Die letzten zwei Tage waren von gleich mehreren tragischen Ereignissen gekennzeichnet, die alle menschliche Opfer zu Folge hatten. In weniger als 48 Stunden sind wir zu Zeitzeugen von einigen menschlichen Tragödien geworden.
Am Abend des 18. Dezember stürzt in Jakutien, Russland, ein Flugzeug mit russischen Militärangehörigen ab. Zugleich werden in Jordanien Geisel genommen – infolge des Angriffs sterben Dutzende Menschen, Dutzende werden verletzt. Faktisch zur gleichen Zeit findet am Switlodarsk-Bogen in der Ostukraine ein erbitterter Kampf statt, der 6 ukrainischen Soldaten das Leben kostet und bei dem weitere 26 verletzt werden. Am nächsten Morgen, den 19. Dezember, erreicht uns ausnahmsweise eine gute Nachricht: die UNO verabschiedet eine Resolution, in der Russland als eine Besatzungsmacht anerkannt wird und die Krim – als das von Russland besetzte Territorium. Dieses wichtige Ereignis wird aber schon am Abend des 19. durch weitere Tragödien überschattet: der Kampf am Switlodarsk-Bogen geht weiter, in der Türkei stirbt infolge eines Attentats der russische Botschafter und keine Stunde später wird ein Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Deutschland verübt, der nach jetzigem Stand 12 Todesopfer zu Folge hat…
Das Schaltjahr 2016 möchte uns wohl nicht einfach so gehen lassen… Mehr noch, es erklingen neue Drohungen, die wohl kaum erlauben, dem neuen Jahr unbesorgt zu begegnen:
Auf dem Hintergrund des Gegenangriffs ukrainischer Streitkräfte am Switlodarsk-Bogen träumen russische Experten davon, Kiew nach dem syrischen Szenario „zum Frieden“ zu nötigen. Direkte Drohungen erklingen zwar noch nicht aus dem Munde von höchster politischer Führung Russlands, dafür aber in den Interviews von namhaften russischen Wehrexperten.
So sprach sich neulich ein führender Experte des Zentrums für militärisch-politische Forschungen am MGIMO, Doktor der Politikwissenschaften, Michail Alexandrow, dafür aus, in der Ukraine die russische Luftwaffe einzusetzen und erklärte lapidar, dass es wirtschaftlich für Russland äusserst günstig wäre, die Ukraine anzugreifen, denn die Ukraine sei ein reiches Land, ausserdem habe sie viele Betriebswerke, darunter auch eins, das Hubschrauber-Ersatzteile produziert, die Russland sowieso braucht, da es ihre Produktion nicht wirklich in Gang bringen kann… Also, im Grossen und Ganzen: In der Ukraine gibt es doch so viel zu stehlen, wieso machen wir das nicht. Er bot auch gleich eine Lösung an: „Wir müssen den Moment nutzen, wenn die Waffenruhe von ukrainischer Seite verletzt wird. Sobald sie die Waffenruhe verletzen, sollten die Donbass-Truppen eine massive Offensive starten, die von unserer Luftwaffe und Langstreckensystemen unterstützt wird: von Raketensystemen, Marschflugkörpern, „Iskander“-Raketen… nach Beispiel von Syrien.“ Er fügte hinzu, dass die Luftwaffe zunächst die ganze Luftabwehr-Infrastruktur der Ukraine und dann natürlich die restliche militärische Infrastruktur vernichten sollte…
„Wir werden wirtschaftlich davon nur gewinnen,“- sagte Alexandrow.
Ob die Träume des russischen Wehrexperten seine persönliche Einstellung sind oder doch die Stimmung und die Pläne der Militärführung Russlands widerspiegeln, ist noch nicht ganz klar. Aber die Provokationen und die Angriffe russisch-terroristischer Truppen an der ukrainischen Front vermehren sich zusehends. Unter diesen Bedingungen bleibt der Ukraine nur sich zu verteidigen und den Gegner zurückzuhalten.
Die Gefahr des Einsatzes von Luftwaffe durch Russland gegen die Ukraine besteht seit Beginn des Konflikts im Donbass und der Annexion der Krim. Als im Oktober 2015 die Situation im Donbass sich wieder zuspitzte und zugleich die russische Luftwaffe begann, Syrien zu bombardieren und somit große Opfer unter Zivilisten zu fordern, setzte InformNapalm ein Ultimatum an die Militärführung Russlands: Im Gegenzug für Angriffe im Donbass veröffentlichte InformNapalm wöchentlich persönliche Angaben von Piloten russischer Luftwaffe in Syrien. Ein Jahr später, im Oktober 2016, haben wir alle unsere Informationen in einer Infografik zusammengefasst: „Wer bombardiert Syrien: Angaben zu 116 Piloten der Luftwaffe Russlands“.
Die jüngsten Bombardierungen von syrischem Aleppo durch die russische Luftwaffe und der Tod von Zivilisten, Frauen und Kindern riefen eine Empörungswelle in der Welt hervor. Nichtsdestotrotz wurden weder Sanktionen noch andere Massnahmen für den Genozid am syrischen Volk gegen Russland getroffen. Unter solchen Bedingungen steigt die Verzweiflung bei einfachen Menschen an und ihre Enttäuschung bricht in einem Akt des Terrors aus.
Als am 19. Dezember 2016 während einer Fotoausstellung in Ankara der russische Botschafter Andrej Karlow aus nächster Nähe getötet wird, schreit der Attentäter, türkischer Polizist Mevlüt Mert Altıntaş: „Wir sterben in Aleppo – Ihr sterbt hier! Vergesst Aleppo nicht! Vergesst Syrien nicht! Alle, die sich an diesem Joch beteiligt haben, werden dafür zahlen müssen – einer nach dem anderen!“
Jeder Pilot der russischen Luftwaffe muss sich dessen bewusst sein, dass im Falle der Ausführung von verbrecherischen Kreml-Befehlen gegen die Völker von Syrien und Ukraine ihn nicht nur die Sanktionen und ein Einreiseverbot in zivilisierte Länder erreichen können, sondern auch Menschen, die völlig verzweifelt sind, wie der türkische Polizist in Ankara. Denn die zynischen Erklärungen des russischen UN-Vertreters W.Tschurkin darüber, dass die Hunderten Fotos der infolge der russischen Luftangriffe getöteten Kinder in Syrien nur gestellt sind, sind keine überzeugende Rechtfertigungen für Kriegsverbrechen.
In Russland leben außerdem circa 5 000 000 ethnische Ukrainer – sie werden wohl kaum die russischen Bombardierungen ihrer Heimatstädte ruhig mitansehen können.
Und gerade werden erbitterte Kämpfe am Switlodarsk-Bogen weitergeführt, die Zahl der Verwundeten beläuft sich schon auf mehrere Dutzende, gefallen sind bereits circa 10 ukrainische Soldaten (genaue Angaben haben wir bislang nicht). Russisch-terroristische Truppen setzen Raketenwerfer und schwere Artillerie ein, russische Experten träumen vom Einsatz der Luftwaffe, ukrainische Krieger bleiben standhaft, und die Welt drückt noch immer 50 Schatten ihrer Besorgnis aus…
Möge das nächste Jahr ein Jahr der Konsolidation der Weltgemeinschaft werden, die sich dem Mordor endlich entschieden und vereint entgegenstellt…
Dieses Material wurde von Alexey Wolnij und Irina Schlegel exklusiv für InformNapalm vorbereitet. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
(Creative Commons — Attribution 4.0 International — CC BY 4.0 )
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