Die Garantie für Israels Sicherheit liegt nicht in einem Übereinkommen mit Putin, sondern in der Vertreibung russischer Streitkräfte aus Syrien.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu besuchte kurz die russische Hauptstadt mitten in der jüdischen Festwoche, zwischen Rosch ha-Schana und Jom Kippur, was sogar Präsident Wladimir Putin zu erwähnen nicht versäumte. Für solch einen außerordentlichen Besuch gab es alle Gründe. Es ist offensichtlich, dass die Entfaltung russischer Streitkräfte in Syrien – denn wenn es diese nicht gäbe, und zwar im vollen Ernst und äusserst zielgerichtet, wäre der israelische Premierminister auch nicht nach Moskau gereist – zu einer ernsthaften Bedrohung für die nationale Sicherheit Israels geworden ist.
Am Vorabend des Besuchs schrieb die Zeitung El Mundo über einen „nächtlichen Alptraum“ von Netanjahu: Kampfdrohnen registrieren in Syrien eine Kolonne, die für Hisbollah iranische Raketen bringt. Israelische Luftwaffe bombardiert sie, vernichtet aber durch einen Fehler mehrere russische Militärs. Putin verfällt in Rage, eine diplomatische Krise bricht aus. Oder sogar ein noch düstereres Szenario, in der Basis dessen die militärische Konfrontation zwischen den israelischen und russischen Militärs liegt.
In Wirklichkeit ist aber auch das noch kein nächtlicher Alptraum. Denn über die Vorbeugung derartiger Zusammenstösse kann man sich noch absprechen. Nicht von ungefähr kam Netanjahu zusammen mit den Chefs des Generalstabs und Militäraufklärung nach Moskau und erklärte über die Erschaffung eines Koordinationsmechanismus zwischen den israelischen Verteidigungskräften und russischen Streitkräften. Der wahre Alptraum ist das, was außer Reichweite dieser Abmachungen bleibt.
Als Putin seine Invasion in den Donbass begann, war diese Operation von ihm als die Fortsetzung des „hybriden Krieges“ gedacht. Russische Militärs gibt es nicht, die „Volkswehr“ dagegen schon, bei der „Volkswehr“ taucht moderne Bewaffnung auf, inklusive der Raketenkomplexe „BUK“, aus welchen die ukrainische Luftwaffe abgeschossen werden kann, um die Möglichkeit der Vernichtung von Gegnergruppierungen zu vereiteln. Wer hätte denken können, dass eine der BUKs die malaysische Boeing abschiesst?
Nicht mal Putin konnte dieses Geschehen in den Sinn kommen. Es ist nun mal so gekommen, dass modernste Bewaffnung in die Hände von „Affen mit einer Granate“ geriet, also hier genauer- „mit BUKs“. Das Resultat ist bekannt. Und der Grund ist auch bekannt. Er besteht in der Abwesenheit dessen, was man in der zivilisierten Welt unter dem Begriff „Staat“ versteht. Israel ist ein Staat. Russland ist dagegen keiner. Putin kann beliebige Entscheidung treffen, sie wird aber durch die Schlamperei, Desorganisation, Dummheit und Korruptheit des Beamten- und Militärapparats „korrigiert“.
Eben darum sollte man keine Zweifel daran haben, dass wenn moderne russische Bewaffnung in den Dienst der Streitkräfte von Baschar al-Assad gestellt wird, sie früher oder später- eher natürlich früher- in die Hände von Hisbollah und anderen radikalen Gruppierungen kommt. Etwas wird gekauft, etwas gestohlen, etwas wird Putin selber in aller Stille liefern wollen, um sich im Status des Herrschers vom Nahen Osten zu festigen. Und früher oder später wird die Waffe, die Putin an der nahöstlichen Wand aufzuhängen beschloss, einen Schuss abgeben. Sie kann gar nicht keinen abgeben. Und schiessen wird sie auf Israel.
Darum sind israelische Politiker oder Experten, die behaupten, dass die Sicherheit des jüdischen Staates mit der Notwendigkeit einer Koordination mit Putins Vorgehen in Erhaltung von Assad-Regime als einem „am meisten zurechnungsfähigen“ zusammenhängt, Lügner, die sich selbst, ihre Mitbürger und die ganze restliche Welt belügen.
Denn es ist durchaus möglich, dass Assads Gegner weniger zurechnungsfähig sind, nur haben sie keine moderne Waffen, die Putin nun nach Syrien zu liefern beschloss. Haben sie einfach nicht. Und wenn Assad diese noch nicht hat, so wird er sie jetzt bekommen. Und Hisbollah auch. Und alle anderen Radikale auch. Im Nahen Osten wird alles gut verkauft und gekauft.
Darum liegt die Garantie für Israels Sicherheit, wie auch anderer Länder in der Region, nicht in einem Übereinkommen mit Putin, sondern in der Vertreibung russischer Streitkräfte aus Syrien, mit Assad oder ohne ihn. Und in einem Moratorium auf Waffenlieferungen an die Konfliktseiten, das Putin offensichtlich nicht einhält. Andernfalls werden wir uns wenn nicht am Rande eines grossen Krieges wiederfinden, so doch aber am Rande einer grossen Tragödie. Einer wesentlich ernsthafteren, als der Absturz der malaysischen Boeing.
Quelle: Vitaly Portnikov in Glavred.info; übersetzt von Irina Schlegel.
One Response to “Warum Israels Premierminister Moskau besuchte…”
02/12/2015
Arbeit im Putins Sinne: Warum legt ein deutscher Politiker der Ukraine die Sünden Russlands zur Last? - InformNapalm.org (Deutsch)[…] „Warum Israels Premierminister Moskau besuchte„ […]