Hybridkrieg ist eine seit langem etablierte Strategie Russlands in den postsowjetischen Gebieten. Georgien wurde zum ersten Mal mit dieser Strategie konfrontiert, als Moskau eine Reihe von Konflikten auf seinem Gebiet provozierte, was schließlich zu einer gut geplanten russischen Invasion in Georgien im Jahr 2008 und zur endgültigen Abspaltung von Abchasien und Südossetien führte. Die schleichende Besetzung des georgischen Gebietes geht weiter und die sogenannten „administrativen“ Grenzen zwischen den von Russland besetzten Gebieten und von Tbilisi kontrollierten Territorien ändern sich ständig.
Russische Grenzsoldaten stießen an die Grenze der „Republik Südossetien“, die sich weiter in georgisches Gebiet bewegt. Die Mitte letzten Jahres organisierte zivile Freiwilligenbewegung “Die Kraft in der Einheit” patrouilliert bereits seit 16 Monaten in Konfliktgebieten, um eine neue Besetzung georgischen Gebietes durch russische Besatzer zu verhindern.
Anfang November stoppte die freiwillige Patrouille die Errichtung von Masten 50 Meter außerhalb der Demarkationslinie auf georgischem Gebiet durch die Grenzschutzbeamten der ossetischen Seite. Nach einem Monat ist die Situation am 5.
Dezember mit der Ankunft von Grenzschutzbeamten der Besatzer im georgischen Teil erneut eskaliert. Die Spannung steigt weiter. Die Freiwillige haben nicht die Absicht aufzugeben und sind bereit zur Verteidigung.
Schleichende Demarkationslinie und Terror
Die Trennungslinien zwischen den abtrünnigen Gebieten und dem von Tbilissi kontrollierten georgischen Territorium nach dem fünftägigen Krieg ändern sich ständig. Die Georgier nennen sie „Besatzungslinie“. Beobachter der EU-Überwachungsmission verwenden den neutralen Begriff „administrative Grenzlinie“. Die Russen behaupten, es sei eine Staatsgrenze. Auf dem Territorium Südossetiens gibt es 20 russische Militärstützpunkte. Die Länge der Demarkationslinie beträgt 418 km.
Von 2011 bis heute, in einer einseitigen Reihenfolge, sind 53 Kilometer dort eingezäunt, an einigen Stellen mit einem Zaun und Stacheldraht. Es gibt Fälle, bei denen der Stacheldraht die Häuser der Menschen von ihren Obstgärten oder gar ganze Dörfern in ihrer Mitte trennt. Seit 2008 wurde die Linie mehr als 50 Mal tiefer auf georgischem Gebiet vorverlegt. Laut internationalen Beobachtern übersteigt die Anzahl der grünen Schilder der russischen Grenzsoldaten „Achtung! Staatsgrenze! “ bereits mehr als 200.
Die georgische Bevölkerung auf dem Territorium der besetzten Gebiete und in der Nähe der Demarkationslinie ist konstantem Terror, Verhaftungen und Erpressungen ausgesetzt. Es ist eine gängige Praxis georgische Bürger gegen Lösegeld zu entführen. Der kritische Punkt wurde im Februar 2018 erreicht, als die Besatzer den georgischen Bürger Archie Tatunashvili entführt, gefoltert und brutal getötet haben.
Im März 2018 verabschiedete das georgische Parlament eine Resolution bezüglich der groben Verletzungen der Menschenrechte durch die Russische Föderation in den besetzten Gebieten Abchasien und Zchinwali und das Gesetz „Othozoriya – Tatunashvili“, benannt nach den beiden Opfern.
