
Als Hauptquellen des Informationsleaks bezüglich der strukturmäßigen Bewaffnung und Militärgerät der Streitkräfte Russlands, die in den Kampfhandlungen im Osten der Ukraine 2014-2015 eingesetzt wurden, treten üblicherweise die russischen Militärangehörigen selbst auf. In manchen Fällen sind es aber Zivilisten, die aus bestimmten Gründen in das Geschehen hineingeraten sind. Auch sie können es sich nicht verkneifen, Photosessions vor dem Hintergrund des Militärgeräts zu machen, und geben mit diesen Photos dann öffentlich an. In diesem Material stellen wir eine Fotoauswahl zu Ihrer Verfügung, die uns von einem Vertreter des russischen militärisch-industriellen Komplexes „geschenkt“ wurde. Die Photos belegen die Beteiligung der 200. selbstständigen motorisierten Schützenbrigade der Nordflotte Russlands an den Kämpfen im Donbass im Sommer-Herbst 2014.
Im sozialen Netzwerk VKontakte wurde das Profil eines gewissen Michail Bojurow entdeckt, der am 10. Dezember 2015 einige Photos in sein Profil hochgeladen hat, die im August-September 2014 gemacht wurden, während seines Aufenthalts auf der „ukrainischen Dienstreise“. Ausgehend vom Fotomaterial von M.Bojurow, wurden er und andere Spezialisten des föderalen staatlichen Einheitsunternehmens „775. Artillerie-Reparaturwerk“ des Verteidigungsministeriums Russlands ausgemacht, die in der Zone der Kampfhandlungen Reparaturarbeiten an den Panzerfahrzeugen und anderem Militärgerät vor Ort ausgeführt hatten.
Persönliche Angaben: Michail Bojurow (Archive: Profil, Fotoalbum, Kontaktliste). Geb. am 10. Oktober 1967. Wohnhaft in St.Petersburg. Militärdienst: Einheit 11127 – 1989-1992 (Besatzungskommandeur); 131. Brigade, Russland – 1992-2002; Einheit Nr. 03724, Russland – 1992-2002 (stellvertretender Kommandeur); Einheit Nr. 67678, St. Petersburg, Russland – Staatliches Einheitsunternehmen „775. Artillerie-Reparaturwerk“, seit 2002.
Photos aus dem Zeitraum zwischen dem 29. August und dem 3. September mit Kommentaren „Fahrer“, „Brigade“, „Sehr nah“, „Alles verwaist“ (Archive: 1, 2, 3, 4).
Zur Auskunft: Das föderale staatliche Einheitsunternehmen „775. Artillerie-Reparaturwerk“ des Verteidigungsministeriums Russlands wurde am 21. Dezember 2011 in der Region St.Peterburg unter folgender Adresse registriert: Marschall Blucher-Prospekt 12, 195197 St. Petersburg. Das Unternehmen ist damit beauftragt, Militärgerät herzustellen und zu verwerten, ferner auch mit der Bedienung von Tankstellen, Aufbewahrung von Erdöl und Erdöl-Produkten, Organisation und Ausführung der militärisch-technischen Zusammenarbeit mit Ausland (1, 2).
Das ganze Militärgerät, das im Fotoalbum von M.Bojurow figuriert, gehört zur standardmäßigen Bewaffnung der 200. selbstständigen motorisierten Schützenbrigade zur besonderen Verwendung der Nordflotte Russlands (Militäreinheit 08275, Stationierungsort: Dorf Petschenga, Murmansker Gebiet, Russland). Nach unseren Angaben, befand sich eine bataillon-taktische Gruppe dieser Brigade per September 2014 auf der „rostow-ukrainischen Dienstreise“.
