Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine lief die ganze Rhetorik der russischen Propagandisten darauf hinaus, dass dieser Konflikt ein „überaus innerer“ sei, dass es ein „Bürgerkrieg“ sei, dass „sich das Donbas-Volk gegen die Kyjiwer Junta aufgelehnt habe“, und all dies eine Folge des „Putsches, der mithilfe des Maidan durchgeführt wurde“ sei. Mit diesen Klischees wird die Bevölkerung Russlands, der okkupierten Krim und des Donbasses zu Zombies gemacht, aber das ganze Gebilde zerfällt, sobald die Tatsachen der planmäßigen und langfristigen Vorbereitung Russlands auf eine Aggression gegen die Ukraine ans Tageslicht kommen, die als ein „innerer Konflikt“ verschleiert werden sollte. Und diese Vorbereitung begann lange vor den Ereignissen auf dem Maidan…
Wir haben neulich eine Meldung über bereits 2004 stattgefundene Vorbereitungen für die zur Krim-Annexion veröffentlicht.
Der russische Ökonom Andrej Illarionow (ein ehemaliger Berater des russischen Präsidenten (2000-2005), Gründer und Präsident der gemeinnützigen Organisation „Institut für Wirtschaftsanalyse“) kommentierte die Situation folgendermaßen:
„Die Idee der Krim-Annexion an sich ist zumindest schon 2003-2004 entstanden. Putin empfand seine Niederlage 2004 (die sogenannte „Orangene Revolution“) als sehr schmerzvoll und versprach sich, keine Wiederholung zuzulassen. Diesmal wurde ein Plan in verschiedenen Varianten ausgearbeitet. Die militärische Variante hat den Namen „Clockwork Orange“ bekommen. Diese hat Putin für den Notfall gelassen. Die militärische Variante ist grundsätzlich sehr teuer, und wenn es eine Möglichkeit gibt, sein Ziel nicht mit militärischen sondern mit politischen Methoden wie Erpressung, Bestechung usw. zu erreichen, ist das Putin viel näher. Genau das wurde ihm beim KGB beigebracht“.
Aber das sind nicht die einzigen Beweise der Vorbereitung Russlands auf einen heuchlerischen Krieg gegen die Ukraine InformNapalm hat noch weitere Beweise gefunden, die sich in den Fakten russischer staatlicher Einkäufe verbergen.
Im Januar 2014 hat der russische Journalist und Bürgerrechtler Oleg Lourie einen Artikel in seinem Blog veröffentlicht, unter dem Namen „Innenministerium: Wir kaufen 42 „Urals“ ein, die für Mörser aufgerüstet wurden. Lieferung: Sankt-Petersburg, Rostow, Jekaterinburg, Chabarowsk“, in dem er die Frage nach militärischen Vorbereitungen Russlands aufwirft. Er hat ein Dokument zur Verfügung gestellt, das belegt, dass das russische Innenministerium 42 LKWs „Ural 43206-0651“( in der militärischen Variante mit doppeltem Fahrerhaus) bestellt, die zum Transport von 120-mm-Mörsern 2B11 ausgerüstet sind (der 2S12-Sani-Komplex besteht aus einem Mörser, einem Radfahrwerk und einem Schlepper). Insgesamt 42 LKWs für eine Gesamtsumme von 144 Millionen „alter“ Rubel.
