Bild 1. Ein ukrainischer Panzer
Die russische Propaganda liebt es, die Rhetorik aus den Zeiten des Zweiten Weltkriegs zu verwenden, obwohl Russland im Jahre 2014 von niemandem angegriffen wurde – im Gegenteil, es wurde selbst zum Aggressor. Es ist seltsam, aber russische Soldaten und Offiziere haben Angst, ihre ukrainischen Abenteuer publik zu machen und geben damit nur in den sozialen Netzwerken vor ihren Freunden und Kollegen an. Man könnte sagen, dass die russische Armee in dem Jahr seit dem Beginn der Aggression aus einem „höflichen“ zu einem „schüchternen“ Aggressoren wurde. Hier ist eine weitere Bestätigung dafür.
Ein ganz einfaches Foto: Ein beschädigter ukrainischer Panzer wird von „grünen Männchen“ inspiziert. Seltsam ist, dass ein Jahr nach dem Kriegsbeginn dieser Panzer für sie noch von Interesse ist. Aber bei genauerem Hinsehen fällt uns auf, dass das Foto an sich etwas seltsam ist. Einer der Beteiligten, der weiße Trauerbänder trägt, dient anscheinend als Fremdenführer für den Mann, auf dessen Schultern die Abzeichen eines Oberst deutlich zu erkennen sind.
Wow! Ein Mann solchen Ranges müsste eine recht hohe Stellung in der Hierarchie von Neurussland einnehmen. Dazu kann ich sagen, dass die Betrüger Basurgin und Kiwi Oberstleutnant-Abzeichen tragen, und der Betrüger Sachartschenko einen noch niedrigeren Rang eines Majors hat. Nur Strelkow (Girkin) war ein Oberst. Also kann man nicht behaupten, dass der besetzte Donbas allzu oft von Obersten besucht wird. Und obwohl unter den russischen Betreuern auch schon mal Generäle waren, auf Fotos findet man sie nicht oft.
Nicht weniger überraschend ist der dritte Anwesende. Solange seine Gestalt verdeckt ist, wirkt er wie ein einfacher Söldner. Aber sobald der Oberst zur Seite tritt, kommt uns die einzige in dieser Situation angemessene Frage in den Sinn: „Was ist hier eigentlich los?“
Der unbekannte Oberst verfügt nicht nur über einen Fremdenführer, sondern auch über einen persönlichen Leibwächter, der mit einem schallgedämpften Scharfschützengewehr („Wintores“) bewaffnet ist, mit dem nur russische Spezialeinheiten ausgestattet sind.
Die beiden Aufnahmen wurden im Profil eines Mannes gepostet, der sich im sozialen Netzwerk „VKontakte“ unter dem Nickname „Street Workout“ verbirgt. Der Besitzer des Profils erscheint uns als ein überaus motivierter Soldat der russischen Armee, der die Rostower Steppen an der ukrainischen Grenze erforscht – bewaffnet mit der Standardwaffe der russischen Armee, einer Dragunow-Scharfschützengewehr, in der kompakten Version „SWD-S“ genannt.
Die Ähnlichkeit der Uniform und insbesondere der Schuhe mit denen des „Bodyguards“ des Obersts lässt uns annehmen, dass der Besitzer des Profils ebenfalls als Leibwächter/Fotograf an dem Ausflug teilnahm. Die Vermutung erhärtet sich noch, wenn wir den gleichen Soldaten mit einer anderen Standardwaffe sehen – einem russischen schallgedämpften Sturmgewehr „Wal“.
Es ist klar, dass keiner von den „Fotomodels“ ihre Aktivitäten auf dem Gebiet des Nachbarstaates an die große Glocke hängen wollte. Der Autor der Aufnahmen, der sich hinter einem Nickname versteckt, wie es sich für einen Späher gehört, brauchte sich um die Folgen nicht zu sorgen. Weder Vor- noch Nachname noch eine Adresse sind angegeben. Selbst seine Zugehörigkeit zu der russischen Armee wäre nicht einfach zu beweisen. Wie es in der sowjetischen Tradition so heißt: „Deinen Namen kennt man nicht, aber deine Heldentat…“. All das wäre richtig, wenn da auf der persönlichen Seite des Soldaten nicht ein Foto gewesen wäre, das im längst vergangenen November 2014 aufgenommen wurde.
Am Ende kommt doch alles raus. Ärmelabzeichen rechts – russische Armee. Kragenspiegel – Luftlandetruppen. Aufnäher links – 24. selbständige GRU-Brigade der Spezialkräfte (Region Tschita). Das nenne ich doch einen Leibwächter!
Das Witzigste an der Sache ist, dass wir anhand der Uniform sogar den Nachnamen des Soldaten erfahren!
Namensaufnäher links – Konschin oder Konischin. Anhand seiner Freundesliste konnte man sogar feststellen, woher (vermutlich) dieser Soldat kommt: Dorf Oschib in der Region Perm. In der Gegend gibt es sogar ein Dorf names Konschina. Was nützt es denn, sich hinter einem Nickname zu verstecken?
Und jetzt kann man über die geheimnisvolle Gestalt des Obersten rätseln, der sich in Begleitung von Soldaten der Eliteeinheiten der GRU einen ukrainischen Panzer im ukrainischen Gebiet anschaut. Wen könnte die russische Armee unter dem Schutz solcher Elite-Soldaten entsenden?
Ich wage noch eine Vermutung: Der Oberst auf dem Ausflug ähnelt sehr dem Kommandeur des 45. selbstständigen Garderegiments der Spezialkräfte, Garde-Oberst Wadim Iwanowitsch Pankow.
In seinem Dienstzeugnis steht Folgendes: „2007 – Stabsoffizier der Aufklärungsabteilung der Luftlandetruppen, im selben Jahr versetzt zurück auf den Posten des stellvertretenden Kommandeurs des 45. selbstständigen Aufklärungsregiments“.
Sieht aus, als ob noch ein Fallschirmjäger beschlossen hätte, seinen Lebenslauf auf Kosten von Leiden der ukrainischen Bürger aufzubessern. Aber früher oder später kommt alles raus, und die strafende Gerechtigkeit ereilt jeden.
Dieses Material wurde von Al Gri für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Olena Köpnick. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unser Projekt erforderlich.
CC BY 4.0
One Response to “Ein Oberst auf dem Ausflug, oder wie ein russischer Späher sich durch sein Abzeichen verrät…”
22/12/2016
Russische Geschenke für den IS: Was wurde auf der russischen Militärbasis in Palmyra zurückgelassen? - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Interessanterweise gaben die russischen Propagandisten am Tag nach der Aufgabe von Palmyra erstmals die Anwesenheit von russischen Spezialeinsatzkräften in Syrien zu. Indirekte Indizien, solche wie zurückgelassenen Bankkarten und Handys, lassen annehmen, dass sich als Letzte auf der Basis im Raum von Palmyra die Militärangehörigen der 24. Speznas-Brigade GRU des Verteidigungsministeriums Russlands aufhielten. Die Militärangehörigen dieser Brigade figurierten ebenfalls in unseren Untersuchungen zu Donbass. […]