
Genau das kann Putin aufhalten, findet die berühmte russische Politologin, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Brooking Instituts (USA) Lilija Schewzowa. Die Politologin beantwortete die Fragen des Hauptredakteurs der weißrussischen Ausgabe charter97.org Natalja Radina während der Konferenz „Herausforderungen und Verpflichtungen der modernen Journalistik“ in Vilnius.
– Auf der Konferenz traten Sie recht scharf auf, indem Sie die Politik Europas für die unzureichend starke und prinzipielle Politik in Bezug auf das Regime von Putin kritisierten. Das war sehr emotional für eine Analytikerin, denn es ist üblich, Menschen Ihres Berufs eher für Beobachter am Rand zu halten. Können Sie nicht mehr beiseite bleiben?
– Wissen Sie, sogar Menschen, die schon lange Zeit als Analytiker arbeiten und eine ziemlich distanzierte, kalte Herangehensweise zu vertreten versuchen, geben ihren Emotionen nach, sobald sie in eine angespannte Situation kommen.
2014 war für Europa und für den ganzen Westen ein Test ihrer Festigkeit und der Treue zu ihren Prinzipien. Sie hatten genug Zeit, die Vergangenheit und das Heute zu bewerten, wie auch die Fehler, die die EU in Bezug auf Russland, die Ukraine und die eigene Aussenpolitik begangen hat. Trotzdem gelang es Europa nicht, diese Zeit für die Ausarbeitung einer neuen Strategie zu nutzen. Obwohl man der Objektivität wegen sagen kann, dass Europa etwas Unvorstellbares, für seine Geschichte gänzlich Unerwartetes erreicht hat. 28 Subjekte der EU halten sich noch immer an einen Einheitskurs gegenüber den Sanktionen gegen Russland, und dabei sind es auch Ungarn mit seinem Premierminister Orban, und Zypern, und Griechenland, und andere Mittelmeerländer, die immer Charakterschwäche bezüglich der Prinzipien an den Tag gelegt haben.
Angela Merkel, die man noch vor einem Jahr wohl kaum in Genauigkeit und Folgerichtigkeit ihrer Einstellung gegenüber Russland und der Ukraine verdächtigen könnte, hält nun diese Einigkeit von Europa zusammen. Und das ist zweifellos ein positiver Schritt in Altersreife der EU und dem Austritt aus der intellektuellen und politischen Lähmung, in der sich die EU die letzten 5-6 Jahre befand.
Andererseits sind Sanktionen nur eine Taktik, und keine Strategie. Die Sanktionen sind darauf gerichtet, das Regime, das die Rote Linie kreuzt, etwas Schlimmeres nicht machen zu lassen. Aber sie führten nicht mal zu einer Deeskalation der Spannung, wenn auch sie bis zu einem gewissen Grad zeigten, dass man die EU durchaus als ein Ganzes wahrnehmen kann.
– Sollte man vielleicht stärker „zuschlagen“?
– Die Sanktionen des Westens hatten ihre Wirkung in Bezug auf den Apartheid in Südafrikanischen Republik, wie auch in Bezug auf das Regime von Lukaschenko in Belarus. Im Grossen und Ganzen können sie aber ihre Wirkung nur im Paket mit einer scharfen und ausgewuchteten Politik der liberalen Gemeinschaft zeigen, die eine Reihe Massnahmen strategischer Qualität beinhaltet. Welche? Das hat die EU noch nicht entschieden. Sie konnte sich zu nichts Grösserem entscheiden, konnte den Rahmen der sektoralen Sanktionen nicht verlassen.
Wir sind in eine Sackgasse geraten: die EU und der Westen im Ganzen können den Vektor der Vorgehensweise der russischen Regierung nicht ändern. Obwohl sie auf die Veränderung der Taktik vom Kreml einwirken können.
– Wie kommt man aus dieser Sackgasse raus?
– Wissen Sie, es gibt einen Punkt, den der Westen nicht berücksichtigt. Die Sowjetunion überlebte durch die Konfrontation mit dem Westen. Aber das postsowjetische, dann Jelzins und nun Putins Russland überlebt durch die Integration mit dem Westen, durch die Herausbildung einer Bereicherungsquelle, einer „fünften Kolonne“ und einer Einflusszone innerhalb dieses.
