von Irina Schlegel
Ein uns allen bekannter nuschelnder Zwerg sagte 1922 einen Satz, dessen Sinn lange Zeit in einem durchaus positiven Sinne interpretiert wurde, nämlich als die Fähigkeit des Zwergs „die helle Zukunft“ vorauszusehen. Der Satz erlangte seine wirkliche Anerkennung und offenbarte seinen wahren Sinn aber erst vor zwei Jahren: „Das Kino ist für uns die wichtigste aller Künste,“ sagte damals einer der ersten und blutigsten Terroristen des XX. Jahrhunderts, der 1,50 Meter „große“ Genosse mit der Schirmmütze, W.I.Lenin.
Dieser Satz diente als der Anfang für Erschaffung einer neuen, auf den ersten Blick sogar äußerst humanen ABC-Waffe – einer, die keine physische Abrechnung mit dem Körper des Menschen voraussetzt. Worin diese Waffe aber das menschliche Gehirn verwandeln kann, das wussten zum Zeitpunkt seiner Entstehung und nachfolgenden Einführung wahrscheinlich nicht mal die Terroristen selbst. Relativ schnell hatten sie wohl aber verstanden, dass die Erschaffung eines kitschigen Bildes, eines dazu auch noch beweglichen, durchaus fähig ist, die ungebildete Bevölkerung dazu zu bringen, Hunger, Kälte, verschwindende Nachbarn und andere Kleinigkeiten des realen Lebens zu vergessen und das zu glauben, was vom Bildschirm in ihr Gehirn eindringt. Die virtuelle Realität ist ganz und gar nicht mit dem Aufkommen des Internets verbunden.
Im gewissen Umfang existierte Propaganda bereits zu Zeiten des Ersten Weltkrieges, zur Vollendung wurde sie aber von den Deutschen gebracht, die ihr Wesen durchgespürt und durchanalysiert hatten, ein prägnantes System daraus bauten und ihr eine genaue Definition verpassten: „PROPAGANDA“, wobei sie diese Waffe zielgerichtet auch gleich gegen ihre eigenen Bürger anwendeten.
Deutsche, die gewohnterweise zur klaren Strukturierung und Systematisierung jeglicher Ideen neigen, haben zwei Hauptkomponenten der neuen blutlosen Waffe herausgefiltert: „ANGST“ und „ANERKENNUNG“. Nach dem ersten Weltkrieg war das deutsche Volk erniedrigt, geschlagen, bettelarm und in seinen Rechten verletzt. Man brauchte neue Mythen und neue Versprechungen. Zum ersten Versprechen wurde selbstverständlich das ESSEN (im deutschen Verständnis die Arbeit), zum ersten Mythos die Größe des deutschen Volkes. Dafür wurde eine alte Geschichte über die von Germanen geschlagenen Römer und das Gold ausgegraben, das irgendwo in den Tiefen des romantischen Rheins verborgen liegen soll: Die Nibelungen. Die Größe des deutschen Volkes, das trotz aller Feinde überlebt hat. Feinde, die man nun versklaven und vernichten muss, um die einstige Größe wiederherzustellen (und zugleich Essen zu bekommen).
Das Experiment war äußerst erfolgreich. Ein Millionenvolk mit Jahrhunderte alter Geschichte und einer Kultur, deren Vertreter faktisch alle Schichten der Weltkultur beeinflusst hatten, verwandelte sich in gerade mal sechs Jahren in eine vereinheitlichte Masse von Primaten, deren einziges Ziel ihre Einflusszone zu erweitern geworden ist, ohne Rücksicht auf die Existenz, Wünsche oder Rechte von anderen. Mehr noch, in eine Masse, die von der eigenen Überlegenheit, eigenem Recht und dem absoluten Auserwähltsein überzeugt war. Göttlichkeit – die Verähnlichung mit Gott, die auserwählte Rasse, der Lenker der Schicksale von anderen.
In einer Welt aber, in der die Menschen gezwungen sind zu koexistieren, ist es unmöglich ein auserwähltes Volk zu sein, wenn auch jeder von uns irgendwo in den Tiefen seines Wesens gern zu so einer Meinung neigen möchte: Die Kultur und Zivilisation, wie auch die Wünsche anderer schränken uns in derartigen Bestrebungen ein. Das nationalsozialistische Deutschland wurde von den Völkern zerschlagen, die sich gegen seine imaginäre Größe vereint hatten, und was am wichtigsten ist – die bewiesen hatten, dass ihr Recht auf Existenz, Selbstbestimmung und eigenes Leben in keinster Weise weniger wertvoll und wichtig ist, als das Recht eines jeden Deutschen.
