Werchowna Rada der Ukraine hat es abgelehnt, die Ergebnisse der russischen Duma-Wahl wegen der Wahlabstimmung auf der besetzten Krim anzuerkennen. Ein anderer Grund die Wahlen in Russland nicht anzuerkennen, könnte aber auch die Tatsache sein, dass erstmals in Russland Terroristen als Wahlkandidaten antraten.
In den Beziehungen zwischen Ländern gibt es immer ungeschriebene Regeln und Grenzen, die nicht übertreten werden sollten. Nachdem russische Truppen aber die ukrainische Grenze im direkten Sinne längst übertreten haben, kann man wohl kaum noch über die Einhaltung von irgendwelchen moralischen Normen sprechen.
Noch im letzten Jahr war der ehemalige „DVR-Volkswehrsoldat“ Alexander Paschkow nicht zur Stadtduma-Wahl in Woronesch zugelassen worden. Paschkow hatte im Donbass ein Bein verloren, politisches Gewicht in Russland hat es ihm dennoch nicht gebracht: In seinem Wahlkreis sollte er gegen einen Vertreter der Regierungspartei „Einiges Russland“ antreten, man beschloss aber den jungen Aktivisten gar nicht zur Wahl zuzulassen (Mitteilung, Archiv).
Auf dem Screenshot ein Auszug aus dem Artikel in „Novaya Gazeta: „Alexander Paschkow, 25-jähriger Freiwilliger aus Woronesch, der bei den Kämpfen um die selbsternannte „DVR“ sein Bein verloren hatte, wurde die Aufstellung als Wahlkandidat bei der städtischen Duma-Wahl verweigert. Diese Entscheidung wurde am 7. August von der Wahlkommission verkündet, die in den Unterschriften zur Unterstützung von Paschkow 25 % Verstöße gefunden hat, statt der zulässigen 10%. „Wir wollten diesem Kandidaten helfen und waren sehr loyal,- teilte man der „Novaya Gazeta“ seitens der Wahlkommission mit: Aber selbst bei dieser Herangehensweise waren die aufgedeckten Verstöße prozentual sehr hoch, 25% statt der zulässigen 10%. Viele Listen sind falsch ausgefüllt worden“.
Im Sommer dieses Jahres führte die Partei „Rodina“ (zu dt. „Heimat“) Verhandlungen mit einem „DVR“-Söldner, Arsenij Pawlow, besser bekannt als Motorola. Es wurde geplant, ihn auf die Duma-Wahlliste zu setzen, im letzten Moment verzichtete man aber auf diese Idee (Mitteilung, Archiv).
Auf dem Screenshot: „Die Partei „Rodina“ führte Verhandlungen mit dem Volkswehr-Kämpfer der selbsternannten Donezker Volksrepublik Motorola über seine Aufstellung als Wahlkandidat bei der nächsten Abgeordnetenwahl für das Parlament. Das teilte „Lenta.ru“ ein Insider aus der Partei mit, der präzisierte, dass die Verhandlungen aus von beiden Seiten unabhängigen Gründen in eine Sackgasse geraten sind. „Die Partei hat tatsächlich solche Verhandlungen mit Motorola geführt, wir waren bereit ihn als Wahlkandidaten antreten zu lassen.“, merkte der Insider an.
Wenn aber mit der Parteinominierung einige Probleme entstehen konnten, so gab es die Möglichkeit über die Majoritätskreise zu gehen – in diesem Fall werden die Kandidaten wesentlich loyaler behandelt, denn der Staatsapparat wird das Ergebnis eh zu Gunsten eines Vertreters von „Einiges Russland“ fälschen.
So ist in Dagestan, im nördlichen Wahlkreis Nr.10, der ehemalige Kämpfer der „Volkswehr“ Oleg Melnikow zur Wahl zugelassen worden, der noch in Slowjansk gekämpft hatte, dort verwundet und sogar mit einer Medaille „Für die Verteidigung von Slowjansk“ ausgezeichnet worden war (Profil bei „Myrotworez“).