Als Aufmarschgebiet für die Invasion der 200. Brigade in die Ukraine diente eins der Feldlager der Invasionskräfte Russlands, das im an die Ukraine angrenzenden Kamenski Bezirk des Rostower Gebiets aufgeschlagen wurde, woher die Überfälle auf die Ukraine auch stattfanden. Am 10. September 2014 haben wir erstmals die Soldaten dieser Brigade im Bestand der Invasionstruppen registriert. Im November 2014 veröffentliche InformNapalm mehrere Artikel, die von der Teilnahme einer taktischen Gruppe aus dem Bestand dieses Verbandes an den Kampfhandlungen im Donbass zeugten, darunter auch mit Beweisen für die Beteiligung ihrer Raketendivision an den Beschüssen der ukrainischen Stellungen und für ihre Einfälle auf das Territorium der Ukraine. Diese bataillon-taktische Gruppe blieb mit ihrer ausgesprochenen „Kreativität“ in Erinnerung, im besonderen durch ihre Panzerfahrzeuge, die mit Aufschriften mit sowjetischen Slogans wie „Tod den Faschisten“, „Für Stalin“, „Tod dem Aidar“ etc. übersät waren, was uns im Grunde auch erlaubte, ihre Zugehörigkeit zu bestimmen (natürlich auch mithilfe der taktischen Zeichen, Bordnummern und des Fahrzeugtyps).
Photos aus dem Album von Bojurow, die mit dem 14. August 2014 datiert sind: die Grenzübergangsstelle Iswarino an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland (mit einem Geotag), Kommentare „Und in der Zwischenzeit in Russland…“, „Im Raum von Kamensk-Schachtinsk“ (Archive: 1, 2).
Anmerkung: Die Tatsache, dass die Grenzübergangsstelle Iswarino zum Haupttor für die russische Invasion in die Ukraine wurde, ist keine Neuigkeit. Darüber schrieben die Freiwilligen unseres Projekts mehrmals. Zum Beispiel im Material von Anton Pawluschko vom 29. September 2014: „Wohin fahren Pskower Fallschirmjäger?“
Auf den Photos von Bojurow, die im Zeitraum zwischen dem 11. August und dem 29 September 2014 gemacht und am 10. Dezember 2015 hochgeladen wurden, kann man verschiedenes russisches Militärgerät erkennen.
- Panzer T-72B3 mit den taktischen Zeichen in Form der gelben Dreiecke und gelben Bordnummern (Bordnummer 830 mit der Aufschrift „Panzerschild der LVR“, Bordnummer 827 mit der Aufschrift „UdSSR- Wir sind die Kraft“). Die Photos sind vom 17. September 2014 (Archive: 1, 2).
Die Panzer derselben Abteilung mit denselben taktischen Zeichen, Bordnummern 831 und den Aufschriften „Tod dem Aidar“, „Für Stalin“ etc. registrierte InformNapalm im Herbst 2014.
- Fla-Raketenkomplex „Strela-10“ auf dem Fahrgestell eines MT-LB mit der Aufschrift „Tod den Aidar-Faschisten“. Das Photo ist vom 17. September 2014 (Archiv: 1).
- Eine Kolonne, bestehend aus KamAZen und MT-LB mit den Maschinengewehren NSW „Utjes“. An der Seitenwand des letzten Wagens kann man sehr deutlich die Aufschrift „Donbass wurde von Russen gegründet“ erkennen. Auf den anderen Wagen sind Aufschriften ungefähr solchen Inhalts: „Die Russen gründeten die Städte…“, „DVR“ etc. Das Photo ist vom 17. September 2014. Am gleichen Tag wurde auch das Photo mit einem einzeln stehenden MT-LB mit dem Bild eines Hammer und Siegels und der Aufschrift „KW-1 C“ gemacht (Archive: 1, 2).
- Flugabwehrkomplexe „Tunguska“. Der erste mit der übermalten gelben Bordnummer 841 und den Aufschriften an der rechten Seitenwand „Für Vaterland“, „Für Stalin“, „Tod der Junta“ (mit Hammer und Siegel noch dazu) und „Himmelssanktionen“, an der linken Seitenwand: „Gruss an Kiewer Piloten“, „Für sauberen Himmel“. Der zweite Flugabwehrkomplex mit der Bordnummer 840 wird vom technischen Personal begutachtet, der Wagen besitzt keine Aufschriften. Die Photos sind zwischen dem 17. und 26. September 2014 gemacht worden (Archive: 1, 2, 3, 4, 5 und 6).
