
Am 6. Januar entdeckte der berühmte Analytiker der Identifizierung der Invasionstruppen, Freund und Kollege des InformNapalmTeams @DajeyPetros auf den aktualisierten Satellitenbildern von Google Earth einen Militärstützpunkt, über dessen Existenz viele bereits wussten, die genaue Position jedoch von niemandem ermittelt werden konnte (Folge der Maßnahmen der russischen Spionageabwehr zur Verhinderung von Informationsleck und der Mängel der Satellitenaufnahmen des betreffenden Gebietes). Im Verlauf der im April 2014 begonnenen und bis heute andauernden russischen Invasion in den Osten der Ukraine sind hunderte Panzer, Schützenpanzer, Raketenwerfersysteme und sonstige Technik mit Munition und tausenden Raketen – ganz zu schweigen von tausenden Soldaten der regulären russischen Armee, sowie auf russischen Übungsplätzen ausgebildeten Söldnern – im Einsatz.
Der russische Angriff konnte nicht ausschließlich in Moskau oder mit Hilfe von gewöhnlichen Militärstützpunkten geplant und organisiert werden, welche entweder allzu weit von der ukrainischen Grenze entfernt liegen oder nicht ausreichend umfangreich sind, um die Versorgung der rückwärtigen Sicherstellung derartiger Operationen zu gewährleisten. In einer solchen Situation ist zumindest ein logistischer Knoten erforderlich. Ein derartiger Knoten wurde auch auf kürzlich veröffentlichten Satellitenbildern von Google Earth entdeckt.
Die angebotene Publikation beleuchtet fünf wichtige Fragen, auf die man die Antworten kennen sollte, wenn man über diesen konkreten Stützpunkt, sowie über die komplizierte Organisation aller kriminellen Absichten der russischen Politik bezüglich der Ukraine spricht.
1.Wo befindet sich der Stützpunkt?
Der Stützpunkt hat die perfekte Lage: 23 Kilometer Richtung Nordosten von Taganrog und 30 Kilometer Richtung Nordwesten von Rostow am Don. Er befindet sich in unmittelbarer Nähe zu einigen Führungszentralen der russischen Armee, zuzüglich Militärbasen, Flughäfen, sowie Versorgungsbehörden für ein normales Leben von Tausenden Soldaten auf dem eigenen Gelände.
Jedenfalls ist es offensichtlich, dass die grundlegende Bedeutung der Lage des besagten Stützpunktes in ihrer Nähe zu den Kampfhandlungen in der Ukraine besteht. Der Stützpunkt hat die gleiche Entfernung zu Mariupol, Donezk und Luhansk- sie beträgt ungefähr 130 Kilometer – dies ermöglicht zeitgleich die Durchführung eines Angriffes und eine wirksame Reaktion an allen Frontabschnitten. Dabei befindet sich der Stützpunkt 48 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, was den sicheren Abstand im Falle eines möglichen Gegenangriffs gewährleistet.
2. Welche Größenordnung hat der Stützpunkt?
Er ist KOLOSSAL… Er erstreckt sich genau sechseinhalb Kilometer von Norden gen Süden. Auf dem Stützpunktgelände befinden sich etliche Ansammlungen von Gebäuden, Zelten und Technik. Die Ausdehnung vom Osten gen Westen hängt davon ab, was just als Militärstützpunkt definiert wird. Die Infrastruktur des Stützpunktes umfasst eine Breite von 600 Kilometern, inklusive Gebäuden und Technik sowie die Stellungen der Selbstfahrlafetten und vieles mehr (Einzelheiten siehe Punkt 4). Ein zwei km umfassendes Areal weist Spuren intensiver Techniktransporte (womöglich in Folge von Übungen) hin und beinhaltet zusätzlich verlassene und im Betrieb stehende Bauwerke (früher als vorgeschobene Stellungen und Beobachtungspunkte im Einsatz). Die Gesamtfläche von sechseinhalb Kilometern weist eine Vielzahl von, womöglich durch Einschläge von Panzer- und Artilleriegeschossen entstandenen, Trichtern auf.
