Eine Analyse von sozialen Netzwerken und Foren der Soldatenmütter lieferte Informationen über die Organisationsstruktur und den Zustand der russischen Spezialeinheiten. Dank gewonnenen Daten kommt man zu dem Schluß, dass es Probleme in der Ausbildung und der Moral der Wehrdienstpflichtigen im Zentrum für Sonderbestimmung „Senesch“ (ME 92154) gibt, das in der Stadt Solnetschnogorsk, Moskauer Gebiet (Westlicher Militärbezirk) liegt.
Die Militäreinheit 92154 gehört zu den Spezialeinsatzkräften der Russischen Föderation und bildet ihre Grundkampfeinheit. Die Einheit ist Bestandteil der 346. selbstständigen GRU-Brigade. Auf dem Gelände der Militärsiedlung „Senesch“ befinden sich Übungseinrichtungen für Diensthundeführer, ein Luftlandetruppen-Komplex, ein Schießübungsplatz, ein Fahrübungsplatz für Sonderfahrzeuge, Medizin- und Diensträume und ein Verwaltungsgebäude.
Die Kämpfer wohnen in Wohnheimen mit Einzelzimmern oder in Kasernen. Offiziere dürfen Wohnräume in der Garnison anmieten.
Die Analyse der Ausschreibungsunterlagen zeigt, dass die ME 92154 im Laufe des Jahres 2016 Zielanlagen einkaufte (vier Ausschreibungen), zwei für je 1 920 000 Rubel und zwei – für je 379 600 Rubel. Außerdem wurden Diensthunde für 1 650 000 Rubel gekauft.
In der Liste der Einkäufe gibt es Autoteile für russische und ausländische Automarken (444 600 Rubel). Außerdem wird 2016 im Rahmen der dritten Phase des Ausbaus der Militäreinheit der Bau des Truppenübungsplatzes für die Ausbildung der Fahrer von speziellen Radfahrzeugen verwirklicht (Der Bau begann im Mai 2015). Im Jahr 2013 hat das russische Verteidigungsministerium 8 Buggys „Gepard“ eingekauft.
2015 wurde auf dem Gelände der ME ein Sportstadion gebaut, es wurden auch Geldmittel zur KFZ-Diagnostik von Schneefahrzeugen, Quads, PKWs und anderen Fahrzeugen zur Verfügung gestellt. 2015 wurden 295 520 000 Rubel für die Fertigstellung eines Trainingskomplexes für die Taucherausbildung und die taktische Spezialausbildung bereitgestellt.
Im November 2014 erfolgte eine Korrektur der Projektdokumentation, im Rahmen derer die Arbeitsdokumentation zur vollständigen (sukzessiven) Entwicklung der ME 92154 erarbeitet wurde. Im April 2014 wurde das Rehabilitationszentrum vom Staatsunternehmen „Generaldirektion für Spezialbau in Zentralrussland bei der Bundesanstalt für Spezialbau“ fertiggestellt.
Laut Ausschreibungsunterlagen erhielt die ME 92154 „Senesch“ 2014 mehr als 318 österreichische automatische Pistolen in zwei Varianten: die klassische „Glock-17“ der vierten Generation und eine kleinere Version fürs verdeckte Tragen, „Glock-26“. Die Pistolen und spezielle Ausrüstung kosteten etwa 200 000 Rubel – fast das Doppelte im Vergleich zur Zivilversion der Waffe. Die Entscheidung über die Anschaffung von „Glock-17“ wird mit Unzuverlässigkeit der russischen Modelle begründet. Die Militärangehörigen der russischen Speznas-Truppen beschweren sich über viele Mängel der Pistole „Jarygina“, die mit Problemen in der Serienfertigung zu erklären sind.
2014 erhielt die ME 92154 drei tragbare Radaranlagen „Golograf“ im Wert von 1 200 000 Rubel pro Anlage. Das Produkt wurde in den Kämpfen im Donbass und Syrien nachgearbeitet. Das Radar „Holographie“ arbeitet mit ultrakurzen Radiopulsen von 1 bis 4 GHz, sie durchdringen jedes Material, durch das Rücksignal erkennt das System Bewegungen in einem Abstand von bis zu 6,5 Meter. Das Gerät ist kompakt und nur 4,5 kg schwer, es hält Erschütterungen bei einem Fall auf Beton aus einer Höhe von 1 Meter aus und kann bei Temperaturen von -20 bis +50 °C eingesetzt werden.
