von Kirill Danilchenko alias Ronin
Ich schreibe recht viel über unseren Sieg – sowohl in meinen Rückblicken, als auch auch in den Artikeln. Das ist jedoch nicht deshalb, weil ich durchwegs einen lebensfrohen Kaugummi an den Tag legen möchte oder Positivbilder aus den Fingern saugen will. Ich glaube wirklich daran, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden und ungeachtet dessen, dass das andere Ufer noch im Nebel ist, macht die Ukraine in strategischer und operativer Sicht den Großteil der existentiellen Dinge richtig. Freilich können der Stellungskrieg, der wirtschaftliche Absturz und der ukrainische Politzirkus sogar die hoffnungslosesten Optimisten entmutigen. Daher handelt der Artikel aufgrund der Zuspitzung an der Front und der gefühlten hundertsten Minsker Runde davon, warum wir siegen werden. Über kurz oder lang.
Es gibt nur zwei globale Gründe dafür: den Widerstandswillen des ukrainischen Volkes und die zwei linken Hände des Gegners. Diese zwei Konstanten ändern sich schon seit 2014 nicht mehr, sowie sich die Frontlinie seit Frühling 2015 nur nach Osten bewegte. Bloß entsteht vor dem Hintergrund des Informationskrieges, den Hunderten erlogenen und echten „Kesseln“, der Erzeugung von Hysterie bezüglich Debalzewe und Ilowajsk ein Nebelvorhang, der für viele von Vorteil ist – sowohl außerhalb, als auch innerhalb der Ukraine. Wegen politischer Boni, Budgetausarbeitungen, menschlicher Dummheit oder Niedertracht. Obwohl es ausreicht, nüchtern die Ereigniskette durchzugehen, um selbst die Situation an der Front für alle Mal zu verstehen. Fakten, nichts als Fakten.
Mit eben solchen Panzern haben die Bergarbeiter, die MANPADS, Panzerabwehrlenkwaffen, Mörser und den FSB-Offizier Girkin in einer Mine fanden, den Checkpoint an der Fischzuchtanlage zerschlagen und während sie aus dem eingekreisten Slowjansk ausbrachen im Straßengraben ein Fahrzeug zurückgelassen.
Erstens – es gibt keinen isolierten Bürgerkrieg. Wie sehr man auch den ausschließlich internen Charakter dieses Konflikts auf dem Informationsfeld betonen möchte, ist der Krieg im Donbass ein rein russisches Projekt, das sogar von Offizieren der russischen Geheimdienste angezettelt wurde: Girkin, Bezler, Petrovsky, hunderte Kämpfer der russischen Streitkräfte für Spezialoperationen und Mitarbeiter des operativen Dienstes, Söldner und „Urlauber“. Diese Tatsache sollte keiner Diskussion unterliegen. Es gibt zahlreiche Beteiligungsbeispiele von ominösen Kämpferanführern zu russischen Behörden, angefangen mit Fotos von Medaillen für den FSB-Dienst bis zu deren Interviews und direkten Erwähnungen von der Arbeit für den Geheimdienst. Dutzende Panzer, dutzende MANPADS- und Panzerabwehrlenkwaffen-Einsätze in der frühen Phase, das Hinterland und der Treibstoff, das Kommando und die Rotation – mit all diesen Geschichten von einem Bürgerkrieg sollte man sich einzig und allein zum Psychiater wenden. In der gesamten restlichen Ukraine, wohin Moskaus Einflussagenten nicht eingedrungen sind, werden summa summarum bis zweihundert Tote verzeichnet, von denen die meisten, Opfer beider Seiten des Maidan waren. Zusammen mit den Konfrontationen in Charkiw und Odessa, mit den Auseinandersetzungen und den brennenden Bussen in Dnipro (früher Dnipropetrowsk), mit den Schießereien und den Zusammenstößen auf den Straßen, mit Mukatschewe und den Granaten in Kiew. Insgesamt ist die Zahl auf dem Stand der Sterblichkeit durch die Grippe, sie kommt nicht einmal an die Arbeit der russischen Panzer an dem eigenen „Weißen Haus“ heran, wie schwer auch immer sich die Propaganda über die „absolute Gesetzlosigkeit in der Ukraine“ vonseiten des Porebrik abrackern mag.
