Am 6. März 2018 stürzte ein militärisches Transportflugzeug An-26 der russischen Armeegruppe in Syrien bei der Landung am Flugplatz Hmeimim ab. Am Bord befanden sich 39 Menschen: 33 Militärangehörige der Streitkräfte Russlands (26 Offiziere und ein Generalmajor, ein paar Fähnriche und Zeitsoldaten) und sechs Besatzungsmitglieder. Niemand hat den Absturz überlebt.
Diese Meldung wurde sogleich von den meisten russischen Medien verbreitet – das russische Verteidigungsministerium beschloss wohl diesmal sich nicht zu blamieren und erkannte den Flugzeugabsturz an. Was die Ursachen des Absturzes angeht, so ist bislang nicht klar, weshalb das Flugzeug denn abgestürzt ist und und ob es nicht vom Boden aus abgeschossen worden ist. Wobei die russischen Beamten die Version mit dem Abschuss des Flugzeugs laut abstreiten.
Der Flugplatz in Hmeimim liegt in einer Umgebung, die hauptsächlich von gegenüber Assad loyaler Bevölkerung bewohnt ist. Nichtsdestotrotz hätte die im Landeanflug und langsam fliegende An-26 zu einem Ziel für einen einsamen Scharfschützen werden können oder Teile des Flugzeugs hätten mit einer kurzen MG-Garbe beschädigt werden können, weshalb die Piloten keine Zeit hatten, darauf zu reagieren.
Wie dem auch sei, aber nach den Worten von Augenzeugen, landete das Flugzeug mit einer Seitenneigung, es wurde geschüttelt und erfasste angeblich irgendwelche Bauten am Boden. Höchstwahrscheinlich wird das russische Verteidigungsministerium weiterhin über technische Probleme erzählen und jegliche Version über einen Bodenbeschuss abstreiten.
In Syrien wurden dabei bislang zumindest zwei An-26 gesichtet: zum einen, ein Flugzeug mit der Bordnummer RF-36162/26 („26 rot“). Gerade diese Fotos wurden als Titelbilder der Meldungen über diesen Absturz in russischen Medien benutzt. Dieses Flugzeug brachte letztes Jahr Journalisten nach Aleppo. Sein Baujahr ist 1980 – es wurde also ganze 38 Jahre alt. Ein solides Alter… Obwohl russische Militärflugzeuge sorgfältiger geprüft und bedient werden, sollte man die übliche russische Fahrlässigkeit und die allgemeine Abgenutztheit der Flugzeuge nicht vergessen. Das andere russische An-26-Flugzeug, das in Syrien gesichtet wurde, hat die Bordnummer RF-939996/24 und ist vom Baujahr 1979. Also noch ein Jahr älter.
Letztes Jahr kümmerte sich die russische Regierung, nach Kräften der russischen Könner, um die Verlängerung der Betriebsfähigkeit der Antonov-Flugzeuge. Natürlich führen die Russen Reparaturen auch unter Feldbedingungen aus, aber einen offiziellen Betriebswerksstempel haben diese Flugzeuge nicht. Zum heutigen Tag fliegen in Russland 236 Flugzeuge des Typs An-24 und An-26. Laut dem The Military Balance 2016 sind in der russischen Armee über 100 An-26-Flugzeuge im Betrieb.
An-26 ist die Grundlage des russischen militärischen Transportflugwesens. Diese Flugzeuge wurden zwischen den Jahren 1969 und 1985 gebaut. Das „jüngste“ AN-26 wird dieses Jahr schon ganze 32 Jahre alt. Gesondert sollte man anmerken, dass sich in den letzten drei Jahren die russischen militärischen Transportfliegerkräfte mit der Versorgung der russischen Gruppierung in Syrien beschäftigten. Per Seeweg wird aus Noworossijsk und der Krim die Lieferung von Militärgerät gewährleistet, sowie mit dem sogenannten „Syrischen Express“. Der Transport des Personalbestands und die Frachtlieferung werden dabei von der russischen Luftwaffe gewährleistet.
Die Großfracht, die Verwundetentransporte oder die eilige Verlegung von neuen Rotationen werden mit An-124-Flugzeugen (Bordnummern: RA82035 und RA82010) und den IL-76 (RA76762, RF78850, RA78840, RF78805, RF76740, RF76745, RF78810, RA78847, RA78794, RF78797, RA78830, RF76739 und andere) gewährleistet. Die tägliche Frachtlieferung nach Syrien kann man auf Twitter bei dem User @galandecZP beobachten.
