
Digital-Spezialist Alexey Minakow hat auf der Webseite „Nowoje Wremja“ 5 Informationsmythen über die Ukraine erläutert, die Russland im Informationsfeld von Niederlande verbreitet. Nur ein paar Stunden nach der Publikation von Alexey versuchte die russische Seite erneut, die Ukraine in den Augen der Weltgemeinschaft zu diskreditieren, indem es hastig ein Fake-Video niedrigster Qualität anfertigte, in dem Schauspieler in der Rolle von „Kämpfern des Asow-Bataillons“ Erklärungen über ihre Pläne zur Durchführung von Terrorakten in den Niederlanden abgeben.
Falsche Uniform, plumper Dialekt der Schauspieler, die versuchen, einen Text auf Ukrainisch vorzulesen, unbeholfenes Verhalten von Menschen, die eher russischen Teletubbies als Kämpfern eines Speznas-Bataillons ähneln, brachten die ukrainische Blogosphäre bereits zum Lachen, der Fakt des Versuchs solch einer dreisten Diskreditierung unterstreicht aber ein weiteres Mal Russlands Bestrebungen, gerade im niederländischen Raum einen Informationskrieg gegen die Ukraine zu führen.
5 Mythen über die Ukraine. Wir verlieren den Informationskrieg in den Niederlanden.
Für die Ukrainer bedeutet das niederländische Referendum zur Ratifizierung des Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und EU viel mehr als nur ein Referendum, das einen Empfehlungscharakter hat. Erstens wird es im Falle einer Niederlage den Ukrainern schlicht und einfach weh tun, denn Hunderte Menschen haben ihr Leben am Euromaiden gelassen, der mit dem Protest gegen das Verzögern von Unterzeichnung dieses Abkommens begann. Zweitens sind die Folgen einer Niederlage bei dem Referendum nicht vorhersagbar und können zum Anfangspunkt einer antiukrainischen Welle in der EU werden.
Nicht umsonst führen Russland und prorussische Kräfte in den Niederlanden einen mächtigen Informationsangriff aus. So gab es in diesem Monat eine Reportage in den Nachrichten des russischen Ersten TV-Kanals, dass sich die Holländer vor der Perspektive einer Überflutung mit Flüchtlingen aus der Ukraine nach der Ratifizierung des Abkommens fürchten, und just letzte Woche berichtete der TV-Kanal „Rossija-24“ hämisch, dass drei Viertel Holländer angeblich gegen das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine seien. In der Reportage wurde Amsterdams Zentrum gezeigt, wo irgendwelche Aktivisten Flugblätter mit Photos des verbrannten Gewerkschaftshauses in Odessa und des „nationalistischen Bataillons „Asow“ mit der faschistischen Symbolik“ verteilten. Der Korrespondent fand sogar einen Holländer, der aggressiv sagte: „Ich bin gegen die Ukraine – sie haben 200 unserer Mitbürger im Juli 2014 abgeschossen“. In diesen Reportagen der russischen propagandistischen Sender sind faktisch alle Mythen über die Ukraine zusammengetragen worden, die aktiv in den Niederlanden verbreitet werden. Für bessere Resultate bei dem Referendum ist es darum in erster Linie notwendig, diese Lügen zu „neutralisieren“, die auf die Erschaffung einer negativen Wahrnehmung der Ukraine in den Augen der Holländer gerichtet sind.
Mythos 1. Die Unterzeichnung des Abkommens führt zur Überflutung mit Flüchtlingen aus der Ukraine.
Es ist kein Geheimnis, dass das Problem Nummer 1 für Europa gerade der Rekordzustrom von Flüchtlingen ist. In diesem Kontext haben die Holländer von sich reden lassen, als sie eine massenhafte Aktion gegen den Bau einer Aufnahmestelle für Flüchtlinge organisierten. Es ist nicht verwunderlich, dass die Niederländer Angst vor Illegalen aus der Ukraine haben, aber das visumfreie Regime mit der Ukraine hat keinerlei Bezug zum Assoziierungsabkommen und wird eingeführt, unabhängig von den Resultaten des Referendums. In jedem Fall wird es keinen Zustrom von Flüchtlingen aus dem Donbass, wo gerade Kampfhandlungen stattfinden, geben, da an der Grenze der Ukraine die Zollkontrolle mit der entsprechenden Papierkontrolle bleiben wird.
