
Im Laufe einer weiteren OSINT-Untersuchung hat InformNapalm neue Beweise für die Teilnahme einer Gruppe Militärangehöriger der 15. selbstständigen motorisierten Brigade (SMSBr) der russischen Streitkräfte (Militäreinheit 90600, Ort Roschtschinski, Bezirk Wolga, Gebiet Samara, Russland) an Kriegshandlungen gegen die Ukraine im Donbas und an der Militäroperation zur Krim-Okkupation gefunden. Es wurden persönliche Daten von 10 russischen Militärangehörigen ermittelt, die außer Fotos aus dem Donbas auch folgende Kampfauszeichnungen besitzen: 3 Medaillen „Für die Tapferkeit“ und 4 Medaillen „Für die Rückkehr der Krim“.
Trotz eines Verbots seitens der obersten russischen Militärführung hinterlassen russische Militärangehörigen weiterhin Spuren ihrer Kriegsverbrechen in sozialen Netzwerken. Mit den psychologischen Aspekten dieses Verhaltens haben wir uns bereits in unseren früheren Publikationen auseinandergesetzt. Militärangehörige der 15. SMSBr geraten dabei öfter als andere in unsere OSINT-Netze. Der russische Geheimdienst versucht zwar den Datenleck zu unterbinden, doch dieser Prozess ist dermaßen chaotisch, dass die von unserer Gemeinschaft gesammelten Angaben seit 2014 und bis heute Anhaltspunkte für neue Ermittlungen liefern.
Früher fokussierten wir uns auf der Identifizierung von bestimmten Einheiten des russischen Militärs, den Bewaffnungstypen und der Geographie der Ereignisse. Jetzt füllen wir unsere Datenbanken auch mit den persönlichen Daten derjenigen Militärangehörigen, die an der Invasion in die Ukraine beteiligt und als Wehrexperten und Kuratoren in den illegalen Bandenformationen präsent waren.
Unseren Beobachtungen zufolge standen im Sommer-Herbst 2014 zwei bataillon-taktische Gruppen der 15. SMSBr des Zentralen Militärbezirks der RF, die auch als „Friedensstifter“ bezeichnet werden, zusammen mit regulären Einheiten des Südlichen Militärbezirks in der Avantgarde der russischen Invasionskräfte. Die Anwesenheit dieser „Friedenstruppen“ im Donbas folgt der Absicht der russischen Führung, den Krieg im Donbas als Bürgerkrieg darzustellen. Es wurde erwartet, dass sie zu einem günstigen Zeitpunkt als Vermittler und Friedensstifter legalisiert werden. Dadurch sollte die Ukraine gezwungen werden, sich an den Verhandlungstisch mit deMarionetten-“Separatisten“ zu setzen. Der Konflikt sollte dadurch für Jahrzehnte eingefroren werden und einen Druckmittel darstellen. Dieselbe Methode wandte Russland sowohl in Georgien (Region Zchinwali (sog. Südlicher Militärbezirk) und Abchasien) als auch in Transnistrien an.
Der „Kampfweg“ der 15. SMSBr
Wir haben den Kampfweg von „Friedensstiftern“ aus Samara schon öfters zurückverfolgt und in Dutzenden Ermittlungen analysiert (siehe die Liste am Ende des Artikels). Es gibt Beweise für deren Beteiligung an der Operation zur Krim-Invasion im Frühling 2014. Danach wurde eine taktische Gruppe der Brigade in den russischen Gebieten Belgorod und Woronesch gesichtet. Ihre Aufgabe war zu dem Zeitpunkt in die Ukraine einzudringen, sobald die „Charkiwer Volksrepublik“ ausgerufen und ein neuer Brennpunkt des Separatismus auf dem Territorium der Ukraine entstehen würde. Da aber das Projekt „ChVR“ gefloppt war und die ganze Last des Widerstands dem Donbas zufiel, wurden die „Friedensstifter“ aus Samara in einem Basislager der Rostower-Invasionstruppen stationiert. Das Lager wurde in unmittelbarer Nähe zur Grenze mit der Ukraine aufgeschlagen – im Bezirk Kamenski des Gebiets Rostow, Russland. Dies gewährleistete den operativen Einsatz der Brigade sowohl in Luhansker als auch Donezker Richtung. Die Militärangehörigen dieser Brigade änderten permanent die Aufschriften „Friedensstifter“ auf ihrem Militärgerät auf die Symbolik „Neurusslands“ und wieder zurück. Dieser Prozess wurde an der Chronologie der Veröffentlichung von Fotos in sozialen Netzwerken zurückverfolgt.