Die Hure des Imperialismus – die Mathematik – sagt uns, dass bei dem Gegner, der zum damaligen Zeitpunkt lediglich die Kontrolle über die inneren Truppen, der Leitung des Grenzschutzes und des SBU übernahm, mindestens ein Panzerbataillon mit dem entsprechenden Hinterland ins Dasein getreten ist. Ein Geschenk von Allah wahrscheinlich.
Und dort, wo die Füße von den Strelkows und Olchonows den Boden berührt haben, gibt es mindestens zehntausend Tote, hinzu kommen Tausende Vermisste, in Schutt und Asche gelegte Ortschaften an der Demarkationslinie und acht Meter tiefe Krater an den Stellen von Fabriken. Ukrainische mechanisierte Brigaden mit Panzern, Rohrartillerie und Raketenwerfer machten sich auf den Weg in die Region, nachdem dort der nicht erklärte Krieg entflammte, den die Geheimdienstagenten aus der Russischen Föderation dorthin trugen, – nach der Einnahme unserer Städte und den Angriffen auf die Behörden in der Region, nach dem von Panzern niedergerissenen Checkpoint, den abgeschossenen General und den Überfällen in Wolnowacha. Trotz des zweijährigen Krieges und der Tatsache, dass die Russische Föderation versucht, den Prozess mit wilden Gerüchten über Offensiven, Farbigen auf Schützenpanzern, Strafkommandos und den allgegenwärtigen „Rechten Sektor“ anzuheizen, ist die Unterstützung für die Kämpfer in der Region längst nicht mehr auf dem Höhepunkt. Laut den maximalen Schätzungen der Hauptverwaltung der Aufklärung des ukrainischen Verteidigungsministeriums zählt die hybride Armee vierzigtausend Mann. Das ist schon zusammen mit dem Hinterland, der Rotation, den „Kosaken“ und den „Kriegsfreiwilligen“ aus Russland. In den Gebieten von Donezk und Luhansk, wo in den besetzen Regionen bis zu vier Millionen Menschen lebten, strömen massenweise Anhänger der „Russischen Welt“ und die Menschen wechseln in die Strafverfolgungsbehörden, einfach um etwas zum Essen zu haben und zu überleben. Äußerst wenig.
Die Tschetschenen benötigten in den beiden Kriegen bei 800 000 Einwohner 40-50 000 Kämpfer, damit ihr die Größenordnung versteht. Das ist das, worüber Strelkow gejammert hat, das ist das, weshalb wir keine „Untergrundbewegung“ in Slowjansk sehen oder Massenproteste auf ukrainischem Territorium und vorrücken kann die hybride Armee nur mit der Unterstützung der russischen Streitkräfte. In den „L/DVR“ selbst, gibt es trotz tonnenweise schwerer Waffen und einer vollen Pension von Putin erhebliche Probleme bei der Mobilisierungsfähigkeit. Mit einfachen Worten, ist die Aufgabe, einen flächendeckenden Konflikt in der Ukraine zu entfachen, nicht erfüllt worden, er ist kupiert und isoliert auf einem engen, durchschießbaren Gebiet, von wo aus Einheimische die Ukropi (abwertende russische Bezeichnung für die Ukrainer, Ukrop zu deutsch Dill) für Renten und Lebensmittel besuchen während ein Kern versteifter Ideologen, Söldner und hybrider Armee unter russischem Kommando und russischer Versorgung Krieg führt.