- Der Kampfhubschrauber Ka-52 („Alligator“) mit der Bordnummer 45-„rot“, Registrierungsnummer RF 91109. Dieses Luftfahrzeug gehört zum Bestand des Hubschrauber-Regiments, das in Korenewsk stationiert ist (Einheit 35666, Krasnodarer Gebiet, Russland; ehemalige 393. Luftwaffenbasis des 4. Kommandos der Luftwaffe und Luftabwehr Russlands). Das Photo ist vom 17. September 2014 (Archiv: 1).
Die Hubschrauber dieses Typs wurden von InformNapalm in den an die Ukraine angrenzenden Feldern des Rostower Gebiets Russlands noch im September 2014 fixiert (was mit dem Zeitraum der Dienstreise von M. Bojurow zusammenfällt), siehe „Russische Kampfhubschrauber Ka-52 „Alligator“ an der Grenze zur Ukraine“.
Wir möchten daran erinnern, dass dies nicht der erste Fall eines Informationslecks aus dem militärisch-industriellen Komplex Russlands ist. Im Herbst 2014 haben wir in einem an die Ukraine angrenzenden Bezirk des Rostower Gebiets eine Gruppe der Reparaturarbeiter aus der GmbH „Permski Reparaturwerk“ registriert: „Chip and Dale eilen zu Hilfe: Mechaniker aus dem Ural an der Frontlinie“.
Siehe thematische Links zur 200. SMSBr im Kontext der „rostow-ukrainischen Dienstreisen“:
- „Die 200. selbständige motorisierte Schützenbrigade der Nordflotte Russlands in der Ukraine“ 10. September 2014
- „The Tour of Duty of the 200th Special Purpose Separate Motor Rifle Brigade of the Northern Fleet of the Russian Navy in Rostov Region and in Ukraine“ 26. November 2014
- „Kampfweg der 200. SMSBr der Nordflotte Russlands“ 27. November 2014 (russ.)
Dieses Material wurde von Irakli Komakhidze exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
CC BY 4.0
Wir haben auf Deutsch ein Video übersetzt, das auf der Basis unserer Datenbank zu russischen Truppenverbänden im Donbass erstellt wurde. Raten allen zu schauen, sehr anschaulich:
3 Responses to “Mitarbeiter des Petersburger Reparaturwerks bereiten Militärgerät für die Invasion in die Ukraine vor”
10/04/2016
Russische Flaksoldaten aus der 21. motorisierten Schützenbrigade im Donbass - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Im Dezember 2015 hat ein Petersburger Mitarbeiter des „775. Artillerie Reparaturwerks“, das dem russischen Verteidigungsministerium untersteht, Einzelheiten zum Kampfweg der 200. Brigade der Nordflotte preisgegeben: “Mitarbeiter des Petersburger Reparaturwerks bereiten Militärgerät für die Invasion in die … […]
21/09/2017
Soldaten der Nordflotte Russlands im Donbas 2014 - InformNapalm (Deutsch)[…] Die erste Erwähnung der 200. Brigade (Militäreinheit 08275, Petschenga, Gebiet Murmansk) fällt auf den 10. September 2014, als eine taktische Kampfgruppe dieses Truppenverbandes in voller Ausrüstung im an die Ukraine angrenzenden Kamenski Bezirk des Gebiets Rostow Russlands festgehalten wurde. Etwas später, im November 2014, wurde Fotobelege gefunden, die den Kampfweg der 200. Brigade der Nordflotte Russlands im Gebiet Rostow und der Ukraine zeigten, siehe „The Tour of Duty of the 200th Special Purpose Separate Motor Rifle Brigade of the Northern Fleet of the Russian Navy in Rostov Region and in Ukraine“. Ende 2015 veröffentlichten wir ein Material, zu dessen Basis ein Informationsleak über die sogenannte „rostow-ukrainische Dienstreise“ der 200. Brigade von einem Arbeiter des militärischen Reparaturwerks aus Sankt-Petersburg wurde, der das Militärgerät für den Einfall in die Ukraine vorbereitete: „Mitarbeiter des Petersburger Reparaturwerks bereiten Militärgerät für die Invasion in die …. […]
23/09/2017
Soldater från den ryska Nordflottan i Donbass 2014[…] information om så kallade Rostov/Ukraina-uppdrag och resor till den 200:e Brigaden, som gjordes av anställda i militärverkstaden i Sankt Petersburg, för att förbereda militär utrustning för invasionen av […]