Neue Untersuchungsobjekte
In der nachfolgenden Untersuchung basiert die Identifizierung von Donbas-„Veteranen“ der 15. SMSBr auf der Analyse der Bilder und persönlicher Daten aus sozialen Netzwerkprofilen von 10 Militärangehörigen dieser Militäreinheit. Die erste Identifizierung wurde anhand eines Bildes aus dem Jahr 2014 aus dem Album eines Zeitsoldaten der 15. SMSBr namens Alexej Koslow (s.1, 2), durchgeführt. Zur Erinnerung: Der Befehlshaber der Einheit Koslow schaffte es bereits zwei Mal im Donbas aufzufliegen. Beim zweiten Mal – im Jahre 2015 in der Rolle eines „DVR“-Kämpfers.
Nach Ergebnissen der Analyse des Gruppenbildes von Koslow und der Angaben aus seinem Profil ist es uns gelungen, weitere Kriegsverbrecher aus den Reihen der russischen Armee zu identifizieren.
Namensliste
1. Sergei Sosnin
Geboren in der Stadt Otschjor, Region Perm, Russland. Seinen Wehrdienst leistete er 2010-2011 bei den Luftlandetruppen der russischen Armee ab. Seit 2014 dient er als Zeitsoldat bei der 15. SMSBr. In sozialen Netzwerken: VK (archiviertes Profil, Album, Kontakte).
Sosnin konnte man anhand des Gruppenbildes von Koslow identifizieren. Und obwohl Sosnin in sozialen Netzwerken ziemlich vorsichtig ist, haben wir in seinem Album ein Foto (Datum der Veröffentlichung: 18. September 2014) gefunden, auf dem er auf einem Panzerfahrzeug BTR-82 sitzt, dessen Bordnummer und taktisches Zeichen übermalt wurden. Außerdem sieht man auf dem Foto auch andere Militärangehörige, die im Donbas gekämpft hatten. Besonders auffällig ist die unvorschriftsmäßige Bekleidung der Zeitsoldaten – sie maskierten sich als „Rebellen“. Es ist uns gelungen, die Nr. 2 – Klimentij Leschnew und Nr. 3 – Alexej Weske zu identifizieren.
2. Klimentij Leschnew
Geboren am 1. Dezember 1992 in der Stadt Wotkinsk, Udmurtien, Russland. Seit 2014 dient er als Zeitsoldat in der 15. SMSBr. In sozialen Netzwerken: VK1 (archiviertes Profil, Kontakte), VK2-Profil inaktiv ab 2015. VK3-Profil inaktiv ab 2016.
In einem Album von Leschnew wurde ein Foto gefunden, auf dem im Hintergrund eine Kolonne mit Panzertechnik zu sehen ist (hochgeladen am 6. Januar 2015). Wegen der übermalten Bordnummern und der unvorschriftsmäßigen Uniform nehmen wir an, dass dieses Foto aus der Zeit von „rostow-ukrainischer Dienstreise 2014″ stammt. Auf dem Foto haben wir die Nr. 3 Alexej Weske und Nr. 4 Michail Taschnikow identifiziert.
3. Alexej Weske
Geburtsdatum: 2. Mai 1992, stammte aus der Ortschaft Oparino, Gebiet Kirow, Russland. Seit 2012 dient er als Zeitsoldat in der 15. SMSBr. In sozialen Netzwerken: VK (archiviertes Profil, Album, Kontakte). In seinem Album wurde ein Foto (hochgeladen am 27. April 2014) mit der Medaille „Für die Rückkehr der Krim“ entdeckt. Unter den anderen Bildern gibt es Aufnahmen vom September 2014 aus dem Basislager der „Friedensstifter“ im an die Ukraine angrenzenden Bezirk Kamenskij (Gebiet Rostow) und aus einem anderen Lager, das sich vermutlich im Donbas befindet.
4. Michail Taschkinow
Geboren im Dorf Jeloga, Bezirk Jurlin, Region Perm, Russland. Im Jahr 2014 war er Zeitsoldat in der 15. SMSBr. In sozialen Netzwerken: VK1 (Archiv des Profils, seit Juni 2014 inaktiv); VK2 (Archiv des Profils, ebenfalls inaktiv seit Juni 2014).
