Luhansk bereitet sich auf sein erstes Silvester im Rang einer Hauptstadt eines nicht anerkannten „Staates“ vor.
Das, was im Frühling wie eine Anekdote begann, im Sommer zu einer Tragödie wurde, ist im Winter in eine Farce ausgeartet.
Das Luhansker Gebiet ist verwüstet und in drei Teile zerlegt. Der Norden wird von der Ukraine kontrolliert, der Süden von kosakischen Banden des russischen Atamans Kosyzin und ein bescheidenes Stück im Südosten, inklusive der Stadt Luhansk selbst, von einer Gruppe der Protegés von Alexander Jefremow.
Genau diese bilden das Rückgrat der „LVR-Regierung“.
Nach der Version, die von den prorussischen Medien im Frühling dieses Jahres mit Bedacht vorangetrieben wurde, waren marginale prorussische Organisationen die Lokomotive des antiukrainischen Putsches im Donbas, die vor dem Hintergrund der Ereignisse in Kyjiw schlagartig an Einfluss gewonnen hatten.
Die Zeit hat bewiesen, dass diese Version fehlerhaft ist. Der Aufstand in Luhansk ist nicht spontan entstanden, war gut durchdacht und von Menschen geplant, die Alexander Jefremow nahe stehen, und die sich bis zu einem bestimmten Moment im Dunkeln gehalten und ihre Teilnahme am Aufstand durch nichts verraten haben.
Nun sind sie fast alle aus dem Dunkeln herausgetreten. Zeitgleich sind die Helden des „Russischen Frühlings“ – die operettenhaften „Volksgouverneure“ und die russischen Waräger – aus den Nachrichten verschwunden und wurden sofort vergessen. Ihre Aufgabe haben sie meistern können. Anfangs war es für die Organisatoren der Unruhen wichtig, den Schein einer Volksnaturkraft zu erwecken. Wahrscheinlich hätten die Einwohner von Luhansk, wenn sie von Anfang an verstanden hätten, dass die „LVR“ ein Projekt des ehemaligen Gouverneurs Jefremow ist, der die Macht und sein Geschäft verzweifelt zu behalten versuchte, an diesem Abenteuer nicht massenhaft teilgenommen.
Über die Verbindungen Jefremows zu dem „Volksgouverneur“ Walerij Bolotow begann man direkt nach dem Beginn seiner Aktivitäten zu sprechen. In den Medien wurde geschrieben, Bolotow sei früher ein „Ausspäher“ im illegalen Kohlengeschäft Jefremows gewesen, aber Beweise für diese Verbindung hat bis jetzt niemand vorlegen können. Nach dem Abgang Bolotows wurde er durch einen der ehemaligen Top-Manager des russischen Oligarchen Wiktor Wekselberg namens Marat Baschirow abgelöst. Nach ihm kam an die Spitze der „LVR“ wieder ein „lokaler Einwohner“- Igor Plotnizki, der eine Zeit lang als Beamter im Gebiet Luhansk gearbeitet hatte, aber bis zum Beginn der Ereignisse 2014 sich nicht mit Ruhm zu bekleckern geschafft hat.
Aber unter den „LVR-Ministern“ haben sich viele den Luhansker Einwohnern wohlbekannte Vertreter der „alten Garde“ wiedergefunden.
So hat der „LVR-Finanzminister“ Walerij Manujlow in der Vergangenheit als persönlicher Referent von Alexander Jefremow gearbeitet, als dieser noch den Posten des Gouverneurs des Luhansker Gebietes bekleidete. Und ab 2010 bekleidete er den Posten des stellvertretenden Oberhaupts der Hauptverwaltung der staatlichen Schatzkammer der Ukraine im Gebiet Luhansk.
Den „LVR-Minister für Naturressourcen“ Juri Degtjarew kann man ebenfalls zu Jefremows Leuten rechnen. 2012 war er Leiter der Luhansker Gebietsverwaltung für Fischereiaufsicht, und ab 2013 wurde er Leiter der Verwaltung für Gewässerschutz im Gebiet Luhansk.
Die „Ministerin für Arbeit und Sozialpolitik“ Swetlana Malachowa bekleidete vor dem Krieg den Posten der Verwaltungsleiterin des Luhansker Stadtrats in Fragen des Sozialschutzes der Bevölkerung.
Der „Minister für Bauwesen und Kommunalwirtschaft“ Alexej Rusakow war unter dem „alten Regime“ Direktor des Luhansker Kommunalbetriebes „Teplokommunenergo“.
Solche Dienststellen konnte kein x-beliebiger Mensch in Luhansk bekleiden. Alle Kommunalbetriebe in Luhansk wurden nur von „geprüftem“ Personal geleitet, und fast jeder davon wurde periodisch zum Schauplatz korrupter Missbrauchsfälle.
