Kürzlich haben wir eine detaillierte Analyse der russischen Informationsoperation in Syrien veröffentlicht, die von einigen Massenmedien aufgegriffen wurde. Anschaulich haben wir in unserer Untersuchung gezeigt wie die russische Seite Angriffe inszeniert, um die russische und internationale Öffentlichkeit auf dem Informationswege psychologisch zu beeinflussen. Auch haben wir das Geheimnis der Teilnahme eines bulgarischen Journalisten an dieser Informationsoperation des Kremls gelüftet, der in Moskau wohnt und seinen Uni-Abschluss ebenfalls dort gemacht hat. Zum Höhepunkt unserer Untersuchung wurde die Identifizierung des Verwaltungsleiters des Pressedienstes des Verteidigungsministeriums Russlands Igor Konaschenkow, der im Video mit dem inszenierten Angriff figurierte. Nach der Publikation von InformNapalm wurde ihm eine Rüge mit folgender Formulierung erteilt:
„Wegen unzureichender Vorsichtsmaßnahmen bei der Arbeit mit den Vertretern der Medien auf dem Gebiet der Ausführung von Spezialaufgaben“
Wobei wir wissen, dass der wirkliche Grund für diese Rüge gerade der Informationsleak über die Inszenierung des Angriffs war, der die geplante Informationsoperation Russlands vereitelt hatte.
Die internationale Freiwilligengemeinschaft InformNapalm hat währenddessen neue Fakten untersucht, die nach unserer Publikation ans Tageslicht gekommen sind und fand neue Details. Diese weisen auf gewisse Personen hin, die man wohl als Instrumente des Kremls bei der Durchführung von psychologischen Operationen bezeichnen kann (PSYOPs), die auf die Bildung einer bestimmten öffentlichen Meinung in Interessen der Russischen Föderation im Ausland gerichtet sind.
Lasst uns ersteinmal zwei Videos bezüglich der Inszenierung eines „Angriffs auf Journalisten in Syrien“ analysieren, in denen Aufnahmen vorhanden waren, die aus einem anderen Winkel gedreht worden waren:
Video Nr. 3, Reportage von Westi (Kanal Rossija-24): LINK, LINK
Lasst uns doch diese Videos vergleichen. Nehmen wir mal den Moment der Anfahrt des BTR-Radpanzers. Im ersten Video sehen wir an einer Wand zwei Menschen stehen: Einen in Uniform (im ersten Teil der Untersuchung haben wir vermutet, dass es höchstwahrscheinlich der Generalmajor Igor Konaschenkow ist) und einen Menschen im blauen Hemd.
Das Video Nr. 2 beginnt damit, dass der Mensch im blauen Hemd durchs Bild huscht und bei der Anfahrt des BTRs niemand an der Wand steht.
Video Nr. 3: An der Wand steht ein Mensch im blauen Hemd, der Militärangehörige fehlt aber:
Das sind zusätzliche Fakten, die darauf hinweisen, dass die Inszenierung in mehreren Takes gedreht worden war. Dem Verhalten der Menschen an der Wand im ersten und dritten Video nach zu urteilen, kann man sich eine Meinung über das wahre Ausmaß der „Bedrohung“ bilden. Manche Menschen (ohne jeglichen Schutz) stehen absolut ruhig herum, während andere im Staub herumkriechen und dabei Angst vorgaukeln.
Schauen wir uns doch einen anderen Moment an: Im Video Nr. 1 kriecht niemand im Staub auf der Straße bei dem Gebäude herum und liegt auch nicht am Boden während der Anfahrt des BTR – die Menschen haben sich hinter dem Gebäude versteckt und warten.
Im Video Nr. 2 sehen wir einen Mensch, der „heroisch“ im Staub herumkriecht, vor dem Eintreffen des BTRs. In diesem Bild liegt er am Straßenrand rechts. Seine Lage ist genau gegenüber dem Kameramann des ersten Videos – im zweiten Video sehen wir ihn aber nicht. Genauso wie das Vorhandensein von verschiedenen Menschen an der Wand links im Bild auch davon spricht, dass hier mehrere Takes gedreht worden waren.
Das Interessanteste hier ist, dass im Video Nr. 3, der Reportage von Rossija-24, internationale Journalisten zu sehen waren, die durch ihre Anwesenheit von dieser inszenierten Show ablenken sollten. Die Untersuchung von InformNapalm beweist, dass sie an dieser Inszenierung der russischen Medien-Aggressoren zweckgebunden teilgenommen haben. Wahrscheinlich waren sie sich sehr wohl bewusst, dass sie an einer Show teilnehmen. Die Journalisten haben dabei gesehen, dass für diese Inszenierung ein Wohnviertel unter Beschuss genommen wurde, also haben sie an einem Kriegsverbrechen unmittelbar teilgenommen. Interessanterweise hatte der bulgarische Journalist Boris Ansow (detaillierter im ersten Teil), der damit beschäftigt ist, russische Propaganda im Informationsraum von Bulgarien zu verbreiten, dem Außenminister Russlands kürzlich ein Geschenk überreicht und später dessen Statement über Bulgarien veröffentlicht, welches Sergei Lawrow mit der „geliebten und brüderlichen Ukraine“ verglich, was vor dem Hintergrund des Krieges und einer direkten militärischen Aggression besonders zynisch aussieht.
