
Auf dem Billboard: „Transkarpatien braucht Veränderungen!“/Photo: InformNapalm.
Der folgende Artikel wurde von einem Freund und Leser von InformNapalm – Sergei Repin – bereits im Oktober 2014 für die Ausgabe „ORD“ geschrieben. Aber die letzten Ereignisse, die sich im Transkarpatien entwickelten, haben gezeigt, dass er auch heute noch aktuell ist.
Kreml beabsichtigt, in der Ukraine das syrische Szenario durchzuspielen. Eine gewaltige „dritte Kraft“ aus jenen zu erschaffen, die sich gegen die jetzige Regierung stellen. In Syrien war es die Organisation „Islamischer Staat“. Hier versucht man ein ähnliches Ding zu drehen. Zum Beispiel die Anhänger des Rechten Sektors und der Swoboda, Anhänger der Freiwilligen-Bataillone und des offiziellen Verteidigungsministeriums, Innenministeriums und SBU zusammenstossen zu lassen.
Seit dem Moment des Beginns des russisch-ukrainischen Krieges, seit seinen ersten Tagen, wiederholten russische Söldner, Geheimdienste und schliesslich auch reguläre Streitkräfte Schritt für Schritt und sehr folgerichtig die in anderen Konflikten erprobten Methoden und Verfahren.
In Syrien wurden Fälle des Einsatzes von ziviler Bevölkerung als eines lebendigen Schildes durch die Streitkräfte des Assad-Regimes (das von russischen Offizieren beraten wird, die dort faktisch alle Stäbe überfluteten). In den Schulen, in Moscheen, in Wohngegenden wurden befestigte Räume und Feuerstellen eingerichtet. Zwei Jahre später haben wir all das in Donbass in Ausführung der russischen Söldner gesehen. Sehr ähnlich waren auch die Methoden der Propaganda.
In Syrien haben die Medien die Verbrechen des Assad-Regimes und besonders der Schabiha-Söldner (lokaler Analog von „DVR“/“LVR“-Banden) für die Verbrechen der syrischen Armee ausgegeben. Gleich war auch die Art, wie dorthin die Journalisten der russischen Medien abkommandiert wurden, die die Ereignisse im Land für die Aussenwelt dann verzerrt haben. Viele Methoden wurden erst an Syrien erprobt und erst dann in der Ukraine angewendet.
Aber zum kniffeligsten Geschöpf wurde die mithilfe der Geheimdienste Russlands, Syrien und ehemaliger Agenten der Geheimdienste von Saddam Hussein (die vom FSB zusammengesucht wurden) erschaffene terroristische Organisation Islamischer Staat. Die Organisation wurde erst in Irak erschaffen, aber dann ist ein Teil ihrer Gruppen nach Syrien gezogen.
Zuerst hat der IS auf der Seite der Aufstandsgruppen agiert. Das Territorium, das vom Assad-Regime kontrolliert wurde, verkleinerte sich immer weiter und verwandelte sich in eine ganze Reihe von zertrennter grösserer und kleinerer Enklaven. Die Verbindung zu vielen von denen war nur per Luft möglich.
Kleinere Enklaven stürzten eine nach der anderen zusammen, grössere verkleinerten und zersplitterten sich. Das Assad-Regime, trotz des Waffenstroms, Munition, Geld, Wehrexperten und Söldner aus Russland und Iran lag im Sterben.
Aber zwischen dem IS und den Gruppen lokaler Söldner stiegen die Unstimmigkeiten an. Die Sache ist, dass die IS-Söldner hauptsächlich Ausländer waren, viele von ihnen sind für Ziele zu kämpfen gekommen, die dem syrischen Volk fremd waren. Zum IS kam die Verstärkung aus vielen islamischen Ländern. Die Mehrheit davon kam geblendet von Propaganda, die plötzlich im gewaltigen Ausmass in den Medien und sozialen Netzwerken entfaltet wurde.
Die Hauptrolle spielten hier Facebook, Odnoklassniki und Vkontakte. Bald blockte Facebook die Seiten und Gruppen des IS und sie zogen in die russischen Netzwerke um – Odnoklassniki und Vkontakte.
Viele von den ausländischen Freiwilligen, die den lokalen Aufständischen zu helfen gekommen waren, gingen zum IS über. Hauptsächlich waren es diejenigen, die am Diebstahl, Leichenfledderei und illegalen Hinrichtungen beschuldigt worden waren.
Ende 2013 fand ein Bruch zwischen dem IS und der Syrischen Freien Armee statt und zwischen ihnen fingen Kampfhandlungen an. Bald griffen die IS-Söldner auch andere Gruppen der Aufständischen an. Faktisch sind sie auf die Seite des Assad-Regimes übergegangen, indem sie hauptsächlich gegen die SSA, die Islamische Front und Dschabhat an-Nusra kämpften, gegen die Assaditen haben sie m wesentlichen nur „die Frontlinie gehalten“ und beschränkten sich auf kleinere Zusammenstösse.
