
Während die Russische Föderation einen hybriden Krieg gegen andere Länder führt, hört der Krieg in ihrem eigenen zuhause nicht auf. Aus den letzten Nachrichten wurde über die terroristischen Angriffe in der Republik Dagestan bekannt. Am 29. März haben die Terroristen auf dem 869. Km der Bundesstrasse „Kaukasus“ Polizisten angegriffen, wobei sie einen Ural-KfZ und einen UAZ-Hunter sprengten. Infolge der Explosion starb ein Polizist (Leutnant Igor Muzenik), zwei wurden verwundet (Unteroberst Ewgenij Guwa und Feldwebel Sergei Popow). Noch ein Terrorakt fand am nächsten Tag statt. Die Angriffe wurden von den IS-Söldnern ausgeführt. (Titelbild: UAZ der Polizisten, der am 29. März 2016 vernichtet wurde).
Am Nordkaukasus wurde die erste Etappe der Auswechslung von Schlüsselspielern im salafistischen bewaffneten Untergrund beendet. Das Imarat Kaukasus hat seine führende Position endgütig verloren und dem stärkeren, aggressiveren und medial bekannterem Konkurrenten den Vorrang eingeräumt – dem Islamischen Staat, beziehungsweise seiner kaukasischen Provinz. Nicht die letzte Rolle in der Umformatierung des salafistischen Untergrunds spielte Moskau, worüber InformNapalm früher berichtete.
In 2016 verstärkten den Kampf gegen den IS in Syrien gleichzeitig mehrere Spieler: die internationale antiterroristische Koalition mit USA an der Spitze, die Kurden, Assads Regierungstruppen und die Islamisten aus der Gruppierung Al-Nusra-Front (syrische Al-Quaida). Der IS erleidet Niederlagen auf allen Fronten. Zu einem Umbruchsmoment im Kampf gegen den IS wurde die Einnahme von Palmyra durch Assaditen, die am 27. März stattfand. Die IS-Truppen begannen in Richtung von Deir-ez-Zor und Rakka zurückzutreten.
Der Sieg in Palmyra trug zum Kampfgeist von Assad-Truppen bei. Per Montag, den 4. April 2016, führten die IS-Söldner Kämpfe gegen die Regierungstruppen (Syrische arabische Armee) um den Flughafen Deir-ez-Zor. Zugleich versuchen Abteilungen der Freien Syrischen Armee (die Opposition) mit Unterstützung der türkischen Armee, die IS-Kräfte aus der Stadt al-Rai im Norden der Provinz Aleppo herauszuschlagen.
Etwas früher, im Februar 2016, haben die Kurden die IS-Söldner aus einigen Ortschaften im östlichen Teil der Provinz Aleppo abgedrängt. Unter anderem haben sie den strategisch wichtigen Punkt Tal Rifaat eingenommen.
Die verschärfte Konfrontation zwischen der Al-Quaida und dem IS, wie auch innere Zusammenstösse zwischen den Islamisten, insbesondere die Verschärfung der Beziehungen zwischen Al-Nusra-Front und dem IS, Konflikte zwischen Al-Nusra-Front und der „13. Division“-Gruppierung (eine Abteilung der Freien Syrischen Armee, die Mehrheit deren Kämpfer Salafismus predigt) – all das wird zur Abwanderung von Mudschaheddin aus Syrien beitragen.
Die Niederlagen, die der IS in Syrien und Irak erleidet, werden den Anführer der Gruppierung, den „Kalif“ Abu Bakra Al-Bagdadi, dazu bringen, seine Niederlagen in Schama (Syrien) durch Erfolge auf anderen Fronten kompensieren zu wollen. Mehr Aufmerksamkeit wird der Vorbereitung von terroristischen Angriffen gegen zivile Objekte in den EU-Ländern gewidmet. Ferner wird die militärisch-terroristische Aktivität vom IS in Jemen, Lybien, Afghanistan und den nordkaukasischen Republiken Russlands ansteigen.
Für die Filiale des IS in Russland ist es ausgesprochen wichtig, sich sowohl die Unterstützung von IS-Kämpfern als auch von salafistischer Jugend zu sichern, die in den bewaffneten Untergrund noch nicht involviert ist. Dafür wird die Kaukasische Provinz des IS zumindest im nächsten halben Jahr ausschliesslich militärische Objekte angreifen (Armee, Polizei, FSB). Für den IS ist es eine typische, im Nahen Osten gut abgearbeitete Taktik in der Phase der Erlangung von Unterstützung unter den breiten Massen der moslemischen Bevölkerung. Der chaotische Terror mit den Angriffen auf zivile Objekte wird erst später anfangen.
