Die Massenunruhen, die am 28. Dezember 2017 in Iran begannen, umfassen bereits über 30 iranische Großstädte inklusive Teheran. Laut offiziellen iranischen Medien wurden bereits 12 Menschen im Lauf der Zusammenstöße getötet, darunter auch Polizisten. Höchstwahrscheinlich wird die Zahl der Toten auch weiter ansteigen – wegen der Spontaneität und Massenhaftigkeit der Ereignisse, die sich in einen bewaffneten Konflikt verwandeln. In sozialen Netzwerken erscheinen bereits Beiträge von iranischen Offizieren, die den Aufständischen ihre Unterstützung zusichern.
Karte der Proteste: iran.liveuamap.com
„Tod Chomeini!“ und „Tod Russland!“
In der Anfangsphase bezogen sich die Proteste ausschließlich auf wirtschaftliche Probleme und die Verschlechterung des Lebensstandards der Menschen im Land, später sind sie aber politisch geworden. Zur Haupttriebkraft der Antiregierungs-Aktionen wurde die Jugend. Die Studenten, die sich an Zusammenstößen gegen die Polizei beteiligen, skandieren Slogans mit Kritik an der Regierung und dem Vorgehen des Anführers des Landes, Ali Chomeini: „Kein Gaza, kein Libyen, mein Leben ist für Iran!“, „Vergesst Syrien und denkt an uns!“. Unter den Slogans gibt es auch radikale „Tod Chomeini!“, „Tod der Hisbollah!“ und „Tod Russland!“. Somit fordern die Aufständischen einen Wechsel der klerikalen Obrigkeit und treten gegen Irans Einmischung in Angelegenheiten anderer Länder. Wenn das theokratische Regime fällt, wird dies ernsthafte Konsequenzen für Situation in Irak, Jemen, Syrien und anderen Ländern der Region haben, denn der syrische Diktator Baschar al-Assad stützt sich gerade auf die Unterstützung Russlands und Irans. Iran ist der Hauptverbündete Russlands im Nahen Osten. Das offizielle Teheran führt auch eine antiisraelische Politik und unterstützt Hisbollah und Hamas.
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Israel hat auf die Situation bereits reagiert. Am Morgen des 2. Januar 2018 teilte der Pressedienst der israelischen Armee auf Twitter mit, dass die israelische Luftwaffe einen Raketenangriff auf ein Militärobjekt der Hamas im Süden von Gaza ausgeführt hat.
In response to the rocket fired towards Israel earlier this evening, an IAF aircraft targeted a military compound belonging to the terrorist organization Hamas in southern Gaza.
The IDF holds Hamas accountable for events in Gaza— IDF (@IDFSpokesperson) 2 января 2018 г.
US-Präsident Donald Trump schrieb am 1. Januar auf Twitter, dass es an der Zeit sei, dass das iranische Volk sich befreit:
Iran is failing at every level despite the terrible deal made with them by the Obama Administration. The great Iranian people have been repressed for many years. They are hungry for food & for freedom. Along with human rights, the wealth of Iran is being looted. TIME FOR CHANGE!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 1 января 2018 г.
Revolution in Iran wird den Regimen in Russland und Syrien einen Schlag versetzen
Der israelische Politologe Avraam Shmulewich nimmt an, dass der Fall eines Verbündeten wie der iranischen Führung sehr fühlbar für den russischen Präsidenten Wladimir Putin sein wird.
„Die heutige iranische Politik, die in Verbindung mit einer ganzen Reihe von militärischen Konflikten steht, kostet riesige Geldsummen und menschliche Opfer. Denn gerade Iran, und nicht Russland, spielt die Hauptrolle in Aufrechterhaltung des Regimes von Baschar al-Assad. Und die Verluste, die Iraner dort tragen, sind sehr empfindlich. Darum nehme ich an, dass selbst wenn die Regierung den Aufstand auf irgendeine Weise niederschlagen sollte, die ausländische Beteiligung Irans sich wahrscheinlich verringern wird, und in diesem Fall wird Assads Regime, das sich auf Iraner stützt, fallen… Interessanterweise gibt es bei dem Aufstand auch den Slogan „Tod Russland!““, schrieb Politologe.
