In den letzten Jahren ist die Intensität der Militärmanöver sowohl in der Ukraine als auch in den NATO-Ländern bedeutend gestiegen, was als Folge des aggressiven Vorgehens Russlands zu verstehen ist, das internationale Abkommen und die Garantien der territorialen Integrität und Souveränität seiner Nachbarstaaten verletzt. Wenn aber für die Ukraine und das Nordatlantische Bündnis die Manöver einen Verteidigungscharakter besitzen und dort Fragen der Verteidigung von eigenen Grenzen abgearbeitet werden, so hat Russland eine ganz andere Herangehensweise, die auf die Kampfführung weit außerhalb der Grenzen des eigenen Staates gerichtet ist.
Wenn die NATO-Manöver einen Teil der alljährlichen Maßnahmen zur Kampfabstimmung und Zusammenarbeit der Bündnisstaaten darstellen, so verraten die Manöver der Streitkräfte Russlands des Öfteren die aggressiven Pläne des Militärkommandos dieses Landes. Indem sie die „Stärke“ der russischen Streitkräfte zeigen, schmeicheln die russischen Medien nicht nur dem russischen Patriotismus, sondern decken die Karten des Kremls auf. All diese „Panzer-Biathlone“, die zunächst auf den Truppenübungsplätzen und dann auf dem Territorium anderer Länder unter dem Deckmantel des „Schutz der russischsprachigen Bevölkerung“ oder des „Kampfes gegen den Weltterrorismus“ abgehalten werden, zeugen davon, dass man die russischen Militärmanöver sehr ernst nehmen, ihren Bluff erkennen und die eventuellen zukünftigen Absichten der putinschen Führung erkennen soll.
Wir möchten heute einige Episoden auf dem Weg von einem Militärmanöver bis zur Teilnahme an den Kampfhandlungen auseinandernehmen.
Nordisches Schiff in der syrischen Wüste.
Die internationale Gemeinschaft InformNapalm hat in ihren Untersuchungen mehrmals die Teilnahme der russischen Marineinfanteristen an der Bodenoperation in Syrien registriert. Das sind die 810. Marineinfanteriebrigade der Schwarzmeerflotte (Sevastopol, temporär okkupiertes Territorium der Ukraine) und die 61. Marineinfanteriebrigade (Militäreinheit 38643, Dorf Sputnik, Petschenega-Bezirk des Murmansker Gebiets), ferner spricht auch der jüngste Tod des Marineinfanteristen Andrej Timoschenkow aus der 336. Marineinfanteriebrigade (Militäreinheit 06117, Baltijsk, Kaliningrader Gebiet) davon, dass diese Abteilung an der syrischen Operation teilnimmt. Marineinfanteristen wechseln sich alle drei Monate auf der Dienstreise ab, was uns von ihren vorigen „Heldentaten“ im Bestand der russischen Besatzungskräfte bekannt ist.
Lasst uns zu Manövern der Marineinfanterie zurückkommen, und die Verbindung zwischen diesen Manövern und den nachfolgenden Kampfaufgaben suchen:
Am 21.09.2015 berichtete RIA „Novosti“, dass die Marineinfanterie-Einheiten der Nordflotte mit gefechtsmäßigen Schießübungen im Rahmen der Manöver auf der Basis des Zentrums für Kampfvorbereitung im Westlichen Militärbezirk begonnen haben, das im Dorf Murino des Nischegorod-Gebiet liegt. Es wurde betont, dass das Kommando der Marineinfanteristen die Methoden der Organisation von Zusammenarbeit zwischen den Schlacht- und Armeefliegerkräften zwecks gemeinsamer Lösung von Kampfaufgaben in der Praxis abgearbeitet hat. Zu dem Zeitpunkt nahm die syrische Kampagne gerade ihren Lauf, nach Syrien wurde eine Fluggruppe verlegt und die ersten Luftangriffe ausgeführt, darunter auch auf zivile Objekte. Die Marineinfanteristen arbeiteten dabei bereits die Zusammenwirkung mit Luftwaffe ab. Diese Manöver werden auch durch die Fotos (1, 2) des Infanteristen Walentin Schamanin belegt, der uns nicht zum ersten Mal Photos von ukrainisch-syrischen Dienstreisen der russischen Nordflotte zur Verfügung stellt.
