
Die Ereignisse vom März-Juni letzten Jahres sind ein Resultat eines gut und lange vorbereiteten Drehbuchs Kremls. Wir müssen viele Lehren aus diesen Ereignissen ziehen.
Unter dem Slogan der Lustration von krimineller staatlicher und lokaler Obrigkeit haben sich die Menschen zu Demos und der Einnahme von staatlichen Einrichtungen erhoben.
Daneben und unter den Ersten auf diesen Demos (also unter den Anstiftern) stand die lokale Obrigkeit, FSBler, GRUler und örtliche Bandenformationen. 90% der Bevölkerung sind zur Seite getreten und überlegten, wem sie denn nun folgen sollen, die restlichen 10% waren Mitglieder der lokalen Bandengruppen, örtliche rechtzeitig gut informierte und vorbereitete Obrigkeit, wie auch frühzeitig einquartierte Vertreter des FSB und GRU (wo zu der Zeit SBU, GPU, Innenministerium usw. waren, ist bis jetzt unklar).
Was die russischen Streitkräfte angeht, so ist es nicht mal mehr lächerlich, dies auszudiskutieren: WAREN, SIND und sind DEFINITIV Russen und ihre Technik.
Die nationale, ethnische Politik (in erster Linie die Personalpolitik) im Donbass war eine: Russen sind überall, die Hochols sind am Boden, Armenier versorgen mit Kampfbegleitung und mit dem Schutz der örtlichen Banditenelite.
Die Ereignisse vom 14.-17. Mai haben vielen die Augen geöffnet, aber es war zu spät: an die Macht sind gestrige Häftlinge und pseudoukrainische Bürger des grossen und gewaltigen Russlands gekommen. Die Ersten haben die primäre Machtergreifung sichergestellt, organisierten Destabilisierung in der Region und führten den primären Monitoring der Reaktion von lokalen Einwohnern und der Zentralmacht in Kiew auf das Geschehen durch. Die Zweiten haben die „Ihren“ in der Schafmenge aus der Mitte der lokalen Bevölkerung gesucht und rekrutiert. Bereits in April-Mai waren in der Stadt russische Kaderoffiziere und tschetschenische Kommandeure, die viele meine Landsmänner gesehen haben, aber stur die Augen davor verschlossen, in der Hoffnung, dass dieses Grauen von allein verschwindet. Ist es nicht.
Heute, im Unterschied zu ukrainischen, arbeiten die russischen Medien schnell und professionell. Das Gesetz der primären Information kennen sie sehr gut. Die Form der Informationspräsentation, die Reihenfolge (der Vorbereitung von Schafen auf das Wichtigste), wie auch die Waffen sind in Russland viel besser, als bei uns.
Unseren Medienmitarbeitern scheint es wohl von ausserhalb ersichtlicher zu sein, aber nur vom Inneren des Geschehens heraus sehen alle, dass ihre Anstrengungen von Mal zu Mal dümmer und minderwertiger werden. Viele, sehr viele Horliwka-Einwohner möchten an unsere Obrigkeit glauben, möchten in einer friedlichen Ukraine leben und die Nachrichten unseres Staates schauen. Sie wollen, man lässt sie aber nicht. Früher gab es wenigstens Versuche, in unserer Stadt die Übertragung der ukrainischen TV-Sender wiederherzustellen, nun ist es auch in der Lethe versunken. Warum werden unsere Leute so reingelegt?
Die Söldner der „DVR“ (sagen „DVR“, verstehen drunter- „Russland“) legen sie nicht hinein. Im Alleingang die Stadt beschossen (wie viele Male Hunderte der Horliwka-Einwohner zu Zeugen davon wurden!), beginnen die russischen Streitkräfte mit Unterstützung der „ehrlichsten Medien“ eine „berechtigte“ Feuererwiderung auf die Stellungen der ukrainischen Streitkräfte.
An die Waffenruhe glauben wir, und hoffen, sogar mehr, als alle anderen (jemand ausserhalb hat wohl kaum genug Vorstellungskraft, um dies zu verstehen), aber die Erfahrung zeigt, dass die Russen und die lokalen Kriminellen dies auf jeden Fall vereiteln werden, um die Beschüsse der Stadt und seiner Ränder zu erklären (unter anderem auch die wirtschaftlichen Sanktionen Russlands gegen die Ukraine in Form von zerstörter Infrastruktur, ausgeraubten und zertrümmerten Fabriken und Wohngegenden). Den bis zu den Ohren mit Blut verschmierten lokalen Banditen passt es nicht, dass die russischen Streitkräfte aus der Stadt abziehen, denn das bedeutet ihren Tod, und glaubt mir, ganz und gar nicht durch die Hände der ukrainischen Armee.
Ohne die Vertreter der OSZE wird bald viel Blut fliessen. Viele werden nicht mit leeren Händen hier wegfahren wollen. Und obwohl die Stadt stark beschossen wird, gibt es hier noch viel, womit sich die Plünderer aus ganz Ukraine und Russland bereichern wollen werden. Die Menschen hier leben, aber es ist schwer, es ein Leben zu nennen. Sie schlafen in der Nacht, aber dieser Schlaf ist kurz und ruhelos. Sie gehen zur Arbeit, aber können nicht ganz verstehen, warum. Und das Wichtigste: für wen sie eigentlich arbeiten. Sie beschützen ihre Kinder, können aber nicht mal den nächsten Tag voraussagen, und das ist doch eine der qualvollsten Tragödien eines jeden Elternteils.
Man kann das alles gar nicht in einem Schritt schreiben! Zu viel hat sich in der Seele angehäuft. Verdruss, Wut, Sorgen um die Ausgereisten und die nicht Ausgereisten Verwandten und Nahestehenden. Hier ist die Realität mit einem Alptraum vermischt.
Das Einzige, woran man tatsächlich fest glaubt, ist der Glaube und die Hoffnung auf unser Land. Wir stehen nicht das erste Mal an der Schwelle zu einer Tragödie, also auch nicht das Letzte. Wir werden aus dieser Hoffnungslosigkeit als Sieger und gehobenen Kopfes herauskommen.
Einwohner von Horliwka Arthur Kornik hat diesen Text speziell für InformNapalm geschrieben; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein aktiver Hinweis auf unsere Ressource und eine Erwähnung des Autors erforderlich.
One Response to “Insight: Horliwka mit den Augen seines Einwohners”
19/08/2015
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