InformNapalm verfügt über ein exklusives Video eines Dialogs zwischen einem russischen Söldner und einem ukrainischen Ermittler, das in einem Feldlager aufgenommen wurde. Im Video kommt Vulgärsprache vor, aber im Großen und Ganzen ist es recht zivilisiert. Die Antworten des russischen Söldners sind ein Beispiel für die Absurdität der russischen Propaganda, ihre Horrormärchen über den „Rechten Sektor“, die „Kyjiwer Junta“ und andere Stempel, die russische Medien versuchen, der Ukraine aufzudrücken.
Wir erinnern daran, dass in der zweiten Oktoberhälfte ein „DVR“-Söldner bei Debalzewe gefangengenommen wurde, und zwar ein russischer Staatsbürger aus Noworossijsk namens Fjodor Ustinow, geb. 1983. Bei dem Festgenommenen wurde ein Ausweis der terroristischen Organisation „DVR“ gefunden, sowie eine RPK-74 (Kalaschnikow) mit Patronen und eine geladene RPG-18 „Mucha“ beschlagnahmt.
Das Gespräch haben wir in drei Teile aufgeteilt. Den ersten Teil des Gesprächs können Sie hier nachlesen: Vernehmung eines russischen Söldners (Episode 1)
ABSCHRIFT DER VERNEHMUNG:
Zeitungsüberschrift: «Ein Namensvetter des legendären Marinekommandanten ist über zwei Buchten auf einmal geschwommen“. Ausweis: „Ausweis №12910, Donezker Volksrepiblik, Fjodor Wiktorowitsch Ustinow, geb. 12.05.1983, Dienststelle: Schütze“. Der FB-Beitrag des SBU über die Verhaftung von Fjodor Ustinow.
Ukrainischer Ermittler: – Hast du irgendwas auf dieser Welt erschaffen? Du persönlich?
Russischer Festgenommener: – Hab‘ ich. Ich will es nicht beantworten.
– Ne, ich stelle dir ja die Frage. Was hast du erschaffen?
– Ich bin nicht verpflichtet, Ihnen zu antworten.
– Warum willst du mir nicht antworten? Was hast du denn erschaffen? Wirklich? Hast du einen Baum gepflanzt? Ein Haus gebaut? Was hast du erschaffen?
– Ich bin gekommen und habe Sicherheit gewährleistet.
– Du hast Sicherheit gewährleistet? Bringt es dich selber nicht zum Lachen?
– Nein.
– Welche Sicherheit hast du gewährleistet? Hast du eine militärische Ausbildung? Lieber Mensch, hast du eine militärische Ausbildung?
– Ja, habe ich.
– Welche? Die Übungen in Rostow – das ist keine militärische Ausbildung, verstehst du? Ich rede von einer militärischen Ausbildung, wie du die wirtschaftliche Ausbildung hast. Ja? Du hast doch eine wirtschaftliche Ausbildung?
– Ja, habe ich.
– Ich bestreite nicht, dass du eine wirtschaftliche Ausbildung hast. Richtig? … Wenn man mich irgendwohin setzt und was über das Soll und Haben erzählt, werde ich nachher nicht sagen, dass ich eine wirtschaftliche Ausbildung habe. Das wäre lächerlich, oder?
– Lächerlich.
– Die wirtschaftliche Ausbildung ist etwas größeres, oder? Ist doch logisch?
– Ja, groß. Etwas Einheitliches.
– Dasselbe gilt für die militärische Ausbildung. Als man dir was in die Hände gegeben hat, was war das: Maschinengewehr oder Maschinenpistole?
– Maschinengewehr.
– Welches Maschinengewehr?
– RPK.
– Kaliber?
– 5,45.
– Und Feuergeschwindigkeit?
– …
– Siehst du, auf die Frage…
– 600-800…
– Siehst du, da endet deine militärische Ausbildung… Einen Scheiß ist das eine militärische Ausbildung. Mach‘ dich doch nicht lächerlich. Ich wiederhole: es war ein Schießkurs. Du bist nicht der erste, mit dem ich mich über dieses Thema unterhalte… Ein Schießkurs ist keine militärische Ausbildung… Kennst du Itschkerien? Also, Tschetschenien?
– Republik Tschetschenien, Itschkerien passt hier nicht.