Das ist ein gänzlich neues Modell des Überlebens. Den putinischen Kreml zu bezwingen, zurückzuhalten und sein Manöverfeld einzuschränken ist unmöglich, wenn man Russland nur mit den wirtschaftlichen und militärischen Sanktionen beeinflusst, indem man fünf Panzerwagen oder Panzer nach Litauen schickt, oder forces of rapid deployment, Kräfte der schnellen Reaktion der NATO und 5 Kommandozentralen im Osteuropa erschafft.
Alles kann man ändern, wenn die EU anfängt, das Krebsgeschwür in sich selbst zu liquidieren. Nehmen wir zum Beispiel London, den wir nun Londongrad nennen. Auf der Londoner Börse werden alle wichtigsten russischen Staatsunternehmen registriert. In London leben circa 500 000 russischer Staatsbürger, die ihre Kapitale dort halten. Wenn die Regierung Grossbritanniens und entsprechende Agenturen den Prozess der Aufdeckung von Quellen ihrer Bereicherung starten würden, würde es eine unmittelbare Wirkung zeigen.
Solange der ehemalige Bundeskanzler Deutschlands Gerhard Schröder in „Gasprom“ arbeitet, solange die ehemaligen Wirtschaftsminister der EU-Länder und die ehemaligen NATO-Generalsekretäre im Unterhalt der russischen Staatsunternehmen stehen, werden die Sanktionen zu keinem Erfolg führen.
Heute fliesst das Hauptgeld nach Russland aus Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Niederlande. Das sind russische Kapitalvermögen, die sich in offshores in Niederlanden oder auf den Jungferninseln befinden, und nach Russland in irgendeiner Form zurückkommen, zum Beispiel in Form der Investitionen. Dieses Geld geht aus Russland von economic rent in den Westen.
Sobald die Nachprüfung dieser Geldflüsse und der Bereicherungsquellen anfängt, wird das Schicksal des putinschen Regimes besiegelt sein. Indem Europa sich selbst hilft, hilft es uns auch. Man braucht ein anderes Paradigma der Beziehungen zum putinschen Russland, Belarus, Aserbaidschan, Kasachstan, Uzbekistan und anderen Ländern.
– Kann Europa auf das russische Geld verzichten?
– Noch offensichtlich nicht. Das braucht eine lange Reinigung. Aber wie bei einem Sprühregen fängt es doch an zu tropfen, so beginnen auch unter dem Druck des amerikanischen Finanzministeriums die Schweizer Banken das Geheimnis der Einlagen zu enthüllen – es geschieht ein Überlaufen der Kapitale aus der Schweiz in andere Länder. Natürlich machen es noch nicht alle Länder, Österreich hat zum Beispiel noch gar nicht angefangen. Aber solange dieses Problem nicht gelöst ist, bleibt das Manöverfeld der kremlischen Politikklasse riesig.
– Die Untersuchung der Herkunft dieser Kapitalvermögen wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Russland führt aber schon seit einem Jahr Kriegshandlungen auf dem Territorium der Ukraine. Ende Februar wurde der Oppositionsleader Boris Nemzow getötet. Was kann Putin jetzt aufhalten?
– Wissen Sie, auf diese Frage gibt es keine Antwort, wie im Prinzip auch auf die Mehrheit der Fragen, die das jetzige Russland und den jetzigen Westen betreffen. Die Situation ist gänzlich neu, man kann sie nicht mit dem Kalten Krieg vergleichen. Damals existierten Regeln, bestimmte „rote Linien“ wie für die Sowjetunion so auch für den Westen. Und beide Seiten respektierten diese, zumindest nach der Karibischen Krise der 1960-er.
Nun entwickelt sich ein neues Tabu-System. Ich denke nicht, dass die Reaktion des Westens, und noch weniger- die Reaktion der EU, die in Moskau als so eine Art „Altersheim“ wahrgenommen wird, in irgendeiner Weise auf de Politik des Kremls einen Einfluss ausüben kann. Die europäischen Behörden haben eine Menge Resolutionen bezüglich Russland eingebracht, aber sie alle haben auf nichts einen Einfluss gehabt.
Kreml ist ein System der personalisierten Macht. Das ist eine Maschine, die sich in der Situation tiefer Degradation befindet, womöglich sogar Agonie. Wir wissen nicht, welchen Grad und welches Stadium diese Agonie bereits erreicht hat, aber halt machen kann sie nicht, denn das ist wie der Bobsleigh: du springst in einen Bob und rast durch die Rinne. Du kannst die Geschwindigkeit des Bobs regulieren, aber anhalten kannst du ihn nicht. So funktioniert auch die russische oder russländische Matrix.