Sobald erbitterte Kämpfe zwischen den Assad-Kräften und den Aufständischen entflammten, griff der IS die Aufständischen vom Rücken an und schnitt ihre Verbindungen ab. Genau deswegen funktioniert der langsam vergammelnde Regime von Assad noch immer.
Nun tauchen besorgniserregende Anzeichen auf, dass etwas ähnliches die Geheimdienste Russlands auch in der Ukraine abzuwickeln versuchen.
Es ist für niemanden ein Geheimnis, dass sich die Unstimmigkeiten zwischen der heutigen Regierung der Ukraine und einem Teil der ukrainischen Gesellschaft verschärfen. Allen ist der Konflikt zwischen Swoboda und dem Rechten Sektor bekannt, zwischen dem Innenministerium und einer Reihe von gesellschaftlichen Organisationen.
Das Misstrauen zwischen der Führung des Verteidigungsministeriums, Innenministeriums und den Anhängern der Freiwilligenbataillone wächst an. Besonders nach Ilowajsk hatte es sich verstärkt. Auf diesen Unstimmigkeiten versuchen auch unsere Feinde aus dem FSB und GRU Russlands zu spielen. Besorgniserregend waren hier der von aussen inspirierte kleine Aufstand der Wehrdienstpflichtigen der Luftlandetruppen und die am nächsten Tag darauffolgende Konfrontation am Eingang zu Werchowna Rada.
Ich riskiere eine Prognose zu machen: der FSB wird versuchen, die ukrainische Gesellschaft zu spalten, einen Teil der Bevölkerung gegen einen anderen nach dem syrischen Muster aufzuheizen. Die Gefahr besteht. Besonders zwischen der Führung des Verteidigungsministeriums und den Freiwilligenbataillonen. Und jene, die zu einem Feldzug der Kämpfer nach Kiew aufrufen, können durchaus FSB-Agenten und Verräter sein. Genau das wünscht man sich nämlich im Kreml – der Welt einen Bürgerkrieg in der Ukraine zu präsentieren, und keine militärische Aggression Russlands gegen einen souveränen Staat.
Was sollten wir tun? Zuallererst sollte man die Reformen durchführen und die Regierung, Armee, Rechtsschutzbehörden von Korrumpierten, von Agenten ausländischer Geheimdienste, von Verrätern reinigen.
Alle Freiwilligenbataillone müssen einen genau definierten offiziellen Status bekommen. Die Freiwilligen müssen sich jemandem unterordnen und jemand muss Verantwortung für ihr Vorgehen, ihre Ausrüstung, Bewaffnung, Ausbildung und ihre Teilnahme an den Kämpfen tragen. Also müssen sie vollwertige Abteilungen werden, wie die Streitkräfte der Ukraine und die Nationalgarde.
Wir sollten uns auch auf keinen Fall auf die Aufrufe zum Sturm auf die Werchowna Rada, Präsidentenverwaltung und besonders – zum bewaffneten Aufstand einlassen. Hinter all dem können die Geheimdienste des Nachbarstaates stehen.
Sergei Repin für „ORD“, den 21.10.2014
P.S. All das Obengenannte kann man nicht einseitig sehen – die Regierung muss verstehen, dass nicht nur die Freiwilligenbataillone angesichts der Tricks des Gegners standhaft und kaltblütig sein müssen, sondern auch die Politiker offen agieren und ihr Streben nach Veränderungen demonstrieren müssen.
Man darf die Reformen nicht ewig in die Länge ziehen oder die Bestrafung der an der Korruption, Banditismus, Kriegsverbrechen usw. Schuldigen in die Länge ziehen. Ein gutes Beispiel in der Hinsicht des Strebens nach Reformen und ihrer Realisation zeigte Michail Saakashvili in Odessa. Und ihm ähnliche Menschen müssen auf die Leitungsposten in allen Regionen der Ukraine befördert werden.
„Transkarpatien braucht Veränderungen!“ – und das ist nicht einfach nur ein Slogan auf dem Hintergrund rauchender Autos, sondern die Anleitung zum Handeln für die Behörden, die berücksichtigen müssen, dass man das ukrainische Volk nie mehr in den Stall der Interessen von Business-Eliten treiben können wird. Die Politiker müssen zu Patrioten und wahren Bürgern ihres Landes werden, und keine Anhänger einzelner Klanen und Familien bleiben. Wir sind alle eine grosse Familie und die Interessen des ukrainischen Volkes müssen vorrangig sein.
Roman Burko für InformNapalm; übersetzt von Irina Schlegel
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