Russland plant, Kohlelieferungen aus dem besetzten Teil des ukrainischen Donbas über das Territorium der selbsternannten Republik Abchasien in die Türkei abzuwickeln, und zwar über den Schwarzmeerhafen der Stadt Otschamtschire, der von dem FSB-Grenzschutzdienst der RF kontrolliert wird. Diese Absichten verriet der Vertreter Abchasiens im besetzten Luhansk und Mitglied der „Handels- und Industriekammer Abchasiens“ namens Sergej Ladarija in einem Interview.
Er teilte mit, dass die Kooperationsfrage bezüglich der Kohlelieferungen schon beschlossen und nur noch Tarifvereinbarungen zu treffen seien.
In dem vom abchasischen Vertreter beschriebenen Schema wird die Schmuggelroute der ukrainischen Kohle in die Türkei über das Territorium der RF verlaufen. Vom logistischen Standpunkt aus ist die Eisenbahnroute über die Stationen Dolschanska – Taganrog – Rostow – Krasnodar – Tuapse – Suchumi – Otschamtschire und weiter per Seeweg in die Türkei am wahrscheinlichsten.
Gründe für die Otschamtschire-Route
Für die Kuratoren aus dem Kreml bringt dieses Schmuggelschema vermutlich einige Vorteile mit sich.
Erstens ermöglicht dies den russischen Häfen, internationale Sanktionen zu umgehen, die von der Ukraine oder ukrainischen Unternehmen initiiert werden könnten.
Zweitens ist der Kohleexport über den Hafen von Otschamtschire schwer nachzuverfolgen. Nach internationalen Normen befindet sich der Hafen unter Jurisdiktionsbefugnissen von Georgien und ist für fremde Schiffsfahrten geschlossen. Dabei ist Otschamtschire seit 2009 der Anlaufhafen für Schiffe des FSB-Grenzschutzdienstes der RF und in der Zukunft könnte er auch für größere Schiffe der Schwarzmeerflotte der RF (darunter der Lenkwaffenkreuzer „Projekt 1164“) verwendet werden. De facto ist Otschamtschire eine Marinebasis Russlands.
Abgesehen von den Kais für die FSB-Wachboote gibt es im Hafen noch den Ladekai Nord, neben dem sich ein Kohleterminal befindet.
Foto: der Hafen von Otschamtschire mit dem Kohleterminal
Seit 2013 wurde in der unmittelbaren Nähe des Hafens ein russisches Militärstädtchen errichtet. Man kann auf Google-Satellitenbildern intensives Treiben im Hafen beobachten: ständig sieht man 2-3 Kohleschiffe am Kai, und das Terminal ist voller Kohle. Die Vermutung liegt nahe, dass zivile Güterschiffe ihre Transponder vor dem Einlaufen in den Hafen abschalten, um nicht unter Sanktionen zu geraten.
Drittens könnte man versuchen die in Otschamtschire beladene Kohle auf internationalen Märkten als in Abchasien selbst abgebaute Ware zu verkaufen – bekanntlich wurde das Kohlevorkommen in Tqwartscheli mit aufgeschlossenen vier Millionen Tonnen noch seit der Sowjetzeit abgebaut. Jedoch wird der Abbau in diesem Kohlelager sogar von russisch-abchasischen Propagandaverlagen bestritten, die berichten, dass die Bergwerke in Tqwartscheli zum Jahr 2018 außer Betrieb gehen: „Außerdem hat im fünften Feld ein türkisches Unternehmen gearbeitet, das sich für Tagebau spezialisiert hat. Der Bestand ist jetzt geschrumpft – das Kohlenflöz geht unter die Erde. Sehr hohe Ausgaben sind mit Überdachungsarbeiten verbunden. Momentan wurde der Abbau auch dort eingestellt. Man muss dort schon unter Tage gehen. Aber dieses Unternehmen betreibt keinen Untertageabbau.“ erzählte der Präsident des Unternehmens „Schwarzmeernaturressourcen“ Alexander Tschengelija dem Verlag Sputnik-abkhazia.
Viertens spielen historisch-politische Beziehungen zwischen Abchasien und der Türkei eine Rolle. Die abchasische Diaspora in der Türkei existiert bekanntermaßen seit den Zeiten des Osmanischen Reiches und beläuft sich nach verschiedenen Angaben auf 300.000 bis 500.000 Menschen, was die Bevölkerung von Abchasien selbst übersteigt.
