In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren hat Russland entgegen westlicher Hoffnungen darauf verzichtet, den Weg demokratischer Veränderungen zu verfolgen, die in postsowjetischer Zeit ausgerufen wurden. Russland rollte zurück in den Totalitarismus. Das nach dem geopolitischen Einfluss der UdSSR nostalgierende Regime Wladimir Putins nahm Kurs auf eine ideologische Konfrontation mit den westlichen demokratischen Werten. Der Kreml beschloss wohl, eine eigentümliche Revanche zu nehmen. Dazu haben kriminelle russische Eliten ihre alten sowjetischen Lehrbücher zum Thema „Diktatur der Weltrevolution“ herausgeholt und diese mit modernen Technologien ergänzt: Die Meinungsfreiheit wurde zu einem Schlupfloch für vergiftende Propaganda und Desinformation in der ganzen Welt; russische Staatsbürger, die von Geheimdiensten angeworben wurden, und reguläre „Urlauber“ wurden zum russischen Kraftflügel bei der Entfesselung von „Bürgerkriegen“ in Nachbarländern; Korruption und Erpressung wurden zu Hauptinstrumenten für Zersetzung der Regierungsbehörden von Ländern – den Opfern russischer Interessen. Am interessantesten ist dabei das Beispiel der russischen hybriden Strategie, besondere Dienste für Diktatoren auf der ganzen Welt bereitzustellen. Selbstverständlich sind diese Dienste ganz und gar nicht kostenlos.
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Ein Diktator wünscht sich Schutz
Der Algorithmus der Erreichung von russischen geopolitischen Zielen ist ziemlich einfach: Zunächst wird ein gesteuertes Chaos geschaffen, ein Konflikt entfacht oder ein noch glimmender Brennpunkt in einem Land wieder entflammt, in dem ein Diktator an der Macht ist. Idealerweise steht der geächtete Diktator für seine zahlreichen militärischen Verbrechen oder Menschenrechtsverletzungen unter westlichen Sanktionen. Also erwartet er keinerlei Hilfe von demokratischen Ländern, und im Falle eines Aufruhrs in der Gesellschaft oder bei sonstigem Wanken seines Thrones nimmt er Russlands Angebot willig an, da er dieses ja gar nicht ausschlagen kann. Truppen einzuführen, Flugzeuge zu schicken, reguläre Militärangehörige und Mitarbeiter von privaten Militärunternehmen zu entsenden, die mit dem GRU oder Spezialkräften Russlands in Verbindung stehen – das alles ist dann schon nur noch eine Sache der Technik. Der Vertrag wird „mit Blut besiegelt“ – faktisch im direkten Sinne, da die russische Armee und ihre Waffen dem Diktator helfen, jegliche Aufstände brutal niederzuschlagen, und für seinen Schutz zahlt er mit seinem Boden und seiner Stimme.
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Sein Boden wird vom russischen Militär und seinen Basen besetzt und seine Stimme wird für russische Interessen auf der internationalen Weltbühne lobbyieren. So wird der Diktator zu einer hörigen Marionette des Kremls – er ist schon zu allem bereit. Er ist bereit, seine Territorien den Russen in langjährige und kostenlose Pacht zu geben, er ist bereit, in der UNO gegen Resolutionen zu stimmen, die die russische Aggression im Donbas oder die Besatzung der Krim verurteilen. Er ist bereit, in jedem Tätigkeitsbereich für Russlands Interessen zu lobbyieren.
Wenn die USA und die EU auf demokratische Gesellschaften setzen, so macht es Russland genau umgekehrt: Es setzt auf Diktatoren und weiß genau, unter welchen Bedingungen und auf welche Angebote diese nicht verzichten können.
Jede Verzögerung und jede Schwäche nähren die Tyrannen
Russland spielt diese Spielchen in Syrien und hat diese auch teilweise in seinen Nachbarländern verwirklicht, indem es einen Teil ihrer Territorien besetzt hatte. Dafür sollte ihm längst das Vetorecht im UN-Sicherheitsrat entzogen werden, es sollten längst entsprechende Resolutionen verabschiedet werden, die Sanktionen sollten verstärkt und das SWIFT-System abgeschaltet werden. Ganz allgemein sollte man wesentlich härter gegenüber dem Aggressor auftreten.
Radikal? „Putin wird uns überfallen“? Solange aber die Weltgemeinschaft nach Wegen einer sanften Einwirkung auf den Kreml sucht, ist sich der Kreml für keine Methode zu schade und setzt seine schleichende Okkupation fort, wobei er alle möglichen Verträge und Abmachungen verletzt und missachtet.
Das ist nicht nur ein Krieg Russlands gegen die Ukraine – das ist ein russischer Krieg gegen die ganze zivilisierte Welt.
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Dieses Material wurde von Roman Burko exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel; editiert von Klaus H. Walter.
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