– Entschuldigung, nur haben die Menschen sich selbst so genannt: Itschkerien. Wer bist du, um zu entscheiden, was passt und was nicht passt? Wenn du doch selber sagst, dass die Einheimischen ein Recht auf Selbstbestimmung haben, richtig?
– Ja.
– Haben die Tschetschenen ein Recht auf Selbstbestimmung?
– Darum geht es doch: Sie haben selbst bestimmt, dass es die Republik Tschetschenien heißt.
– Warte… Haben sie ein Recht auf Selbstbestimmung?
– Ja.
– Welchen Teufel gab es denn die zwei tschetschenischen Kriege, in denen man Menschen getötet hat? Und wenn du mir jetzt erzählst, dass es Banditen waren, dann werde ich dir eine Million Tore schießen, denn ich war da, und du warst aber nicht da.
– Also, die tschetschenische Kampagne war falsch organisiert…
– Die erste oder die zweite?
– Besonders die erste.
– Ach sooo… Was ist dein Geburtsjahr?
– 1983
– 83… Aha…
– Käufliche Menschen haben es organisiert…
– Stop. Das Volk ist auf den Platz in Grosnij gekommen und hat seinen Wunsch, sich vom Russland abzuspalten, geäußert. Ist das ein Fakt? Ja, das ist ein Fakt. Eine unbestreitbare Tatsache. Ist es eine Tatsache?
– Ja, ist es…
– Und aus welchem Grund sind deine jetzigen Landsleute zum Töten dahin gegangen, erzähl‘ mir doch mal?
– Wen hat man getötet?
– Wen man getötet hat? Weißt du, wen man da getötet hat? Weißt du, wie man da kleine Kinder mit Panzern plattgefahren hat?
– Niemals gab es sowas.
– Ich war da – du nicht.
– Russische Militärs haben keine Kinder totgefahren.
– Wem erzählst du das? Schieb‘ dir deinen großrussischen Chauvinismus weißt selber wohin, Arschloch… Ich erzähl‘ dir mal, was Russen können… Ich zeige dir ein Video… Hast du in der russischen Armee gedient? Du, in concreto du, hast du in der russischen Armee gedient?
– Nein, habe ich nicht.
– Woher willst du denn ihre Gesetze und Vorschriften kennen? Erklär’s mir, einem Idioten, wie kannst du den Geschmack von Borschtsch kennen, wenn du ihn, verdammte Scheiße, nie probiert hast, äh? Bist du ein Hellseher? Oder wie? In der Armee hast du nicht gedient… Du hast nicht mal die Dienstvorschrift gelesen, soweit ich das verstehe.
– Die Dienstvorschrift habe ich gelesen.
– Welche Dienstvorschrift hast du gelesen?
– Allgemeine Dienstvorschrift.
– Ja, als du dich da vorbereitet hast… Klar, die zwei Tage… Gut… Du hast es gelesen. Aber in der Armee hast du nicht gedient. Über welche Begriffe kannst du denn reden? Wenn du nicht mal in der Armee gedient hast?
– Brüder, Freunde…
– Ach, warte! Welche Brüder? Deine „Brüder“ haben 1994 Kinder vor meinen Augen erschossen. Was für einen Scheiß erzählst du mir jetzt? Über die Brüder? Ah? Ich sage das, weil ich es persönlich gesehen habe. Erinnerst du dich, wir haben gerade darüber gesprochen, dass man etwas „anfassen und sehen“ soll, ja? Also ich habe es gesehen. Ich habe es angefasst.
– Ich glaube nicht, dass Russen Kinder ermorden können. Das ist nicht wahr.
– Dass die blauen Marines der Pazifikflotte Kinder erschießen – das kann nicht sein, was? Ja? Blau, sturzbesoffen, verdammtes Arschloch. Sag‘ mir jetzt noch, dass die Russen keinen Alkohol trinken. Das wird echt…
– Russen trinken, aber sie erschießen keine Kinder. Das ist nicht wahr.