Zweitens – keine der gestellten Aufgaben an die hybride Armee in der Region für die Anfangsphase ist realisiert worden. Sie wurden ja nicht nur einmal verkündet: Ein Einmarsch bis an die Grenzen beider Gebiete, die Föderalisierung der Ukraine, die Erzwingung der Kapitulation oder eines lukrativen Friedens. Mariupol haben sie nicht aufgeschaukelt und auch nicht gehalten. Die Flughäfen von Slowjansk und Kramatorsk haben sie nicht eingenommen. Das Bruttoinlandsprodukt von Donezk und Luhansk wurde ruiniert. Die Bahnhöfe in Jassynuwata, Ilowajsk und der in Debalzewo, der durch großes Blutvergießen den Besitzer wechselte, befinden sich nach zwei Jahren des Konflikts in der Feuerüberwachungszone der ukrainischen Streitkräfte. Damit nicht genug, dass die Charkower Volksrepublik (genau dort wurde nämlich der Akteur der Sprechkunst Arseni Pawlow erstmals gesichtet) nicht anwuchs, so hat man auch drei zentrale Ballungsgebiete mit einer Einwohnerschaft von eineinhalb Millionen an den Feind verloren. Strategische Betriebe und Infrastrukturobjekte: die Awdijiwskiy Kokerei, der Hafen von Mariupol, die Wärmekraftwerke von Schtschastja, Kurachowe und Slowjansk sind sauber und der Analyse der zweiwöchigen Kämpfe im Industriegebiet von Awdijiwka oder Marjinka nach, ist es nicht so einfach, sie zurückzugewinnen, wie nach Warschau zu marschieren. Und wie der Winter 2015 gezeigt hat, kann ein Coup eines Panzerzuges und einer Bataillonsgruppe durchaus zu einem Durchbruch bis in die Hauptstadt der „jungen Republik“, dem Abriss einer taktisch wichtigen Brücke und der Isolation des Gefechtsfeldes führen. Sprich eine Situation, bei der zwei Brigaden der ukrainischen Streitkräfte mit der Möglichkeit die Artillerie zweier Sektoren an der Grenze nahe Marjinka zu versammeln, 15 Fahrminuten von der Bebauungsgrenze von Donezk stehen und mit Kleinwaffen die Strecke blockieren, kann die Kämpfer unmöglich nicht stressen. Die Anordnung ihrer Checkpoints und Stützpunkte 2014 sah lohnender aus als jetzt, nach zwei Jahren von Kesseln und Trompetenzügen im Netz.
In gelber Farbe ist das Gebiet unter der gewünschten Kontrolle der hybriden Armee markiert, die Geografie aktiver Proteste und der Vormarsch der „Russischen Welt“ am Beginn der Aggression und die Frontlinie nach der Aufhebung des ersten Waffenstillstands ist rot markiert. Plötzlich sehen die Tausenden Kessel und der Vormarsch auf Kiew etwas anders aus, als im russischen Fernsehen.
Drittens – der Widerstandswille des ukrainischen Volkes nach zwei Jahren des Konflikts. Jeder Mensch, der über den Krieg im Osten spricht, muss seine Natur klar verstehen – am Kriegsschauplatz in 400 und mehr Kilometern Entfernung kämpft eine Gruppe von 20 bis 60 000 Soldaten der ukrainischen Streitkräfte zu unterschiedlichen Zeiten. Damit ihr die Zahlen begreift, das für seine Verhältnisse weitaus bescheidenere Kroatien hat in der Operation „Sturm“ ein 150 000 starkes Personal gegen das operettenhafte serbische Land eingesetzt. Ich habe wiederholt darüber geschrieben und ich werde darüber schreiben: Wir haben eine äußerst geringe Truppenstärke, eine schmale Kette von Zugstützpunkten, oft ohne ein einziges Feuersystem, Reserven in der Größenordnung einer Bataillonsgruppe pro Sektor. Die üblichen Gründe dafür sind die Länge der Grenze, die Absicherung von Odessa, Charkiw und Tschonhar, die Rotation, die Wiederherstellung der Kampffähigkeit von kampfunfähigen Einheiten, ein bescheidenes Budget und Schwierigkeiten im militärisch-industriellen Komplex. Den Ergebnissen nach – in zwei Gebäuden des Donezker Flughafens und im Turm befanden sie nie mehr als zweihundert Mann.
