
Mit dem Heranrücken der Parlamentswahlen in Georgien, die im Oktober 2016 abgehalten werden sollen, wird die georgische Öffentlichkeit zum Zeugen von interessanten Ereignissen, darunter auch extraordinärer Aktivierung von lokalen Adepten der „Russischen Welt“ und der Selbstlustrierung jener prorussischen Kräfte, die sich bislang eher im Schatten hielten. Dieser Artikel ist nicht zur Beleuchtung vom ganzen Spektrum der politischen Parteien Georgiens bestimmt, die parlamentarische Ambitionen haben – darin werden nur einige politische Kräfte angeführt, wie auch ihre Komplizen und Verbände, die zu Kremls Favoriten gehören und auf Russlands Kosten existieren.
Nach den letzten Parlamentswahlen im Herbst 2012 hat sich die innenpolitische Lage in Georgien bedeutend verändert. Die Mehrheit im Parlament bekam die Koalition „Georgischer Traum“, die einzelne Persönlichkeiten und Parteien-Antipoden vereinte, die als Einheitsfront gegen die damalige Machtpartei „Nationale Bewegung“ auftraten. Die an die Macht gekommene neue parlamentarische Mehrheit rief Amnestie aus, unter welche nicht nur Tausende kriminelle Elemente gekommen sind, sondern auch Menschen, die eine Haftstrafe für Landesverrat und Spionage zugunsten Russland absaßen. Es wurde die Politik von Beziehungsregulierung mit Russland angekündigt, die im Lauf von 4 Jahren, trotz aller Versuche eines konstruktiven Dialogs (unter Berücksichtigung von Hauptprinzipien und territorialer Integrität von Georgien) zu nichts Gutem geführt hat. Russland bleibt ein Okkupantenland, das noch immer zwei Regionen Georgiens kontrolliert und seine schleichende Okkupation fortsetzt, indem es irgendwelche „Grenzen“ zieht und immer weitere Landstücke einnimmt, Familien und Dörfer trennt, georgische Zivilisten entführt und tötet.
Auf dem Hintergrund der „Schlichtungspolitik“ hat sich die Aktivität der russischen Propaganda, prorussischer Organisationen und Befürworter der „Russischen Welt“ merklich verstärkt, die in Form von politischen und nicht regierungsamtlichen Organisationen vertreten sind, von denen man folgende hervorheben sollte:
Parlamentarische Kräfte:
- Aktive parlamentarische Fraktion „Promyschlenniki“ (zu dt. „Industrielle“): Menschen mit zweifelhafter Vergangenheit, die zu ihrem Wohlstand in Zeiten des Chaos und Willkür der 1990er gekommen sind. Das Gesicht dieser Fraktion ist der Bierbrauer, Stalinist und fanatischer Antiwestler Topadze.
- Aktiver Parlamentsabgeordneter Metschiauri, der durch seinen Radikalismus und antiwestliche Erklärungen bekannt ist, und von dem sich sogar seine Partner aus der Koalition „Metschta“ (zu dt. „Traum“) distanziert haben. Er hat eine neue prorussische Partei „Für einheitliches Georgien“ gegründet. Die Partei hat Corruptionaire der Schewardnadse-Zeit in sich vereint, darunter auch den nach Moskau geflohenen ehemaligen Gouverneur Mamaladze.
Nicht parlamentarische Kräfte:
- „Allianz der Patrioten“, die beabsichtigt 5 Parteien zu vereinen, die den ganzen Mist aus der Schewardnadse-Epoche der 1990er aufgesaugt und sich einen Namen bei den Parlamentsspielen 2012 gemacht hat, mit der Kommissarin Inaschwili an der Spitze.
- Frischgebackener Verein „Zentristen“, der seinen Wählern „russische Renten, Abschaffung des Visaregimes mit Russland und Wiederherstellung der territorialen Integrität“ verspricht. Hauptpersonen in diesem Verein sind der ehemalige Innenminister und Mitglied der Bandengruppe „Mhedrioni“, der eine Haftstrafe für Terrorismus abgesessen hat – Chatschischwili, und der Sadist und Gewalttäter, Anführer aller ehemaligen Gefängnisinsassen Bedukadze.
- „Demokratische Bewegung – Einheitliches Georgien“, Partei von Nino Burdschandze, mit ausgesprochen deutlichen prorussischen Ausrichtung und Ambitionen, sich am staatlichen Fressnapf wieder festzusaugen.