– Fjodor, ich möchte dir einen rein menschlichen Rat geben. Du bist scheinbar ein erwachsener Mensch, du hast wohl sogar einen Hochschulabschluss… Also, lerne mal an allem zu zweifeln. Und nicht einfach dumm am Zügel irgendeines TV-Kanals „Rossija24“ zu laufen – das ist albern. Weißt du, um Infos zu bekommen, schaue ich alle TV-Kanäle. Die von der „DVR“ und die ukrainischen. Ich bin von meiner Nationalität her kein Ukrainer. Ich lege mir keinen Zwang deswegen auf. Ich bin kein Ukrainer von der Nationalität her, aber ich kämpfe für dieses Volk. Weil ich diesem Volk einen Eid abgelegt habe… Glaube mir, wenn das alles nicht so wäre, wie es tatsächlich ist, hätte ich keine Waffe genommen und wäre für dieses Volk nicht in den Krieg gegangen. Verstehst du?
– Ich kann Ihnen nicht glauben.
– Einverstanden. Also, zweifelst du.
– Ja, ich zweifele an vielem.
– Zum Beispiel?
– Dass du sagst, dass die blauen Marines Kinder erschossen haben. Das kann nicht sein.
– Klare Sache. Wer kann erschießen? Nur die von der ATO, richtig? Der Rechte Sektor!
– Weil sie dafür bezahlt werden.
– Hast du es denn persönlich gesehen?
– Warum soll ich…
– Schau mal, du zweifelst ja an meinen Worten, warum soll ich denn nicht an deinen zweifeln?… Dir ist es also egal: man hat dir was gesagt, und schon läufst du los. Wenn du es nicht persönlich kennst, nicht persönlich gesehen hast, woher bekommst du denn diese Informationen?
– Die Medien haben es gezeigt.
– Die Medien…
– Sie sehen das alles konkreter, sie registrieren alles…
– Da warst du in Russland, als du das alles gesehen hattest, richtig?
– Ja.
– Und als du schon hier warst, hast du es gesehen? Irgendwelche Medien haben es dir hier gezeigt?
– Es gibt hier doch gar keine russischen Fernsehkanäle…
– Schon wieder das Gleiche. Schon wieder russische Fernsehkanäle. Haben es dir irgendwelche anderen TV-Kanäle gezeigt, oder nicht?
– Hier gibt es ukrainische Fernsehkanäle.
– Zeigen sie es dir?
– Sie zeigen die Situation komplett andersrum.
– Und warum? Lass uns doch kurz nachdenken…
– Wahrscheinlich, weil sie das eine gegen das andere aufhetzen wollen.
– Das eine gegen das andere? Das ist wen gegen wen?
– Wen aufheizen? Das russische Fernsehen zeigt das Wesen der Ereignisse, das ukrainische…
– Woher willst du wissen, dass es das Wesen der Ereignisse ist? Und die anderen lügen? Woher? Woher willst du wissen, dass sie das Wesen offenlegen und die anderen aber lügen? Es würde dir nicht schaden, noch Dritte zu schauen… zumindest…
– Weil das Menschen sagen…
– Weil du aus Russland bist und dir darum alles scheißegal ist, was?
– Nein, so nicht…
– Und wie? Welche Menschen? Welche Menschen sagen es?
– Na, es gibt Informationen von den Leuten dort, die da herumlaufen…
– Das erinnert mich an eine Geschichte: Wir hatten hier einen Typen, Kurlowitsch. Also, die Kämpfer riefen ihn an, die Nummer war unterdrückt, und fragten: „Hallo, Kurlowitsch, sind Sie schwul?“ „Wer sagt das?“ „Alle sagen das“. Hier ist das Gleiche. „Alle“ – wer ist das??? Konkret, wer ist das? Ich möchte es selber verstehen. Interessiert mich einfach. Vielleicht mache ich was falsch, eh…
– Dass du auf der Seite der Ukraine kämpfst? Natürlich ist es falsch.
– Überzeuge mich doch, dass ich irgendwas falsch mache. Gib‘ mir irgendwelche Beweise! Überzeuge mich!
– Auf der Seite der Ukraine zu kämpfen bedeutet den modernen politischen Entwicklungskurs der Ukraine zu unterstützen.
– Was für einen politischen Kurs? Weißt du was über diesen Kurs?
– Integration in Europa. Amerikanisierung.
– Ach so…
– Der Verlust aller nationalen Werte…
– Wie kommst du dazu? Zu dieser Schlussfolgerung?
– Aus einer Menge Quellen…
– Die Analyse basiert auf Informationen…
– Die Analyse basiert auf Methoden der Informationsverarbeitung…
– Gut… Wir sind hier schon hinter die Fichten gekommen… Aber ich bin mit dir einverstanden… Für eine Informationsanalyse braucht man mindestens wieviele Quellen?