Im Endergebnis erhalten wir eine mit Infrastruktur bebaute Fläche von vier Quadratkilometern: ein technisches Versuchsgelände mit einer Fläche von zehn Quadratkilometern, ein Schießgelände mit einer weiteren Fläche von 30 Quadratkilometern. Ergänzen wir diese noch mit den dazugehörigen militärischen Einrichtungen. Insgesamt erhalten wir eine Fläche von annähernd 40 Quadratkilometern. Das entspricht der vierfachen Fläche des London Heathrow Airports.
3. Wann wurde dieser Stützpunkt eingerichtet?
Das für uns interessante Gelände wurde letztmals im Oktober 2013 durch Satelliten überprüft. Mit anderen Worten: vier Monate vor der Invasion der Krim und ein halbes Jahr vor dem Zeitpunkt, als der Donbas zum ersten Mal von russischen Truppen attackiert wurde. Auf den damaligen Aufnahmen kann nichts entdeckt werden, was darauf hindeuten könnte, dass auf diesem Feld in Kürze ein umfassender Militärkomplex entsteht oder auch nur eine neue Straße oder ein Bauernhof. Und bereits nach einem Jahr ist auf dem Feld eine komplexe Militäranlage aufgetaucht.
Angesichts der Tatsache, dass für die Errichtung der gesamten Infrastruktur (inklusive dem Gebäudebau) mindestens ein bis zwei Monate benötigt werden, kann man schlussfolgern, dass der mögliche Entstehungszeitpunkt des Stützpunktes um August 2014 sein könnte.
Etliche Hinweise deuten jedoch auf einen früheren Zeitpunkt für den Anfang des Baus und der Inbetriebnahme des Stützpunkts hin. Zwischen gut bebauten Teilen des Stützpunkts kann man große Flächen mit verlassenen Gebäuden erkennen. Was ist denn mit den dort stationierten Militäreinheiten passiert? Auf sie wurde womöglich verzichtet oder man verlegte sie (nach dem Stand vom Oktober 2014) an einen anderen Ort. Oder, was am wahrscheinlichsten ist, diese Einheiten wurden als Kampfgruppen der Invasion in die Ukraine vorgeschoben. Weiter unten sind drei Beispiele aufgeführt. Ich erinnere nochmal: alle großräumigen Anlagen wurden zwischen Oktober 2013 und Oktober 2014 errichtet und anschließend demontiert.
Unter Berücksichtigung dessen, dass für den Bau dieser Anlagen ein bis zwei Monate benötigt wurden und nochmal einige Wochen für die Demontage, kann schlussgefolgert werden, dass der Stützpunkt spätestens bis, womöglich sogar zu einem früheren Zeitpunkt als Juni 2014 errichtet und in Betrieb genommen wurde. Das bedeutet, dass die Eskalation des Konflikts, insbesondere Ende August, während mehr als 1000 ukrainische Soldaten starben, weitaus früher geplant wurde. Pläne zur schwerwiegenden Eskalation wurden von Russland, noch bevor sich die ukrainische Armee in Richtung der zum Anfang des Sommers besetzten Städte bewegte, ausgearbeitet. Wir sehen auch, dass nach der Annexion der Krim Russland nie die Absicht hatte, seine Politik zu überdenken und fuhr mit seinen Lügen fort, dass seine Expansion in die Ukraine beendet sei.
4. Welche militärische Ausrüstung befindet sich auf dem Stützpunkt?
Zusammenfassend: alles, was für die Kriegsführung benötigt wird und all das, was vor unseren Augen aus Russland in die Ukraine gelangt.
Auf der gesamten Fläche des Stützpunktes befinden sich einige Plätze mit Anhäufungen der russischen Militärtechnik. Insofern wir von zivilen Satellitenbildern reden, können Experten die Art der Technik feststellen, jedoch nicht ihre Modifikation (zum Beispiel der BTR-70 und BTR-80). Nichtsdestotrotz habe ich Gruppen von Kamaz und „Ural“, BMP-1/BMP-2, BTR-70/BTR-80, MT-LB, MT-LBu, Panzerhaubitzen (152 mm Haubitzen 2A65), BM-21/27/30 und schließlich T-64/T-72 ermittelt. Die folgende Aufnahme zeigt eine von auf dem Stützpunkt befindlichen Kampf-Truppen.