Ausser den obergenannten Parteien und Vereinen, die immer bereit sind sich vor Kreml zu verbiegen, gibt es noch andere, weniger ambitionierte Kräfte, aber mit deutlich ausgeprägtem russischen Akzent. In erster Linie ist es der lokale Favorit von Dugin – der Clown Artschil Tschkoidze, Anführer der Vereinigung „Eurasische Wahl“, und Sozialist Walery Kwarazchelija, der neulich neue Versorger aus Moskau gefunden hat und Gäste aus Russland empfing, darunter auch den Gosduma-Abgeordneten Wladimir Simagin von der Kommunistischen Partei Russlands.
Man sollte auch die nichtregierungsamtliche Organisationen der lokalen russischen Diaspora nicht außer Acht lassen, deren Tätigkeit in letzter Zeit richtig aus den Puschen gekommen ist. Bedingtes Zentrum der russischen Kultur in Tiflis ist das Gribojedow-Theater unter der Leitung von Nikolai Swentizky. Das Theater lebt sein eigenes Leben, dort befindet sich auch das Büro von RIA-Novosti, wo periodisch Pressekonferenzen von irgendwelchen Marginalen abgehalten werden, mit demselben Tschkoidze und seiner „Eurasischen Wahl“ und „Gesellschaft von Irakli-2“.
Wenn man sich mit Einzelheiten vertraut macht, versteht man, dass der „Verdiente Künstler Russlands“, Präsident der internationalen kulturell- aufklärerischen Vereinigung „Russischer Club“ und Kavalier des Freundschaft-Ordens (ohne Schleife) Swentizky zu alldem auch noch ein Mitglied des internationalen Rats der russischen Landsleute ist (MSRS). Übrigens haben ausser dem Herren Swentizky noch mindestens zwei Kunden der Website „Myrotworez“, die die Schädlinge des internationalen Ausmasses erfasst, einen Bezug zu dieser Organisation (die unter der Schirmherrschaft vom Aussenministerium Russlands steht). Die Rede ist von dem Vorsitzenden des MSRS-Präsidiums Vadim Kolesnitschenko und seinem Stellvertreter Sergei Zekow.
Einzeln sollte man die „Union der russischen Jugend Georgiens“ und das „Zentrum des Rechtsschutzes von russischen Landsleuten Georgiens“ erwähnen – zwei Organisationen mit dem gleichen Emblem und einem Anführer, Alexander Beschenzew, dessen Mutter eine Reihe von lokalen und internationalen russischen Diaspora-Vereinen leitet. So ein echter Familienbetrieb, der aus Russland finanziert wird.
Das Projekt dieses "Zentrums des Rechtsschutzes" wurde unter Mitwirkung vom "Fonds für Schutz der Rechte von russischen Landsleuten, die im Ausland leben"ins Leben gerufen. Der Fonds selbst ist ein Kind des russischen Aussenministeriums. Sergei Lawrow ist der Vorsitzende des Kuratoriums; Gregory Karasin, Staatssekretär - Vorsitzender des Rats, Verwalter des Fondsrats. Einige Projekte des Zentrums werden vom Fonds "Russische Welt" finanziert und dieser Fonds hat ebenfalls mit Lawrow, A.Fursenko und anderen zu tun.
Der Aktivität und Körperfülle von Beschenzew und seinem Waffenträger Dmitry Bregwadze nach zu urteilen, werden sie vom Russlands Aussenministerium gut gefüttert (womöglich aber auch nicht nur vom Aussenministerium). Beschenzew fährt des Öfteren nach Russland und liebt es, vor den Kameras in Gesellschaft vom Leiter der Abteilung für russische Interessen bei der schweizerischen Botschaft in Georgien Vadim Gorelow zu posieren. Der russische Diplomat lässt sich keine Chance entgehen und besucht alle Veranstaltungen, die sowohl von Beschenzew als auch von den anderen Vereinen russischen Schlags organisiert werden.
Von den kürzlich erschaffenen russischen Organisationen Georgiens sollte man den „Koordinationsrat der Organisation russischer Landsleute in Georgien“ (KSPRSG) erwähnen, deren Vorsitzender ein gewisser Georgy Tomasch ist.
Unter seinen Freunden sind Vertreter aller obengenannten nichtregierungsamtlichen Organisationen. Der Koordinationsrat ist mit seinen Konferenzen bekannt, die unter Russlands Hymne eröffnet werden, wie auch mit feierlichen Veranstaltungen zum Tag Russlands etc. Häufige Gäste dieser Veranstaltungen sind A.Beschenzew und V.Gorelow. In letzter Zeit sind gewisse Lika Sacharova und Michail Tatewosow aktiv, der aus der „Union der Armenier“ zum wesentlich gehaltvolleren Fressnapf wechselte.
