Am 15. Juni erzählte der russische Präsident W. Putin im Lauf seiner „Live-Konferenz“ mit den russischen Bürgern, dass die russischen Streitkräfte ihre neuesten Militärgerätmodelle in Syrien getestet und die Streitkräfte nun „eine neue Qualität“ bekommen hätten. Diese pathetische Erklärung hat ihre Fortsetzung in einem Fakevideo bekommen, das der russische Präsident im Film von Oliver Stone präsentierte. Als er das Video zeigte, auf dem ein amerikanischer Hubschrauber AN-64 „Apache“ die Taliban-Söldner angreift, sagte Putin: „Das sind unsere Jungs“. Bezeichnend war auch die Tatsache, dass das Video mit einem Funkgespräch der ukrainischen Piloten von Mi-24 vertont wurde, die im ersten Kampf des russisch-ukrainischen Krieges am Donezker Flughafen die russischen Terorristen aus den Banden „Iskra“ und „Wostok“ erfolgreich angegriffen hatten.
Trotz der großen Resonanz in den Medien und der Entlarvung dieses grandiosen Fakes, der durch die erste Person des russischen Staates verbreitet wurde, wurde am 21. Juni der Film von Oliver Stone über Putin mitsamt dieses Fakes beim russischen Ersten TV-Kanal auf ganz Russland ausgestrahlt.
Was sich in Wirklichkeit hinter der aufgeblasenen Stärke der russischen Armee versteckt, kann man aber nicht nur in den Videos sondern auch in Lebensgeschichten ihrer Militärangehörigen sehen. Erzählen wir heute die Geschichte eines russischen Fähnrichs, der in Syrien für Bomben und Raketen verantwortlich war, eine besondere Aufgabe auf der Luftwaffenbasis Hmeimim erfüllte, am Ende aber von seinem Staat beklaut und vergessen wurde. Danach bevorzugte er die Arbeit eines einfachen Wachmanns in einer Bar, als seinen Dienst bei der Armee Russlands fortzusetzen.
Ausgangsdaten für die Analyse
Die Hacktivisten der UCA und CyberJunta haben Zugang zum E-Mail-Account (sven@itnet33.ru) des ehemaligen russischen Militärangehörigen Ewgenij Swentok (Profil, Fotoalbum) erhalten. Diese Angaben wurden an InformNapalm zwecks weiterer Analyse übergeben. Im Lauf der Analyse wurde festgestellt, dass dieser Militärangehöriger im Jahr 2015 spezielle Kampfaufgaben in Syrien ausführte.
Ewgenij Igorewitsch Swentok, geb. 08.05.1987, Fähnrich, Persönliche Nummer: S-252117, Leiter des Logistik-Depots des 20. ABC-Regiments (Militäreinheit 12102, Dorf Zentralnoje, Gebiet Nischegorod). Bis zum Januar 2015 diente er auf dem 252. allgemeinen Truppenübungsplatz (Militäreinheit 74306, Dorf Mulino, Gebiet Nischegorod). 2016 kündigte er bei der russischen Armee. Zum jetzigen Zeitpunkt arbeitet er als Wachmann bei dem Wachunternehmen „Triada“.
Am 1. September 2015 wird Swentok zu einer Kampfaufgabe entsendet: Am 5. September 2015 bekommt er eine medizinische Bescheinigung über seine Diensttauglichkeit auf der 6980. Luftwaffenbasis (Militäreinheit 69806, Schagol, Gebiet Tscheljabinsk). Am 18. September 2015 kommt Swentok auf der Luftwaffenbasis Hmeimim in Syrien an. Er wird voll verpflegt und dient ab dem 1. Oktober 2015 als Techniker für Raketenartillerie bei einer Fliegerbrigade zur besonderen Verwendung (Feldpost: 73684).
Laut den Dokumenten, erfüllte Swentok Kampfaufgaben in Syrien in der Zeit zwischen dem 18. September und dem 28. November 2015:
Als Swentok aus seiner Dienstreise zurückkam, setzte er seinen Dienst beim heimischen ABC-Regiment bis Ende Juni 2016 fort. Nach seiner Kündigung beschloss er, Unterlagen für den Erhalt des Status eines Kampfteilnehmers zusammenzutragen. Ihm wird der Status aber wegen Abwesenheit von Unterlagen verwehrt, die im Punkt 9 angegeben sind (Auszug aus einem Befehl unter Angabe der Anzahl der Kampftage).
Im März 2017 schreibt Swentok, im Versuch die benötigten Auszüge aus Befehlen zu bekommen, einige Anfragen an den Staatsanwalt des Mulino-Garnisons. Der Staatsanwalt stellt entsprechende Anfragen an die Militäreinheiten, die in Swentoks Gesuch angegeben sind. Aber die Militäreinheiten in Syrien geben keine Antwort. Die Luftwaffenbasis Schagol antwortete, dass der Militärangehörige bloß eine Warmverpflegung erhielt und sie keine Auszüge aus Befehlen der Einheiten erhalten habe, die in Syrien stationiert sind. Das 20. ABC-Regiment antwortete auf die Anfrage ebenfalls, dass ihm keine Dokumente aus Syrien zugeschickt worden seien.
Der Korrespondenz vom Mai 2017 nach, hat der Fähnrich Swentok keinen Status eines Teilnehmers der Kampfhandlungen bekommen. Er hat noch nicht einmal Auszüge aus den Kampfbefehlen der Militäreinheit PP-73684 (Luftwaffenbasis Hmeimim, Syrien) bekommen. Und selbst die offizielle Anfrage der Militärstaatsanwaltschaft hat ihm nicht geholfen.
Im E-Mail-Account von Swentok haben wir Zahlungsbescheinigungen aus der Zeit seiner Dienstreise nach Syrien gefunden: sein monatlicher Lohn betrug gerade mal 28 188 Rubel (488$).
Diese Geschichte zeigt ein weiteres Mal, dass hinter den pathetischen Reportagen russischer Medien in Wirklichkeit gebrochene Schicksale von Menschen stehen, darunter auch von russischen Militärangehörigen, die an die russische Propaganda geglaubt hatten.
Dieses Material wurde von Michail Kusnezow exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel.
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Die Angaben wurden von den Hackern der ukrainischen Cyberallianz exklusiv an InformNapalm zwecks Analyse und weiteren Veröffentlichung übergeben. Die Redaktion von InformNapalm trägt keine Verantwortung für die Erstquelle und die Herkunft der Angaben.
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