Zum Nachschub für die Reihen von Dauli (IS)-Anhängern wird der Kreml durch seine Vorgehensweise indirekt selbst beitragen:
– durch seine Teilnahme am Krieg in Syrien auf der Seite der Schiiten;
– durch das niedrige Lebensniveau, in erster Linie in Dagestan;
– durch die Abwesenheit einer gerechten Gerichtsordnung und die hohe Korruption in den Rechtsschutzbehörden (unter der Jugend von Nordkaukasus besteht ein grosses Bedürfnis nach Gerechtigkeit, das weder die republikanischen noch die föderalen Machtstrukturen erfüllen können);
– durch die permanenten unbegründeten Repressionen gegen Imame in Inguschetien und Dagestan;
– durch die Schliessung der salafistischen Moschees in Dagestan und Tschetschenien, Auswechslung von Imamen durch andere, die den föderalen Behörden gegenüber loyaler sind;
– durch die reguläre Entführung der Menschen durch die Innentruppen-Mitarbeiter (die Letzte geschah erst am 2. Februar in Gudermes, Tschetschenien);
– durch die Vernichtung vom Eigentum der Familien von Untergrundkämpfern und die Verfolgung von Verwandten der Kämpfer in Tschetschenien usw.
Dementsprechend werden punktförmige Angriffe gegen die Polizei, die im Nordkaukasus die Korruption und Gesetzlosigkeit verkörpert, die breiten Bevölkerungsschichten immer mehr zur Unterstützung vom IS bewegen.
Moskau betrachtet die Situation in der Region weiterhin durch die Prisma des „Kampfes gegen den Terror“ und versucht ihren Untergrund mit reinen Kraftmethoden zu unterdrücken. FSB, Ermittlungskomitee und andere Staatsgewaltstrukturen werden weitere Berichte über Liquidierungen von „Amiren und Bandengruppen“ nach Moskau erstatten, in den veröffentlichten Zahlen wird aber traditionell viel Lüge und Übertreibung sein. Sicherlich sind gewisse Erfolge im Kampf gegen den Untergrund möglich, aber nur kurzzeitige. Die Salafisten (wie der IS so auch das Imarat Kaukasus) haben sich nicht nur von den Kampfmethoden des „partisanischen“ 2001-Musters gelöst, sondern auch von dem „untergründigen“ 2007.
Die Truppen bewegen sich nicht mehr durch die Wälder, darum zeugen auch die Berichte über die „Säuberung von Waldmassiven“ ganz und gar nicht von Erfolgen der Tschekisten-Operationen. Heute sind die Zellen des islamistischen Untergrunds zerstreut, die Hauptkräfte sind nicht in Dörfern, Bergen oder Wäldern konzentriert. Als Basen dienen die Keller von Privathäusern und sogar Wohnungen in Hochhäusern. Die Tätigkeit von kleinen Kämpfergruppen erreichte in den Grossstädten ein neues Niveau.
Der Einfluss vom Imarat Kaukasus wird weiter abschwächen. Das ist mit einer Menge von Problemen in Al-Quaida selbst verbunden: In diesem Jahr werden andere Fronten wichtig sein – Syrien, Jemen und Afghanistan (wo auch ein Kampf um den Einfluss gegen den IS stattfindet). In diesen Staaten sind die Nachfolger von Bin Laden fähig, reale Kontrolle über bestimmte Territorien zu errichten. Darum wird die Al-Qauida gezwungen sein, die Unterstützung ihrer russischen Filiale – des Imarat Kaukasus – etwas einzuschränken.
Die Schraubendrehung, die Moskau immer öfter im Kaukasus anwendet, wird zur weiteren Umformatierung des salafistischen Untergrunds und zu Suche nach neuen Konfrontationsformen zwischen der föderalen und lokalen Macht beitragen. Die Taktik des Kremls wird die alte bleiben: Auf den Terror mit dem Terror antworten. Aber die Löschung des Feuers mit dem Benzin hat noch nirgendwo zu gewünschten Ergebnissen geführt.
Dieses Material wurde von Pawlo Podobed exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
No Responses to “Die IS-Niederlage in Syrien wird die Islamisten in den Kaukasus führen”