Die Datenanalyse liefert Einblick in die Organisationsstruktur des Zeitsoldaten-Personalbestands der ME 92154 (Stand: 2013; größere Änderungen sind unwahrscheinlich). Die Zeitsoldaten machen dabei circa Hälfte des gesamten Personalbestands der ME aus:
- Sondereinsatzkommando ME 92154;
- Verwaltungsabteilung (2 Abteilungen);
- Kampfeinheiten;
- Militärgerät-Einheiten: Spezialausrüstung, Spezialgüter und Spezialgeräte;
- Gefechtsversorgung;
- Geheimabteilung;
- Leiter des Sondereinsatzkommandos -1;
- Stellvertreter für Rückzug und Evakuierung – 1;
- Stellvertreter für Spezialarbeit – 1;
- Abteilung für Einweisungen – 1 + 2;
- 1. Abteilung – 3;
- 2. Abteilung – 3.
Abteilungen der Spezialoperationen: Es gibt nur 5 Abteilungen je 50 Personen, die 3 Spezialeinsatz-Gruppen bilden, jede Gruppe besteht dabei aus 1 Kommandeur und 16 Mitarbeitern.
Eine weitere Abteilung des Zentrums besteht aus: 12 Instrukteuren, einer ihnen unterstellten Speznasgruppe (Kommandeur und 6 Kämpfer), einer EloKa-Gruppe (Kommandeur und 9 Kämpfer) und einer Gruppe S (Kommandeur und 12 Abteilungen mit Abzugsmitteln), in jeder dieser Abteilungen sind jeweils 3 Unterabteilungen bestehend aus 9, 9 und 18 Menschen.
Dritte Abteilung des Zentrums: Leiter, Stellvertreter und vier Gruppen mit jeweils 2 Menschen.
Der Vertragsdienst in der Militäreinheit 92154 ist für Personen möglich, die:
- über 28 Jahre alt sind;
- zuvor in der Position eines Offiziers oder Stabsfeldwebels waren;
- mindestens Mittlere Reife haben;
- ein Empfehlungsschreiben von der letzten Dienststelle vorweisen können;
- die Qualifikationsnorm erfüllen;
- einer Spezialprüfung unterzogen wurden (vorbestrafte Verwandte, Arbeit mit einem Psychologen, ärztliche Untersuchung, Prüfung am Lügendetektor).
Darüber hinaus bedarf die Aufnahme in die Reihen von GRU-Speznas einer schriftlichen Zustimmung von Verwandten des Bewerbers.
Militärangehörige, die ihren Militärdienst in den Strukturabteilungen (Scharfschützen) der ME 92154 ableisten, erhalten einen monatlichen Zuschlag in Höhe von 70% zu ihrem üblichen Dienstgehalt. Die Auszahlung des monatlichen Zuschlags erfolgt auf der Grundlage der Anordnung des Militäreinheitskommandeurs und des Dienstreiseausweis des Militärangehörigen.
Soldaten der ME 92154 nahmen an der Annexion der Krim, sowie Kriegshandlungen im Donbass und Syrien aktiv teil. Es gibt dokumentierte Fakten über den Tod von Kapitän S.Suslow (14.06.2014), Kapitän M.Sorochenko, F. Schurawlew (19.11.2015) im Donbass und von Kapitän O.Archirejew (09.06.2016) in Syrien.
Bezüglich der Tätigkeit von russischen Spezialeinsatzkräften wird eine Reihe von Problemen genannt.
- Im Gegensatz zu den FSB-Luftkräften haben die Militärflugzeuge von Spezialeinsatzkräften keine Priorität bei Überflügen zu Übungs- oder Einsatzorten.
- Flugzeuge, die von Spezialeinsatzkräften eingesetzt werden, sind veraltet.
- Moderne Ausrüstung und Gerät sind Mangelware.
Kompanie der jungen Generation (Wehrdienstleistende) ist am Ufer stationiert, das näher an Solnetschnogorsk ist. Ein Teil der Wehrpflichtigen gehört zum Bestand der Logistik-Kompanie, Fernmeldekompanie, Wachkompanie und Verstärkungskompanie. Die Wachkompanie ist am Ufer neben den Zeitsoldaten-Einheiten stationiert. Im November 2015 wurde über die Pläne berichtet, die Einheiten auf einem Ufer zu vereinigen.
Es wird berichtet, dass Wehrpflichtige trotz hoher körperlicher Belastung jeden zweiten Tag Diensteinsätze haben, diese haben eine höhere Priorität, dabei bleibt die physische Vorbereitung oft auf der Strecke.