Der 32. Checkpoint ist ein verstärkter Kompaniestützpunkt mit einer entsprechenden Garnison. Auf der operativ wichtigen Anhöhe von Sawur-Mohyla steht eine zusammengestellte Kompaniegruppe. In ihrem Verband befindet sich die „Kompanie“ „Krim“ mit 13 Soldaten, Freiwilligen und leicht bewaffneten Soldaten der Landetruppen. In Debalzewe, im schmalen durchschießbaren Schlauch von 20 bis 50 Kilometer Durchmesser, befinden sich nicht mehr als fünf Tausend Soldaten. Das ist zusammen mit dem Kommando, dem Hinterland, Zugstützpunkten und den Einheiten des Innenministeriums. Unter solchen Bedingungen, wenn jeder Mensch auf dem Checkpoint sein Gewicht in Gold wert ist und eine einfache Wärmebildkamera buchstäblich der Unterschied zwischen Leben und Tod macht, haben die Armee und das Volk das Unmögliche vollbracht. Die 128. Brigade, praktisch kampfunfähig, ist bereits zweimal zur ATO (Antiterroroperation) zurückgekehrt, an die härtesten Linien. Die Panzerfahrer der 17. und der 1. selbständigen Panzerbrigaden, die ihre Soldaten in kleinen Gruppen auf die Stützpunkte versetzten, die monatelang auf abgelegenen Stützpunkten und taktischen Gefechtsabschnitten saßen, brannten, Fahrzeuge und Leute verloren und wieder in die Formation zurückkehrten.
Freiwilligen-Bataillone wie „Ajdar“ oder „Donbass“, bei welchen bis zu ein Drittel der Besatzung von Null auf über die Umgliederung in den Kampf zog, teilten sich in mehrere Formationen in verschiedenen Gebieten auf, erlitten gleichzeitig schwerste Verluste, führten aber weiterhin unter schwierigsten Bedingungen ihre Aufgaben aus. Als die 79. Luftsturmbrigade praktisch ohne Ausrüstung zum Stationierungsort zurückkehrte, rüstete sie sich mit morschen BTR-70 und von Freiwilligen gekauften Transportern aus, um erneut in den Kampf zu ziehen. Genau deshalb verläuft die Front an der selben Popasna, Stanyzja, Marjinka, Peski und Schyrokyne, wie schon vor einem Jahr und der größte Erfolg des Gegners ist das Vorrücken 20 Kilometer weit nach Debalzewe. Neulich fuhren sich Panzerkompanien bei Sanschariwka und Wuhlehirsk kaputt, Sachartschenko hüpfte auf Krücken mit einem Loch in der Lendengegend herum und seine für die geniale Leitung dankbaren Milizen durchschossen die Beine von „Almaz“ (bürgerlicher Name des Oberst Stepanishev, Kommandeur der 23. motorisierten Schützenbrigade in Samara). Aufgrund der Begegnungsgefechte auf dem Vorsprung, haben wir eine Stadt verloren und die Kämpfer der „L/DVR“ die Möglichkeit für aktive Offensivoperationen für einen Zeitraum bis zu einem halben Jahr und einen erfolglosen Versuch, unsere Verteidigung bei Marjinka zu testen. Dem Gegner ist im Heute die operative Initiative verlorengegangen, er ist gehemmt von einer Linie aus starken Zugstützpunkten, Artillerie und dem diplomatischen Druck des Westens.