– Je mehr, desto besser…
– Wieviele Quellen hast du denn? Du hast mir nämlich nur von einer Quelle erzählt. Von einer anderen hast du nichts gesagt.
– Ne, warte mal…
– Ja, sag‘.
– Ich habe diesbezüglich sehr viele Informationen studiert. In der Ukraine…
– Welche Informationen hast du studiert?
– Es gibt einen gemeinsamen politischen Kurs, das Land in diese europäische Kloake hineinzuziehen.
– Du bist gekommen, um mich zu töten, damit hier alles gut wird, verstehe ich dich richtig?
– Nein…
– Aber du bist doch mit Waffen in den Händen verhaftet worden. Also warst du bereit, mich zu töten, richtig? Richtig oder nicht?
– Wenn du geschossen hättest, hätte ich dich getötet.
– Warte mal… Wir reden nicht von „wenn“ und „überhaupt“. Du warst bereit zu töten, richtig?
– Ja.
– Also bist du hierhin gekommen, um mich zu töten, damit alle besser leben. Das ist unlogisch.
– Ich bin Feinde zu töten gekommen, keine Menschen.
– Bin ich für dich ein Feind?
– Solche, die…
– Bin ich für dich ein Feind?
– Ja.
– Und warum bin ich ein Feind für dich? Wie würdest es beschreiben, warum ich ein Feind für dich bin?
– Weil du befürwortest…
– Merke: Ich habe dich nicht geschlagen. Habe nicht auf dich geschossen. Aber für dich bin ich trotzdem schon ein Feind.
– Weil du die Politik der Vernichtung des ukrainischen Volkes befürwortest.
– Woher willst du denn wissen, welche Politik ich befürworte?
– Du unterstützt diese Regierung, und sie ist…
– Und woher weißt du, welche Regierung ich unterstütze?
– Die jetzige! Laberst doch hier die ganze Zeit davon!
– Ich kämpfe nicht für die Regierung. Hast du den Eid dem ukrainischen Volke mal gelesen, den Fahneneid? Nein? Gibt es da auch nur ein Wort über die Regierung?
– Habe ich gelesen, nein, gibt es nicht.
– Also welcher Regierung diene ich denn? Ich habe meinen Eid dem ukrainischen Volke abgelegt, und keiner Regierung. Das ist eine ernsthafte Sache, da kommst du nicht dagegen an.
– Wer zahlt dir denn das Geld?
– Das Geld zahlen mir die Steuerzahler. Aus dem Geld der Steuerzahler wird bei uns das Budget zusammengestellt. Sage ich das richtig?
– Richtig.
– Und wer zahlt mir das Geld? Die Regierung? Oder doch die Steuerzahler?
– Aber du verteidigst ja trotzdem die Regierung, und nicht das Volk.
– Warte mal… egal, was ich sage, versuchst du, der Frage auszuweichen.
– Ich versuche nicht auszuweichen, aber es kommt doch darauf hinaus, dass du für das Volk kämpfst, aber davon nur die Regierung was hat. Weil die sich nicht stürzen lässt.
– Warum soll sie denn… Wer soll sie denn stürzen?
– Das Volk.
– Lass uns doch Wowa Putin stürzen… Nicht?
– Das Volk will aber, dass er bleibt.
– Wer hat es dir denn gesagt?
– Lauf‘ mal durch die Straßen, frag‘ mal die Leute!
– Bei dir in Noworossijsk – kann sein, fahre doch lieber nach Tatarstan! In den Fernen Osten! Sie wollen nicht!
– Ich war im Fernen Osten! Was heißt: sie wollen nicht? Sie wollen doch!
– Wo warst du denn?
– Auf der Sachalin war ich.
– Na und? Alle wollen den Wolodja? Nimmst du mich auf den Arm, Bruder? Ich kenne die Einstellung der Menschen, die hinter dem Ural, im Mittelrussland leben, und die der Sibirer auch. Also erzähl‘ mir nichts…
Dieses Material wurde speziell für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Kopieren und Verwenden des Materials ist ein Link zum Autor und zu unserem Projekt beizufügen.
CC BY 4.0
One Response to “Exklusives Video der Vernehmung eines russischen Söldners (Episode 2)”
11/11/2018
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