Die mangelhafte Fitness ist auch bei Zeitsoldaten zu verzeichnen. 2012 fand das offene Elbrus-Coup in Ski-Bergsteigen statt, die Namen der Angehörigen der ME 92154 findet man im Ergebnisprotokoll erst ab der dritten Zehn.
Platz 21 – Makarenko Oleg, ME 92154 „Senesch“
Platz 25 – Bondar Anton, ME 92154 „Senesch“
Platz 31 – Petschalnow Sergej, ME 92154 „Senesch“
Platz 35 – Latyschew Igor, ME 92154 „Senesch“
Platz 40 – Kuprijanow Alexander, ME 92154 „Senesch“
Platz 43 – Steoantschenko Georgij, ME 92154 „Senesch“
Platz 48 – Omeltschenko Anatolij, ME 92154 „Senesch“
Personen, die ihren Wehrdienst in der ME 92154 leisteten, beschweren sich über mangelhafte Versorgung (Unterernährung), mangelhafte medizinische Versorgung (Fälle von Darmruhr, begrenzter Zugang zu Arzneimitteln). Einer der Soldaten hatte Probleme mit Füßen -er beschwerte sich über fehlende Behandlung auf der Krankenstation und sagte: „Soll ich mir etwa die Hand brechen, um ins Hospital eingeliefert zu werden und dann die Füße behandeln zu lassen?“
Im August 2015 wurde in einem der Soldatenmütter-Foren über Diebstahl in der Militäreinheit berichtet.
Im Oktober 2015 wurden einige Wehrpflichtige der ME 92154 auf die annektierte Krim verlegt.
Seit Anfang 2015 sind die Gewaltexzesse zwar nicht systematisch, dennoch gibt es Hinweise auf psychologischen Druck. Zum Beispiel, merkte die Mutter eines Wehrpflichtigen der ME 92154 an, dass das Hauptproblem für ihren Sohn die Schikane sei. „Er ist der Sohn eines Offiziers und kommt aus Moskau, man hält ihn für einen „besonders gestellten“… Wir sind einfache Leute, wir haben keine besonderen Beziehungen zu Vorgesetzten. Ich sage meinem Sohn, er soll durchhalten und seine Kollegen (ältere Soldaten) werden ihre Haltung ändern, wenn sie erkennen, dass sie falsch lagen.“
Im Oktober 2015 klagte eine der Soldatenmütter über die hohen Kosten für das Familienbudget im Zusammenhang mit dem Wehrdienst ihres Sohnes. Sie schrieb, dass die Kosten für den Besuch der Militäreinheit samt Taschengeld und Einkäufe monatlich bei ca. 15.000 bis 20.000 Rubel liegen. Sie kommt zu dem Schluss, dass „es billiger gewesen wäre, sich freizukaufen“.
Ein deutlicher Anstieg bei der Rekrutierung der Wehrpflichtigen in die ME 92154 ist zu verzeichnen. Im Herbst 2015 waren es 130 Personen, vor einem Jahr dagegen nur – 92 Personen.
Im August 2016 wurden wiederholt Fälle registriert, wo Wehrpflichtige aus ihrer Freizeit alkoholisiert zurückkamen. Im Zeitraum 2014-2015 wurden keine Fälle erwähnt. Im September 2016 tauchten Informationen über Probleme bei der Sozialisierung von Personen nach dem Ende ihres Wehrdiensts auf. Es wird berichtet, sie könnten sich nach ihrem Grundwehrdienst nicht ans zivile Leben anpassen. Ehemalige Soldaten beschweren sich über Arbeitslosigkeit und den fehlenden Willen, Arbeit zu suchen. Sie sprechen über die Sehnsucht nach dem Dienst, bei dem es Ordnung und klare Verantwortlichkeiten gibt: „Von dir hängt nichts ab“. Ähnliche Probleme sind auch aus anderen Einheiten der russischen Streitkräfte bekannt, was die hohe Beliebtheit dessen erklärt, einen Dienstvertrag zu unterzeichnen. „Nostalgierende Gardisten“, die keinen Anschluss im zivilen Leben gefunden haben, schließen letztendlich einen Vertrag mit dem russischen Verteidigungsministerium ab und führen verbrecherische Befehle in der Ukraine und Syrien aus.
Siehe zum Thema:
- Ein Oberst der russischen Streitkräfte gibt Einblick in das hybride Schema des kremlischen Krieges gegen die Ukraine
- „Russian Military Intervention in Ukraine: Overview, Evidence and Map“
Dieses Material wurde von Anatoly Baronin exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Andrij Topchan; editiert von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
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