Wir illustrieren hier kurz, wie so etwas in der Armee aussieht: Ural-43206, der zum Transport von Mörser 2B11 auf einem 2L81-Radfahrwerk bestimmt ist:
Zu dem Zeitpunkt interessierte Oleg Lourie und die Internetnutzer, die sich mit seinem Material vertraut gemacht haben, nur eine Frage: „Wofür zum Teufel braucht das Innenministerium Mörser?“. Es ist klar, dass wenn das Innenministerium Transportmittel für Mörser einkauft, dann ist das Innenministerium entweder schon im Besitz dieser Mörser, oder diese werden bald eingekauft. Die einfachste Antwort, die hier nahe liegt, setzte die tschetschenische Variante voraus. Also gehen wir weiter und finden die Depots, denen diese LKWs zugewiesen werden sollten. Es gibt nur vier:
– Nordwestliches Aufbewahrungsdepot für Ressourcen der föderalen Behörde „Nordwestliche Bezirksbehörde der material-technischen Versorgung des Innenministeriums Russlands“ (СЗБХР ФКУ «СЗОУМТС МВД России» 195237, Sankt-Petersburg, Piskarewski Prospekt, 117)
– Nordkaukasisches Aufbewahrungsdepot für Ressourcen der föderalen Behörde „Nordkaukasische Bezirksbehörde der material-technischen Versorgung des Innenministeriums Russlands“ (СКБХР ФКУ «СКОУМТС МВД России» 344065, Rostow-am-Don, п/я 185)
– Ural-Aufbewahrungsdepot für Ressourcen der föderalen Behörde „Bezirksbehörde Ural der material-technischen Versorgung des Innenministeriums Russlands“ (УБХР ФКУ «УОУМТС МВД России» 620024, Jekaterinburg, Elisawetskoje Chaussee 48а)
– Fernöstliches Aufbewahrungsdepot für Ressourcen der föderalen Behörde „Fernöstliche Bezirksbehörde der material-technischen Versorgung des Innenministeriums Russlands“ (ДВБХР ФКУ «ДВУОМТС МВД России» 680032, Chabarowsk, Zelinnij Gasse,41)
Ausgehend von den Standorten der Aufbewahrungsdepots ergibt sich, dass die Depots unter Einbeziehung von Militärbezirken ausgewählt wurden: Sankt-Petersburg – Westlicher Militärbezirk; Jekaterinburg – Zentraler Militärbezirk, Chabarowsk – Östlicher Militärbezirk, Rostow-am-Don – Südlicher Militärbezirk. Und nun schauen wir uns die Anzahl der LKWs an, die jedem Depot zugewiesen wurden. Chabarowsk bekommt nur einen. Wahrscheinlich für den Kampf gegen illegale chinesische Einwanderer.
Sankt-Petersburg und Jekaterinburg haben mehr „Glück“: ganze 6 LKWs für jede Stadt. Aber nach Rostow-am-Don werden 29 Stück (!) geliefert. Bis hier sieht die „tschetschenische Version“ ziemlich glaubhaft aus. Aber es gibt ein paar Momente, die uns nicht entspannen lassen.
Der Erste: Von Rostow nach Tschetschenien sind es im besten Fall 800 Kilometer. Und das bedeutet, dass, wenn ein „Notruf Mörserdienst“ ankommt, die Terroristen schon auseinanderlaufen werden.
Der Zweite: In Tschetschenien sind die kampffähigsten russischen Einheiten der 58. Armee stationiert, die diese Mörser und Mittel für deren Transport mehr als genügend besitzen!
Daraus resultiert, dass es von Rostow-am-Don ziemlich weit bis in die unruhige Republik Itschkerien ist, aber in die ukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk ziemlich nah, weniger als 100 Kilometer. In diesem Fall, wenn diese Vermutung stimmt, bedeutet das Datum dieser Einkaufsanordnung („Dezember 2013“), dass die Pläne der „Russifizierung“ ukrainischen Territoriums schon vor der Krim-Annexion vorbereitet wurden (!).
Ausgehend von den oben genannten Fakten ergibt es sich, dass nicht nur die Führungsspitze des Landes, sondern auch die Spitze des Innenministeriums bereits Ende 2013 mit dem Plan der Umverteilung des postsowjetischen Raumes vertraut gemacht wurde. Wobei das Innenministerium auch zuvor äußerst verdächtige Einkäufe getätigt hatte. Zum Beispiel haben die Ordnungsbehörden Russlands bereits 2012 250 Kilogramm schwere Splittersprengbomben eingekauft. Und nun lasst uns doch diese Einkäufe auf dem heutigen Territorium der ATO-Zone aufspüren.
Wir haben bereits mehrmals verschiedene Beispiele von Foto- und Videobeweisen veröffentlicht, die das Vorhandensein von aus Russland gelieferter Ausrüstung bei den Terroristen nachweisen. Darum ist die Geschichte mit den „2S12 Sani“ und „Urals“ keine Ausnahme. Es gibt solche „2S12 Sani“ auch bei der russischen ultranationalistischen Gruppe „Rusitsch“ (auch als Diversions- und Spionagegruppe „Batman“ bekannt), die im Donbas aktiv ist und einen Bezug zum russischen Innenministerium hat.
Lasst uns doch an dieser Stelle zur Analyse des Videomaterials übergehen, das von einem Propagandakanal der „LVR“-Terroristen gedreht wurde und als ein zusätzlicher Beweis dienen kann:
Zu dieser sogenannten „Volksmiliz“-Kolonne gehören zwei LKWs „Ural-43206“ (zweiachsig, Armeevariante, mit einem normalen Fahrerhaus) und drei 120-mm-Mörser. Sogar unter der Annahme, dass es um einen „gewöhnlichen“ und keinen polizeilichen „Ural“ handelt und der keine 3,5 Millionen, sondern „nur“ 1,5 Millionen alter „vor-sanktioneller“ Rubel kostet, wird sich der Preis so einer Kolonne ohne Munition zusammen mit Mörsern auf insgesamt 9 Millionen belaufen.