Die nächste Aufnahme ist außerordentlich interessant. Er zeigt mehrere Raketenwerfer, sowie etwas, was an moderne Flugabwehrsysteme erinnert, womöglich das Flugabwehrraketensystem S-300. Jedoch lässt sich dies nicht mit Sicherheit behaupten, da wir Satellitenaufnahmen mit einer maximalen Auflösung um einen Meter herum verwenden.
Schlussfolgernd über die Technik und die Bewaffnung kann man wieder die Möglichkeit dessen ausschließen, dass der besagte Stützpunkt eine gewöhnliche oder defensive Militäranlage sei. Wie ich zuvor gesagt habe, auf ihm sind Kampftruppen – als Angriffskraft für ein rasches Eindringen ins Nachbarland bereit – stationiert. Das bringt uns zur letzten Frage:
5. Was ist die grundlegende Bedeutung dieses Stützpunktes?
Die Antwort auf eine derartige Frage erfordert eine ernsthafte Analyse. Die vier vorangehende Punkte erlauben uns jedoch eine belegte Antwort zu liefern. In Anbetracht der Lage, der Größenordnung, dem Entstehungszeitraum und der Ausstattung des Stützpunktes lässt sich nur ein Rückschluss ziehen: in der Sprache von Tolkien ausgedrückt – es ist der „Stützpunkt der absoluten Macht“. Er wurde errichtet und fungiert lediglich für ein Ziel: die Versorgung der Invasoren und die anhaltende Okkupation der Ukraine.
Die Schlussfolgerung über die zuvor und zur Zeit dort stationierten Truppen legt den Gedanken nahe, dass mit der Errichtung des Stützpunktes zwei Ziele verfolgt werden: Zum einen, ist er ein Übungsplatz für die „Freiwilligen“ (russische Söldner) und für eine unbedeutende Menge an echten ukrainischen Separatisten. Vor der Absendung in den Krieg können sie hier ausgebildet werden, ihre Fähigkeiten im Führen von Militärtechnik und ihrem Umgang mit der Waffe perfektionieren. Zum anderen, ist es ein konventioneller russischer Stützpunkt, der als Aufmarschgebiet für alle umfassende Angriffsvorgänge und als Einteilungszone für Verstärkung und Neuzugänge dient. Jüngst meldete der ukrainische Verteidigungsminister, dass sich derzeit 7 500 russische Soldaten, in ständiger Rotation mitsamt ihrer Technik, in der Ukraine befinden. Nun wissen wir, woher die rotierenden Kräfte entsendet werden und wohin sie kommen, sowie darüber, dass stets neuer Nachschub auf seine Entsendung wartet.
Die zum gegebenen Zeitpunkt unvermeidliche Entdeckung dieses bedeutenden Stützpunktes erinnert uns letzten Endes erneut daran, dass Russland seine Absichten, einen Krieg gegen die Ukraine zu führen, nicht mehr verbirgt und möglicherweise es auch nie getan hat. Und eine weitere Schlussfolgerung: führende Massenmedien, sowie der Großteil der westlichen wie auch der ukrainischen (!) Politiker erzeugen ein völlig verzerrtes Bild von der Situation. Wir sehen keinen „verdeckten Krieg“ und „pro-russischen Rebellen“ gab es in der Ukraine nie. Das, was wir bereits seit elf Monaten sehen, ist ein aggressiver Krieg seitens der Russischen Föderation gegen den souveränen Staat Ukraine. Das ist ein vollwertiger Krieg, welcher mit aller dafür nötigen Organisation und Logistik geführt wird.
Quelle: @DajeyPetros/Ukraine@war in conflictreport.info; mit freundlicher Genehmigung für InformNapalm; übersetzt von Kateryna Matey; editiert von Irina Schlegel