Es begann auch die Erstellung der Liste „Othozoriya – Tatunashvili“ sowie die Einführung von Sanktionen gegen Personen, die wegen Mord, Entführung, Folter und unmenschliche Behandlung georgischer Bürger verurteilt wurden oder den Täter dieser Handlungen Verstecke zur Verfügung gestellt haben. Am 21. August 2018 reichte das georgische Justizministerium vor dem Internationalen Gerichtshof in Straßburg im Namen Georgiens eine dritte zwischenstaatliche Klage gegen die Russische Föderation wegen Verletzung des Europäischen Konvents ein, insbesondere Art. 2 (Recht auf Leben), Art. 3 (Folterverbot), Art. 5 (Freiheit und Sicherheit) und andere. Georgien legte die erforderlichen Beweise vor dem Straßburger Gericht vor, in dem den Morden an drei georgischen Bürgern besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde: Der 19-jährige David Basharuli wurde am 14. Juni 2014 von südossetischen Milizen verhaftet. Anschließend wurde verkündet, dass er von der Regierung der Miliz getötet wurde. Viele Monate suchten seine Verwandten und Bekannten erfolglos nach ihm.
Ein halbes Jahr später wurde die Leiche des jungen Mannes erhängt an einem Baum zwischen Ahgallari und Icoti gefunden. Anwohner behaupten, dass der Leichnam des längst verstorbenen jungen Mannes dorthin befördert worden wurde, sonst wäre er längst entdeckt worden. Der 30-jährige Giga Othozoriya wurde am 19. Mai 2016 vom Grenzschutz der selbsternannten Republik Abchasien in dem von den georgischen Behörden kontrollierten Dorf Hurcha getötet. Othozoria versuchte seinen Angehörigen Lebensmittel in das von den Separatisten kontrollierte Gebiet zu übergeben, lehnte jedoch Schmiergelder für die abchasischen Grenzsoldaten ab.
Um Konflikte zu vermeiden kehrte Giga zurück, die abchasische Wache verfolgte ihn jedoch bis zu einem nahegelegenen Cafe und erschoß ihn mit sechs Kugeln aus nächster Nähe. Der Mord wurde von einer Kamera aufgenommen. Ein georgisches Gericht verurteilt den Mörder zu zwölf Jahren Gefängnis, bis heute weigern sich jedoch Abchasien und Russland ihn auszuliefern. Der 35-jährige Archil Tatunashvili wurde mit zwei weiteren georgischen Bürgern inhaftiert und nach Zhinvali gebracht, wo er getötet wurde. In Zchinwali wird behauptet, dass er auf die Treppe gefallen sei, während er zum Isolator gebracht wurde und anschließend in ein Krankenhaus transportiert wurde, wo er an Herzversagen starb. 26 Tage lang weigerte sich die Besatzungsbehörde, die Leiche an die Angehörigen zu übergeben.
Der Leichnam wurde dann ohne innere Organe übergeben. Bei der Untersuchung durch das Georgische Nationalinstitut für Gerichtsmedizin in Gegenwart eines Experten aus dem Internationalen Zentrum für die Rehabilitation der Opfer von Folter und Gewalt wurden mehr als hundert Verletzungen beschrieben – Verbrennungen, Knochenbrüche u.ä. Dies führt zur Schlussfolgerung, dass Tatunaschwil harter Folter ausgesetzt war. Eine Resolution bezüglich der besetzten Gebieten in Georgien wurde zehn Jahre nach der russischen Invasion ebenfalls vom Europäischen Parlament verabschiedet.
Die Bürgerpatrouille
“Die Kraft in der Einheit” ist eine zivile Anti-Besatzungsbewegung, die mit keiner politischen Macht verbunden ist. Die georgischen Aktivisten gaben ihre Absicht bekannt, eine 24-Stunden-Patrouille auf der Demarkationslinie im Juli 2017 zu organisieren, als Südossetien die Grenzplatten erneut im Bershuite-Dorfgebiet um 500 Meter innerhalb des georgischen Gebiets verlegte und weitere 10 Hektar Land einnahm.
