Das Ukrainische Militärportal identifizierte neulich die Zivilschiffe, die für die Blockierung der Passage von ukrainischen Militärschiffen unter dem Brückenbogen der von der russischen Besatzungsregierung unter Nichteinhaltung aller internationalen Normen in der Straße von Kertsch gebauten Brücke verwendet wurden. InformNapalm verfügt jetzt über ein weiteres am Ort des Geschehens aufgenommenes Foto, das am 25. November vor dem Beschuss und der Besetzung von ukrainischen Schiffen aufgenommen wurde. Auf diesem Foto ist neben den schon identifizierten Schleppschiffen „Bystryj“ und „Gandwik“ und dem Tankschiff „Neyma“ ein weiterer Schlepper direkt im Vordergrund zu sehen.
Dieses Schiff war leicht zu identifizieren. Es stellte sich als Schleppschiff „Eltigen“ heraus, das zusammen mit den anderen Schiffen dem Unternehmen „Juwas-Trans GmbH“ gehört. Nachfolgend können Sie ein Foto des Schleppschiffs vom Ort der Blockade mit einem Bild des Schleppers „Eltingen“ vergleichen.
Die Vermutung liegt nah, dass die Schiffe von „Juwas Trans“ nicht zufällig unter der Brücke aufgetaucht sind. Die Schiffbesatzungen koordinierten offensichtlich ihre Aktivitäten mit russischen Militärangehörigen.
Was ist das also für ein Unternehmen, das den Bruch von internationalen Seefahrtsnormen so einfach in Kauf nimmt?
Noch 2013 wickelte „Juwas-Trans“ ein Geschäft mit dem Staatseigentumsfonds der Ukraine zum Kauf des gesamten Eigentumskomplexes des Kertsch-Schiffreparaturwerks ab. Die Privatisierungsausschreibung wurde im Dezember 2013 – am Höhepunkt der Maidan-Revolution – bekanntgegeben und durchgeführt. Ende Januar 2014 wurden UAH 30,25 Millionen an die Staatskasse überwiesen (ca. $3,78 Millionen nach dem damaligen offiziellen Wechselkurs der Nationalbank der Ukraine).
Am 11. Juli 2014, einige Monate nach der Übergabe des Schiffreparaturwerks in Privatbesitz, baut das Unternehmen das noch 2013, als das Werk noch dem Staat gehörte, unter eher seltsamen Umständen versunkene Schwimmdock wieder auf. Die Aufbauarbeiten wurden von den Unternehmen „Kertsch-Schiffreparaturwerk“ und „Juwas-Trans-Werft“ durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch das Schleppschiff „Eltingen“ aufgearbeitet, obwohl er über 10 Jahre am Kai des Kertsch-Schiffreparaturwerks verbracht hatte. Die Firmengründer Juwas sind Jaroslaw Anatoljewitsch Narodnizkij, Anatolij Leonidowitsch Narodnizkij, Oleg Wladimirowitsch Wassenko. Die Narodnizkijs sind Vater und Sohn. Alle drei Firmengründer wohnen in Kertsch.
Jaroslaw Anatoljewitsch Narodnizkij gründete acht in der Russischen Föderation registrierte Unternehmen.
Anatolij Leonidowitsch Narodnizkij gründete weitere fünf:
Jedoch sehen wir zugleich, dass sie auch in der Ukraine als Gründer und Leiter von verschiedenen Unternehmen registriert sind.
Jaroslaw Anatoljewitsch Narodnizkij:
Anatolij Leonidowitsch Narodnizkij:
Laut Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen brechen die Narodnizkijs nicht nur regelmäßig die Sanktionen gegen Krim, sondern sind auch an zahlrechen Schmuggelmachenschaften außerhalb der Ukraine beteiligt. So wurde beispielsweise das Tankerschiff Goeast, das UVAS-TRANS LTD gehört und auf dem Archipel der Komoren registriert ist, im Oktober 2017 von der Küstenwache Libyens wegen der Ausfuhr von Schmuggelkraftstoffen unter Beschuss genommen. Von zwielichtigen Schmuggelgeschäften zeugt auch die Festsetzung des Schiffs „Smolnyj“ durch russische Zöllner, das auch den Narodnizkijs gehört.
Anatolij Narodnizkij bestätigte in seinem Kommentar an „Gazeta.ru“, dass sie sich dieses Schema bewusst zunutze machen, um die gegen Russland für die rechtswidrige Annexion der Krim eingeführten Sanktionen zu umgehen.
Geld kann man aber nicht zu viel haben, deswegen nutzen die Narodnizkijs auch alle Vorteile der Geschäftsabwicklung mit ausländischen Firmen im Namen von ukrainischen Unternehmen aus. Darunter auch Firmen aus EU-Ländern. Auf ausländischen Webseiten ist „Juwas-Trans“ stets als ein ukrainisches Unternehmen registriert. Auf der Plattform Marine Bunker Exchange (MABUX) beispielsweise ist Ukraine im Feld „Land“ gespeichert, und auch alle Kontakttelefone sind ukrainisch.