Einer der türkischen Heimkehrer nach Abchasien ist Tajfun Naimowitsch Ardsinba, ein Abgeordneter des abchasischen „Parlaments“ und einflussreicher Geschäftsmann, der seine türkische Bürgerschaft höchstwahrscheinlich behalten hat. Ardsinba leitet das Unternehmen „Tqwartscheli-Kohle“, das früher als türkisch-abchasisches Unternehmen „TAMSASCH“ bekannt war. Genau auf diesen Mann und seine türkische Verwandtschaft und Geschäftspartner ist die Wiederaufnahme des Bergbaus im Bezirk Tqwartscheli Anfang 2000-er Jahre zurückzuführen (türkische Geldgeber investierten rund 20 Millionen Dollar in dieses Projekt).
Allem Anschein nach wird „Tqwartschelikohle“ die abchasische Firma sein, die die Luhansker Kohle in die Türkei liefern wird.
Bemerkenswerterweise nahm Tajfun Ardsinba zusammen mit dem „Ministerpräsidenten Abchasiens“ im Jahr 2015 in Suchumi an einer Tagung mit insgesamt 35 türkischen Geschäftsleuten und Beamten der Provinz Kocaeli teil. Diese Tagung rief scharfe Kritik seitens georgischer Diplomaten hervor.
Dabei ist der wirtschaftlich-politische Einfluss Ankaras auf Tiflis so bedeutend, dass Georgien sich gezwungen sah, ein Auge beim Einlauf türkischer Schiffe in den Häfen von Abchasien zuzudrücken.
Kohlelieferungen aus dem Donbas nach Abchasien könnten schon seit 2015 betrieben werden
Die Verkaufspläne von Kohle aus dem besetzten Donbas an die türkische Industrie über Otschamtschire könnten zum Teil der russischen Strategie für Haushaltsausgabensenkung bei der Finanzierung von besetzten Territorien auf Kosten des Schmuggels mit Bodenschätzen gehören. Ukrainische Kohle wird vermutlich schon seit 2015 nach Russland und Abchasien schwarz exportiert – man erinnere sich an die Bilder, die noch am 11 Juni 2015 am Bahnhof von Suchumi aufgenommen und von einem einheimischen Blogger veröffentlicht worden waren.
Der Blogger wurde auf Güterzüge mit der in russische Eisenbahnwagen beladenen Kohle aufmerksam. Er merkte an, dass die Kohle nach der Durchfuhr durch Abchasien in einem illegalen Hafen auf Schiffe beladen wird.
Otschamtschire – der Schmuggelknoten Russlands
Am 27. Januar 2018 hat der Vertreter der analytischen Gruppe Da Vinci AG, Anatolij Baronin, auf der UNIAN-Webseite eins der vermutlichen Zigarettenschmuggel-Schemata aus Syrien über den Hafen von Otschamtschire unter Teilnahme von russischen Militärs und Grenzschutzdienst geschildert.
In Betracht der beschriebenen Tatsachen ist es notwendig, alle Einläufe von Seeschiffen aus der Türkei und anderen Ländern in Otschamtschire zu kontrollieren, denn Russland könnte diesen Hafen für unterschiedlichste Schmuggelketten benutzen.
Andere russische Schemata für Kohlelieferungen aus dem besetzten Donbas
Ein weiteres Schema für Kohlelieferungen aus dem besetzten Donbas in die EU-Länder wurde von polnischen Journalisten ans Licht gebracht. Es wurde von Alexander Melnytschuk, dem ehemaligen „stellvertretenden Minister für Kraftstoffe und Energie“ der „LVR“-Gruppierung organisiert. Die Journalisten fanden heraus, dass die Kohle aus dem illegalen Abbau auf den besetzten Territorien zum Preis von 22 Dollar pro Tonne gewonnen und anschließend mit gefälschten Papieren nach Russland transportiert wird. Als Frachtbesitzer und Importeur nach Polen dient das Unternehmen DonCoalTrade, das auf den Namen des „Ex-Beamten der LVR“ angemeldet wurde. Des Weiteren wurde die Kohle per Seeweg über andere Länder nach Polen transportiert – diesmal zum Preis von 140 Dollar pro Tonne. Das polnische Energieministerium bestätigte die Lieferung von mindestens 11.000 Tonnen dieser Kohle. Letztendlich wurde die Deckfirma der Terroristen in die Sanktionsliste der USA aufgenommen.
Auf diese Weise könnten die Enthüllungen der Bereicherungsschemata der „DVR / LVR“-Söldner und ihrer russischen Betreuer neue Sanktionspakete sowohl generell gegen die mit dem Aggressorstaat kooperierenden Unternehmen als auch gegen einzelne Schlüsselfiguren auslösen.
Dieses Material wurde von Andrej Lisyzyn exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Volodymyr Cernenko; korrigiert von Irina Schlegel/ Klaus H.Walter.
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