
Chefredakteur von Zensor.net Yuri Butusow analysiert operative Lage in der Nähe von Marjinka, die gestern von den Terroristen angegriffen wurde.
WAS IST PASSIERT?
Am 3. Juni 2015 greift der Gegner um 4 Uhr morgens den Vorort von Donezk Marjinka an, wie auch Stützpunkte im Raum von Marjinka und Krasnohoriwka. Diese Stellungen werden von den Abteilungen der 28. motorisierten Odessa-Brigade gehalten.
Nach Angaben von Zensor.net wurden diese ukrainische Stellungen einem Dauerartilleriebeschuss des Gegners ausgesetzt. Der Feind setzt 122, 152 und 220 mm Raketen- und Haubitzenartillerie ein – also die Art der Bewaffnung, die Russland sich verpflichtete, aus der demilitarisierten Zone abzuziehen.
Russische Söldner beschiessen Wohngegenden von Marjinka. (VIDEO)
Von der Seite des Gegners nehmen an den Kämpfen die Söldner der „Somali“-Brigade teil, der Grossteil derer aus russischen Zeitsoldaten und „Urlaubern“ besteht.
Mehrere Sturmgruppen des Gegners mit Panzern griffen mit starker Feuerunterstützung die Stellungen des 2. Bataillons der 28. Brigade in Marjinka und Krasnohoriwka an.
Zeitgleichen Angriffen wurden alle vordersten Stellungen ausgesetzt. Der Gegner setzte in grossem Umfang die durch die Minsker Verhandlungen verbotenen Arten der schweren Waffen ein.
Aber der Gegner bekam eine unerwartet würdige Abwehr. Mit Unterstützung der Abteilungen einer Aufklärungskompanie und einer Mörserbatterie des 1. Bataillons hielten die Soldaten des 2. Bataillons ihre Stellungen. Die Kommunikation und Koordination blieben erhalten.
Infolge eines Angriffs der russischen Panzer und eines dichten Beschusses war ein Zug der Batterie gezwungen, eine Stellung am Rand von Marjinka, die an Krasnohoriwka grenzt, aufzugeben. Entsprechend der Bedingungen der Waffenruhe, darf es in dieser Gegend keine verbotenen schweren Waffen geben, darum gab es keine Waffen, um sich der Feuerüberlegenheit des Gegners zu widersetzen. Die Entscheidung zum Abzug war somit taktisch gerechtfertigt.
Einem harten Panzerbeschuss wurden auch die umliegenden Häuser und alle Hochhäuser, inklusive des Krankenhauses von Marjinka, ausgesetzt. Es gelang den Aufklärungsgruppen der russischen Söldner ins leere Krankenhaus und mehrere andere Häuser einzudringen, aber das dichte Gegenfeuer der ukrainischen Abteilungen hat ein weiteres Vorrücken des Gegners aufgehalten.
Der Gegner unternahm einen Versuch, einen Einbruch in die ukrainischen Stellungen zwischen Marjinka und Krasnohoriwka zu erzielen.
In Erwiderung des Verstosses gegen das Waffenruheregime durch das russische Kommando und zum Erhalt der Leben der ukrainischen Soldaten und Zivilisten von Marjinka, war der Kommandeur der 28. Brigade, Oberst Leschynski, gezwungen, eine Entscheidung über die Verlegung von selbstfahrenden Haubitzen „Gwosdika“ und „Akazija“, einer Batterie der Raketenwerfer „GRAD“, wie auch einer Abteilung eines Panzerbataillons der 2. Brigade in die demilitarisierte Zone zwecks Unterstützung für das 2. Bataillon zu treffen.
Nachdem die ukrainische Artillerie Feuer auf den Gegner eröffnete, wurden die Angriffe abgeschlagen. Der Gegner erlitt grosse Verluste in lebenden Kräften und Technik. Zur Hilfe an die angegriffene Stelle kam auch die Reserve – Abteilungen der Panzerfahrer der 28. Brigade und eine Aufklärungskompanie – hinzu. Ukrainische Militärs führen mithilfe der Panzertechnik Säuberung der Marjinka von den möglichen Restgruppen des Gegners durch. Die Lage ist wiederhergestellt und wird kontrolliert. Zum jetzigen Zeitpunkt wird der Beschuss der ukrainischen Stellungen fortgesetzt, ein Kampf findet statt.
