Prolog
Wenn wir Berichte und Artikel unserer Kollegen, Militärexperten und Analytiker lesen, gewinnen wir den Eindruck, dass sie es vorziehen, ideologische Hetzjagd zu betreiben statt objektive Einschätzung der Risiken und Gefahren darzulegen. Diese Methode mag für Hausfrauen und den Hurra-Patriotismus der Sofa-Fraktion gut sein, schadet aber der Strukturanalyse und der Vorhersage feindlicher Handlungen.
Wir dürfen nicht vergessen, dass die Aufständischen von den Spezialisten der russischen Geheimdienste geleitet werden, und nicht von Alkoholikern, die hin und wieder im Fernsehen auftauchen und vor der Kamera posieren. Sicherlich besteht ein bestimmter Anteil der Rebellen aus Drogenabhängigen, Kriminellen und Verrückten, denen man den freien Lauf lässt, zu den Leitungspositionen aber werden solche Typen nicht zugelassen. Im Grunde führen wir den Krieg gegen russische Militärexperten und Söldner, ansonsten wäre er schon längst gewonnen, trotz laienhafter Aktionen der „Hochzeitsgeneräle“ und Beamten.
Man sollte seine Feinde niemals unterschätzen, selbst wenn sie ihre Festungen eilig verlassen. Die Rebellen haben ihre Positionen aufgegeben, die von den ATO-Kräften noch zwei Jahre lang hätten erfolglos belagert werden können… Sollte noch jemand sagen, dass Girkin aus Slowjansk „abgehauen“ ist, weil die ukrainischen Streitkräfte ihm zu stark auf die Pelle gerückt sind, müssten wir ihn enttäuschen. Man hätte Slowjansk bis heute halten können, besonders wenn man bedenkt, dass der Verkehr der Rebellen durch Wasilewska Pustosch in Richtung Kramatorsk und Druzhkivka nicht blockiert war. Außerdem gibt es um die Stadt herum viele Zufahrtsstraßen, die nur den örtlichen Jägern und Anglern bekannt sind.
Damit wollen wir sagen, dass wenn die Terroristen z. B. die Ortschaft Popasna angreifen, dann haben sie einen Nutzen davon, und warum so ist, erfahren wir später, wenn gegen die ukrainischen Kräfte in Debaltzevo aus der Gegend von Golmowski und Stahanow so ein heftiger Angriff verübt wird, dass einem der Atem stehen bleibt. Und wenn wir bedenken, dass wir nicht mal den nördlichen Stadtrand von Schakhtarsk halten konnten und dies mit einem „taktischem Rückzug“ begründeten, so können wir wohl kaum über die „Einkesselung“ von Debaltzewo sprechen, falls die Terroristen die Blockade brechen könnten. Aber lassen wir die lyrischen Ausschweifungen beiseite und versuchen das zu verstehen, was im Laufe des gestrigen Tages passiert ist…
Verlauf der ATO
Der Feind verstärkt weiterhin seine Kräfte in den Städten Snizhne, Luhansk, Alchewsk, Stakhanow und Donezk. Die wachsende Anzahl von gepanzerten Fahrzeugen, speziell Panzer, spricht für eine Akkumulation der Kräfte für Angriffe außerhalb der Stadtgrenzen. Die Erfahrungen im Ersten Tschetschenischen Krieg haben Russland gezeigt, dass Panzer in der Stadt wenig effektiv sind. Deshalb können wir in der nächsten Zukunft mit Angriffen auf die ATO-Kräfte in der Gegend von Dmitrowka und Marinowka rechnen. Dabei wird der Hauptangriff aus der Gegend von Salesne (zwischen Snizhne und Miusinsk) entlang des linken Ufers von Mius in Richtung Dmitrowka erfolgen. Und ein zweiter Angriff wäre in Richtung Snizhne-Manuilowka-Petrowske-Donetzky Kryazh-Marinowka. Und sollten da „zufällig“ irgendwelche ukrainische Einheiten stehen, werden wir wieder die Situation gleich dem Unfall in Tscherwonopartisansk haben. Mehrmals haben wir schon auf die Notwendigkeit der Zerstörung der Kommunikationswege von Terroristen hingewiesen. Die Brücken über den Fluss Orekhowa im Gebiet von Manuilowo müssen zerstört werden. Das ermöglicht, den Nachschub aus Snizhne unterbinden, wo der Feind inzwischen über eine fast 50 Fahrzeugen starke Panzereinheit verfügt. Die Gegend dort ist schwer passierbar, auf dem Weg von Snizhne nach Petrowske gibt es ausreichend viele, wenn auch kleine, Flüsse, die die Fortbewegung der Panzertechnik von Rebellen blockieren würden. Das wäre aber erst dann von Bedeutung, wenn der Feind es noch nicht geschafft hätte, sich im Naturschutzgebiet Donetzky Kryazh niederzulassen. Und die Tatsache, dass die ATO-Kräfte die Anhöhe Savur-Mohyla verlassen mussten, spricht dafür, dass der Feind sich genau dort befindet. Übrigens, der nächtliche Angriff kam genau aus einer von uns beschriebenen Richtungen.
