Am 2. Februar 2015 erklärte der Berater des SBU-Leiters Markijan Lubkiwskij, dass der SBU die Filiale des „Fonds zur Unterstützung öffentlicher Diplomatie“ in Kyjiw wegen antistaatlicher Propaganda unter Studenten schließt. Am nächsten Tag nannte der Vorsitzende des Föderationsrats für internationale Fragen, Konstantin Kosatschew, das Vorgehen des SBU eine „Hexenjagd“ und beklagte sich darüber, dass die Nachricht über die Schließung des Fonds in der Ukraine keine Aufmerksamkeit unter Rechtsverteidigern erweckt habe. Der Speaker der UCA, Sean Townsend, erläutert in seiner nachfolgenden Analyse, wie der Zugang zum E-Mail-Account eines Mitarbeiters dieses Fonds einen Einblick in die außenpolitische Strategie (soft power) Russlands im Ausland ermöglichte.
Der Fonds wurde am 2. Februar 2010 auf einen Erlass Nr.60-rp des Präsidenten Russlands D.Medwedew hin gegründet. Gründer des Fonds ist das Außenministerium Russlands, finanziert wird der Fonds aus dem Staatsbudget der Russischen Föderation. Das Ziel des Fonds wird wie folgt beschrieben: „Unterstützung öffentlicher Diplomatie, Mitwirkung zur Teilnahme von russischen nicht-regierungsamtlichen Organisationen an internationaler Zusammenarbeit und aktive Involvierung von Instituten der Zivilgesellschaft in den außenpolitischen Prozess“. So sieht aber nur die Theorie aus – in der Praxis bedeutet die russische soft power Burjaten auf Panzern, die den russischen Propagandisten folgen.
Derartige russische Technologien sind uns bereits gut bekannt. In unserer Artikelreihe FrolovLeaks haben wir anschaulich gezeigt, wie sich die Russische Orthodoxe Kirche und einzelne russische Politiker wie Sergej Glasjew oder auch Oligarchen wie Konstantin Malofejew an der Finanzierung der terroristischen Tätigkeit beteiligen. Zertrennte feudale Clans kämpfen gegeneinander um Einfluss und um Finanzflüsse und verstecken sich dabei hinter Begriffen wie „Kultur“, „Religion“, „Wohltätigkeit“, „freie Presse“ (frei vom Gewissen wohl) – also allem, was man tatsächlich als soft power bezeichnen könnte, wenn es nicht ein „Aber“ geben würde. All diese „runden Tische“, Konferenzen, Kundgebungen und „unabhängigen“ Quellen sind nicht dazu bestimmt, die Marke „Russland“ und „Russische Welt“ voranzubringen. In Wirklichkeit dienen sie als Deckung für die Rekrutierung und für Diversionstätigkeit, die auf den Zusammenbruch der jetzigen Weltordnung gerichtet sind. Eine „Weichheit“ gibt es in der russischen soft power gerade mal so viel, wie in einem Pflasterstein auf dem Roten Platz. In dieser Untersuchung erzählen wir, wie Russland die Terroristen und Propagandisten unmittelbar aus seinem Staatsbudget finanziert.
Der Fonds finanziert „Landsleute“ – ist also eine Agentur im Ausland – sowohl in den Ländern, die früher zur Sowjetunion gehörten, als auch in Ländern des Zentraleuropas.
Tätigkeit des Fonds in der Ukraine
Im November 2013 schickte ein Charkiwer Separatist, Sergej Moisejew („Rus Triedinaja“ GmbH), das Projekt unter dem Titel „Verwirklichung von Verlagstätigkeit, Herausgabe und Realisation von Informationsprodukten, die auf geistige Vereinigung der Völker russischer Welt gerichtet sind“ an den Fonds – die Gesamtsumme seines Antrags belief sich auf 3,5 Millionen Rubel (60.000$) für das zweite Halbjahr 2014. Als Partner bei dieser „geistigen Vereinigung“ trat, unter anderem, auch das Generalkonsulat Russlands in Charkiw auf (EML-Brief; alle Briefe enthalten Datenunterschrift DKIM; Archiv).