Wir schenken Putin zuviel Aufmerksamkeit, und dabei ist er nur eine Geisel dieses Bobs. Das Wichtigste hier ist die Maschine, und allem Anschein nach kann sich die Reihe der politischen Morde in Russland fortsetzen, denn hier sind mittlerweile Kräfte aktiv, die vom Kreml unabhängig sind.
Ich bin gar nicht so sicher, dass den Befehl zum Mord an Nemzow in der Situation der sich verstärkenden Isolation und der Wahrscheinlichkeit von neuen Sanktionen der Kreml selbst abgab. Es existieren sehr gewaltige Kräfte- „Gasprom“, „Rosneft“- die Europa bedienen und mit diesem normale Beziehungen aufrechterhalten müssen- das ist das Gesetz von economic rent. Sie müssen freie Grenzen haben, ihr Geld frei verteilen können, Erdöl und Gas frei verkaufen können- sie sind an einer Isolation nicht interessiert. Und plötzlich geschieht dieser Mord an Nemzow. Kreml verfiel aus einer Erklärung in eine andere.
Putin hat die Kontrolle über den Bob, die Mordmaschine und seinen Staat verloren, der nach Blut lechzt. Diesen Prozess kann man unmöglich stoppen, wenn man nicht das ganze System transformiert.
Der Mord an Nemzow ist zweifellos politisch, denn der Staat erschuf eine Atmosphäre des gegenseitigen Hasses und Verfolgung. Das ist eine Warnung nicht nur für die Opposition, für die dissidierende Minderheit, der ich auch angehöre. Das ist eine Warnung an die ganze politische Klasse Russlands: Schritt nach links, Schritt nach rechts- und Sie sind unter Bedrohung.
Ich kann mir vorstellen, mit was für einem Schrecken die Mitglieder der Präsidentenverwaltung, die russischen Geschäftsmänner Awen, Friedmann, Prochorow diesen Mord aufnahmen…. Alle haben verstanden: man muss loyal sein.
– Wenn der Kreml bei den inneren Repressionen nicht anzuhalten beabsichtigt, hält er auch in der Aussenaggression nicht an?
– Schwer zu sagen, welche konkrete Schritte vom Kreml in verschiedene Richtungen unternommen werden. Aber noch vor den Ereignissen in der Ukraine bewilligte der Kreml ein neues Konzept des Überlebens. Dieses Konzept kristallisierte sich zum Ende 2013 endgültig heraus und zum Fehlschlag der westlichen politischen und analytischen Welt wurde die Tatsache, dass sie diesem keine Aufmerksamkeit schenkten. Und die neue aussenpolitische Strategie begann sich 2007 zu formieren- nach dem Auftritt Putins auf der Sicherheitskonferenz in München, wo er die USA hart angriff.
Wenn bis 2013 die russische Matrix durch die persönliche Integration im Westen und in die westliche Gesellschaft überlebte, durch den Dialog mit Europa, so ist der neue Baublock der Überlebensstrategie die Eindämmung des Westens wie innerhalb so auch ausserhalb Russlands. Die Ukraine wurde zu einem Labor für die Testarbeit dieser Doktrin.
Wie konkret die Eindämmung des Westens ablaufen wird, ist noch schwer zu sagen, aber absolut klar ist, dass der Kreml der Ukraine unwahrscheinlich erlauben wird, ein selbstständiger vollwertiger Staat zu werden. Die Politik der Destabilisierung dieses Landes wird sich fortsetzen.
Natürlich wird sich genauso das „Interesse“ an der Situation in Belarus, Moldau fortsetzen – der sogenannten Staaten der „Grauzone“.
– Also, die faktische Sowjetunion.
– Nein. Natürlich ist es gut, solche Metapher wie die Rückkehr in die Sowjetunion anzuwenden. Die Sowjetunion war ein klares, hart integriertes Imperium durch die vollständige Eingliederung von Belarus, der Ukraine, der baltischen Länder in den Rahmen des sowjetischen Systems. Es gab ein gemeinsames Budget und die Loyalität der nationalen Eliten wurde daraus entlohnt.
– Ein dem Kreml loyales Regime von Lukaschenko existiert bereits seit über 20 Jahren auf Kosten des russischen Budgets.