Der Großteil der zivilisierten Welt hat wahrscheinlich damals die ganze Schwäche und Fatalität eines Systems begriffen, das die Überlegenheit eines Volkes über ein anderes voraussetzt. Die Schrecken der niedrigen menschlichen Natur, die in jenem Krieg entblößt wurden, waren dermaßen beispielhaft und offensichtlich, dass es schien, dass so etwas in einem solchen Ausmaß nie mehr geschehen könnte.
Leider entwickelt sich die menschliche Geschichte nicht auf einer geraden Linie sondern in einer Spirale. Wieder und wieder kommen die Menschen auf ungelöste Fragen zurück, nicht nur ihres eigenen Lebens, sondern auch ihrer Geschichte.
Auf dem europäischen Kontinent existierte noch ein Imperium, das sich einst, noch am Anfang des XX. Jahrhunderts, die Maske eines gleichberechtigten Unionsstaats angezogen hatte, wobei es seine Spitze vernichtete und nebenbei auch den restlichen europäisierten intelligenten Teil seiner Gesellschaft. Das Russische Imperium versteckte sich hinter der Maske eines linksgerichteten Arbeiterstaates, das vom Volk geleitet wird. In Wirklichkeit wurde die Macht im Imperium von linken Extremisten ergriffen, wie man sie heute nennen würde, von Menschen mit riesigen Selbstkomplexen und der Abwesenheit von ausreichender Bildung zur Führung eines großen Landes. Auf der Stelle ließen diese Menschen das Land im blutigen Terror versinken. Im Prinzip haben sie es auch auf ihrer Fahne deutlich zu verstehen gegeben: ein Blutland mit Hammer und Sichel, im Grunde – eiserne Mordwaffen vor dem Hintergrund des Bluts. Das Land des Terrors und der Gewalt. Aber auch diese Tiere verstanden, dass das Blut allein nicht ausreicht – man braucht Überzeugung. Und dafür braucht man das bewegte Bild. Das Bild, das genau jene Realität erschafft, die die physische vergessen lässt.
Die Auswechslung der Realität durch eine andere. Auswechslung des Imperiums durch einen „Unionsstaat unabhängiger Republiken“, Christentum durch Kommunismus, Zar durch KPdSU-Vorsitzenden, Besatzungskriege gegen die Nachbarländer durch den Kampf gegen die Kapitalisten, Vernichtung der Kultur der eigenen Nachbarn und ihr Genozid durch den Kampf gegen die Klassenelemente und so weiter und so fort.
Leider befreite die Tatsache, dass das Russische Imperium sich unter der Maske eines linken Staates am Krieg auf der Seite von anderen Völkern beteiligte, dieses für lange Jahre von der Einmischung und der Rüge anderer Staaten. So sehr versuchte auch niemand hinter den Eisernen Vorhang der Tschekisten durchzudringen, hinter dem sie ein Unionsgefängnis der Völker errichtet haben, in dem sie weiterhin jegliche Anzeichen von Individualität vernichteten.
Am Ende ist das Imperium, das auf einer Lüge aufgebaut war, die bereits bei seinen Staatssymbolen begann, auf natürliche Weise auseinander gefallen: Der Massenterror vom Anfang des XX. Jahrhunderts auf dem Territorium eines dermaßen riesigen Landes ist zum Ende des XX. Jahrhunderts unmöglich geworden. Es gab aber auch eine wesentlich prosaische Erklärung: Das Imperium verelendete und platzte aus allen Nähten. Die versklavten Völker haben die Eisengitter doch noch auseinandergebogen und stürzten in die Flucht.
Das Imperium versank im Chaos. Der langjährige Terror und die Lüge liefen auf die Unfähigkeit der herrschenden Schicht zu führen und beim Volk auf die Unfähigkeit selbstständig zu denken hinaus. Viele andere Staaten sind zur Hilfe gekommen. Außerdem gab es, wie im alten russischen Märchen über Iwan den Dummen, im Land einen Schatz, der in den Tiefen des Landes lag und großen Wert für andere Länder hatte. Zu diesem Schatz wurden Erdöl und Gas.
Unvorstellbare Geldmengen flossen ins Land. Aber wie das Reichtum des alten Russischen Imperiums durch die Tschekisten in ihren Besitz genommen wurde, so legten ihre Nachfahren (direkte sowie geistige) auch diesmal die Hand auf den unerwarteten Reichtum. Die Macht im Land wurde von jenen ergriffen, die seit ihren Kindheitsjahren in allen Methodiken von Tschekisten unterrichtet wurden, nach ihren Regeln lebten und wahre Nachfolger ihrer Lehre waren.