5. Pjotr Trubin / Made Inrussia
Im Jahr 2014 war er Zeitsoldat in der 15. SMSBr. In sozialen Netzwerken: VK (archiviertes Profil, Album, Kontakte). Im Album von Trubin gibt es Fotos, die 2015-2016 hochgeladen wurden. Sie zeigen seine „rostow-ukrainische Dienstreise 2014″. Unter anderem gibt es dort Fotos aus dem Basislager der „Friedensstifter“ im Bezirk Kamenski (Gebiet Rostow) und ein Bild mit der Medaille „Für Soldatentugend“ II. Grades mit der Auszeichnungsurkunde (Anordnung des Verteidigungsministeriums der RF Nr. 178 vom 24. März 2015).
6. Sergej Andrejew
Geboren am 19. Oktober 1991 in der Stadt Kungur, Region Perm, Russland. Im Jahr 2014 diente er als Zeitsoldat bei der 15. SMSBr.
In sozialen Netzwerken: VK (archiviertes Profil, Album, Kontakte), OK (archiviertes Profil, Album, Kontakte). In Andrejews Alben gibt es Fotos, die 2015 hochgeladen wurden. Sie zeigen ebenfalls die „rostow-ukrainische Dienstreise 2014″. Dazu zählt ein Foto mit Alexej Koslow. Er besitzt auch Fotos mit folgenden Auszeichnungen: „Für die Rückkehr der Krim“ (Anordnung des Verteidigungsministeriums RF Nr. 219 vom 17. April 2014) und die Medaille „Für Soldatentugend“ II. Grades mit einer Auszeichnungsurkunde (Anordnung des Verteidigungsministeriums Nr.178 vom 24. März 2015).
7. Wladimir Prochorow
Geburtsdatum: 20. März 1981. Stammt aus der Stadt Kiseljowsk, Gebiet Kemerowo, Russland. Im Jahr 2014 war er Zeitsoldat bei der 15. SMSBr. In sozialen Netzwerken: VK (archiviertes Profil), OK (archiviertes Profil, Album, Kontakte). Prochorow wurde auf dem Gruppenfoto von Alexej Koslow identifiziert. Mehr noch, in einem von seinen Profilen bewahrt Prochorow ein Album mit Fotos aus derselben Serie auf, die Ende 2014 hochgeladen wurden. Auf einem Bild sind sogar die „beteiligten Personen“ aufgelistet, was uns ermöglichte, eine zusätzliche Überprüfung von Mitwirkenden durchzuführen und einige früher unbekannte Personen aufzudecken: Sergej Andrejew ( Person Nr. 6 mit einem aktiven Link zu seinem Profil), Gafur EtJa (W. Prochrow), Seliman (Person Nr. 7 Selimanow), Koslow (die Quelle und der „Initiator“ dieser Untersuchung), Sosna (Person Nr. 1 – Sosnin), Tarlan, Max, Petrucco (Person Nr. 5 Trubin), Schabalin (Person Nr. 9 Schabalin) und Choma.
8. Ewgenij Selimanow
Geboren am 18. Januar 1995 in der Stadt Pensa, Russland. 2014 diente er als Zeitsoldat bei der 15. SMSBr. In sozialen Netzwerken: VK (archiviertes Profil, Album, Kontakte), OK (archiviertes Profil, Album, Kontakte). In seinen Alben bewahrt er ein Foto mit der Medaille „Für die Rückkehr der Krim“ (hochgeladen in April 2014) auf. Außerdem besitzt er Fotos, die seine „ukrainische Dienstreise“ 2014 (hochgeladen im Dezember 2014) zeigen, darunter auch dasselbe Gruppenfoto, wie bei Alexej Koslow. In seinen Alben sind auch mehrere Bilder vorhanden, auf denen ausgerüstete Kampfstellungen abgebildet sind, vermutlich wurden sie im Donbas aufgenommen.
9. Grigorij Schabalin
Geboren am 12. Juni 1988 in der Ortschaft Kobra, Nagorskij Bezik, Gebiet Kirow, Russland. 2014 diente er als Zeitsoldat bei der 15. SMSBr. In sozialen Netzwerken: OK (archiviertes Profil, Kontakte). Er wurde auf dem Gruppenfoto von Alexej Koslow identifiziert. Er wurde auch in einem Kommentar von der Person Nr. 7 Prochorow erwähnt.