– Ja, aber die Sache ist, dass die Situation nun eine andere ist. Das Eurasientum ist ein komplett neues Modell. Tatsächlich gibt es ein Element der Entlohnung von Loyalität durch das russische Budget. Aber das russische Budget wird gerade kleiner, da bleibt nur noch sehr wenig Geld. Im russischen nationalen Fonds sind nur noch 400 Milliarden Dollar übrig, und davon sind nur 200 – liquidity cash. Darum ist es unmöglich, die Loyalität der weissrussischen, ukrainischen, moldauischen, armenischen und zentralasiatischen Eliten gänzlich zu erkaufen. Folglich werden andere Methoden eingesetzt, aber nicht auf dem Weg der vollständigen Eingliederung von Belarus, Moldau, der Ukraine in den Rahmen von Russland.
Schauen Sie doch, wie Moskau die Donezker und Luhansker „Republiken“ behandelt. Der Kreml fordert, dass Kiew die Separatisten in den Rahmen des ukrainischen Staates miteinschliesst. Das ist eine ganz neue Taktik: seine eigene Kolonie innerhalb eines Staates zu haben.
Ich denke, dass der Unterhalt von Lukaschenko nun sehr gekürzt wurde. Früher bekam er für jede seine Provokation, für jeden Murks riesiges Geld. Nun gibt es dieses Geld nicht mehr, darum versucht Lukaschenko wie ein anschmiegsames Kälbchen mehrere Mütter zu saugen – wendet sich wie an Europa so auch an Russland und hofft, Unterhaltsgeld zu bekommen. Erpresst wie Europa so auch Russland. Eine andere Sache ist, wie der Kreml Lukaschenko und Belarus kontrollieren soll, wenn er ihm kein Geld zahlt? Schwer zu sagen. Auf welche Weise soll Russland auch die Ukraine destabilisieren, wenn es kein Geld für den Unterhalt von Donezk und Luhansk gibt? Das ist eine neue Situation.
– Vor kurzem habe ich mich in Warschau mit Yuri Felschtinski getroffen. Er sagte drei Varianten des Geschehens voraus: Russland okkupiert Belarus mit Einverständnis von Lukaschenko, ohne sein Einverständnis oder es wird das „afghanische Szenario“ verwirklicht. Welche Variante halten Sie für möglich?
– Ich respektiere Felschtinski. Er ist ein mutiger Mann und schreibt interessante Bücher, aber die ersten zwei Szenarios sind absolut unmöglich und werden nie verwirklicht. Erstens, wegen der Beschränktheit des russischen Budgets. Zweitens, weil Putin doch bestimmte Limits hat wie auch ein Verständnis der Rationalität. Drittens ist die russische Bevölkerung nicht zu einer Erweiterung des „Mätressen“-Kreises bereit.
Wenn im März letzten Jahres 65% der russischen Befragten bereit waren, aus ihrem eigenen Portemonnaie für den Unterhalt der Krim zu zahlen, so sind es heute ungefähr 30%. In noch einem Monat, wenn die wirtschaftliche Krise die Portemonnaies der Russen unmittelbar betreffen wird, werden sich nur 10-15% tapferer Menschen finden, die bereit sein werden, die Krim zu unterhalten. Das wird nämlich circa 20 Miiliarden Dollar im Jahr kosten, die es gar nicht gibt.
Was die Hilfe bei irgendeinem Umsturz in Belarus angeht, so ist das ein Szenario, das man natürlich in Betracht ziehen sollte. Wie in allen Vasallen-Staaten ist es die optimalste Variante der Kontrolle über diese. Wenn die weissrussische Gesellschaft bereit ist, es zu dulden. Alle hängt von der Situation in Ihrem Land ab.
– Was ist denn die Eurasische Union, wenn nicht die Presswehen die UdSSR wiederzugebären?
– Es ist nun eine absolut andere Epoche. Es geschieht ein langsames Erlöschen der russischen Zivilisation, ihre Degradierung, Demoralisierung und ein langsamer Abtritt des russischen Staates von der politischen Bühne. Putin versucht das Leben dieses sterbenden Systems zu verlängern. Aber dieses System kann das, was es in 1960-70-80er herstellte, nicht mehr produzieren. Es kann das, was es in Afghanistan tat, nicht mehr tun. Um so weniger in der Situation der Krise.
Einerseits sind hektische, dramatische, tragische Handlungen möglich- solche wie das Absetzen der „grünen Männchen“ auf der Krim. Aber da waren schon russische Streitkräfte- 26 000 Menschen. Ich weiss nicht, wieviele Tausende Militärs sich in den Stützpunkten in Belarus befinden, aber andererseits sind solche Versuche kurzzeitig und situativ.
In Armenien gibt es auch russische Streitkräfte, aber nun gehen die Armenier auf die Strassen mit der Forderung, den russischen Stützpunkt in Gjumri abzuschaffen. So etwas gab es früher nie. Der Kreml erwartete so etwas auch von den Armeniern wohl kaum. Die Ereignisse entwickeln sich sehr schnell.
