Der internationale Rechercheverbund InformNapalm beschäftigt sich bereits seit März 2014 mit OSINT (open source intelligence). Seit über drei Jahren bemühen wir uns, dem Leser möglichst vollständige Informationen bereitzustellen. Die Logik unserer Schlussfolgerungen verheimlichen wir dabei nicht. Wir zeigen offen alle Ausgangsdaten – ob Fotos, Videos, soziale Netzwerkprofile oder Datenarchive.
Krim, Donbas, Syrien – überall, wo russische Soldaten und Offiziere zur Ausführung von verbrecherischen Befehlen auftauchten, entlarvten wir sie und stellten ihre Angaben der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. Unter den modernen Bedingungen eines Hybridkrieges, in dem der Aggressor sich hinter dem Nebel von Posttruth versteckt, ist dies für uns unabdingbar. Selbst wenn die Schlussfolgerungen auf geheimen Angaben basieren, die uns von Hacktivisten übergeben werden, stellt InformNapalm jedem Interessenten Dateiendumps für weitere Analysen und Untersuchungen frei zur Verfügung. Das ist unsere journalistische Ethik und Ausdruck der Hochachtung vor dem Leser. Darum möchten wir in der nachfolgenden Notiz an einem konkreten Beispiel zeigen, warum man Informationen, die in offenen Quellen gefunden wurden, nicht verheimlichen sollte. Man darf keine Manipulationen mit offenen Angaben vollziehen und die Quellen verheimlichen.
Der Nebel des Hybridkrieges muss vertrieben werden
Die Geheimhaltung von veröffentlichten Angaben führt zu keiner Konfliktlösung und nicht zur Auffindung von Schuldigen, sondern verlängert lediglich den Beschuldigungsprozess. Das Spiel zu verzögern und Dunst vorzumachen ist nicht die beste Lösung in der modernen Realität eines Hybridkrieges. Die Ukraine steht an vorderster Linie dieser Konfrontation. Ukrainische Soldaten werden jeden Tag durch russische Geschosse verwundet oder getötet. Russische Truppen und Söldner aus Russland terrorisieren weiterhin die zivile Bevölkerung der Ukraine, indem sie Teile der Ukraine besetzt halten: die Krim und einzelne Bezirke der Gebiete Luhansk und Donezk. Womöglich ist es einfacher, „drüber zu stehen“, wenn man sich weit weg von diesem Krieg befindet.
Wenn die Gesichter der Söldner aber hinter einem Blur-Effekt versteckt und ihre Namen abgekürzt werden, wird ein Ende dieses Krieges nicht näherrücken. Das ist ein Weg, der zurückwirft und die Bemühungen der Weltgemeinschaft zur Konfliktlösung nivelliert. Der Aggressor lacht die entpersönlichten Publikationen aus und nur direkte und sehr konkrete Beschuldigungen machen den Kreml nervös, zwingen ihn Fehler zu machen, nach nicht überzeugenden Erklärungen zu suchen und „sein Gesicht“ in der Welt zu verlieren.
Wir wollen dem Kreml das Gesicht nicht retten. Weder Putin, noch Schoigu, noch russischen Offizieren, Soldaten oder Beamten. Denn solange sie ihr Gesicht wahren dürfen, geben die einen Befehle ab und die anderen führen sie aus. Sie schießen zivile Flugzeuge ab, nehmen den Donbas unter Artilleriebeschuss, bombardieren Zivilisten in Syrien, bauen neue Militärbasen in den angrenzenden Regionen aus und bereiten sich auf neue Konflikte vor. Und wenn jemand ihre Gesichter geheimhalten möchte, so wird InformNapalm das nicht tun.
Fahrer im Bellingcat-Bericht
Am 5. Juni 2017 veröffentlichte Bellingcat seinen neuen Bericht zu MH17. Das ist eine gute und wichtige Arbeit, die aber seltsamerweise mit überflüssigem Nebel bedeckt wurde. In dem Bericht wenden die Autoren eine seltsame Methode an: Sie machen Informationen geheim, die in den letzten drei Jahren, seit dem Abschuss der MH17, frei im Internet zu finden sind.
