische Führung die Anwesenheit von russischen Soldaten in der Ukraine konsequent ab. Aber genauso hatte sie ihre Anwesenheit auf der Krim vor ihrer Annexion abgestritten – und es dann zugegeben.
Genauso hatte sie die Anwesenheit von „Freiwilligen“ im Osten der Ukraine abgestritten – und es dann zugegeben.
Und genauso hatten ihre Vorgänger aus der sowjetischen Führung abgestritten, dass sowjetische Soldaten in Korea und Syrien, Angola und Mosambik, Ägypten und Jemen, Algerien und Vietnam, Äthiopien und Libanon kämpfen – und dann haben sie es zugegeben: Der Grundstein für diese Tradition wurde vor langer Zeit gelegt…
Die Welt ist nun einmal so beschaffen, dass alles Geheime früher oder später immer enthüllt wird.
Und genauso, wie jetzt Strelkow-Girkin sein Herz über die Einnahme des Krimer Parlaments und den Beginn des Aufstands im Donbas ausschüttet, so wird es auch in Kürze genau bekannt, wer den Krieg in der Ukraine entfacht hat und wie das geschah. Wer die russischen „Urlauber“ und „Freiwillige“ dorthin gesandt hat, wer mit welchen Dienstgraden als „Volkswehr“ posiert hat, wer russische Waffen dorthin geschickt hat und wieviele das waren, wer den Hass gesät und die Lüge aufgebläht hat.
Und unbedingt – und ich möchte hoffen, relativ bald – wird die Zeit kommen, in der sie sich für all diese Taten verantworten werden müssen. Vor dem russischen Volk sowie vor dem Volk der Ukraine.
Sie werden sich für die Toten und die Verwundeten verantworten müssen, die verkrüppelten Körper und die entstellten Seelen.
Wir werden jeden von ihnen namentlich nennen.
Autor: Boris Wischnewski; übersetzt von Irina Schlegel
One Response to “Der Krieg in der Ukraine: Mariupoler Meilenstein”
02/02/2017
Awdijiwka und die deutsche Berichterstattung: Über den Umgang mit der Ukraine in den deutschen Medien - InformNapalm.org (Deutsch)[…] ausführten und Zivilistenleben kaltblütig (wie üblich eigentlich) in Kauf nahmen: Donezk, Mariupol, Makijiwka, Kramatorsk, Wolnowacha, […]