Die Internationale Gemeinschaft ist empört: Russland bricht ohne jegliche Skrupel die Vereinbarungen über den Waffenstillstand in Syrien. Beschüsse und Bombardements sind in ihrer Intensität schwächer geworden, haben jedoch nicht aufgehört. Frankreichs Außenministerium beruft dringlichst eine Arbeitsgruppe zusammen, um über die Verletzungen des Waffenstillstands zu beraten. Wie der Außenminister Jean-Marc Ayrault meldete, hat Paris Informationen über Angriffe in den Gebieten, die unter der Kontrolle der gemäßigten syrischen Opposition stehen (Link).
Wie reagiert Russland?
Russland antwortet mit einer Meldung des offiziellen Sprechers des russischen Verteidigungsministeriums Generalmajor Igor Konanschenkow über den Artillerie-Beschuss von Latakia, bei dem ausländische Journalisten verletzt wurden. Angeblich soll der Beschuss von türkischem Boden aus geführt worden sein.
Durch die Erfahrungen aus dem Donbass, wo das Auftauchen von russischen „Journalisten“ stets mit unerwarteten Beschüssen und sonstigen Provokationen in Verbindung steht (worauf sich bei geübten Anwohnern bereits ein Reflex ausgebildet hat: Du siehst einen Journalisten von „Lifenews“ – lauf), haben sich die Freiwilligen von InformNapalm entschieden, die Lage in Syrien zu analysieren.
Internationale Journalisten – wer sind sie?
Hier, bitteschön, lernt sie kennen: Boris Anzov, gebürtig aus Bulgarien, studierte an der Russischen Universität der Völkerfreundschaft, arbeitet bei dem Unternehmen Media-Most LTD.
Dieses Unternehmen gehörte zu Gussinskis Holding, später ging es in „Gazproms“ Eigentum über (Link, Link). Von der engen Freundschaft zu „Gazprom“ zeugt auch der gemeinsame Rechtsfall (Link). Wir analysieren und sehen, dass die Offshore-Gesellschaft „Media Most Capital and Management Ltd“ eine ausländische juristische Person ist und sich außerhalb der Russischen Föderation, auf dem Gebiet eines anderen Staates (Gibraltar) befindet und für dieses superunabhängiges und sehr ausländisches Unternehmen bürgt die Media Holding des Staatsunternehmens – „Gazprom Media“. Hat denn ein Journalist, der in Moskau lebt und für die in Gibraltar registrierte Offschore-Gesellschaft von Gazprom arbeitet – unter anderem auch für den vereinfachten Erhalt eines ausländischen Status bei Organisationen von Spezialoperationen im Informationsbereich – das Recht, die bulgarische Presse zu vertreten? Wir hoffen, dass die zuständigen Behörden des NATO-Mitglieds Bulgarien diese Angelegenheit klären werden.
Am 28. Februar befand sich Boris bei einem Empfang in der Villa des russischen Verteidigungsministeriums unter der Adresse Spiridinovka-Straße 17 und ließ sich mit Maria Sacharowa fotografieren, der Direktorin der Informations- und Presseabteilung für Auswärtige Angelegenheiten der Russischen Föderation. Am 1. März „geriet er unter Beschuss“ in Syrien und flog am selben Tag von dort ab. Solch eine zielgerichtete Voyage ist es geworden.
Wir werden noch die Gelegenheit bekommen, über den pseudobulgarischen Quasijournalisten zu sprechen, unterdessen widmen wir uns der Analyse der Spezialoperation. Es wurde ein Video des Geschehens veröffentlicht. Wir haben es sofort gesichert und damit begonnen, es zu analysieren. Das Video ist leider kein Ganzes, sondern bereits ein Zuschnitt von RT.
Die Aufnahme beginnt mit der Explosion. Wir sehen, dass die Kamera bereits im Voraus auf den Ort der Detonation gerichtet war. Zur Explosion kommt es in einem halb zerstörten Bezirk und wird nicht von für Minen charakteristischem Pfeifen begleitet. Wir merken die merkwürdige Eigenart der Explosion an, die nicht charakteristisch für schwere Munition ist, die beim Aufprall auf eine Oberfläche oder bereits im Innern eines Gebäudes detoniert, deshalb kann es kein Aufflammen über der Oberfläche geben. Achten wir auf den Schriftzug in arabischer Sprache.
Und wieder ein Schriftzug!
Der Kameramann schwingt die Kamera von einem Schriftzug zum Nächsten.
Rechts, vor der Wand, sehen wir einen Mann in einem hellblauen Hemd ohne Schutzweste und Helm, sowohl während der Detonationen als auch bei der Ankunft und der Wegfahrt des Schützenpanzers.
In der Minute 0:53 sieht man gut die Regisseure dieser Handlung vor der Wand – der Mann in dem hellblauen Hemd steht weiterhin am selben Ort und aus irgendeinem Grund versteckt er sich nicht hinter dem Schützenpanzer, obwohl er kein Helm und keine Schutzweste trägt. Näher zum Mast steht seelenruhig ein russischer Soldat, ebenfalls mit Käppi und ohne Schutzweste.