Hier findet man auch den Namen des Generalmanagers von Uvas-Trans Ltd. Alexander Kelson (Aleksandr Kelzon). Sein Name ist nicht unter den Gründern von „Juwas-Trans“, jedoch ist Alexander Wiktorowitsch Kelson als Direktor von „Juwas-Gasservice“ registriert.
Denselben Namen findet man auch in ukrainischen Verzeichnissen zum Unternehmen „Juwas-Gasservice“.
Kelson ist außerdem Firmenleiter des Unternehmens „Rawnowessie“, das als der offizielle Vertriebspartner des Tjumen Batteriewerks und Werks TUBOR auf der Krim agiert.
Der Name Kelson ist in Kertsch sehr berühmt. In den 1990-ern führte Wiktor Kelson eine der zwei stärksten kriminellen Gruppierungen an, die die ganze Stadt in Angst versetzten. Kelsons Bande kontrollierte den Hafen von Kertsch. Alexander Wiktorowitsch Kelson müsste allem Anschein nach ein Sohn des 1996 bei einer Schießerei ermordeten Wiktor Kelson sein, deswegen ist seine Teilnahme an kriminellen Machenschaften nicht besonders überraschend. Aber kehren wir zu den Narodnizkijs und „Juwas-Trans“ (UVAS-TRANS) zurück. Im (2016 veröffentlichten) Bewerbungsschreiben eines der Seemänner wird angegeben, dass er von 2012 bis 2016 auf Kraftstofftankern der Firmen UVAS-TRANS oder Arida Travel Ltd. (mit Anwerbung von Mitarbeitern von UVAS-TRANS) arbeitete. In dem Bewerbungsschreiben wurden auch das von Libyern beschossene GOEAST und das von den russischen Zöllnern festgenommene SMOLNY (Smolnyj) erwähnt.
Das besagte Tankerschiff AL Muntazah kann man hier verfolgen und beispielsweise Einträge über seinen Einlauf im Chersoner Hafen im Jahre 2017 oder seine häufigen Aufenthalte im Schwarzen Meer bei Kertsch beobachten. Und wieder taucht Arida trade auf, nur diesmal ist die Rede nicht von Arida trade LTD, sondern von Arida trade LLP.
Arida trade LLP wurde in Schottland unter der Anschrift 20, 196 Rose Street, Edinburgh, United Kingdom, EH2 4AT angemeldet. Im Auszug aus dem Firmenverzeichnis ist der Name Jaroslaw Narodnizkij wieder zu sehen (auch wenn er anders buchstabiert wurde) und seine Staatsbürgerschaft ist als „ukrainisch“ vermerkt, wahrscheinlich aus demselben Zweck – um Tätigkeiten zur Umgehung von Sanktionen unternehmen zu können.
Der Finanzbericht des Unternehmens mit angegebenen Umsatzbeträgen in Millionenhöhe in Pfund Sterling ist hier zu sehen.
Wenn man ältere Dokumente betrachtet, findet man Erwähnungen von Arida LLP und den schon erwähnten Tanker Al Muntazah, nur diesmal unter moldauischer Flagge. Laut diesen Papieren wurde das Schiff 2013 in den Mykolajiwer Hafen zur Schwarzmeer-Schiffswerft gebracht.
Man kann im Netz Bestätigungen dafür finden, dass das Schiff zum Sommer 2014 repariert wurde:
Aber die Tentakel der mit den Narodnizkijs verbundenen Unternehmen reichen nicht nur bis Edinburgh. Sie haben sich auch im kontinentalen Teil der Ukraine weit ausgebreitet. In diesen Unternehmen treten auch Elina Anatoljewna Narodnizkaja (Schwester von Jaroslaw Anatoljewitsch Narodnizkij und Tochter von Anatolij Leonidowitsch Narodnizkij) und Oleg Alexandrowitsch Solomacha auf, ein Einwohner von Charkiw. Dabei sind die Firmen in Dnipro und Charkiw angemeldet.
Elina Anatoljewna Narodnizkaja:
Schmuggel, systematische Verletzungen von ukrainischen Gesetzen und internationalen Normen, mögliche Steuerhinterziehungen in besonders großem Ausmaß, Verdacht auf doppelte Staatbürgerschaft, Organisation eines kriminellen Netzwerks und als Sahnehäubchen – die kürzliche Blockierung ukrainischer Militärschiffe. All das konnte die Mannschaft von InformNapalm finden, ohne besonders tief gegraben zu haben. Was sollen die Narodnizkijs mit ihren Handlangern noch unternehmen, damit die ukrainischen Strafverfolgungsbehörden ihre Aufmerksamkeit auf sie richten? Es gibt sie nicht in den ukrainischen Sanktionslisten, man findet auch keine Gerichtsbeschlüsse zu diesen Firmen. Warum können ihre Geschäfte weiter wachsen? Oder sollte man die Frage vielleicht anders stellen: Wer bei den Strafverfolgungsbehörden profitiert von diesen Machenschaften?
Dieses Material wurde exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Volodymyr Cernenko; editiert von Klaus H. Walter.
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