In diesem Teil der Untersuchung inszenierter russischer Angriffe war es für uns interessant dem Leser eine neue Person vorzustellen: Christoph Wanner vom deutschen Privatsender N24, den die Moderatoren in der russischen Reportage bedeutungsschwer als „staatlich“ bezeichneten.
Christoph Wanner arbeitet schon lange für die deutschen Medien und jedes Mal findet er sich komischerweise in der Interessenszone der Russischen Föderation wieder, wobei er stets mit der Desinformierung der deutschen Öffentlichkeit beschäftigt ist.
So war er 2008 in Georgien und sendete aus diesem Land Mitteilungen über die Stärke der russische Armee, die Unlust der Menschen zu kämpfen und die Unzufriedenheit der Georgier über die Politik von Saakaschwili, also im Grunde die übliche Palette der russischen Propaganda. Übrigens führte er damals seine Reportagen aus Tbilisi und verzichtete darauf, in das Kampfgebiet zu fahren:
– In die Konfliktzone sind Sie doch gar nicht gefahren. Warum? Hatten Sie keine Möglichkeit?
– Ich kann sagen, warum. Weil ich mich um mein Leben fürchte. Ich kann in Tbilisi arbeiten, wo alles mehr oder weniger unter Kontrolle ist. Aber nach Zchinwali fahre ich aus dem einfachen Grund nicht, weil ich kein Wahnsinniger bin (Link).
Hmm… Nach Syrien ist er ja doch gefahren, direkt unter Beschüsse… Hat er etwa Sicherheitsgarantien bekommen? Vielleicht gar von den Organisatoren dieser Veranstaltung?
Im Frühling 2014 findet sich Christoph ein weiteres Mal an der Spitze der russischen Interessensvertretung wieder, wobei er erzählt, dass die Regierung der Ukraine die Lage im Land nicht bewältigen kann, die ukrainische Armee nicht genug Kräfte besitzt, um die Kontrolle über die östliche Region herzustellen und nimmt somit im Grunde die russische Aggression vorweg und rechtfertigt die russische Gewalt gegen die Ukraine: Link, Link, Link, Link.
Unter diesen Links gibt es noch zwei Interviews von Herrn Wanner an russische Medien zur Situation in Syrien: Link, Link
Und nun befindet sich der gleiche Journalist in Syrien, wo eine psychologisch-informative Operation abläuft, die er nicht nur in einem für Russland günstigen Licht darstellt, sondern selbst aktiv an dieser Inszenierung teilnimmt. Womöglich ist Christoph längst damit beschäftigt, Daten für die russischen Geheimdienste zu sammeln, aber das sollten wohl eher die deutschen Nachrichtendienste prüfen.
Übrigens reicht es den Journalisten von Rossija-24 gar nicht mehr, ein gefaketes Ereignis zu erschaffen und dieses als Realität auszugeben – sie lügen bereits bei Kleinigkeiten. So wird in der genannten Reportage gesagt, dass es bis zur Türkei 3 Kilometer sind, wenn man sich aber die Karte anschaut, sieht man, dass der Abstand zur nächstliegenden Grenze 7 Kilometer beträgt.
Die Lüge – das ist eine Systemkrankheit der russischen Medien. Das verstehen viele Sicherheitsspezialisten und Mitarbeiter der Medien auf der ganzen Welt sehr wohl. Wir haben ein positives Beispiel gesehen, als die Berliner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen eine Reportage des russischen Fernsehens eingeleitet hat.
Wir hoffen, dass diese Untersuchung die Aufmerksamkeit von europäischen Journalisten-Bündnissen weckt, die die Tätigkeit ihrer Mitarbeiter vom Standpunkt der Berufsethik aus betrachten. Auch hoffen wir auf die Aufmerksamkeit kompetenter staatlicher Behörden Deutschlands, Bulgariens und anderer NATO-Strukturen, die diesem Vorgehen eine entsprechende Bewertung hinsichtlich der Sicherheit und Stabilität nicht nur in der nahöstlichen Region, sondern auch in Westeuropa geben können.
Dieses Material wurde von Kateryna Jaresko, Dmitry K. und Michail Kusnezow exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
CC BY 4.0
2 Responses to “Russische PsyOPs in Syrien und die Beteiligung deutscher Journalisten an der Kremlpropaganda”
12/03/2016
Eine Analyse der russischen Informationsoperation in Syrien. Inszenierte Beschüsse - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Fortsetzung unter folgendem Link: “Russische PsyOPs in Syrien und die Beteiligung deutscher Journalisten an der Kremlpropaganda&… […]
01/02/2017
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