Viertens – die endgültige Degradierung der Ideen des sogenannten „russischen Frühlings“. Nur ein völlig Oligophrener kann jetzt noch an die Fascho-Ukropi glauben, an Putins clevere Pläne und des Kremls Versuch, etwas Größeres als ein weiteres bettelarmes Transnistrien aufzubauen, mit dem Ziel, den Nachbarn eine Hämorrhoide für die EU- und die NATO-Integration zu schaffen. Die Ukropi, sind natürlich seltene Faschisten. Also gibt es dafür Gas und Elektrizität zum Rabattpreis für sie, bis die Kapazitäten über Rostow erhöht werden, damit die Freileitungen Richtung Krim nicht umstürzen. Die Brüderlein aus der „DVR“ sind auch keine Brüderlein, sondern separate Regionen innerhalb der Ukraine. Schreckliche Wirtschaftsblockaden für die Junta – GAZ-Fahrzeuge, die an die Nationalgarde der Ukraine verkauft werden, Visafreiheit und ein nicht annullierter Vertrag über Zusammenarbeit. In der Kampfbilanz des Kreml gegen den Faschismus dagegen, eine entwaffnete „Troja“ und an Ort und Stelle getötete und gesprengte Kämpfer einer unsichtbaren Front. Grüße von Batman und Mosgowoj an den Kosaken Drjomow und den Autor über „DNR“ Lakomow. Im Großen und Ganzen ist so etwas noch nie passiert und hier wieder – Transnistrien wartet bereits seit einem Vierteljahrhundert auf die Rückkehr in den Heimathafen, und wartet auch ihr darauf, falls ihr das noch erlebt.
Und bis dahin könnt ihr nach Wolnowacha fahren, dort eure Renten abholen und ansehen, wie die Partner aus Kiew den „russischen Menschen mit Donezker Nationalität“ tyrannisieren. Ansehen, wie Charkiw Panzer für die Front zusammensetzt, in Kramatorsk Fackelmärsche durchgeführt werden und wie sich in Slowjansk die Babuschkas bekreuzigen, damit Ponomarjow nicht kommt und die Renten verschwinden. Zwei Jahre sind vergangen und die „L/DVR“-Fans reisen über die Grenzübergänge für Lebensmittel und Geldleistungen. Von der herzergreifenden Fürsorge der antifaschistischen Volksmacht sterben im hintersten Winkel der „Volksrepubliken“ alte Leute an Hunger und Krankheiten, auf den Straßen werden Warlords mit Sprengsätzen in die Luft gejagt, während man nach Kiew Kohle für die Wärmekraftwerke transportiert. Bring nicht durcheinander, wo die Junta ist und wo die lieben Partner sind, „Neurusse“. Und die Hauptsache ist, denk daran, dass laut zwei Punkten des Minsker Abkommens du in die Ukraine musst, wie Charkiw, nur ohne zehntausend Tote und einer Mondlandschaft anstelle der Fabriken. Und wenn du Pech hast, wirst du leben müssen wie Ossetien und Transnistrien, 25 Jahre in Erwartung auf das Paradies. Und dann hat niemand jemanden etwas versprochen und man kann kein größerer Bergarbeiter sein, als die Bergarbeiter selbst.
Fünftens und für mich persönlich das Wichtigste – das sind unsere Leute im Krieg. Was ich in diesem Krieg an Sauerei, Niedertracht und Dreck gesehen habe, aber auch an Geistesgröße und Taten, bei denen ich vor Stolz platzte, dieses Land zu verteidigen. Über 2000 Wärmebildkameras, hunderte Fahrzeuge, Drohnen-Sets, die die Sektoren überfliegen, Feuerleitanlagen und Kommunikations-Sets für Brigaden, handgefertigte gepanzerte Fahrzeuge, Laser-Entfernungsmesser und Generatoren – all das ist natürlich eine Frage des Überlebens und der Selbstorganisation. Obwohl uns wohl kaum jemand in den Kommentaren einen Krieg nennen kann, in dem Freiwillige Schiffe mit Radargeräten versorgt haben, Flugzeuge und Hubschrauber zum Fliegen gebracht und den Bedarf von tausenden Soldaten für Krankenwagen und zehntausenden Verbandskästen gedeckt. Die Russen können auch darüber berichten, wie ihren Soldaten irgendwo bei Schatoy getrocknete Bortsch-Suppen gebracht wurden, Wetterstationen und rührende Kinderzeichnungen, Verletzte umsorgt, Gefallene auf Knien empfangen und Genesenden auf die Beine geholfen worden. Sie haben nichts gebracht, haben niemanden empfangen und niemanden auf die Beine geholfen, obwohl ihre Landsleute sie vor den Kämpfer beschützt haben, die Moskau in die Luft jagten und Budjonnowsk stürmten. Aber dies ist so ’ne Sache – die Mentalität kann man sich nicht aufs Brot schmieren.