Das Verstecken hinter dem Schützenpanzer läuft ganz schön theatralisch und unnatürlich. Hinter einem Schützenpanzer geht man nicht vor Artilleriefeuer in Deckung, die Korrespondenten tippeln augenwischerisch und fallen hinter dem Schützenpanzer zurück, was sie jedoch nicht stört.
Viele Menschen tun so, als würden sie sich verstecken, obwohl die Öffnung auf die Erhebung, die in Richtung der Detonation gerichtet ist, keine besonders gute Deckung bietet (das Bein im blauen Hosenbein). Anstatt sich auf die wegrennenden Menschen zu konzentrieren, zeigt uns der Kameramann wieder den Schriftzug an der Wand.
Ja was ist denn los? Es kommt zu derartigen Ereignissen, es gab anscheinend einen Beschuss, der Schützenpanzer fährt hin und her, Menschen rennen und der Kameramann zeigt beharrlich die Schriftzüge an den Wänden, deren Herkunft uns nicht bekannt ist; diesen bereits zum zweiten Mal.
Zwischen der Menge huschen russische Soldaten und Journalisten ohne Schutzwesten und Helme umher und die Dame in der roten Bluse fuhr augenscheinlich nicht in die Kampfzone. Wieder versucht der Kameramann beharrlich unsere Aufmerksamkeit auf den arabischen Schriftzug zu lenken.
Was ist denn das für eine Stadt, die sogar in einem derart kurzen Video, den Eindruck völliger Zerstörung erweckt (intakte Gebäude sind nicht zu sehen)? An dem Zustand der Häuser wird uns klar, dass die Anwohner einfach nirgendwohin zurückkehren können, entgegen der Behauptungen der Propagandisten, die Assads „Befreiungskrieg“ lobpreisen. Noch befreit dieser Krieg nur die Gebiete von dem syrischen Volk, wie wir das am Beispiel dieses winzigen Städtchens Kinsabba in den syrischen Bergen nahe der Küste sehen können.
Der Aufnahmeort:
Die Kamera ist Richtung Norden gerichtet. Links von der Explosion, am Hang, ist ein weißes Häuschen mit einem roten Dach zu sehen.
Dieses halb zerstörte Gebäude steht rechts von der Straße. Der Beschuss von rechts ist nicht möglich – vor ihm schützt das und das Nachbargebäude. Rechts nämlich, in 15 Kilometern Entfernung, befinden sich die Stadt Dschisr asch-Schughur, welche sich unter der Kontrolle der Rebellen befindet.
Eine derartig große Beachtung arabischer Schriftzüge, die auf gegen Assad kämpfende Gruppierungen hinweisen, ist überhaupt nicht überzeugend, es ist eine grobe Inszenierung erkennbar. In solch einem kleinen Radius und derartig viele Schriftzüge, die auch noch zu verschiedenen islamischen Bewegungen gehören?! So etwas gibt es nicht. Auch die Idee für die Inszenierung des Beschusses von diesem Ort durch Syrer vom türkischen Gebiet aus, ruft große Zweifel hervor.
Fassen wir es zusammen.
Russische Kämpfer der Informationsfront haben versucht, die nächste PR-militärische Kampagne durchzuführen, ähnlich der Praxis im Donbass. Es wurden extra Journalisten nach Syrien eingeflogen, die augenscheinlich alle für das eigene System arbeiten, solche wie der pseudobulgarischer Journalist. Es wurde gründlich die Inszenierung eines Beschusses ausgearbeitet und offensichtlich einige Granaten oder Minen gesprengt. Die Menschen wurden tatsächlich in die vor Kurzem durch Regierungstruppen eingenommene Stadt Kinsabba gebracht, die wie andere Städte Syriens durch ununterbrochene Beschüsse und Bombardements von Pro-Assad-Kämpfern und russischen Soldaten zerstört wurde. Sie waren nicht zu faul Aufnahmen vor Ort zu machen, verrieten sich jedoch durch Kleinigkeiten – dem Verhalten der Menschen, der unglaubwürdigen Arbeit des Kameramannes und der Auswahl an Bildausschnitten.
UPD
Später wurde herausgefunden, dass im gestellten Video des Beschusses der RT-Journalisten der Leiter des Presse- und Informationsdienstes des russischen Verteidigungsministeriums Kananschenkow I. E. beteiligt gewesen ist – er war es ohne die Schutzweste und Helm (Quelle). In den Aufnahmen des Senders RT trägt er keine Matrosenjacke, in den Aufnahmen von Russia.HD hingegen schon. Das bedeutet, dass die Inszenierung höchstwahrscheinlich nicht in einer Einstellung gedreht wurde.
Ihr solltet gründlicher arbeiten, Genossen Propagandisten. InformNapalm nimmt euch genau unter die Lupe!
- Fortsetzung unter folgendem Link: „Russische PsyOPs in Syrien und die Beteiligung deutscher Journalisten an der Kremlpropaganda“
Dieses Material wurde von Kateryna Jaresko und Dmitry K. exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Kateryna Matey. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
CC BY 4.0
One Response to “Eine Analyse der russischen Informationsoperation in Syrien. Inszenierte Beschüsse”
12/03/2016
Russische PsyOPs in Syrien und die Beteiligung deutscher Journalisten an der Kremlpropaganda - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Eine Analyse der russischen Informationsoperation in Syrien. Inszenierte Beschüsse […]