Eine gewisse Zeit lief alles gar nicht mal so schlecht: Es gab so viel Geld, dass dem Volk, das niemals Wohlstand gekannt hatte, selbst die Krümel reichten, die für es abfielen. Bei den Tschekisten erwachte aber von all dem in den Schoß gefallenen Reichtum die Gier nach mehr. Geld reicht nie aus. Geld ist nur der Weg zur Macht. Und von dieser wollte man mehr. Erst im Land und dann außerhalb. Ein Gefühl der eigenen Auserwähltheit. Größe. Anerkennung seitens der restlichen Welt. Denn trotz des ganzen Geldes rümpfte die Welt über die Tschekisten genauso die Nase, wie über ihre Vorfahren 100 Jahre zuvor.
Und hier wurden die langjährigen Fertigkeiten des alten tschekistischen Schlags, die alte geprüfte Waffe, die kurz ins Schuppen verfrachtet worden war, das Opium fürs Volk, wieder herausgeholt: PROPAGANDA.
2006 verwies Jegor Gaidar als einer der ersten auf die Entwicklung der herrschenden Schicht des russischen Staates in Richtung eines faschistischen Regimes. Göttlichkeit. Der Unterschied zu den Deutschen besteht hier darin, dass die russische Spitze die Auserwähltheit des ganzen russischen Volkes nur propagiert, in Wirklichkeit aber nur an das Auserwähltsein der Eilten glaubt, an die eigene Auserwähltheit und Größe. Die Größe irgendeines engen Kreises der Menschen, die auf die eine oder andere Art mit dem Kreml zu tun haben.
Wozu soll das Volk aber so etwas wissen. Das Volk begann man mit Geschichten über seine, des Volkes, Auserwähltheit und Göttlichkeit zu bearbeiten, das Volk begann man mit Chauvinismus und Paranoia zu erziehen: Es hat sich herausgestellt, dass Russland, das einen Sechstel der Landfeste einnimmt, von allen Seiten von Feinden umkreist ist, die jederzeit bereit sind, es zu überfallen. Dem Volk, das noch immer ein Holzklo draußen im Hof hat, begann man über die Schrecken von Gayeuropa und von verdammten Kapitalisten zu erzählen.
Und voilà! Trotz der Geschichte und aller bekannter Fakten, fast 70 Jahre später, ist es einem neuen Zwerg faktisch gelungen, das Gleiche zu machen. Wobei Goebbels von solchen Arbeitsbedingungen nur träumen könnte: Das bewegte Bild wohnt seit geraumer Zeit im Haus beinahe jedes Erdbewohners und ist für viele die einzige Freizeitbeschäftigung. Mittels des Fernsehers ist die Bevölkerung schnell in den gewünschten Zustand gebracht und in einen Drogenrausch der eigenen Wichtigkeit und Größe versetzt worden. Der dünne Überzug von Zivilisation, Kultur und Humanismus flog ab und entblößte die ganze Rohheit der chauvinistischen Natur einer Landbevölkerung, die sich noch immer als Bewohner eines großen Imperiums wähnt, das in Wirklichkeit nur in dem Kasten existiert, der in dem Haus des Bewohners steht.
Die Realität in diesem Kasten wurde für diesen Bewohner viel wichtiger, als das Grau, die Armut und der Dreck hinter dem eigenen Fenster, wichtiger als die Tatsache, dass er zum Töten in ein Nachbarland gefahren ist, um dort zum Invaliden zu werden oder gar zu sterben – für nichts, für das Bild in seinem entzündeten Gehirn. Nach der rigorosesten Wertung wegen der Machtgier jener, die dieses Bild für ihn erschaffen haben. Und denen es zutiefst egal ist, in was sich sein reales Leben verwandelt, denn sie haben sein Gehirn mit Opium gefüttert, das ihn ablenkte und all das Übel zu vergessen zwang, an dem sie Schuld tragen. Und was er niemals erfahren soll.
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Dieses Material wurde von Irina Schlegel exklusiv für InformNapalm vorbereitet; editiert von Klaus H. Walter.
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2 Responses to “Zur Propaganda: „Das Kino ist für uns die wichtigste aller Künste!“”
08/05/2016
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13/05/2016
За пропагандата: „От всички изкуства за нас най-важно е киното” – InformNapalm.org (Български)[…] de […]