Nach seiner Heimatrückkehr setzte er seine Arbeit bei der politischen Bewegung „Alternative“ wieder fort, die gegen die Sklaverei im modernen Russland kämpft… Ähhh… Kämpft gegen was?
Ja, gegen Sklaverei. Wie es sich herausgestellt hat, geraten ethnische Russen des Öfteren in Sklaverei in den Republiken des Nordkaukasus. Darum trat auch der „Russe“ Melnikow als Majoritätskandidat in Dagestan an. Übrigens war er dort der einzige Fremde (also Russe).
Für Melnikow haben 6145 Menschen ihre Stimme abgegeben, also circa 1,4%. Die Wahl hat wie prognostiziert der lokale Vertreter des „Einiges Russland“ Umahan Umahanow gewonnen (Wahlergebnisse im Wahlkreis Nr. 10 hier). Tja, die Heimat gibt dir nur die Erlaubnis in den Donbass zu fahren, an die Macht kommen in Russland ganz andere Menschen.
Und während es schwer ist, in die Duma zu kommen, so haben die ehemaligen „Volkswehr“-Kämpfer durchaus Erfolge auf der regionalen Ebene zu verzeichnen. Zu einem Mitglied der gesetzgebenden Versammlung im Permj-Gebiet ist der ehemalige Kämpfer des „LVR“-Bataillons „Mangust“ Alexander Grigorenko geworden (Profil bei „Myrotworez“).
Er trat als Wahlkandidat der LDPR-Partei (Schirinowski-Partei) an, die 16,34% erzielt und am Ende 5 Mandate bekommen hat, eins davon ging an Grigorenko. Jeder 6. Einwohner des Gebiets Permj hatte also keine Probleme damit, seine Stimme für einen Mörder abzugeben, der Ukrainer getötet hatte (Mitteilung, Archiv).
Übrigens sind ehemalige „Volkswehr“-Kämpfer oft in den Reihen der LDPR zu sehen. So versuchte ein ehemaliger Kämpfer des Bataillons „Kalmius“ Innokentij Krasilnikow (Profil bei „Myrotworez“) in die Samarer Gouverneur-Duma von dieser Partei hineinzukommen.
Im Zentralen Wahlkreis belegte er den dritten Platz mit 11,82% – für den Terroristen gaben 5395 Menschen ihre Stimme ab (VK-Profil, Archiv).
Dieser Kandidat beteiligt sich aktiv an der Arbeit der Samara-Abteilung des „Vereins der Donbass-Freiwilligen“ und die Aufrufe auf seinen Plakaten erinnern an die Rhetorik der „Partei der Regionen“ (Janukowitschs-Partei): „Wir leben in einer Region mit riesigem wirtschaftlichen Potential, unsere Donezker, ähhh, Samarer Gebiet verfügt über eine große materiell-technische Basis und riesige Naturschätze. Wegen der irrsinnigen Führung leben wir aber von Almosen aus Kiew, äähhh, Moskau, wobei unser Gebiet selbst genug arbeiten und verdienen kann!“
Wenn es schon so weit ist, so schlage ich vor, dass Innokentij der Samara-Volkswehr beitritt und die SVR (Samarer Volksrepublik) aus der Taufe hebt. Er hat ja schon Erfahrung mit der (Zer-)Störung des friedlichen Lebens, also ist es wohl an der Zeit, diese Erfahrung in der eigenen Heimat anzuwenden.
Überhaupt ist es eine einmalige Situation, bei der die Mitglieder der illegalen ausländischen Bandenformationen zur Wahl in ihrem eigenen Land zugelassen werden. Das ist das Gleiche, wenn IS-Söldner zurück nach Frankreich oder Belgien kommen und zu Abgeordneten von Marseille oder Brüssel werden würden. Kann man sich so etwas in einer zivilisierten Welt vorstellen? In Russland aber schon.
Dieses Material wurde von Anton Pawluschko exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
CC BY 4.0
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