Nach Syrien fliegen auch ein paar Flugzeuge des Typs IL-62 (RA86559, RA86561 und RA86495) – meistens werden damit Generäle und VIP-Besucher transportiert. So landete am 5. März 2018 das Flugzeug mit der Bordnummer RA86561 in Damaskus, und bereits am nächsten Tag berichteten die Medien über die Ankunft des Generalstabsleiters der russischen Streitkräfte Walery Gerassimow in Syrien. Womöglich flog am nächsten Tag der Generalmajor Wladimir Jeremejew in der abgestürzten An-26 gerade zu einem Treffen mit Gerassimow.
Nach Syrien fliegen die Russen über Iran und die Türkei. Die Hauptflugplätze für die Landung in Syrien sind Hmeimim (Provinz Latakia) und Damaskus. In Syrien fliegen noch immer Zivilflugzeuge (zum Beispiel Syrian Air und wahrscheinlich FlyDamas), sie landen in Aleppo und Qamischli (faktisch an der türkischen Grenze).
An diesem Tag flog die An-26 die Route Kuweyres (Aleppo) – Hmeimim (Latakia). Das ist eine kurze Flugroute, etwas weniger als 200 Km. Solche lokalen Flüge führte die An-26 in der letzten Zeit in Syrien aus – so eine Art Taxi für die Offiziere der russischen Armeegruppierung in Syrien. Allem Anschein nach wurden Generalmajor Jeremejew und die Stabsoffiziere eilig aus Aleppo zu einem Treffen mit dem Generalstabsleiter Gerassimow gerufen. Der Landweg nimmt viel mehr Zeit in Anspruch und ist noch immer gefährlich, darum nahm man wohl ein Flugzeug. Aber auch das hat sich als unsicher erwiesen und am Ende flogen aus Syrien nach Russland nur weitere „Gruz-200“.
Am späten Abend des 6. März tauchte auf Instagram des Users morozov_iakov ein Foto mit einer Liste der Personen, die angeblich an Bord der An-26 anwesend waren.
Wahrscheinlich geriet gerade diese Personalliste in die Hände von Journalisten der russischen Zeitung RBK. Die Journalisten schrieben: „Die Authentizität dieser Namensliste wurde uns von drei Quellen im Verteidigungsministerium bestätigt. Insgesamt befanden sich nach Angaben des Verteidigungsministeriums 39 Menschen an Bord. Zum jetzigen Zeitpunkt sind aber nur 31 Namen von Verstorbenen bekannt“.
Namensliste:
1. Major S.G.Smirnow
2. Oberleutnant D.W.Safronow
3. Oberleutnant M.A.Panow
4. Oberleutnant K.N.Altunin
5. Oberleutnant A.W.Osipkin
6. Oberleutnant Jepifanow
7. Generalmajor W.G.Jeremejew
8. Kapitän des 1. Ranges A.M.Satschuk
9. Kapitän des 1. Ranges M.A.Moisejew
10. Oberst S.W.Fedun
11. Major A.L.Morosow
12. Oberfeldwebel S.W.Luschkow
13. Fähnrich M.A.Grigorjew
14. Kapitän K.A.Gorban
15. Kapitän E.S.Gaidarchanow
16. Unterleutnant A.I.Below
17. Oberfeldwebel S.M. Bogatyrew
18. Major M.I.Maunew
19. Kapitän A.A.Pylenok
20. Kapitän S.W.Scheinzywt
21. Major E.W.Tschagin
22. Oberfähnrich S.W.Grabowsky
23. Kapitän A.W.Trufanow
24. Major D.I.Kukuschkin
25. Oberleutnant A.A.Schewtschenko
26. Gefreiter I.K.Kolomojzew
27. Major W.W.Mikrjukow
28. Sanitätsdienst-Kapitän N.B.Rasputin
29. Feldwebel E.A.Sereschenkow
30. Unterfeldwebel B.R.Tschapdarow
31. Oberleutnant G.S.Lewtschuk
Komischerweise fehlen bei Oberfeldwebel Jepifanow die Initialen.
Auf dem Instagramprofil des Users yelansky_garnizon tauchten bereits die ersten Beileidsbekundungen mit der Erwähnung der Militärangehörigen aus der angeführte Liste auf:
In dem Beitrag wird mitgeteilt, dass sich unter den Toten ehemalige Militärangehörigen aus dem Jelan-Ausbildungszentrum sind: Major W.W.Mikrjukow und Major D.I.Kukuschkin.
Die Blogger-Aufklärer in sozialen Netzwerken sind dabei dieser Liste gegenüber misstrauisch und suchen weiterhin nach Bestätigungen oder Dementierungen.
Dieses Material wurde von Anton Pawluschko exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel.
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