
Wenn Sie die Ereignisse der internationalen Politik verfolgen und die Weltkarte aufmerksam betrachten würden, wird Ihnen auffallen, dass unsere ATO der NÖRDLICHSTE aller gegenwärtigen Kriege ist. Daraus folgen zwei Arten von Konsequenzen: geographische und geopolitische.
Die GEOGRAPHIE besagt, dass die Winter in den nördlichen Breiten kalt sind. Das wird eine Herausforderung für uns wie auch für unseren Feind sein. Da die Kriegsparteien sich der neuesten verfügbaren Technologien für militärische und zivile Zwecke bedienen (von MLRS bis Zello-App), kann man unsere ATO als den modernsten Krieg unter den kältesten klimatischen Bedingungen bezeichnen. Der Auftakt dazu war der winterliche Euromaidan mit Eis-Barrikaden und Facebook-Mobilisation.
Die GEOPOLITIK zwingt uns dazu, unsere Vorstellungen davon, wo die Grenze zwischen dem stabilen und wohlhabenden globalen Norden und dem krisenanfälligen und bedürftigen globalen Süden verläuft, zu überdenken. Putin hat diese Grenze nach oben verschoben. Jetzt ist es nicht ausgeschlossen, dass sich die „Dritte Welt“ auf das Areal zwischen Pamir und dem Arktischen Ozean ausbreitet. Und auf beiden Seiten der wilden Tatarei, mit ihren hundsköpfigen Monstern und Menschenfressern, werden Europa und Ostasien versuchen, die Grundlagen der Zivilisation zu bewahren.
Was ist noch so besonders an diesem Konflikt? Der Begriff, der ständig dafür verwendet wird, lautet „Hybridkrieg“. Dieser herkömmliche Begriff drückt die tiefste Entrüstung darüber aus, dass Russland lügt, heimlich Truppen in die Ukraine schickt und Zivilisten in diese Auseinandersetzung verwickelt.
Die Betonung des Begriffs „Hybrid“ – als der herausragendsten Eigenschaft dieses Krieges – hilft uns in Wirklichkeit nicht, die Vorgänge zu verstehen, sondern führt uns sogar in die Irre. Die ausgeartete Propaganda, Aufständische, Saboteure und Sonderoperationen – das sind die Dinge, die allen modernen Kriegen gemein sind. Sie machen keinen davon zu etwas besonderem.
Ich glaube, es wäre sinnvoller, die Kriege nicht in „klassische“ und „Hybridkriege“ zu unterteilen, sondern in „offene“ und „Vertragskriege“. Lasst uns die ATO (vorerst) als einen VERTRAGSKRIEG betrachten. Ein Vertragskrieg verläuft in einem bestimmten begrenzten Rahmen, der für die beiden Parteien annehmbar ist, und jede Partei wäre bereit, den Sieg des Gegners nach dem Erreichen einiger lokaler Erfolge anzuerkennen.
Natürlich, wie im Falle des berühmten „Sozialvetrags“, ist es nicht nötig, ein bestimmtes Abkommen – offiziell oder inoffiziell – zu schließen. Es kann eine stlillschweigende, allgemein akzeptierte Übereinkunft sein.
Vertragskrieg bedeutet, dass keine der Parteien bis zum Ende, bis zum Tod kämpfen wird. Nur bis zu einer bestimmten Grenze. Einen Vertragskrieg kann man wie einen Boxkampf „nach Punkten“ gewinnen (wobei Knockout und Knockdown unerwünscht sind) . Die gegenseitige Leugnung der Tatsache, dass ein Krieg geführt wird, ist auch ein Bestandteil des „Vertrags“. Wir sind nicht bereit einen offenen Krieg zu führen. Russland ebenfalls, aber seine angebliche Motivation ist, nicht als Angreifer dazustehen.
Daher diese seltsame Situation: die Krim ist annektiert, in der Donbass-Region beschießen wir uns gegenseitig mit MLRS, aber diplomatische Beziehungen sind nicht abgebrochen, ökonomische Beziehungen genauso wenig (wir hoffen auf einen angemessenen Gaspreis und füttern weiterhin die „vorübergehend okkupierten Gebiete“).
Russland trägt keine wirkliche Verantwortung für die Aggression in einem nicht erklärten Krieg, und wir können Russland nur in einem nicht erklärten Krieg besiegen. Wenn Russland gegen uns verliert, kann der Kreml immer noch behaupten, dass kein Krieg geführt wurde. Um ganz Russland zu besiegen, reicht es, wenn wir „Noworossia“ zerschlagen.
Das Problem mit unserem Vertragskrieg ist, dass er schnell zu einem offenen Krieg werden kann. Der Unterschied zwischen ihnen ist kaum wahrnehmbar. Je später wir erkennen, dass Putin den Einsatz im Spiel erhöht hat, desto schlimmer für uns. Ist denn die Verlagerung der Front an die Asowsche Küste und die Tatsache, dass Russland Sondereinheiten, gepanzerte Technik und Flugzeuge einsetzt, kein Hinweis darauf, dass der Rubikon schon überschritten ist?
Die ATO ist nur in dem Sinne ein „vaterländischer“ Krieg, dass unsere Soldaten für ihr Vaterland sterben, und hinter ihnen steht die Freiwilligenbewegung eines gewaltigen Ausmaßes und der patriotische Aufschwung der Gesellschaft. Aber der Kreml ist imstande, diesen Krieg zu dem „Großen Vaterländischen Krieg“ zu machen, wie die ältere Generation ihn kennt: der Große Vaterländische Krieg zur Vernichtung, bis zu einer vollständigen Kapitulation des Feindes, ein Krieg wo es keinen Rückzug mehr gibt.
Autor: Maksym Maiorov; übersetzt von Olena Köpnick
2 Responses to “Was sind die Besonderheiten des Krieges in der Donbas-Region?”
04/09/2014
Pourquoi la guerre dans le Donbass est-elle vraiment particulière? - BurkoNews.info (Français)[…] Deutsch: Was sind die Besonderheiten des Krieges in der Donbass-Region? […]
04/09/2014
ЧИМ НАСПРАВДІ ОСОБЛИВА ВІЙНА НА ДОНБАСІ? - BurkoNews.info (Українська)[…] Deutsch: Was sind die Besonderheiten des Krieges in der Donbass-Region? […]