
Anatolij Baronin, Da Vinci AG, exklusiv für InformNapalm
Russland verstärkt seine Militärpräsenz um die Arabische Halbinsel herum
Am 12. Dezember veröffentlichte Alexander Koz, ein Korrespondent der russischen Zeitung „Komsomolskaja Prawda“, ein Video, das die Aktivierung der Militärpräsenz Russlands in Sudan belegt. Laut dem Korrespondenten wurde Personal eines russischen privaten Militärunternehmens im Video festgehalten, das sudanesische Militärangehörige ausbildet. Im Video sieht man, wie sie gemeinsam die Säuberung von bewohnten Ortschaften trainieren. Der Charakter dieser Übungen ist den Manövern ähnlich, die russische Luftlandetruppen und Spezialkräfte im September 2016 in Ägypten abhielten.
Alltag des russischen privaten Militärunternehmens in Sudan (Off-Stimme). Nicht im Südsudan, wie früher angekündigt, sondern in Sudan. Wozu braucht man auch den Südsudan, wenn dieser keinen Ausgang zum Meer hat.pic.twitter.com/qoSQ9I3ben
— Alexander Koz (@sashakots) 12. Dezember 2017
Unserer Einschätzung nach werden diese sudanischen Militärangehörigen mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht von Vertretern eines privaten Militärunternehmens ausgebildet werden, sondern von regulären Abteilungen der Spezialkräfte Russlands. Zu deren Aufgaben gehört militärische Hilfe für andere Länder (military assistance). Russland ist dabei beim Personal, das selbst minimale arabische Sprachkenntnisse besitzt, eingeschränkt. Die meisten Mitarbeiter von privaten Militärunternehmen mit entsprechenden Kenntnissen sind zur Zeit an Operationen in Syrien beteiligt. Die Stimme des Menschen, der im Off Befehle gibt, weist aber deutlich darauf hin, dass es sich um einen Slawen handelt. Das schließt die Version über russische Spezialkräfte vom Kaukasus aus.
Die langjährige Geschichte der militärischen Zusammenarbeit könnte eine Fortsetzung bekommen
Im Juni 2008 wurde über den Tod eines russischen MiG-29-Piloten in Sudan berichtet. Dabei wurde betont, dass russische Piloten – sowohl diejenigen, die im Dienst der russischen Streitkräfte stehen, als auch Reservisten – die 14 sudanischen Jagdbomber MiG-29 fliegen. Damals wurde angenommen, dass dies mit Schwierigkeiten bei der Ausbildung von sudanesischen Piloten und ihrem „inadäquaten Benehmen“ in Verbindung steht.
Dieses Faktum deutet auf die Existenz einer langjährigen russischen Militärhilfe an das Regime von Omar al-Baschir hin, der unter dem Druck des Internationalen Strafgerichts steht und sich von denselben Motiven leiten lässt wie Baschar al-Assad in Syrien. Das regelmäßige Abstimmungsverhalten Sudans gegen Resolutionen der Ukraine bezüglich der Krim in der UNO weist auch indirekt auf die Existenz einer militärisch-politischen Zusammenarbeit auf höchster Ebene zwischen Moskau und Khartum hin, zumindest in den letzten drei Jahren.
Wahrscheinlich strebt der Kreml eine Ausweitung und Vertiefung dieser Zusammenarbeit an, die in einer unmittelbaren russischen Militärpräsenz im Land nach dem Schema in Syrien münden soll: Garantien für das politische Regime im Austausch für ein uneingeschränktes Militärkontingent und die Platzierung von russischer militärischer Infrastruktur.
Schlussfolgerung und Prognose
Somit sehen wir die Tendenz, dass Russland lokale Konflikte im Ausland für die Ausweitung seiner Militärpräsenz auf diesen Territorien nutzt, im Austausch für militärische Unterstützung und Garantien für agierende autoritäre Regime. Auf analoge Weise erweist Russland auch Unterstützung für den libyschen Anführer Chalifa Haftar (der den östlichen Teil des Landes kontrolliert), um Militärbasen bei Bengasi einzurichten.
- Lesen Sie zum Thema: „Perspektiven der russisch-ägyptischen Kampagne in Libyen“
Trotz einigen kritischen Publikationen in den russischen Medien nach dem Besuch von Omar Baschir im November 2017 in Moskau über die Frage der Zweckmäßigkeit der Platzierung militärischer Infrastruktur in Sudan wird der Kreml wahrscheinlich bereits in der ersten Jahreshälfte 2018 eine positive Entscheidung diesbezüglich treffen. Die Zweifel über die Zweckmäßigkeit dieser Entscheidung bezogen sich auf die Frage der Reaktion des Westens auf einen derartigen Schritt, sowie auf die Frage, ob die finanziellen Ressourcen Russlands für ein derartiges Projekt ausreichen.
Zugleich wird wohl die kostspielige Finanzkomponente dieses Projekts zum wichtigsten Faktor, der die Position des Verteidigungsministeriums Russlands im Kontext der Verringerung der Intensität seines Vorgehens in Syrien bestimmen wird, und dementsprechend auch im Kontext der Verringerung von finanziellen Ausgaben bzw. den Geldflüssen, die über dieses Amt laufen.
Vom politischen Standpunkt aus wird der Kreml sich wohl doch auf dieses kostspielige Abenteuer einlassen, denn das wird es ihm erlauben, ein weiteres Mal das Potential für Konfrontationen mit Washington zu demonstrieren, das in dieser Region sehr präsent ist, und Unterstützung dafür von jenen Ländern zu bekommen, die den Einfluss Washingtons verringern oder aber mit ihm handeln möchten. Darüberhinaus wird es Russland erlauben, die Logistikrouten für die Lieferung von Energieträgern über das Rote Meer zu kontrollieren, und in Koordination mit Iran kann man im Notfall auch den Export von Erdöl aus Arabien blockieren und somit einen starken Einfluss auf die Dynamik der Weltpreise erlangen. Nichtsdestotrotz erfordert eine solche Aufgabe eine permanente Präsenz der Marine Russlands, was den finanziellen Druck auf das russische Budget verstärken wird. Am Ende wird der Kreml, unserer Einschätzung nach, den Weg des Ausbaus einer technischen Basis wählen, analog zu der in Tartus (Syrien) – mit der Aussicht auf eine situative Entfaltung einer temporären und beschränkten Marine-Gruppierung. Dieses Szenario ist ziemlich wahrscheinlich, wenn man das Niveau der Beziehungen zwischen dem Kreml und Ägypten und Äthiopien im Auge behält, die einer Durchfahrt von Militärschiffen Russlands keine Hindernisse in den Weg stellen werden.
Im Falle der Platzierung einer militärischen Marinebasis in Sudan kann Russland auf eine verstärkte Konkurrenz in der Region seitens Chinas treffen, welches bedeutende Interessen in diesem Land hat, sowie auf die Position von Saudi-Arabien, für das eine russische Marinebasis in Port-Sudan nicht nur Risiken für die Erdölindustrie bedeutet, sondern auch für nationale Sicherheit im Kontext der bequemen Logistik für militärische Lieferungen an die aufständischen Huthi in Jemen. Die Existenz einer russischen Marinebasis in Sudan wird auch das regionale Gewicht von Äthiopien als regionalem Einflusszentrum schwächen. Dies wiederum bedeutet für Russland eine weitere Satzerhöhung für eine Aktivität in der Region.
Dieses Material wurde von Anatolij Baronin exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel; editiert von Klaus H. Walter.
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2 Responses to “Perspektiven und Prognosen für eine weitere Verstärkung russischer Militärpräsenz in Sudan”
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