„Ziel unserer Patrouille ist es, die Aktivierung russischer Grenzsoldaten und technischer Gruppen rechtzeitig zu registrieren, um die internationale Gemeinschaft zu informieren“, sagte Davit Katsarova, ein georgischer Schauspieler und Vorsitzender der georgischen Raftingfederation. Er ist einer der Initiatoren der Bewegung. In den 16 Monaten, seitdem sich die zivile Patrouille in den Konfliktgebieten befindet, wurden nur 1.000 Meter Zaun in einem verlassenen Gebiet im Wald vorverlegt, worüber nicht rechtzeitig informiert wurde. Anfang November begann eine weitere Vorverlegung der Demarkationslinie in das georgische Territorium im Gebiet des Dorfes Atots.
Die Grenzarmee des Besatzungsregimes begann 50 Meter von der etablierten Trennlinie Masten aufzustellen, mit der Absicht über 30 Hektar georgischen Gebiets zu erobern. Mit einer kurzen Verzögerung kamen die Aktivisten von “Die Kraft in der Einheit” an Ort und Stelle und schafften es, den Vorgang zu stoppen.
Seit dem 7. November patrouillierten sie in dem Gebiet, um den geplanten Beschuss zu verhindern. Seit Monaten stehen diese Masten nun, sie haben nicht einmal Stacheldraht. Die Aktivisten beobachten die Gegend und sind bereit, auf der Linie zu verharren. Alle Konfliktparteien wurden über ihre Anwesenheit dort und über ihre Absichten informiert.
Derzeit patrouilliert ein Team von fünf bis sieben Personen an der besagten Grenzlinie, aber andere Anhänger sind bereit, auf der Linie auszuharren, falls die Situation eskaliert. In einem Interview mit Egor Kuroptev in „Pogranichnaya ZONA“ erklärte Davit Katsarova ihre Bereitschaft, den Besatzern mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenzuwirken:
“ Wir werden nicht zurücktreten, das ist unser Land, und wir müssen es verteidigen … Wenn wir Maschinen und Teams sehen, die die nächste Masten anbringen wollen, werden wir sofort auf der Linie stehen und sie werden gezwungen sein entweder auf unbewaffnete Personen zu schießen oder uns auf eine andere kraftvolle Art und Weise zu entfernen … Wir sind sowohl bereit, dass sie auf uns schießen als auch dass wir unter den Kugeln stehen. Dass wir heute keine Waffe in der Hand haben bedeutet nicht, dass wir nicht bereit sind in ihre Waffen zu blicken. Unsere Entschlossenheit ist stärker als ihre Waffen. Ich bin mir sicher, dass morgen, wenn sie es wagen auf uns zu schießen, nicht fünf, sondern fünftausend Menschen da sein werden. Um uns zu verhaften müssen sie uns in ihr Territorium bringen. Und wir werden nicht mitgehen, das heißt, sie müssen wieder schießen … Wir wissen, wozu die Henker des Zhinvali-Regimes bereit sind, die es zahlreich gibt. Deshalb wollen wir nicht lebend aufgeben”
Das Außenministerium Georgiens verurteilte in einer offiziellen Erklärung die rechtswidrigen Handlungen des russischen Besatzungsregimes in der Region Zhinvali und forderte die internationale Gemeinschaft auf angemessen zu reagieren.
Die Vereinigten Staaten und Großbritannien Großbritannien verurteilen die Stacheldrahtsperren rund um das Dorf Attaci und erklärten ihre feste Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität Georgiens. Am 5. Dezember erschien erneut eine Gruppe russischer Besatzer in der Umgebung des Dorfes Atotsi. Bei ihrer ersten Begegnung mit Patrouillenaktivisten hörten sie schweigend die Botschaft der Georgier. Die Spannung in der Gegend wächst weiter.
Wie aus Shida Kartli Südossetien wurde
Die Georgier nennen ihr Land Sakartwelo (das Land der Georgier) aus dem Namen Kartli, einer der wichtigsten historischen und geografischen Regionen Georgiens, als Wiege seiner Staatlichkeit. Südossetien ist nur von Russland, Nicaragua, Venezuela, Tuvalu und Nauru anerkannt und nimmt einen Teil des Territoriums der georgischen Region Shida Kartli (Zentral Kartli) ein. Die Georgier verwenden in Südossetien gewöhnlich den Namen Samachablo der Familie von Prinz Mahabeli, der diese Gebiete bis 1801 beherrschte, als die georgischen Fürstentümer bis 1864 dem russischen Reich beitraten. Im Mai 1918 erklärte Georgien die Unabhängigkeit von Moskau im Rahmen eines Vertrages von 1920.