In diesem Bericht stützen sich die Autoren auf die Angaben aus dem sozialen Netzwerkprofil eines Soldaten des 147. Logistik-Kraftfahrzeugsbataillons des Generalstabs Russlands (Militäreinheit 83466) „Dmitry S.“. Die Anonymisierung der Angaben und des Fotos dieses Subjekts ist völlig überflüssig, denn seine Angaben und die Fotos, die im Bellingcat-Bericht bereitgestellt wurden, hatte InformNapalm bereits am 27. April 2015 publik gemacht. Nicht nur Fotos mit offenen Gesichtern, sondern auch den kompletten Namen: hinter dem „Dmitry S.“ (dessen Name angeblich geändert wurde) versteckt sich Dmitry Subow. Einzelheiten über ihn und den Transport der verhängnisvollen BUK in den Donbas können Sie in unserem damaligen Artikel „Die letzte Fahrt des russischen Soldaten für MH17“ nachlesen.
Auf dem Foto links ist ein Screenshot aus der damaligen InformNapalm-Untersuchung, rechts – der Screenshot aus dem Bericht von Bellingcat (ziehen Sie den Pfeil in der Mitte mit dem Mauszeiger nach rechts oder links, um das Foto zu sehen).
Interessante Einzelheiten im Bericht und die „Zeitmaschine“
Aufmerksame Leser haben bestimmt gesehen, dass die Autoren des Berichts darauf hinweisen, dass InformNapalm diese Fotos angeblich „einen Tag später gefunden hätte“ (Screenshot). Die Arithmetik hat hier die Analytiker wohl im Stich gelassen, denn man kann nicht behaupten, InformNapalm hätte etwas „einen Tag später gemacht“, wenn unsere Untersuchung am 27. April 2015 veröffentlicht wurde, der Bericht der westlichen Analytiker von Bellingcat mit einigen Fotos aus dieser Untersuchung aber erst zwei Wochen später – am 13. Mai 2015 – im Netz erschien.
Festhalten des Profils von Dmitry Subow in einem Video
Bevor wir damals unsere Untersuchung veröffentlichten, hatten InformNapalm-Freiwillige das Profil von Dmitry Subow in einem Video festgehalten. Jeder Leser kann nicht nur die Screenshots sehen, sondern sich auch davon überzeugen, dass diese im realen „VKontakte“-Profil des russischen Militärangehörigen gemacht wurden. Das Video wurde ebenfalls am 27. April 2015 veröffentlicht und erreichte in ein paar Tagen über 300 000 Klicks.
Darum ist die „Erklärung zu einer Verschlusssache“ von Fotos und Angaben, die längst publik gemacht wurden, im Grunde ein völlig überflüssiger Schritt, der niemandem nützt.
Wir können in diesem Krieg nicht „drüber stehen“, denn wir sind mittendrin. Der Westen scheint aber die Tatsache, dass dieser Krieg auch gegen ihn geführt wird, noch immer nicht ganz zu begreifen.
Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein aktiver Hinweis auf unsere Ressource erforderlich (Creative Commons — Attribution 4.0 International — CC BY 4.0 )
Wir rufen unsere Leser dazu auf, unsere Publikationen aktiver in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Das Verbreiten der Untersuchungen in der Öffentlichkeit kann den Verlauf von Informationskampagnen und Kampfhandlungen tatsächlich brechen.
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One Response to “MH17: Fahrer der russischen BUK ohne Blur-Effekte und Geheimnisse (Video)”
26/05/2018
MH17-Abschuss: Russlands Schuld offiziell bestätigt - InformNapalm (Deutsch)[…] BUK aus Russland in die Ukraine zurückverfolgt. Unsere OSINT-Aufklärer hatten den Fahrer namens Dmitry Subow identifiziert, der die BUK transportierte. Er war Fahrer des 147. KfZ-Bataillons der russischen […]