
Als russische Truppen die Krim einnahmen und mit der Besatzung des Donbas begannen, arbeitete Stanislaw Jeschow als Berater der ukrainischen Botschaft in Washington. Er traf sich regelmäßig mit Vertretern des amerikanischen Establishments, statt aber Interessen der Ukraine durchzusetzen, die zum Opfer der russischen Aggression wurde, beschäftigte er sich mit Verbreitung von russischen Lügen und der Diskreditierung der neugewählten Regierung. InformNapalm hat Fakten gesammelt, die auf eine langjährige diversive Tätigkeit Jeschows gegen die Ukraine und seine Arbeit im Interesse Russlands in diplomatischen Kreisen hinweisen. Diese Tätigkeit übte er mindestens seit Ende 2013 aus.
Am Abend des 20. Dezembers nahm der ukrainische Sicherheitsdienst SBU Stanislaw Jeschow, den stellvertretenden Vorsitzenden des Protokolldienstes der Regierung und Übersetzers von Ministerpräsident Wladimir Grojsman, fest. In der offiziellen Pressemitteilung des SBU steht, dass der Beamte im Interesse der Geheimdienste Russlands agierte:
Die Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörden haben festgestellt, dass der Beamte während eines längeren dienstlichen Auslandsaufenthalts von russischen Geheimdiensten angeworben wurde. Die SBU-Ermittler haben dokumentiert, wie der Beamte mittels einer Spezialapparatur im Auftrag seiner russischen Agentenführer Informationen über die Tätigkeit von Regierungsstrukturen sammelte. Die gewonnenen Angaben übermittelte der Verbrecher über Datenkanäle an seine Auftraggeber.
Nun wird Jeschow eines Verbrechens nach Artikel 111 Teil 1 des Strafgesetzbuches der Ukraine beschuldigt – Staatsverrat.
Aus eigenen Quellen wurde InformNapalm bekannt, dass mit dem „längeren dienstlichen Auslandsaufenthalt“ Jeschows Arbeit als Berater der ukrainischen Botschaft in Washington während der Zeit gemeint ist, als Olexander Mozik Sonderbotschafter der Ukraine in den USA war.
Stanislaw Jeschow ist ein Berufsdiplomat. Er erwarb 1999 den Magistergrad des Instituts für Internationale Beziehungen der Kyjiwer Nationalen Schewtschenko-Universität. Er arbeitete beim Außenministerium, als Berater bei der ukrainischen Botschaft in den USA und diente in der diplomatischen Mission in Slowenien.
Foto: März 2011. Stanislaw Jeschow sitzt neben dem damaligen Präsidenten der Ukraine Wiktor Janukowytsch und dem Gastgeber – dem Präsidenten von Singapur Sellapan Rama Natan. Foto des Kommunikations- und Informationsministeriums von Singapur (www.nas.gov.sg).
Jeschows Dienst bei der ukrainischen Botschaft in Washington fiel auf die für die Ukraine schwersten Jahre – 2013 und 2014. Gerade zur Zeit des Euromaidans und besonders nach der russischen Einnahme der Krim und des Beginns des Krieges im Donbas brauchte die Ukraine die größtmögliche Unterstützung seitens der internationalen Staaten, in erster Linie der USA. In jenen schweren Tagen sollten die Diplomaten 24 Stunden pro Tag dafür einsetzen, das Faktum der russischen Aggression zu beweisen, sich um Unterstützung durch die Verbündeten und finanzielle Hilfe zu bemühen und zu sichern. Die Staatskasse war von Janukowytsch und seiner Umgebung geplündert, die Armee war nicht einsatzbereit und befand sich in einer katastrophalen finanziellen Notlage. An der Front fehlte es am Nötigsten: Schutzwesten, Schutzhelme, Visiergeräte, Militäruniformen sowie Arzneimittel, besonders blutstillende Mittel.
Wie unsere Quelle berichtet,
traf sich Jeschow gerade zu dieser Zeit informell mit Vertretern des amerikanischen Establishments und vertrat, statt ukrainische Interessen zu verfechten, die russische Propaganda: über die Teilung zwischen Ost- und Westukraine, über einen Bürgerkrieg in der Ukraine, über radikale Nazis, die plötzlich beschlossen, das Regime von Janukowytsch zu stürzen und so weiter. Unter äußerst komfortablen Bedingungen, bei festlichen Abendmahlen mit Delikatessen erzählte Jeschow den Amerikanern überzeugend all die russischen Lügen gegenüber . Und die Mehrheit von ihnen glaubte dies – wie sollte man auch einem offiziellen Vertreter der ukrainischen Botschaft in den USA nicht glauben?