Der „Vorsitzende der Gewerkschaften der LVR“ Oleg Akimow leitete in der Vergangenheit auch einen Kommunalbetrieb und war Angeklagter in einem Korruptionsskandal. Der Kommunalbetrieb „Sport für alle“, dessen Direktor Akimow gewesen war, hatte für die Einrichtung der Sportplätze in den Städten und die Organisation von Sportwettbewerben Millionen Hrywnja jährlich aus dem Haushalt des Gebietes Luhansk bekommen. Aber eine journalistische Untersuchung zeigte auf, dass das Geld in Wirklichkeit in der Luft verpufft ist, und die Sportplätze nur auf dem Papier existierten. Rusakow, Akimow, Malachowa – sie alle arbeiteten im Team des damaligen Bürgermeisters von Luhansk, Sergej Krawtschenko, der sein Amt wiederum dank der Protektion von Jefremow besetzen konnte. Der ehemalige Fraktionschef der „Partei der Regionen“ im Parlament kontrollierte Luhansk vollständig, und jede bedeutende Personalbesetzung in der Stadt lief nur nach Absprache mit ihm.
Neulich ist nach mehreren Monaten Abwesenheit der berüchtigte Leiter des „Luhansker Fernsehens“ Rodion Miroschnik zurückgekommen, der seit 2004 als wichtigster PR-Manager der Jefremow-Gruppe galt. Vor zehn Jahren wurde der Fernsehsender von Miroschnik aufgrund von hysterischen Beiträgen über die „orangene Pest“ und ukrainophobischen Ausfällen berühmt und hat seitdem den Grad an Propaganda nie gesenkt. Miroschnik selbst erlangte Popularität nach Äußerungen rassistischen Charakters: Er bezeichnete die Ukrainer bei einer Gebietsrat-Sitzung als eine „Unterrasse“.
Es ist selbstverständlich, dass eine derartig wertvolle Personalie nicht ohne einen Arbeitsplatz in der „LVR“ geblieben ist. Nachdem er den Krieg in Kyjiw und Moskau abgewartet hatte, ist Miroschnik nun nach Luhansk gekommen und nimmt an Sitzungen der separatistischen Regierung teil, auf dem Ehrenplatz gleich neben Plotnizky sitzend.
Als Jefremows Mann gilt auch der heutige „Bürgermeister“ von Luhansk, Manolis Pilawow. In nicht allzu ferner Vergangenheit war er Vertreter des Bürgermeisters Sergei Krawtschenko. Nach der Flucht Krawtschenkos aus der Stadt ist Pilawow zu den Separatisten übergelaufen. Der stellvertretende Bürgermeister galt in der Stadt schon immer als ein sehr reicher Mann, er lebte in einem prunkvollen Haus, fuhr ein Auto der Luxus-Klasse (Lexus RX 45) und hat nicht einmal versucht zu verheimlichen, dass er nicht vom Lohn eines Beamten lebt.
Die Zusammenarbeit von Pilawow mit der „LVR“ wurde zu einer Überraschung für beide Seiten. Die Einen fanden, dass Pilawow sich mit Marginalen nicht einlassen und Luhansk verlassen wird, die Anderen behaupteten lange Zeit, dass sie das alte Regime bis auf den Grund zerstören werden, um einen neuen und gerechten Staat zu errichten, haben aber am Ende einen korrupten Beamten angestellt, den die Luhansker Einwohner aufrichtig verabscheuen.
Heute gilt Pilawow als einer der engsten Verbündeten von Plotnizky.
Man hat auch Arbeit für andere Beamten im Luhansker Gebiet gefunden, die vor dem Krieg als Alexander Jefremows Männer galten. Nach der Ausrufung der „LVR“ wurde beschlossen, Bürgermeister auf dem Territorium der Separatisten zu ernennen, statt sie zu wählen.
Am 2. Dezember hat Igor Plotnizky persönlich die Bürgermeister von Krasnodon, Luhansk, Stachanowe, Brjanka, Perewalsk, Altschewsk, Lutuhyne, Swerdlowsk, Perwomajsk und Rowenky ernannt. Der Großteil der „Ernannten“ hat sich als gerissene „Regionale“ aus der von Jefremow ausgebauten Machtvertikale mit langjähriger Berufspraxis auf leitenden Posten im Luhansker Gebiet entpuppt.
„Bürgermeister“ von Stachanow wurde Sergej Schewlakow, der die Stadt schon 2002-2006 und 2008-2010 leitete. Schewlakow ist ein alter Verbündeter und Protege von Jefremow und war ebenfalls Angeklagter in mehreren Korruptionsskandalen.
