Anfang August gab es im Lauf der Militärmanöver der russischen Streitkräfte auf der Krim einen Vorfall: Mehrere Militärangehörige haben ein Verbrechen begangen und daraufhin die Fahnenflucht ergriffen.
„Wegen eines Verbrechens in der Stadt Armjansk werden 5 Personen gesucht, die sowohl mit Autos als auch zu Fuß unterwegs sind. Alle sind in Tarnuniform gekleidet, auf der Tarnuniform sind Chevrone mit der Flagge Russlands und einer Raute im unteren Teil zu sehen,“– eine solche Personenbeschreibung ging bei allen Polizeidienststellen der Krim am 7. August ein (Archiv).
Die beschriebenen Merkmale – Chevron, Rhombus und die Flagge der Russischen Föderation – weisen auf das moderne Abzeichen der Luftlandetruppen Russlands hin (Archiv).
Die ganze Welt schaut dem russischen Muskelspiel zu, das Russland so aufdringlich auf der Krim demonstriert. Anzuerkennen, dass in den Streitkräften der Besatzer eine sehr schwache Disziplin herrscht und die Fallschirmjäger ihre Dienststellen in ganzen Gruppen verlassen, wäre sehr schmerzhaft für das russische Image, darum wird die Information über die Deserteure schnell unterdrückt, im Norden der Krim wird das Internet abgeschaltet (damit keine weiteren Infos ins Netz gelangen) und hastig wird das Szenario der Beschuldigung der Ukraine an der Vorbereitung eines Terroranschlags verwirklicht. Als „Diversant“ wird dem Publikum statt der „großen athletischen jungen Männer“ (wie in der Beschreibung des Innenministeriums) ein 140 Kilo schwerer Einwohner von Saporischschja präsentiert, der zum „Terroristen“ erklärt wird, um den außerordentlichen Vorfall in den Truppen während der „Antiterror“-Manöver zu vertuschen. Die Version, die zwei Fliegen mit einer Kappe schlagen sollte, fängt aber an aus allen Nähten zu platzen. Im Netz tauchen immer weitere Angaben auf.
So deutet die Meldung über den Tod des Militärangehörigen des 246. Luftlanderegiments Semjon Sytschew (archiviertes Profil und Fotoalbum), der vom Blutverlust infolge der nichttödlichen Verletzungen starb, darauf hin, dass der Militärangehörige entweder zur Gruppe der Deserteure (Dienstkollegen aus dem 247. Luftlanderegiment) gehörte oder aber bei ihrer Festnahme in einen Konflikt mit dieser Gruppe geraten war.
Auch ist die offizielle Stellung Moskaus äußerst seltsam: Der Fallschirmjäger wurde nicht post mortem ausgezeichnet, was indirekt den „nicht heldenhaften“ Tod durch die Kugeln im Lauf eines inneren Zusammenstosses bestätigt. Womöglich war der Fallschirmjäger einer der Deserteure, der bei der Festnahme verletzt wurde. Denn selbst die russischen Militärangehörigen, die heimlich in Syrien und im Donbass kämpfen, zeichnet das russische Militärkommando ziemlich zeitnah mit Medaillen aus. Die Situation mit dem getöteten Speznas-Soldaten des FSB ist ähnlich seltsam. Bislang gibt es nur die unbestätigte Information, dass sein Name Roman Kamenew ist. Es gibt hier weder eine offizielle Erklärung der russischen Behörden noch eine Auszeichnung des „Vaterlandsverteidigers“, trotz der großen Resonanz und medialer Aufblähung dieses Vorfalls auf der Krim.
Es ist offensichtlich, dass in einem Fall mit Deserteuren und dem Tod von Militärangehörigen nicht zuletzt die verbrecherische Fahrlässigkeit der Kommandeure der russischen Streitkräfte eine Rolle spielt. Die Kette der gegenseitigen Deckung und Vertuschung von Verbrechen zieht sich von unmittelbaren Kommandeuren und Offizieren des 247. Luftlanderegiments bis hin in die hochrangigen Büros der Generäle, die die Entscheidung getroffen haben, aus einem Zwischenfall während der „Antiterror-Manöver“ einen Präzedenzfall zu kreieren, der zu einem Anlass für einen allumfassenden Krieg werden könnte. Womöglich könnten Journalisten, die entsprechende Untersuchungen einleiten und nach Insidern im 247. Luftlanderegiment suchen, ein Licht auf die seltsamen Tode dieser Militärangehörigen werfen.
Das russische 247. Luftlanderegiment wurde übrigens mehrmals zum Gegenstand der Untersuchungen von InformNapalm wegen seiner Beteiligung am Krieg im Donbass:
- „Der verurteilte russische Offizier der Luftlandetruppen wurde für die Teilnahme am unerklärten Krieg gegen die Ukraine rehabilitiert und befördert“ (vom 1.04.2015)
- „247. Luftlanderegiment der 7. Division der russischen Luftlandetruppen befindet sich in der Ukraine“ (vom 11.09.2014)
- „Die ukrainische „Dienstreise“ des 247. Luftlanderegiments der russischen Streitkräfte“ (vom 29.11.2015)
- „Gemischte Bataillonskampfgruppe des 247. Luftlanderegiments und der 4. Panzerdivision übt das Zusammenspiel an der Grenze zur Ukraine“ (vom 26.03.2015)
Dieses Material wurde von Michail Kusnezow und Roman Burko exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
CC BY 4.0
2 Responses to “Russische Manöver auf der Krim: Deserteure des 247. Luftlanderegiments”
27/08/2016
Ein Oberst des 247. Luftlanderegiments der russischen Streitkräfte befehligt die "LVR"-Terroristen - InformNapalm.org (Deutsch)[…] auch im Lauf der letzten Manöver russischer Streitkräfte auf der besetzten Krim auf sich aufmerksam. Ferner wurden sie mehrmals im ukrainischen Donbass registriert. Zu Subjekten unserer […]
17/01/2017
Ein Geheimheld: Wie die Vertreter der russischen Bodentruppen in Syrien von der Kremlpropaganda "vergessen" werden - InformNapalm.org (Deutsch)[…] auch der in Syrien gefallene Marat Achmetschin und der in der Krim gefallene Gefreiter der Garde Semjon Sytschew aus Primalkinskoje […]