Bei all dem sollte man erwähnen, dass lokale russische Organisationen sich vollkommen von dem zivil-gesellschaftlichen Sektor Georgiens abstrahiert haben und keinen besonderen Wunsch äussern, sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Faktisch ignorieren sie solche Gedenkdaten wie der 9. April (Erschiessung der Friedensdemo in Tbilisi 1989), 26. Mai (Unabhängigkeitstag) und andere. Was soll man denn noch über ihre Teilnahme an den Protestaktionen gegen die schleichende Okkupation, Entführung und Morden an Menschen sagen. Das alles sieht ziemlich schlecht aus, auf dem Hintergrund von Posts, die vor Tricolore des Aggressorlandes strotzen und den Gesprächen über die Freundschaft und „Volksdiplomatie“. Dabei machen die Mehrheit der Mitglieder von diesen Organisationen die Einwohner und Bürger Georgiens aus.
Man sollte auch die Georgische Orthodoxe Kirche nicht ausser Acht lassen, die grossen Einfluß auf die Gesellschaft hat. Es ist keine Neuigkeit, dass unter den Geistlichen viele Anhänger der Freundschaft mit „Gleichgläubigen“, genauer gesagt – mit Russland, gibt. Manche Vertreter der Orthodoxen Kirche predigen Hass gegen alles westliche, preisen dabei Russland hoch und erzählen über die Notwendigkeit, Freundschaft zwischen den Völkern zu pflegen. Einige Geistliche gehen dabei weit über ihre Kompetenz hinaus und provozieren ganz offen. Ein Beispiel ist der neuliche Zwischenfall mit der Sabotage von einem internationalem Rockfestival oder die Nachricht über den Versuch, Territorien abzudrücken, die dem Satschcherski Militärzentrum für Bergrettungsarbeiten gehören. Manche konservative Geistliche genieren sich nicht, sich mit den Vertretern des russischen Aussenministeirums fotografieren zu lassen.

Von links nach rechts: Vadim Gorelow (Aussenministerium Russlands), Metropolit Serafim (Borschosko-Bakurianskaja Eparchie), Nikolai Swentizky („Russischer Club“)
Die gesamte hier beschriebene Kulisse wird durch die ungehinderte und offene Arbeit der russischen Propaganda in Georgien gewährleistet. Dazu gehören das russische Kabelfernsehen, lokale kleine Studiokanäle wie „Objektiv“ und Medienquellen wie „Sakinform“, die ihr eigenes Spiel spielen, ungeniert die russische Position bewerben und die Ereignisse im für Russland günstigen Licht darstellen.
Es ist bekannt, welche Rolle die russische Propaganda in der Ukraine gespielt hat. Die Hauptmessage war „Renaissance des Faschismus“, „Nazis“, „Verbot der russischen Sprache“. Als Resultat beobachteten wir einen vorbereiteten Boden für die direkte Aggression gegen den russischen Nachbarstaat.
Was passiert denn in Georgien? In Tbilisi sind kleine ultranationalistische Gruppen, Fußballfans und sonstiges aufgetaucht – zahlen der Mode den Tribut, sozusagen. Diese Gruppen sind klein, es gibt sehr wenige davon und im gesellschaftlichen Leben spielen sie keinerlei Role. Aber auch das war schon genug, um für russische Medien zum Anlass für Übertreibungen, Verdrehung und Faktenaustausch zu werden. Wie es sich für Kisseljow-Adepten gehört, liegt dabei die Kraft in Überschriften. So begannen russische Ausgaben nach dem aufsehenerregenden Zwischenfall in einem Vegetarier-Cafe Überschriften a la „Fleischfresser-Neonazis haben die Besucher eines Vegetarier-Cafes in Tbilisi mit Fleisch beworfen“. Später stellte sich heraus, dass die Nationalisten keinerlei Bezug zu diesem Zwischenfall hatten, aber das haben russische Medien wie RIA Novosti und ihresgleichen natürlich nicht mehr erwähnt. Die russische Propaganda biss sich in diesen Zwischenfall fest und begann eifrig diesen Gruppen Slogans a la „Georgien für Georgier“ und „Ruhm Georgien – Tod den Feinden“ zuzuschreiben, wobei sie den faktischen Sinn dieser Slogans verdrehte: „Georgier für Georgien“ und „Ruhm Georgien“.
Derartige Informationspolitik und Propaganda wirkt nicht nur auf die Einwohner von Nachbarländern ein, sondern motiviert auch lokale Marginale die „Russische Welt“ verstärkt zu verehren und gegen den mythischen Faschismus in Georgien zu kämpfen.
Gewöhnlich folgen auf so einen Text Schlussfolgerungen, aber hier sind sie wohl überflüssig. Die Absicht der prorussischen Kräfte und Adepten der „Russischen Welt“ in Georgien ist offensichtlich, aber bis zu Wahlen haben wir noch genug Zeit, um diesen prorussischen Dreck loszuwerden.
Dieses Material wurde von Andriy Watschnadze exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
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