– Wir sprechen mit Ihnen in Litauen, wo es wegen der Bedrohung der russischen Einmischung die allgemeine Militärdienstpflicht wieder eingeführt wurde. Hier auf der Konferenz waren auch Journalisten aus Lettland anwesend, die sagten, dass es die Gefahr der Bildung von „Lettgallischer Volksrepublik“ durch die Russen gibt. Wie real sind die Bedrohungen für die baltischen Länder?
– Ich bin mit jeglichen Prognosen sehr vorsichtig, besonders in einer Situation, wo die alte Weltordnung gestört wurde. Wir gehen nun einen absolut unbetretenen Pfad, darum können wir uns schwer vorstellen, was morgen passieren wird. Kaum jemand von uns vermutete, dass sich Putin im Februar letzten Jahres zur Annexion der Krim entschliessen wird. Obwohl wir alle in Moskau über die Existenz verschiedener Pläne auf dem Tisch des Präsidenten wussten. Der Pläne wie der Verteidigung so auch des Angriffs. All diese Pläne sind möglich, eine andere Sache ist, ob sie auch tatsächlich verwirklicht werden- nach der Krim und dem Donbass, nachdem Moskau entdeckte, wie teuer das alles ist. Die Spezifik der russischen Bevölkerung ist, dass sie den Anschein eines Sieges und einer Illusion der Einigkeit haben will, aber blutlos. Darum ist „KrimUnser!“ ein crescendo des russischen Mythos, das ist ein Sieg ohne Opfer.
Warum werden russische Soldaten und Offiziere, die in Donezk und Luhansk gefallen sind, nachts beerdigt? Weil die Bevölkerung keinen Krieg mit Opfern haben will. Das ist eine sehr existenzielle Einschränkung jeglicher militärischer Handlungen des Kremls gegen die Nachbarstaaten.
Wenn es Blut geben wird, wird dieses Regime früher oder später fallen. „Soll es nur keinen Krieg geben“- jeder Russe wird damit in seinem Genotyp geboren. Seltsam, es ist wohl die blutrünstigste Nation, fürchtet sich aber sehr vor dem Blut. Wenn es nur eine Expansion nach Belarus, nach Estland geben könnte, und Weissrussen und Estländer würden dabei mit Blumen herauskommen….
– Aber es sind doch schon so viele russische Militärs in Donbass gefallen, und davor hatten zwei tschetschenische Kriege so viele Leben genommen…
-Bezüglich des Donbass erschafft das Fernsehen eine Illusion, dass es ganz blutlos ist, dass das alles Freiwillige sind. Ja, es sind ein paar gestorben, aber sie sind doch freiwillig hingegangen. Gegen den Krieg in Tschetschenien traten die Russen aktiv auf, es wurden Hunderttausende Unterschriften gesammelt.
Der erste tschetschenische Krieg wurde gar nicht angenommen, der Zweite – teilweise, wegen der TV-Lüge und des putinschen „Eldorado“, als die Preise für Erdöl stetig anstiegen.
– Wird es denn den Dritten Weltkrieg geben?
– Nichts sollte man ausschliessen, wenn es keine Regeln gibt. Das ist unser Axiom Nr.1. Ein Regime, das sich an der Macht festklammert, kann wahnsinnige Massnahmen ergreifen.
Aber jeglicher Wahnsinn wird durch das Volk, auch durch ein demoralisiertes, nur in seinem Anfangsstadium unterstützt. Nun wollen 62% der Russen, dass die Ukraine unabhängig wird. Also verfliegt die Droge, besonders weil das Volk anstatt Fernsehen zu schauen, in seinen Kühlschrank zu schauen beginnt…
Quelle: Lilija Schewzowa im Interview mit Natalja Radina für charter97.org; übersetzt von Irina Schlegel.
Lesen Sie noch ein Interview mit Lilija Schewzowa: „Der russische capo del capi ist ratlos und desorientiert“.
One Response to “Lilija Schewzowa: „Es ist dringend nötig, der Quellen der Bereicherung der russischen Spitze nachzuforschen.“”
10/09/2015
Lilija Schewzowa: „Ohne die Ukraine ist Russland ein „Möchtegern-Imperium“ oder sogar gar keines“ - InformNapalm.org (Deutsch)[…] „Es ist dringen nötig, der Quellen der Bereicherung russischer Spitze nachzuforschen“ […]