Und es gibt Dinge, die einfach jedes Weltbild von Grund auf ändern, besonders bei den Berufssoldaten. Krankenschwestern, die ein Jahr lang unklar wovon auf den Stützpunkten an vorderster Linie lebten, die dann eine Festanstellung erbaten und noch ein weiteres Jahr unter Vertrag geackert haben. Menschen, die beim Rekrutierungsbüro dafür bezahlten, mobilisiert zu werden, als sich das Gehalt eines Soldaten an der Front nicht sonderlich von dem eines Packers in Kiew unterschied. Jungs mit einem amputierten Bein, die eine Erlaubnis zu Weiterdienen herausschlagen. Ein Mädchen ohne medizinische Ausbildung, die an der Quelle einer der effektivsten medizinischen Einheiten der östlichen Front steht. Schlosser, die in ihrer Freizeit unsere Fahrzeuge zum Laufen bringen. Babuschkas, Frauen und Mädchen, die unsere Unterstände umgestalteten, welche wir in die Keller unserer Ablösung mit heimischem Eingelegtem, Säften, Trockenfrüchten und geräucherten Salo-Stücken (Speck, ukrainisches Nationalgericht) übergaben. Kinder, die ihre Spardosen zerschlagen und rührende Armbänder verkaufen, um uns eine Postkarte und Erkältungsmittel zu schicken. Kinder, die uns Tarnnetze und Ghillie-Anzüge wirken. Kinder mit Blumen und herzergreifenden Briefen in den Krankenhäusern. Blumen auf gepanzerten Fahrzeugen.
Ehrlich gesagt, habe ich noch mehr Punkte – noch Minimum sechs, sieben und acht. Aber ich bin der Meinung, dass der Fünfte schon ausreicht. Sogar wenn morgen das Unmögliche geschieht und die Mehrheit die Spaltung des ersten Maidans wiederholt, die Lust auf einen Dollartarif von acht Hrywnja bekommt, auf Tarife wie in der Sowjetunion und auf Stabilität, dann bedeutet das nicht, dass der bewaffnete Kampf für unsere Unabhängigkeit ein Ende nimmt. Sogar ein paar Prozent der nicht gleichgültigen Ukrainer, einige Millionen Menschen der Diaspora, Aktivisten und Freiwillige sind in der Lage, dem Gegner eine wahrhaftige Hölle zu bereiten. Ukrainer, die seit Jahrhunderten zwischen dem düsteren teutonischen Genie, dem Osmanischen Reich, Polen und Moskau zerrissen wurden, lernten bestens klarzukommen, sich zu organisieren und ohne die Regierung Entscheidungen zu treffen.
Die Ukraine war unter allen Präsidenten der größte Waffenlieferant auf dem Schwarzmarkt – von Koltschuga-Systemen und Flugabwehr, bis hin zu Panzern und kompletten Schiffen an sanktionierte Staaten. Deshalb kann man mit Sicherheit behaupten, dass im Falle jeglicher Verschärfung, Tschetschenien hier bei uns für Russland als ein Frühlingsspaziergang erscheinen wird. Wozu brauchen die Russen jetzt eine Verschärfung, erst recht, wenn sie schon zum Zeitpunkt unserer größten Ohnmacht nicht auf sie vorbereitet gewesen sind. Ein neues Paket an Sanktionen erhalten und auf Kosten tausender Leben von Kämpfern der hybriden Armee einen Sprung von 40 Quadratkilometern und einer Stadt mit zwölftausend Einwohnern einnehmen oder die „Heldentat“ bei Marjinka wiederholen? Der Gegner kann Schyrokyne, die Anhöhen bei Dokutschajiwsk oder den Industriekomplex bei Awdijiwka ohne einen Großeingriff der Russen nicht verteidigen, und die wiederum können keine größeren Bergarbeiter sein, als die Bergarbeiter selbst.