Im Ergebnis der obengenannten Angaben entstehen folgende Fragen:
– Wann genau hat die Führungsspitze Russlands das Projekt der „Abpressung“ der östlichen Gebiete der Ukraine und der Krim angenommen und welches Endziel hat es?
– Wozu braucht das russische Innenministerium Mörser und Bomben sowie Maschinengewehre mit Schalldämpfer, wenn die Ausrüstung in Russland selbst vorhanden ist?
– Wozu braucht das Innenministerium 29 Einheiten 120-mm-Mörser sowie Mittel für ihren Transport in Rostow? Wieviele davon wurden in die Ukraine geschickt?
– Wer bezahlt die Lieferungen von Panzern, Artillerie, Schusswaffen, Lastwagen, Munition und Treibstoff, die von den Terroristen im Osten der Ukraine eingesetzt werden?
– Wenn es die „Separatisten“ tun, weiß dann die Bevölkerung der besetzten Gebiete über die „Preisfrage“ in der Situation, dass die Menschen in den okkupierten Territorien monatelang keinen Lohn bekommen?
– Wenn das Abenteuer im Donbas aber doch ausschließlich von der russischen Seite bezahlt wird, weiß der russische Steuerzahler etwas darüber? Oder darüber, dass der Preis eines LKWs „Ural-43206-0651“, der im Auftrag des Innenministeriums für den Transport von Mörsern modifiziert wurde (ohne den Preis des Mörsers und des Radfahrwerkes), sich um das Doppelte erhöht (3,5 Millionen „alter“ Rubel), im Vergleich zur zivilen Modifikation, dem „Ural-43206-0551“ (1,5-1,8 Millionen „alter“ Rubel)?
– Auf welche Weise haben sich all die oben genannten Unkosten wie auch Kosten für die Truppenverlegung aus den nördlichen, westlichen, zentralen und östlichen Bezirken Russlands an die Grenze zur Ukraine und dann wieder zurück auf den Verfall des Rubels im Vergleich zum Dollar in Russland ausgewirkt?
Wie man sieht, sind die meisten Fragen an die russische Seite adressiert. Die Schuldigen an der Donbas-Tragödie sollte man ebenfalls dort suchen.
Zum Hintergrund: Die Kosten für einen neuen Mörser 2B11 (mit Radfahrwerk 2L81, komplett) belaufen sich auf maximal 1 661 400 Rubel.
Man sollte auch erwähnen, dass die russischen Militärs wegen des Austauschs des Schleppers auch die Mörser umbauen mussten. Eine derartige „Modernisierung“ fand nicht nur in der russischen Armee statt: Der Lastkraftwagen GAZ-66 wurde durch Ural-43206 abgelöst. Scheinbar eine Kleinigkeit, aber diese Kleinigkeit hat zum Entstehen eines neuen Buchstabens in der Bezeichnung dieses Komplexes geführt:
Und die „DVR“- und „LVR“-Söldner benutzen genau diese russischen modernisierten Komplexe: mit dem Buchstaben „A“ und einem Schlepper vom Typ Ural-43206 (!).
Außerdem hat die Modernisierung dank einem Gelenkkopf, der in der Grundplatte des Mörserrohres installiert wurde, dem neuen Mörser erlaubt, das Feuer ohne Umstellung der Grundplatte zu verlegen. Und wie wir sehen, haben die Söldner all das auch:
Somit sind die Aktivitäten der Russischen Föderation in Bezug auf die Invasion eines benachbarten unabhängigen Landes gar nicht spontan gewesen, wie uns die russischen Propagandisten gern glauben lassen möchten. Diese Operation wurde gründlich und umfassend vorbereitet, darum ist jegliche Rhetorik über „Verteidigung der russischsprachigen Bevölkerung“ oder „Kampf gegen die Kyjiwer Junta“ nichts weiter als eine Schirmwand zur Verschleierung der realen Umstände und Pläne der militärischen Aggression.
Dieses Material wurde von AL Gri und Roman Burko speziell für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Wir veröffentlichen exklusive informativ-analytische Materialien, darum ist beim Nachdruck unserer Artikel ein aktiver Hinweis auf unsere Quelle erforderlich.
CC BY 4.0
One Response to “Vorbereitung der Invasion: Einkäufe des russischen Innenministeriums am Vorabend der militärischen Aggression gegen die Ukraine”
24/04/2015
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