Wenige Monate später, Ende Februar 1921, besetzte die Rote Armee Georgien nach schweren Schlachten und schloss es in die Sowjetunion ein. Im April 1922 wurde innerhalb der georgischen UdSSR die Autonome Region Südossetien gegründet. Mit dem Beginn des Desintegrationsprozesses der UdSSR begannen die Spannungen in der Region zu steigen, was zu einer Entscheidung des Obersten Rates der georgischen KPCh führte, die ossetische Autonomie zu beenden. Nach dem Austritt Georgiens aus der UdSSR in Südossetien sowie in den Regionen Abchasien und Adscharien entstehen separatistische Bewegungen, die von Russland unterstützt wurden. Trotz der anhaltenden bewaffneten Auseinandersetzungen im Jahr 1991 und Anfang 1992 hat Georgien keine Kontrolle über das Gebiet erhalten. Im Juli 1992 wurden Dagomy-Abkommen geschlossen, um den Krieg zu beenden.
Friedenstruppen wurden in der Konfliktzone eingesetzt. Nach der Rosenrevolution und der Machtübernahme von Präsident Saakaschwili hat Georgien engere Beziehungen zum Westen aufgebaut. Im Jahr 2004 einigte sich das Land mit der NATO auf einen Aktionsplan für individuelle Partnerschaft und schloss sich gemeinsamen Missionen an. Im August 2008 provozierten russische Spezialkräfte mit ihren südossetischen Marionetten – Separatisten – einen militärischen Konflikt in der Region Samakablo (Südossetien).
Russland erklärte, dass es eine Waffenstillstandsoperation durchführt und begann, georgische Städte und Dörfer zu bombardieren sowie russische Truppen und gepanzerte Fahrzeuge in Georgien zu positionieren. Infolge der russischen bewaffneten Aggression wurden in ihrer aktiven Phase Hunderte von Georgiern getötet und mehr als 100.000 Georgier aus ihren Häusern vertrieben. Der Schaden beläuft sich auf Milliarden. In den beiden besetzten georgischen Territorien bleiben fast 10.000 russische Soldaten unter Verletzung des Friedensabkommens, das der russische Präsident Dmitri Medwedew am 12. August unterzeichnet hat. Der fünftägige Krieg führte dazu, dass Russland die separatistischen Republiken Abchasien und Südossetien anerkannte und Demarkationslinien zwischen den von Georgien kontrollierten Territorien und den von Russland tatsächlich besetzten abtrünnigen Gebieten etablierte.
Der August-Krieg machte nicht nur die Hoffnungen Georgiens auf die Wiedererlangung der Kontrolle über das problematische Südossetien und Abchasien zunichte, sondern auch dessen Bestreben, der NATO beizutreten, obwohl Georgien ein vorbildlicher Kandidat ist. Es stellt 2% des BIP für die Verteidigung bereit und beteiligt sich an NATO-Missionen weitaus aktiver als viele der Länder des Bündnisses.
Über zwei Drittel der Georgier wollen, dass ihr Land der EU und der NATO beitritt. Aber die Präsenz russischer Truppen auf seinem Territorium behindert die Einführung. Und mit ihrer stechenden Reaktion auf die russische Invasion des souveränen Georgien ließ die Weltgemeinschaft dem Kreml-Regime die Tür für neue militärische Abenteuer offen, beispielsweise in der Ukraine und in Syrien.
Dieses Material wurde exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt aus dem Bulgarischen: Mariya Valkova Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich (Creative Commons — Attribution 4.0 International — CC BY 4.0 )
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