Vom Ende Dezember 2015 bis Ende März 2016 befand sich die Marineinfanterie aus Murmansk auf der syrischen Dienstreise. Davon kann man sich anhand der Fotos (1, 2, 3) eines anderen Militärangehörigen der 61. Marineinfanteriebrigade, Iwan Scherbatenko, überzeugen, der ebenfalls vorher im Donbass registriert worden war.
Manche der Marineinfanteristen wurden mit der Medaille eines Teilnehmers der Militäroperation in Syrien ausgezeichnet, die Führung des Verteidigungsministeriums Russlands behauptet aber weiterhin, dass sich „russische Militärangehörige nicht an einer Bodenoperation beteiligen“, obwohl die Palmen auf ihren Fotos vom Gegenteil sprechen.
Humanitäre Minenräumung
Man sagt, dass der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert ist. Was kann humaner als Minenräumen am UNESCO-Schutzobjekt Palmyra sein? Womöglich nichts, wenn es nicht ein Aber geben würde. Warum nur Palmyra? Muss man sonst nirgendwo Minen räumen? Die Antwort ist ganz einfach: Die Minen wurden geräumt, um die Funktionalität der neuen Militärbasis in Palmyra zu gewährleisten, die das russische Kommando kürzlich errichtet hat.
Am 1. April 2016 sind in Syrien zwei Pionier-Gruppen aus dem internationalen Minenräumungszentrum der russischen Streitkräfte (Militäreinheit 33246, Dorf Nachabino, Moskauer Gebiet) eingetroffen, zwecks der sogenannten „humanitären Minenräumung“ von Palmyra, deren Befreiung von den Russen groß gefeiert wurde, sogar unter Teilnahme des Symphonieorchesters des Marijinski-Theaters.
Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass ein Monat zuvor, im März 2016 berichtet wurde, dass ein Militärkontingent Russlands auf der Militärbasis in der Stadt Puna (Indien) eingetroffen ist, um an gemeinsamen Manövern zur Friedenssicherung und humanitärer Minenräumung teilzunehmen. Führen wir einige Fotos aus dem Album des russischen Militärangehörigen Dmitry Michailow dazu an.
Bereits im April 2015 waren die Teilnehmer dieser Manöver also in Syrien. Die Fotos geben tatsächlich die Arbeit der Pioniere unter schweren Klimabedingungen wieder.
Nach Ergebnissen dieser Dienstreise wurden die Pioniere feierlich in der Heimat begrüßt und sogar ausgezeichnet. Man kann annehmen, dass eine Benachrichtigung über die Ziele ihrer Arbeit und die zukünftige Verlegung nach Syrien den Militärangehörigen unmittelbar während der Militärmanöver erteilt wird. Die Befehle werden nicht diskutiert und Rückzugswege gibt es anscheinend auch nicht mehr. Darum sollten die Nahestehenden der russischen Militärangehörigen wissen, dass jegliche Manöver in einem Einsatz in Syrien münden können.
Der Mittelmeer-Feldzug des einzigen russischen Flugzeugträgers.
Wieder mal wird über den eventuellen Feldzug des Flugdeckkreuzers bzw. Flugzeugträgers „Admiral Kusnezow“ zu den syrischen Ufern gesprochen. Das hört man nicht zum ersten Mal: Seit 2013 werden massiv Gerüchte verbreitet, dass die Fluggruppe des Flugzeugträgers an der syrischen Kampagne teilnehmen soll. Noch im Winter 2016 erstellten einige Abgeordnete der russischen Kommunistischen Partei eine Anfrage mit dem Vorschlag, den Flugzeugträger in der nahöstlichen Operation einzusetzen. Die Vertreter des Verteidigungsministeriums haben diese Variante damals abgelehnt, nun tauchte am Horizont aber wieder die Möglichkeit auf, vor der ganzen Welt mit den Muskeln zu spielen. In Medienberichten wird davon gesprochen, dass der „Kusnezow“ bereits im Herbst 2016 zum Teilnehmer des „Kampfes gegen den Weltterrorismus“ werden soll. Der Flugzeugträger, der noch zu Zeiten des Kalten Krieges gebaut wurde, kann sich nun endlich zeigen und russische soziale Netzwerke strotzen bereits vor imperialistischem Stolz, wobei viele nicht mal die Betriebseigenschaften dieses Flugzeugträgers kennen, geschweige denn seine Mängel im Vergleich zu US-Schiffen. Milde ausgedrückt, ist das ein Schiff aus dem vorigen Jahrhundert.
