Russland erkennt die Verluste seiner Militärangehörigen normalerweise sehr ungern an. Erst kürzlich hat InformNapalm einen ganzen Helden Russlands für russische Medien gefunden, den Kapitän-Artilleristen, der in Syrien gestorben war, über den komischerweise aber selbst regionale Medien schwiegen. Es war zwar unangenehm, anerkennen mussten sie ihn nach unserem Artikel aber trotzdem. Darum erzählen wir den Russen weiter über russische Verluste in Syrien und Donbass, wenn russische Medien es schon nicht von allein tun wollen.
Anfang Februar haben die User beim sozialen Netzwerk „VKontakte“ Trauerposts mit „Ruhe in Frieden!“, Wir gedenken!“ über einen Einwohner der Stadt Jekaterinburg gefunden. Es handelt sich um den 31-jährigen Wadim Magamurow, geb. am 3. Juli 1985, bekannt unter dem Rufzeichen „Maga“. Als Ausbildungsstelle wird in seinem Profil (Archiv) die Artillerie-Hochschule in Jekaterinburg angegeben. Unter seinen Kontakten gibt es auch andere Absolventen dieser Hochschule – das beweist natürlich noch gar nichts, wir analysieren einfach mal weiter.
Am 17. Februar begann die Userin Alina Magamurowa (Profil, Archiv) Fotos mit Wadim Mugamarow zu posten, die es vorher in seinem Profil nicht gab – anscheinend hat sie wohl Zugang zu seinen Fotos. In der Basis (Archiv) der Jekaterinburg-Einwohner ist Wadim unter folgender Adresse gemeldet: Statschek-Straße 59. Unter derselben Adresse ist auch Alina Magamurowa gemeldet.
Langsam folgten seine Freunde ihr und machten Reposts dieser Fotos. Und bald wurde auch der Grund klar, aus welchem sie die Fotos zu posten begannen: beim VK erschien ein Video mit dem klassischen „Wir gedenken/lieben/trauern“ und einer Collage aus seinen Fotos:
Aus den Kommentaren ist klar geworden, dass Magamurow in Syrien gefallen ist. Zumindest hat keiner der „Trauergäste“ die Meldung über Syrien zu widerlegen versucht (Archiv: 1, 2):
Auf die Teilnahme von Magamurow am Krieg in Syrien deutet auch das Foto mit der syrischen Umgebung hin:
Einer seiner Freunde postete auch ein Foto mit der Medaille eines Teilnehmers der Militäroperation in Syrien und seinen Veteranen-Ausweis.
Interessant ist auch die Tatsache, dass auf einem der Fotos Magamurow in einem Auto mit einer Maschinenpistole und der „DVR“-Flagge sitzt – dieses Foto gab es auch im ursprünglichen Post von Alina Magamurowa, später hat sie es gelöscht (Profil vor der Löschung des Fotos; Nach der Löschung; Alle Fotos aus dem ursprünglichen Post):
Gerade dieses Foto mit dem Donbass-Bändchen wurde auch zum Grund für seine Eintragung in die Terroristen-Datenbank von „Myrotworez“.
Den Schulterklappen nach war Magamurow ein Oberleutnant der Artillerie (darauf deuten seine Chevrone sowie seine Ausbildung hin).
Im September veröffentlicht er Fotos mit Rubel-Geldscheinen – klassisch: ein russischer Militärangehöriger posiert nach seiner Dienstreise pathetisch mit einem Stapel Geldscheinen.
Am 17. Dezember 2016 postet einer seiner Freunde ein Foto in Gesellschaft von Magamurow und betitelt es als „Begießen die Medaille, Brüder!“
Allem Anschein nach, hat er die Medaille tatsächlich erst kürzlich bekommen und war auch zwischendurch zuhause. Man kann die Bilder seines Hundes vom September und die Fotos mit der Medaille in den „Trauerposts“ vergleichen: 1 und 2
Ein Foto in einer Militäruniform beweist noch gar nichts, an seiner Brust hängt aber die Medaille „Für Verdienste vorm Vaterland“ der 2. Klasse mit Schwertern, mit der ausschließlich Militärangehörige ausgezeichnet werden (es gibt auch die zivile Variante der Medaille, sie ist aber ohne die Schwerter):
Und nun fassen wir alles zusammen: zahlreiche VK-User beginnen, um einen Einwohner von Jekaterinburg zu trauern, es werden Fotos von ihm in einer Militäruniform gepostet, er lässt sich mir einer Medaille für Militärangehörige ablichten, die Version über den Tod eines Zeitsoldaten streitet niemand von seinen trauernden Freunden ab, seine Verwandten posten ein Foto, das vermutlich im Donbass aufgenommen wurde, löschen es aber kurze Zeit später.
Wir hoffen, dass russische Journalisten dieser Geschichte nachgehen und herausfinden, wo denn der Einwohner von Jekaterinburg, Oberleutnant der Artillerie Wadim Magamurow gestorben ist – in Syrien oder im Donbass?
UPD Der Artikel ist vom 19.02. Bereits am 20.02. begannen russische Medien, die Information über seinen Tod zu verbreiten. Wir freuen uns, dass wir in Russland so aufmerksam gelesen werden und hilfreich sein konnten! Komisch nur, dass russische Medien nicht mal wissen, wer, wo und wann gestorben ist.
Dieses Material wurde exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
(Creative Commons — Attribution 4.0 International — CC BY 4.0 )
Wir rufen unsere Leser dazu auf, unsere Publikationen aktiver in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Das Verbreiten der Untersuchungen in der Öffentlichkeit kann den Verlauf von Informationskampagnen und Kampfhandlungen tatsächlich brechen.
No Responses to “Donbass, Syrien, Medaillen und Trauer: Wo sterben russische Artilleristen”