Mythos 2. Die malaysische Boeing mit den niederländischen Fluggästen wurde von den ukrainischen Militärangehörigen abgeschossen.
Im Oktober letzten Jahres haben die Niederlande den Ermittlungsbericht zu Ursachen des Absturzes der Boeing veröffentlicht, wo angegeben wird, dass das Flugzeug von der Boden-Luft-Rakete „BUK“ abgeschossen wurde. Diese Art der Bewaffnung russischer Herstellung steht seit Jahren nicht mehr im Dienst der ukrainischen Streitkräfte. Es besteht kein Zweifel daran, dass das Passagierflugzeug von den prorussischen Terroristen abgeschossen wurde, die es fälschlicherweise für das ukrainische Transportflugzeug AN-26 hielten. Die Söldner prahlten sogar mit dem Abschuss des Flugzeugs in den sozialen Netzwerken, und der russische TV-Sender „Life News“ sprach in seiner Nachrichtenausgabe vom Abschuss eines angeblich ukrainischen Flugzeugs AN-26 durch die „Volkswehr“. Im Februar dieses Jahres wird der Sicherheitsrat von Niederlanden seinen endgültigen Bericht zur Katastrophe des Flugzeugs veröffentlichen, und wahrscheinlich lobbyiert Russland eben aus diesem Grund das absurde Thema der Schuld der Ukraine, und wird es wohl auch weiterhin tun…
Mythos 3. In der Ukraine sind nationalistische Radikale an der Macht, einfacher ausgedrückt – Neonazis.
Nach Ergebnissen der letzten Wahlen sind die ultrarechten Parteien nicht ins ukrainische Parlament durchgekommen und sind somit nicht in der Regierung vertreten. Zum Beispiel hatte die ultrarechte Partei „Swoboda“, die mit ihren Fakel-Strassenzügen bekannt ist, auf den Parlamentswahlen 2014 die 5% Barriere nicht überwunden, und auf den Präsidentschaftswahlen erreichte der Anführer der „Swoboda“-Partei Oleg Tjagnibok gerade mal 1% der Stimmen. Die andere radikale Partei, „Rechter Sektor“, die russische Propagandisten als Schreckgespenst benutzen, hatte die notwendige Stimmen-Barriere ebenfalls nicht überwunden.
Mythos 4. Die Ukrainer erpressten Geld für die vor über 10 Jahren gestohlenen Bilder aus dem Museum des Westfrieslands.
Im letzten Monat veröffentlichte die Zeitung De Telegraaf, die sich an der Kampagne zur Sammlung der Unterschriften für die Durchführung des Referendums beteiligte, eine Informationsbombe, die auf die Diskreditierung der Ukraine gerichtet war. Im Interview teilte der Museumsdirektor mit, dass sich die gestohlenen Bilder in den Händen der ukrainischen bewaffneten Formationen befinden, obwohl sich das Vorhandensein dieser Bilder auf dem Territorium der Ukraine auf Gerüchte stützt und durch keinerlei objektive Beweise bestätigt worden ist. Trotz dieser Tatsache wird das Video mit dem Museumsdirektor auf dem Youtube-Kanal der Zeitung unter einem ausgesprochen populistischen Titel präsentiert: „Ukraine: Gib‘ die gestohlene Kunst zurück!“ Später berief sich der Vertreter des niederländischen Museums auf irgendwelche „gutinformierte Quellen“, was Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Anschuldigung aufkommen lässt.
Mythos 5. Die Steuer der Niederländer werden für die Reformendurchführung in der Ukraine verbraucht werden.