Zur „Bürgermeisterin“ von Altschewsk hat Plotnizky Natalja Pjatkowa ernannt, die von 2002 bis 2013 Abgeordnete des Altschewsker Stadtrates von der „Partei der Regionen“ war und im Juni 2013 erste Stellvertreterin des Stadtoberhaupts von Altschewsk Wladimir Kosjuga wurde.
Kosjuga war Leiter der Stadtorganisation der „Partei der Regionen“ und ein Protegé von Jefremow, der persönlich erschien, um zu überwachen, dass bei den Sonderwahlen zum Bürgermeister von Altschewsk 2013 die Kandidatur von Kosjuga registriert wurde.
Opponenten von Jefremow dagegen, die eine schwierige Beziehung zum Ex-Gouverneur hatten, haben dummerweise kein Glück mit den Separatisten. Sie werden in der Regel verfolgt, gekidnappt, beraubt und auf andere Art und Weise malträtiert. Der ehemalige Vizegouverneur des Gebietes, Wladimir Iwanow, der sich mit Jefremow zerstritten hatte, hat das Gebiet Luhansk gerade noch rechtzeitig verlassen. Sein Haus wurde besetzt und von den Söldnern geplündert. Das gleiche Schicksal widerfuhr auch den Häusern Wladimir Landiks und seines Sohns Roman, die mit dem regionalen Oberhaupt ebenfalls zusammengestoßen waren.
„Die Häuser wurden besetzt, sie nehmen absolut alles mit: Kinderwagen, sogar Pampers nehmen sie mit, absolut alles ist geplündert,“ so beschrieb Wladimir Landik das Vorgehen der Räuber. Einem Angriff wurde auch der ihm gehörende Fernsehsender „Irta“ ausgesetzt, nun ist dieser besetzt und wird von den Söldnern genutzt.
Noch schwerer hat es Alexander Makarow getroffen, der 2012 für den Rat in einem der Landkreise im Gebiet Luhansk kandidierte. Damals arbeitete Makarow mit einem Rivalen von Jefremow zusammen namens Sergej Schachow und hat eine relativ aggressive Wahlkampagne geführt. Im Sommer 2014 wurde Makarow von bewaffneten Soldnern aus seinem Haus in Krasnodon entführt. 103 Tage wurde er im Keller des Gebäudes des Luhansker Sicherheitsdienstes gehalten, in dem er nach eigenen Aussagen zusammengeschlagen wurde und kein Essen bekam. In die Freiheit wurde Makarow erst entlassen, als man für ihn eine große Summe Lösegeld gezahlt hat, dessen genaue Höhe nicht genannt wurde. Erstaunlich, aber diese ganze Willkür hat weder das Eigentum von Alexander Jefremow selbst noch das seiner Teammitglieder betroffen. Niemand hat ihre Häuser gestürmt, ihre Geschäfte und Autos abgenommen.
Wenn man die Zusammensetzung der „LVR-Regierung“ analysiert, braucht man sich über diese Loyalität der Separatisten gegenüber Alexander Jefremows Leuten wohl kaum zu wundern.
Quelle: pravda.com.ua; übersetzt von Irina Schlegel
2 Responses to “Jefremows Schatten über der „LVR“”
28/12/2014
Lagebericht des InformNapalmTeams nach dem Stand vom Ende Dezember 2014 - InformNapalm.org (Deutsch)InformNapalm.org (Deutsch)[…] Zum Beispiel bekleidet der Patensohn von Alexander Jefremow, Rodion Miroschnik, der noch immer den Titel „Verdienter Journalist der Ukraine“ trägt, und früher ein persönlicher Protegé und Pressesprecher von Jefremow höchstpersönlich war, zum jetzigen Zeitpunkt den Posten des stellvertretenden Oberhaupts der LVR und leitet die Propagandaarbeit in „Neurussland“ (so eine Art handlicher Goebbels der lokalen Führer). (Mehr zu diesem Thema hier: “Jefremows Schatten über der LVR”). […]
28/12/2014
InformNapalmTeam: Lagebericht Stand Ende Dezember 2014 | Euromaidan Press auf Deutsch | Unabhängige Informationsquelle über die aktuellen politischen, kulturellen, gesellschaftlichen Ereignisse in der Ukraine[…] Zum Beispiel ist der Patensohn von Alexander Jefremow, Rodion Miroschnik, der noch immer den Titel „Verdienter Journalist der Ukraine“ trägt und früher ein persönlicher Protegé und Pressesprecher von Jefremow höchstpersönlich war, zum jetzigen Zeitpunkt stellvertretendes Oberhaupt der LVR und leitet die Propagandaarbeit in „Neurussland“. [Anm. d. Übers.: Mehr zu diesem Thema hier: “Jefremows Schatten über der LVR”]. […]