10. Anton Slesin
Geboren am 21. Februar 1990. Stammt aus der Stadt Kamensk-Uralskij, Gebiet Swerdlow, Russland. 2014 diente er als Zeitsoldat bei der 15. SMSBr.
In sozialen Netzwerken: VK (archiviertes Profil, Album, Kontakte), VK2 (archiviertes Profil, Album, Kontakte, seit 2015 inaktiv), OK (archiviertes Profil, Album, Kontakte). Identifiziert auf einem Foto aus 2014, auf dem ein Panzerfahrzeug mit der Aufschrift „LVR“ zu sehen ist. Dasselbe Foto bewahrt er in seinem Album auf. In Slesins Alben wurden außerdem folgende Auszeichnungen gefunden: Bilder von der Medaille „Für die Rückkehr der Krim“ und der Medaille „Für Soldatentugend“ II. Grades mit Auszeichnungsurkunde (Anordnung des Verteidigungsministeriums Russlands Nr. 178 vom 24. März 2015).
Schlussfolgerung
Die in dieser Untersuchung präsentierten zehn Kriegsverbrecher der 15. SMSBR der Streitkräfte Russlands sind nur ein kleiner Teil der identifizierten „Friedensstifter“. InformNapalm hatte bereits weitere 15 Militärangehörige dieses Truppenverbandes identifiziert, was auf das Ausmaß der Hinzuziehung von Militärangehörigen dieser Brigade zu Kampfhandlungen gegen die Ukraine hindeutet. Im Durchschnitt gerät jeder zehnte Teilnehmer der Kampfhandlungen im Donbas ins Sichtfeld unserer OSINT-Ermittler. Da diese Militärangehörigen aber auf die eine oder andere Art alle mit einander verbunden sind, erlaubt es uns, alle an der Aggression beteiligten Personen zu identifizieren – nicht nur dank der OSINT-Untersuchung sondern auch dank anderen Methoden der Informationserfassung. Die Arbeit in dieser Richtung wird fortgesetzt und verliert nichts an ihrer Effektivität – trotz der Versuche der russischen Militärführung die Kontrolle über die Datenleaks in desozialen Netzwerken zu verschärfen.
Zum Thema der Identifikation von Militärangehörigen der 15. SMSBr. der Streitkräfte der RF im Donbas können Sie unter folgenden Links nachlesen:
- Установлены 10 военных из 15-й ОМСБр ВС РФ. Участвовали в захвате Крыма и вторжении на Донбасс
- „Russische „Friedensstifter“ aus der 15. Brigade erneut im Donbass registriert“
- „Militärangehörige der 15. „Friedensbrigade“ der russischen Streitkräfte im Donbass“
- „Die 15. selbständige motorisierte Schützenbrigade der „Friedenstruppen“ an der Grenze zur Ukraine“
- „Back to Basics: Russian Mercenaries Pretend to Be Peacekeepers“
- Возвращение к истокам – 2. Очередное свидетельство перевоплощения российских военных из боевиков ДНР/ЛНР в “миротворцев”
- „Mourning ‘Peacekeepers’ of the 15th Brigade“
- „Eine Abteilung der 15. „Friedensbrigade“ aus Samara ist nun in Millerowo“
- „Russischer Zeitsoldat der 15. SMSBr in Krasnodon gesichtet“
- „Die Mimikry russischer 15. Brigade zu „einheimischen Donbass-Bergarbeitern“
- „Kriegsverbrecher aus der 15. „Friedensstifter“- Brigade. Ineditum“
- Russische „Friedensstifter“ aus der 15. Brigade erneut im Donbass registriert
- Gruz 200: Ein Zeitsoldat der russischen 15. Brigade im Donezker Gebiet vernichtet
Dieses Material wurde von Irakli Komakhidze exklusiv für InformNapalm vorbereitet; Infografik: Alex Alexidze; übersetzt von Zoya Schoriwna/Irina Schlegel.
Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich (Creative Commons — Attribution 4.0 International — CC BY 4.0 )
Wir rufen unsere Leser dazu auf, unsere Publikationen aktiver in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Das Verbreiten der Untersuchungen in der Öffentlichkeit kann den Verlauf von Informationskampagnen und Kampfhandlungen tatsächlich brechen.
Besuchen Sie uns beim Facebook: InformNapalmDeutsch
No Responses to “Zehn Militärangehörige der 15. SMSBr identifiziert, die an der Krim-Besetzung und der Invasion in den Donbas beteiligt waren”