In den Stab des Sektors „B“ traf das Kommando des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte ein. Die Information über die Gefangennahme eines verwundeten russischen Soldaten auf einer der vordersten Stellungen wurde bestätigt. Aber der Verbandplatz, wo ihm erste Hilfe erwiesen wurde, wurde durch die russische Artillerie beschossen, und der Verwundete starb an neuen Verletzungen. Der Krankenwagen des 2. Bataillons der 28. Brigade wurde zerschossen.
Nach Angaben der Freiwilligen auf den vordersten Verbandplätzen gab es im Laufe eines Kampftages unter ukrainischen Militärs Opfer, aber genaue Anzahl ist unbekannt. Es gab Meldungen über 1 gefallenen ukrainischen Soldaten. Mit zwei Militärhubschraubern wurden aus Marjinka 19 ukrainische Soldaten nach Dnipropetrowsk gebracht. Auch gibt es verwundete lokale Zivilisten, die in ihren Wohnhäusern durch die russische Artillerie beschossen wurden.
Der Gegner erlitt grosse Verluste in lebenden Kräften und Technik. Heute führte der Gegner auch Artillerieangriffe auf Peski, Opytne, Wodjanoj aus.
Die Bedeutung des Angriffes auf Marjinka.
1) Vom militärischen Standpunkt aus:
Vom militärischen Standpunkt aus ist es keine großangelegte Offensive. Das sind lokale Kämpfe. Der Gegner versucht, seine Positionen zu verbessern, günstigere taktische Bedingungen zu bekommen. Marjinka, Peski – das sind Vorstädte von Donezk. Nach der Einnahme vom Donezker Flughafen versucht der Gegner die Frontlinie so weit wie möglich nach Westen abzudrängen. Das russische Kommando ist über die Nähe der ukrainischen Stellungen an Donezk beunruhigt, denn das sind die günstigeren Aufmarschgebiete für eine plötzliche Offensive und Feuereinwirkung auf die Stäbe und Versorgungsdepots in Donezk. Darum unternahmen und werden die Söldner auch weiterhin Versuche unternehmen, diese Aufmarschgebiete zu vernichten und unsere Streitkräfte von Donezk abzudrängen.
2) Vom politischen Standpunkt aus:
Russland verletzte erneut die Minsker Verhandlungen am Vorabend einer weiteren Verhandlungsrunde. Und wieder zahlen für Putins Lügen die ukrainischen Soldaten mit ihrem Blut. Die Aktivierung der Kampfhandlungen ist Putins Vorführung für die Ukraine und die internationalen Vermittler, dass Russland noch immer bereit ist, den Krieg weiterzuführen und die ukrainischen Stellungen zu bedrohen. Der Kreml zeigt, dass die Ukraine den militärischen Konflikt ohne Zugeständnisse von Russland selbstständig nicht beenden kann. Und dass die Weltgemeinschaft keine Instrumente besitzt, auf die Situation mithilfe der OSZE einen Einfluss zu nehmen.
Prognose.
Der Gegner wird weiterhin Kämpfe auf der taktischen Ebene fortsetzen. Dabei wird sich die Front dieser Angriffe erweitern. Das Ziel dieser Angriffe werden die ukrainischen Aufmarschgebiete um Donezk herum sein. In jedem Sektor der Abwehr der ukrainischen Streitkräfte wird der Gegner ein-zwei Punkte für Angriffshandlungen festlegen, um unsere Streitkräfte zu binden und keine Kräftemanöver zuzulassen. Das ist ein Aufzehrungskrieg.
Putin ist daran interessiert, den permanent schwelenden militärischen Konflikt für die Fortsetzung des politischen Drucks auf die Ukraine auszunutzen. So ein Krieg ruft keine scharfen Proteste seitens der Weltdiplomatie hervor und führt zu keiner Verschärfung der Sanktionen.
In der nächsten Zeit sollte man neue lokale Angriffe erwarten, die auf konkrete Stellungen gerichtet sind, wie auch Angriffe der Diversionsgruppen in der frontnahen Zone, die Intensität der Beschüsse der ukrainischen Stellungen und Städte wird hoch bleiben.
Die Wahrscheinlichkeit einer allumfassenden Offensive der russischen Streitkräfte ins Landesinnere ist dagegen noch immer niedrig.
Yuri Butusow für Zensor.net; übersetzt von Irina Schlegel