Seine Einstellung gegenüber der neuen Regierung verheimlichte Jeschow auch gar nicht sonderlich, und es ist unwahrscheinlich, dass andere Mitarbeiter der Botschaft und um so mehr die Mitarbeiter der Geheimdienste nichts davon gewusst haben sollen. Warum hatten sie Jeschow nicht auf eventuelle Verbindungen mit Russen geprüft? War es ihnen zu anstrengend oder war es eine bewusste Sabotage?
Jeschow hat nicht nur offen seine Einstellung geäußert – er schrieb auch entsprechende Beiträge in sozialen Netzwerken. So hat Vadim Lamas, Leiter der analytischen Abteilung der gesellschaftlichen Organisation „Obereg“, einige Screenshots mit Beiträgen und Fotos aus dem sozialen Netzwerkprofil von Jeschow veröffentlicht, die aus der Zeit des Euromaidans stammen.
Nach der Rückkehr aus USA in die Ukraine
Nach seiner Rückkehr in die Ukraine arbeitete Jeschow einige Zeit lang in der Verwaltung des Präsidenten, begann aber schon bald für Grojsman zu arbeiten, der zu der Zeit Pressesprecher der Werchowna Rada der Ukraine war. Er übernahm den Posten des Beraters von Versorgungsverwaltung für interparlamentarische Verbindungen bei der Werchowna Rada. Nach Grojsmans Beförderung zum Ministerpräsidenten ging Jeschow ins Ministerkabinett über. Dort arbeitete er ruhig und besonnen bis zum 20. Dezember 2017 – dem Tag, an dem der SBU ihn wegen Verdacht der Spionage zugunsten der GRU (Leitung des russischen Militärnachrichtendienstes) Russlands festnahm.
Es läuft darauf hinaus, dass bis zuletzt nichts irgendeinen Verdacht erweckte: weder Jeschows Beiträge in sozialen Netzwerken, noch sein Benehmen und seine Aussagen während seines Aufenthalts in den USA als Mitglied der diplomatischen Mission. Nichts. Er hat wohl auch mühelos die Prüfung durchlaufen, die im Mai 2016 nach dem Gesetz „Über die Säuberung der staatlichen Behörden“ durchgeführt wurde. Also hatten die Geheimdienste keinerlei Verdachtsmomente gegen ihn.
Somit arbeitete Jeschow wohl während des ganzen Krieges ungestört im Interesse Russlands: besuchte Treffen auf höchster Ebene mit Biden, Johnson, May, Walker und anderen…
Treffen mit dem US-Vizepräsidenten Joe Biden – Jeschow sitzt hinter Grojsman
Der Eintrag im Besucherbuch der Verwaltung des Weißen Hauses bestätigt ebenfalls die Teilnahme von Jeschow an der offiziellen Delegation des Ministerpräsidenten Grojsman, als dieser sich mit Baiden traf. Das war am 15. Juni 2016, also nach Jeschows erfolgreichem Bestehen der Sonderprüfung.
Treffen mit der Premierministerin Großbritanniens Theresa May. Quelle: Ministerkabinett der Ukraine
Treffen mit dem US-Sonderbeauftragten in Ukraine-Fragen Kurt Walker. Quelle: Ministerkabinett der Ukraine
Schlussfolgerungen
Kein Land der Welt kann sich vollständig vor Spionen schützen, besonders während eines Krieges. Schlaue und kluge Verräter können jedem Staat Schaden zufügen. Es gibt aber einige Ämter und Berufe, die für Spione Priorität haben: Militärstäbe, Sicherheits- und Nachrichtendienste, Betriebe des militärisch-industriellen Komplexes, höchste Ämter der Regierung und natürlich der diplomatische Dienst.
Jeschow war innerhalb der Risikozone, er hatte möglicherweise Zugang zu geheimen Informationen und verheimlichte seine prorussischen Ansichten nicht. Warum blieb er denn so lange unbemerkt? Was ist das: Inkompetenz der Sicherheitsbehörden oder ein bewusstes Zuspielen an den Feind? Und wieviele solcher Jeschows haben wir noch? Staatsbeamte mit offen antiukrainischen Ansichten bestehen die Prüfungen und arbeiten ruhig weiter – nur arbeiten sie für einen anderen Staat, und das für das Geld der ukrainischen Steuerzahler. Straflosigkeit ist ein Nährboden für neue Verbrechen, und ein kleiner Verrat führt immer zu einem großen.
Dieses Material wurde von Anna Kowal (VoT) exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel; editiert von Klaus H. Walter.
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