Aber ein Umstand ist noch erwähnenswert – wir bereiten uns weiterhin stufenweise auf die Erfüllung des neunten und zehnten Punktes der Minsker Vereinbarungen vor. Womöglich wird die Diplomatie Russland bei dieser Gleichung hinausdrängen. Womöglich wird es die Wirtschaft tun. Womöglich bekommen wir für einige Zeit ein bettelarmes Transnistrien, das von Schmuggel und Kriminalität lebt. Auf jeden Fall hat Russland fast alles versucht: „Tornados“ auf Peremoha und Kramatorsk, Panzerdurchbrüche, Streufeuer, wie in Mariupol, Artillerieaufklärung von Marjinka bis Horliwka, eine Ballung von bataillon-taktischen Gruppen in den Schlüsselbereichen. Die Ergebnisse – die hybride Armee beobachtet immer noch durch ein Fernglas Peski, Stanyzja, Popasna und Marjinka, zieht sich von Schyrokyne zurück und läuft bereits seit zwei Wochen gegen zwei Gebäude und eine Halle im Industriegebiet an. Die Ukraine hat 14 neue Brigaden aufgestellt, darunter eine kadrierte Panzerbrigade, eine Pionier-Einheit und Artillerieeinheiten. Für dieses Jahr wurde geplant, circa 22 Flugzeuge zum Fliegen zu bringen. Falls der militärisch-industrielle Komplex anläuft, werden die Pioniertruppenfahrzeuge die Zahl 300 knacken. Der Plan ist immer noch der Selbe – die Verstärkung der Linie der Zugstützpunkte, die bauliche Schließung der Grenze, die Stärkung der Artillerie, die Anschaffung hunderter Fahrzeuge für die hunderte großkalibrige Läufe, die Sicherstellung der Rotation von mechanisierten und motorisierten Brigaden, dadurch die Aufstockung der Unterbesetzung von 50 Prozent bei der Nationalgarde der Ukraine und die Schaffung einer geballten Kraft außerhalb der roten Zone aus Luftsturmeinheiten.
Die aktive Verteidigung, der Übergang in die Gegenoffensive, das Überqueren eines großen Wasserhindernisses, das Durchleiten von Kolonnen, die Organisation von Stützpunkten und die Feuerbekämpfung des Gegners – das ist das, was momentan bis zur Erschöpfung bei allen Übungen durchgeackert wird. Kalmius und Donezk bezwingen, die Anhöhen unter Kontrolle bringen, die Gebiete der „L/DVR“ in Enklaven zu spalten, Lager, die materielle Versorgung, das Hinterland und die Logistik zerschlagen. Wir werden auf diesem Plan schlafen, diesen Plan fressen, uns mit diesem Plan zudecken, bis er bei den Sicherheitskräften wie ein Uhrwerk läuft. Und dann werden wir diesem Drama ein Ende setzen. Ein großes und ein fettes Ende. Ja, alle sind müde. Ja, es gab mehrere Mobilisierungswellen. Ja, die Lebensqualität sinkt. Ja, es ist schwer, bei Tariferhöhungen und Wirtschaftsabsturz zu leben. Doch das ist besser, als Kleinholz von Anrichten in Kanonenöfen zu verbrennen, für Manntage und Büchsenfleisch zu arbeiten und sich vor dem Eintreffen von 120 Mörsern zu verstecken, wie in den „L/DVR“. Es gibt drei Möglichkeiten einen Krieg zu beenden: Zu siegen, sich zu ergeben oder den Status quo zu erhalten. Wollt ihr für die ukrainische Flagge in den Keller geschickt werden oder neben einem Krebsgeschwür, das sich als Land bezeichnet, leben? Dann gibt es nur einen Weg. Und früher oder später werden wir ihn bezwingen. Wir werden siegen.
Kirill Daniltschenko alias Ronin für petrimazepa.com; übersetzt von Kateryna Matey
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