
Slawa Rabinowitsch ist ein sehr angesehener russisch-amerikanischer Wirtschaftler, der in Moskau lebt und arbeitet.
Gedanken zum Mord an Boris Nemzow…
Ich habe im ganz jungen Alter verlernt zu weinen. Wie schlecht es mir auch ging, gelang es mir nicht zu weinen, nicht mal unter ganz schrecklichen Umständen.
Zum ersten Mal seit meiner frühen Kindheit habe ich geweint, als meine Mutter in 2000 gestorben ist.
Zum zweiten Mal habe ich geweint, als die Zwillinge in New York 2001 gestürzt sind.
Zum dritten Mal- als mein Bruder in 2013 gestorben ist.
Heute kann ich meine Tränen nicht zurückhalten.
Ich sitze hier und weine. Zum fünften Mal.
Und ich schäme mich für meine Tränen nicht.
Wieviele Tränen sollen ALLE noch vergiessen? Die Ukrainer, die Russen, die Georgier? Juden? Holländer, Deutsche, Franzosen, Amerikaner, Kanadier, Australier?
Ich möchte mich an alle Weltleader wenden, an alle Staatsoberhäupter. Wer von Ihnen sich mit Putin trifft, wer seine Hand drückt – derjenige wird die Hand eines kaltblutigen Mörders drücken, eines Monsters, eines modernen Hitler-in-the-making.
Petro Alexejewitsch Poroschenko! Sie KÖNNEN sich NICHT MEHR mit Putin treffen. Ich habe die Ukraine von Anfang an, seit dem 1. März 2014, unterstützt, und unterstütze sie noch immer.
Aber wenn Sie sich noch einmal mit Putin treffen, ändere ich meine Einstellung zu Ihnen und zur Ukraine. Das ukrainische Volk hat Ihnen KEIN Mandat auf die Verhandlungen mit einem kaltblütigen Mörder Ihrer und russischer Bürger gegeben, mit einem Monster mit Fischaugen ohne jeglichen menschlichen Ausdruck.
Als US-Bürger bitte ich den Präsidenten Obama die entschlossensten Sanktionen gegen Putin und sein Regime einzuführen und dabei auch mehrere (womöglich sogar geplante) Stufen zu überspringen. In Ihrer Macht – mithilfe einer Präsidentenanordnung- liegt es, mit einem Schlag das komplette russische Finanzsystem vom Weltfinanzsystem abzuschalten.
Es finanziert den Krieg in der Ukraine. Es finanziert den politischen Terror und die Morde in Russland. Es finanziert die Goebbels-Propaganda in Russland und weit ausserhalb dessen. Das hätte man längst tun müssen, um die Leben von Tausenden Menschen zu retten. Sie haben es nicht getan. Tun Sie es jetzt.
Ich bitte alle ehrlichen Russen auf die Strassen zu gehen. Nicht Tausende. Nicht Dutzende Tausende. Nicht eine Million. Millionen. Wir haben ein absolutes Verfassungsrecht darauf. Schauen Sie den Text der Verfassung der Russischen Föderation. Putin wird nichts gegen Millionen tun können. Er wird uns in Gefängnistransporter nicht einpacken, wird uns für 15 Tage nicht verhaften, wird uns für Jahre im Gefängnis nicht einsperren. Er wird nervös Caracas, Havana und Pjöngjang anrufen. Das ist seine Sache, wen er anruft.
Ich weiss nicht, wer diesen Mord in Auftrag gegeben hat. Aber auch wenn der Auftrag nicht aus dem Kreml kam, ändert es an der Sache nichts: Putin ist persönlich dafür verantwortlich, dass er den Dschinn aus der Flasche herausgelassen hat, über welchen er keine Kontrolle mehr hat. Er hat es absichtlich gemacht. Um den Bruderkrieg zu entfesseln.
Erst gegen die Ukraine, dann im Russland selbst. Oder sogar gleichzeitig. Denn auf diese Weise wird sein „Rating“ aufrechterhalten, denn auf diese Weise „kann man/darf man“ bis zum Tod an der Macht bleiben. Und nach uns die Sintflut! Ein Staatsverbrecher, der sich als Staatsoberhaupt tarnt.
Finstere Zeiten haben sich auf Russland herabgesenkt. Mit einer dichten Decke des Obskurantismus, NKWD-Triumphs, Neofeudalismus, Hasses, Bluts.
Dem muss ein Ende gesetzt werden.
Ein ENDE!!!!
Ein für allemal. Das, was man nicht geschafft hat zu tun, was man am Anfang der 1990er nicht tun konnte – das muss man jetzt tun. Damit es niemals, niemals, niemals wieder zurück auf diese Erde kommt. Damit es dahin verschwindet, wohin es verschwinden soll – in die Hölle.
Autor: Slawa Rabinowitsch; Quelle: glavpost.com; übersetzt von Irina Schlegel
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