Anfang Februar hat unsere Freiwilligengemeinschaft InformNapalm einige OSINT-Untersuchungen veröffentlicht, in denen wir verschiedene Methoden russischer Propaganda analysierten, die sie bei der Durchführung von provokativen Angriffen auf den besetzten Territorien des Luhansker und Donezker Gebiets anwenden:
– Wer und wozu beschießt Donezk: Analyse eines Zwischenfalls;
– Another provocative shelling of apartment building in Donetsk;
– Brjanka: Von Russland inszenierte Beschüsse des besetzten Territoriums zwecks Konflikteskalation.
Inszenierte Beschüsse sind aber nicht die einzige Propagandamethode der russisch-terroristischen Kräfte. Zur Erschaffung einer effektiven Informationsmatrix des Geschehens benutzt die russische Propaganda auch andere Methoden der Desinformation. Zum Bespiel eine inszenierte Reportage mit Fake-Informationen zwecks nachfolgender Bezichtigung des Terrorismus gegenüber der ukrainischen Seite .
Als Beispiel analysieren wir eine Inszenierung des russischen Propagandakanals „NewsFront“, der uns ungewollt permanent mit Stoff für weitere Analysen und Nachweisen von russischer Präsenz im Donbass beliefert.
Schauen wir uns doch dieses Video unter dem Titel „Von ukrainischen Geheimdiensten rekrutierter DVR-Kämpfer über Sprengstoffverstecke“ an:
Nach einer Durchsicht des Videos kommen gleich mehrere Fragen auf:
- Warum haben russische Militärangehörige ihre Depots in unmittelbarer Nähe zu einer Ortschaft platziert, wenn sie sich tatsächlich so sehr um die Zivilisten sorgen?
- Warum sollte irgendein Söldner „rekrutiert“ werden, um auf einem komplizierten Wege Sprengstoff in das Depot zu bringen, wenn es viel einfacher ist, so ein Depot mit einem Artillerieangriff zu vernichten, oder aber auch die Sprengung mit eigener Munition in Auftrag zu geben – ohne den Schmuggel von ukrainischen Mitteln?
Man könnte da noch mehr Fragen stellen – es hat im Grunde aber keinen Sinn, wenn man einfach mal den genauen Drehort bestimmt, der das Wesen dieser Inszenierung verdeutlicht: Angeblich ist es das Dorf Bojkowskoje (ehem. Telmanowe). Um aber Verwirrung bei den unerfahrenen Zuschauern zu stiften, wendeten die russischen Propagandisten eine List an.
Im Raum der Ortschaft gibt es keine Abstellplätze für Tankwagen des sogenannten 9. selbstständigen motorisierten Schützenbataillons der „DVR“ (1. Armeekorps, Einheit 08819). Die Zugehörigkeit der Tankwagen zu diesem Bataillon erkennt man am taktischen Zeichen „59 im Kreis“, siehe Fahrzeug-Kabine auf der rechten Seite des Screenshots:
Wir haben den tatsächlichen Abstellplatz mit Tankwagen, an dem der Dreh stattfand, gefunden: Das ist der Dreschplatz im Dorf Markino im Nowoasowski Bezirk des Donezker Gebiets der Ukraine.
Wenn die Söldner nun wirklich die Umstände einer „Rekrutierung“ erläutern und eine Reportage über die „Diversionspläne gegen die Tankwagen“ drehen wollten, wozu haben sie dann die Lokalisierung des Drehorts geändert? Ihrer Logik nach, hat die Ukraine ja jemanden geschickt, um dieses Depot in die Luft zu jagen – also müssen die ukrainischen Geheimdienste gewusst haben, wo sich dieses befindet, oder? Oder wussten sie es doch nicht?)
Ein weiteres Detail ist auch interessant: In der genannten Ortschaft Markino, in der es uns nun dank russischer Propagandisten gelungen ist, den Abstellplatz ihrer Tankwagen zu finden, wurde bereits mehrmals Ansammlungen von russischen Militärgerät beobachtet. Im Juni berichteten unsere Kollegen aus der Gruppe „Informationswiderstand“, dass diese Ortschaft voll mit russischem Militärgerät ist. Und erst kürzlich, am 31. Januar 2017, teilte der Blogger Alexander Tschernow in seinem Twitter mit, dass aus dem Depot mit Militärgerät der russischen Besatzer in Markino circa 15 Fahrzeuge näher an die Ortschaften Sachanka und Kominternowo verlegt worden sind, die direkt an der Demarkationslinie und in nur 10 Kilometer Entfernung von Mariupol liegen. Somit haben die entdeckten Tankwagen erstrangige Bedeutung bei der Versorgung von russischen Besatzungskräften, die in Opposition zu Mariupol positioniert sind.
Aus der Inszenierung der Propagandisten von „NewsFront“ kann man bei detaillierter Betrachtung auch andere interessante Aufklärungsdaten schöpfen.
Diese Inszenierung fügt sich ausgezeichnet in den Rahmen der kremlischen Arbeit zur Beschuldigung der Ukraine an Verletzung des Minsker Abkommens und am „Genozid der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass“ ein. Sobald man aber den Staub der Propaganda ein wenig abwischt und diese Fotos und Videos, die die Propagandisten und ihre Söldner veröffentlichen, tiefer analysiert, deckt man nicht nur ihre Fakes erfolgreich auf, sondern erhält auch äusserst nützliche Informationen über ihre Geheimnisse.
Das Material wurde von Kateryna Jaresko, Dmitry K. und Vidal Sorokin exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
(Creative Commons — Attribution 4.0 International — CC BY 4.0 )
Wir rufen unsere Leser dazu auf, unsere Publikationen aktiver in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Das Verbreiten der Untersuchungen in der Öffentlichkeit kann den Verlauf von Informationskampagnen und Kampfhandlungen tatsächlich brechen.
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