Trotz der langfristigen Reparatur und Modernisierung, die mal begonnen mal unterbrochen und nach der Rückkehr von irgendeiner Kampfaufgabe wieder fortgesetzt wird, bereitet sich die Besatzung des Schiffes auf eine Dienstreise vor. Die Piloten des Flugzeugträgers haben Manöver und Kampfvorbereitung am Versuchskomplex „Nitka“ auf der Krim zwischen April und Juni 2016 abgehalten. „Nitka“ ist das einzige Bodentrainingssystem, das die Maße und Umrisse des Decks von „Admiral Kusnezow“ nachstellt. Im Juli starteten nun im Barentssee die Trainingsausflüge von dem Flugzeugträger selbst. Ab Oktober 2016 sollen Kampfausflüge vom Deck des Flugzeugträgers zwecks Luftangriffe auf Bodenziele in Syrien ausgeführt werden, in enger Zusammenarbeit mit der Fluggruppe auf der Basis Hmeimim. An Bord der „Kusnezow“ werden bei diesem Feldzug 15 Jagdbomber Su-33 und MiG-29K/KUB wie auch über 10 Hubschrauber Ka-52K, Ka-27 und Ka-31 sein.
Wenn die Fertigkeiten, die im Lauf der Manöver gelernt wurden, sich womöglich positiv auf die Qualität der Fluggruppe auswirken, so kann die Technik sie durchaus im Stich lassen, denn mit der Indiensthaltung des Schiffes läuft nicht alles reibungslos. Die Flugzeugträgergruppe besteht normalerweise aus U-Boot-Abwehr- und Küstenschutzschiff, Schlepper und drei Tankschiffen, denn „Admiral Kusnezow“ ist ein Dieselkreuzer, der während einer einzigen Fahrt fast so viel verbraucht wie alle Schiffe der Nordflotte zusammen.
Schauen wir mal, ob der Flugzeugträger es tatsächlich schafft, bis nach Syrien zu kommen und das ewige russische Bedürfnis nach „Brot und Spielen“ zu befriedigen. Marschflugkörper vom Typ „Kaliber“ wurden schon mal abgeschossen, aber Ausflüge und Zielvernichtung vom Flugzeugträger aus gab es noch nicht.
Wie wir sehen, ist der Weg von einem Militärmanöver bis zu realen Kampfhandlungen ziemlich kurz. Die Unterstützung der Ukraine seitens der Weltgemeinschaft hindert das kremlische Regime daran, seine Pläne in vollem Ausmaß zu realisieren und seine Waffen und Möglichkeiten unter Kampfbedingungen zu testen, was man über den nahöstlichen Konflikt nicht sagen kann. Syrien ist ein idealer russischer „Truppenübungsplatz“, wo man das eigentliche Tun mit dem „Kampf gegen den Terrorismus“ tarnen kann.
Wir haben hier nur einige Beispiele angeführt, hoffen aber, dass die Mitteilungen über die Manöver unter Teilnahme der russischen Militärangehörigen nun anders wahrgenommen werden. Man muss beobachten und Schlussfolgerungen ziehen. Der Kampf geht weiter, und mit solch‘ einem Nachbar braucht man keine Feinde.
Dieses Material wurde von Victory Krm auf der Basis eigener OSINT-Untersuchung exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
Wir rufen unsere Leser dazu auf, unsere Publikationen aktiver in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Das Verbreiten der Untersuchungen in der Öffentlichkeit kann den Verlauf von Informationskampagnen und Kampfhandlungen tatsächlich brechen.
One Response to “Russische Militärmanöver verraten neue Aggressionspläne des russischen Militärkommandos”
30/04/2017
Russische Pioniere in Syrien machen sich durch vandalische Graffiti berühmt - InformNapalm.org (Deutsch)[…] im Juli 2016 hatte InformNapalm in der Publikation „Russische Militärmanöver verraten neue Aggressionspläne des russischen Militärkommandos&#… das Thema der sogenannten „humanitären“ Entminung der Stadt Palmyra durch russische […]