Er merkte auch an, dass die wirtschaftliche und politische Tagesordnung, die zum Auslöser für die Proteste in Iran wurde, zwar der Situation in Russland selbst ähnlich ist (wirtschaftlicher Rückgang, bedeutende Verschlechterung der Lebensbedingungen der Bevölkerung und gleichzeitige Zuverfügungsstellung von großen Geldmengen für Kriege im Ausland), sich aber wahrscheinlich nicht nach dem gleichen Szenario entwickeln könnte.
„Die zivile Gesellschaft in Iran ist viel reifer als in Russland. Dort existiert tatsächlich ein Anspruch auf Demokratie und ich würde sagen, dass auch die iranische Gesellschaft weitaus gebildeter ist als die russische. Darum werde ich wohl auf die Frage, ob die Russen sich am Beispiel der Iraner begeistern und für einen Machtumsturz auf die Straßen gehen könnten, wohl mit Nein antworten. Wenn wir aber die Frage stellen, ob dies dem Regime Putins einen Schlag versetzt, zumindest in einigen Aspekten, so werde ich Ja sagen, zumindest indirekt. Erstens, ist das Regime der Ajatollahs eins der letzten Verbündeten Russlands, und sein Fall wird für Putin sehr empfindlich sein. Die Ereignisse in Iran werden nicht nur auf Russland einen Einfluss haben. Die neue Revolution in Iran wird auch die Situation in Zentralasien radikal verändern, in erster Linie im postsowjetischen Raum sowie am postsowjetischen Südkaukasus, in erster Linie Aserbaidschan. Der Machtwechsel in Iran kann das Regime von Alijew schwächen. Denn in Iran beteiligen sich auch die Aserbaidschaner an den Aufständen gegen die Ajatollahs. Darüberhinaus können die iranischen Ereignisse, falls eine demokratische Regierung an die Macht kommt, auch einen Einfluss auf den russischen Nordkaukasus haben. Denn diese Region ist historisch mit Iran verbunden, und die Iraner verstärken in den letzten Jahren ihren Einfluss dort. Und ein Machtwechsel in Iran kann viele am Nordkaukasus zum Grübeln bringen, und viele werden sich die Frage stellen, warum die Iraner ihre Idioten stürzen können und wir aber nicht. Dieselben Gedanken könnten auch in anderen islamischen Regionen Russlands aufkommen, in erster Linie Tatarstan. Und das alles kann den Prozess der Ablösung von nationalen Republiken von Russland beschleunigen„, betonte Shmulewich.
IranWideStrike
Währenddessen gewinnen die spontanen Protestaktionen in Iran an Fahrt – für heute, den 2. Januar 2018, annoncierten die Demonstranten einen gesamtnationalen Streik. Die Aufständischen rufen Mitarbeiter der staatlichen Behörden und Betriebe dazu auf, sich den Antiregierungsaktionen anzuschließen, ihre Arbeitsplätze zu verlassen und auf die Straße zu gehen. Der Aufruf zum Streik wird über soziale Netzwerke verbreitet, und der Hashtag #IranWideStrike wird auf Twitter immer populärer. Interessanterweise, trotz der Tatsache, dass Facebook, Twitter und YouTube in Iran verboten sind und seit dem 1. Januar auch das Netzwerk Telegram blockiert wurde, über das die Revolutionäre ihre Aktionen koordinierten, finden junge Iraner trotzdem Wege zur Umgehung der Verbote und verbreiten weiter ihre Aufrufe zu Protesten über soziale Netzwerke und Messenger.
Dieses Material wurde von Roman Burko exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel.
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