In den Medien taucht immer wieder die wahnsinnige Zahl 160 Milliarden Euro auf, die die Ukraine angeblich nach der Unterzeichnung des Abkommens erhalten wird, die Vertreter der EU hatten diese Ziffer aber bereits vor zwei Jahren widerlegt. Umgekehrt, die Niederlande werden durch das Abkommen finanziell nur gewinnen, dank der Exportvergrösserung aus der Ukraine, die durch die Abschaffung der Zollgebühr möglich sein wird.
Holländer wissen sehr wenig über die Ukraine, und wenn sie etwas erfahren wollen, treffen sie auf ebendiese Mythen. Und je näher das April-Datum des Referendums rückt, desto mehr Druck wird auch seitens der heimtückischen Agitatoren geübt. Darum ist auch die Entstehung neuer Mythen in der nächsten Zeit nicht ausgeschlossen. Die ukrainische Gemeinde in den Niederlanden versucht sich diesem zu widersetzen, zum Beispiel wurde im letzten Jahr die Webseite oekraine-referendum.nl in holländischer Sprache erschaffen. Um einen substantiellen Einfluss auf die öffentliche Meinung der Bevölkerung zu erzielen, braucht man aber qualitativen Content, der von den niederländischen Medien verbreitet werden könnte: eine Infografik, die den Nutzen von der Ratifikation des Abkommens für die Holländer veranschaulicht, oder eine Art „Viren“-Videos. Eine PR-Aktion am Vorabend des Referendums würde auch nicht schaden, zum Beispiel ein Flashmob mit der ukrainischen Flagge im Zentrum von Amsterdam. Zum jetzigen Zeitpunkt aber, weniger als drei Monate vor dem wichtigsten für die Ukraine Referendum, verliert die Ukraine leider den Informationskrieg.
„Russische Teletubbies“ mit einer Ansprache an die Niederländer im Namen von Kämpfern des „Asow“-Bataillons
Über das Fake-Video zum Thema der Terroranschläge in den Niederlanden berichtete auf seiner FB-Seite der Journalist Viktor Tregubow:
„Vor ein paar Stunden tauchte bei YouTube ein Provokationsvideo auf, in dem Menschen in Masken, die sich für Kämpfer des „Asow“-Bataillons ausgeben, den Holländern mit Terroranschlägen drohen, falls die niederländische Regierung auf die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine verzichtet. Das ist eine dreckige Provokation, die die Ukraine in den Augen der Europäer allgemein und insbesondere in den Augen von Einwohnern der Niederlande diskreditieren soll. Die Provokation wurde dabei ziemlich schlecht zusammengeschustert: von der Uniform der „Kämpfer“, die mit der realen Uniform von „Asow“ nicht übereinstimmt, bis zum Sprecher, der sich nicht ganz sicher ist, worauf die Betonung im Wort „ukrainska“ fällt. Es ist offensichtlich für einen Zuschauer erstellt worden, der sich nicht sonderlich mit der Spezifik des Konflikts im Osten der Ukraine auskennt. Nichtsdestotrotz, soweit ich die Strategie solcher „Einwürfe“ verstehe, wird es nun aktiv über rechtzeitig erstellte Accounts in den sozialen Netzwerken verbreitet. Womöglich werden zu seiner Legitimation noch ein paar „Taschenmedien“ hinzugezogen“.
Wir hoffen, dass die Weltgemeinschaft dabei behilflich sein wird, die informativen Angriffe Russlands gegen die Ukraine am Vorabend des Referendums zu neutralisieren, denn davon hängt nicht nur das Schicksal der Ukraine ab: Das ist ein Test für die Europäer auf ihre Fähigkeit, sich der skrupellosen und verlogenen Politik des Kremls zu widersetzen, der sich mit allen Kräften darum bemüht, die Ukraine aus seiner Einflusszone nicht herauszulassen.
Dieses Material wurde von Roman Burko exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
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