Was Donezk angeht, so dauern dort gegenseitige Artilleriebeschusse weiterhin an. Dabei versuchen die ATO-Kräfte die Ziele zu treffen, die weit entfernt von den Wohngegenden liegen. Die Terroristen, im Gegenteil, antworten nicht nur auf den Beschuss der ATO-Kräfte, sondern schießen auch teilweise auf Wohnbezirke, wahrscheinlich deswegen, damit bei der nächsten „Pressekonferenz“ Niemand mehr die humanitäre Katastrophe in der Region anzweifeln könnte. Die Ansammlung der Terroristen läuft in Richtung Mariupol weiter. Deswegen bleibt die Wahrscheinlichkeit eines Gegenangriffs in Richtung des Meeres recht hoch. Erfreulich ist die Tatsachen, dass die ATO Kräfte nicht mehr versuchen, die Stadt von der Seite von Marjinka zu betreten, indem sie am ehesten mit einer Umgruppierung entlang der gefährlicheren Richtungen angefangen haben.
Nördlich von Donezk sind die ATO-Kräfte weniger aktiv. Hier macht es wirklich wenig Sinn, die Offensive in Richtung Jasinowata und weiter, durch den schmalen Korridor zwischen Horliwka und Donetzk, fortzusetzen, solange das Problem mit Makiiwka und Khartzysk nicht gelöst ist. Denn über so einen Korridor könnte der Feind mit seinen Schlägen unsere Truppen leicht spalten. Wir warten bis die Führung für eine Offensive in Richtung Debalzewe-Jenakijewe und weiter nach Makiiwka endlich bereit wird. Darauf warten anscheinend auch die Terroristen, denn am Morgen haben sie einen Artilleriebeschuss aus Donetzk in Richtung Makiiwka gestartet. Entweder ist das eine Anpeilung der Ziele oder sie sind in Panik geraten und glauben, dass die ATO-Kräfte dort angreifen. Die Rebellentruppen haben sich auch qualitativ verändert. Die Einwohner berichten über neue Gesichter auf den Straßen. Die Situation in Horliwka ist auch nicht so leicht. Eine große Anzahl der Landstraßen zwischen Horliwka und den nächstgelegenen Ortschaften gibt den Terroristen die Möglichkeit, sich unbemerkt zu bewegen und den Angriffen der ukrainischen Streitkräfte zu entkommen. Perwomaisk bleibt unangreifbar. Die Terroristen führen ständig Gegenangriffe in Richtung Popasna durch, indem sie einen Teil der ATO-Kräfte aus anderen Richtungen (z. B. Shakhtarsk) ablenken. Außerdem verstärken die Terroristen ihre Truppen in Stakhanow. Über ihre Reserven in Altschewsk und Perewalsk schrieben wir schon im gestrigen Bericht. Die unmittelbare Gefahr eines Gegenangriffs auf Debaltzewe aus Brjanka und Altschewsk, wo die Aufständischen ihre Truppen konzentrieren, bleibt ebenfalls bestehen. Was Luhansk angeht, so wird hierher der Nachschub an feindlichen Kämpfern und Kriegstechnik aus der Ortschaft Donetzk (Region Rostow, Russland) weiterhin eingeschleust. Die Terroristen leisten den aus der nördlichen Richtung angreifenden ATO-Kräften Widerstand und beschießen regelmäßig mit Artillerie die ukrainische Armee in Lutuhyne. Man sollte jedoch beachten, dass die Existenz von Kommunikationswegen zwischen Stschastja und Luhansk durch die Malinsker Forstwirtschaft zu einem umfassenden Angriff auf die Kräfte führen könnte, die auf Luhansk vom Norden zukommen. Wir können nicht bestreiten, dass diese Idee ziemlich gewagt ist, aber man sollte auch nicht vergessen, dass wir den Krieg gegen irreguläre bewaffnete Kampfeinheiten führen, deren Taktik überwiegend auf solchen Überraschungsmanövern basiert. Berücksichtigt man dazu die Besonderheiten des Geländes am rechten Ufer von Donetz, so könnte man mit Präzisionsschlägen in den Rücken der ATO-Kräfte rechnen, die die Offensive führen. Wir werden öfters gefragt, warum wir unseren Lesern so selten gute Nachrichten präsentieren, und unsere Prognosen immer recht skeptisch klingen. Wir sind der Meinung, dass in einer Zeit, wo sich der Osten im Krieg befindet und der größere Teil der Ukraine noch keine Verantwortung für die Zukunft und Freiheit unseres Landes empfindet, eine Augenwischerei und das Geschwafel über einen baldigen unumgänglichen Sieg einfach unangemessen wären. Jetzt ist die höchste Zeit, wach zu werden und endlich zu begreifen, dass wir diesen Krieg nicht gegen ein Haufen von Gesindel führen, das die Städte in der Ostukraine terrorisiert, sondern gegen die extra dafür ausgebildeten Söldner, die mit Waffen, Kriegstechnik und Nachschub aus Russland versorgt werden. Die Grenzen zwischen einer weitgehenden Invasion und der ständigen ‚Blutinfusion‘ alias dem Nachschub an Terroristen werden verwischt. Welchen Unterschied macht es schon, ob der Terrorist, der auf dich schießt, laut seinen Papieren ein Angehöriger der Streitkräfte der RF ist oder ob so eine Kennzeichnung fehlt?! Das Ergebnis bleibt das gleiche: unsere Freiheit und Unabhängigkeit wurden angegriffen, und auf diesen Angriff müssen wir sofort reagieren: blitzschnell, hart und kompromisslos. In diesem Krieg ist der Einsatz größer als das Leben. Und dieser Einsatz ist die Zukunft unserer Kinder. Es lebe unsere Nation – Tod dem Feind!
Übersetzt von Olena Köpnick