Screenshots der Briefe
Einen ähnlichen Antrag stellte bei dem Fonds auch ein weiterer berüchtigter Landsmann, Juri Apuchtin, im Rahmen der gesellschaftlichen Organisation „Großes Rus – Russland, Ukraine, Belarus“ – für ein Tv-Projekt unter dem Titel „Gründung eines Studios zur Herstellung und Verbreitung von TV-, Video- und anderen Informationsprodukten, die auf das Vorantreiben von Ideen der „Russischen Welt“ gerichtet sind, sollten ihm 2.263.000 Rubel (38.000$) bereitgestellt werden. Als Partner traten hier die „Rus Triedinaja“ und der Poltische Club „Alternativa“ auf. Im Mai 2017 hat das Kyjiwer Bezirksgericht in Charkiw den Separatisten nach den Strafrechtsparagrafen „Massenunruhen“ und „gewaltsame Änderung der Verfassungsordnung“ (durch eine Gruppe von Personen) zu sechs Jahren Haft verurteilt. Es wäre interessant, sich die Reaktion von Herr Kosatschew mal anzuschauen, wenn jemand versucht hätte, ein „Referendum“ über die Erschaffung einer „Moskauer Volksrepublik“ durchzuführen. Ob er dann den Organisatoren eines solchen „außenpolitischen Prozesses“ ebenso Schutz in ihrem Recht auf Meinungsfreiheit gewährleistet hätte? Der ukrainische SBU sollte sich mit dieser Frage auseinandersetzen, denn hier ist wohl noch kein Strafverfahren wegen Terrorismusfinanzierung eingeleitet worden (EML-Brief, Archiv).
Screenshots der Briefe
965.897,50 Rubel (16.000$) hat der Fonds für die „Allukrainische gesellschaftliche Organisation „Gesellschaftliche Rechtsschutzbewegung „Russischsprachige Ukraine“ für das Projekt „Jugendliche Modellierung EEP, TS und GUS: Baue deine Zukunft selbst!“ bereitgestellt. Lasst euch nicht von Begriffen „Rechtsschutz“ und „Allukrainisch“ beirren – lesen wir lieber die Beschreibung dieses Projekts:
Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass die Strategie der staatlichen Jugendpolitik in der Russischen Föderation die Jugendpolitik als ein System der Herausbildung von Prioritäten und Maßnahmen versteht, die auf die Erschaffung von Bedingungen und Möglichkeiten für die erfolgreiche Sozialisierung und effektive Selbstverwirklichung der Jugend gerichtet sind, auf die Entwicklung ihres Potentials im Interesse Russlands und dementsprechend auf die sozial-wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Landes, Gewährleistung seiner Konkurrenzfähigkeit und Stärkung der nationalen Sicherheit. Darüber hinaus, entsprechend der Gesetzgebung Russlands, ist das Hauptmittel für Entwicklung der Jugend ihre Involvierung in das sozial-wirtschaftliche, gesellschaftlich-politische und sozio-kulturelle Leben der russischen Gesellschaft.
Die Frage, wessen nationale Sicherheit die „allukrainische gesellschaftliche Bewegung“ beschützen soll, halte ich für rhetorisch. Die Leiterin dieses „Jugendprojekts“, Valeria Mansjuk, ist die Verfasserin dieses Antrags (EML-Brief, Archiv).
Screenshots der Briefe
Der Fonds „Russische Landsleute in Bulgarien“ bittet um Teilfinanzierung (50%) ab 6.000 Euro im Monat für die Herausgabe des russischsprachigen Magazins „Business-Kontakte“. Die zweite Hälfte wird von der „Joker Media“ GmbH („Krum-Popow“-Str. 1, 1164 Sofia) bereitgestellt. Der „Fonds der Landsleute“ beschäftigt sich seit 2003 mit „ausbalancierter“ und „ausgewogener“ Berichterstattung über russische Ereignisse und erklärt sich selbst offen für eine russische soft power. Was die soft power in der Ausführung Russlands bedeutet, haben wir am Beispiel der Krim, des Donbas und der Separatisten in Charkiw erfahren. Regeln zu befolgen lohnt sich nur, wenn alle ehrlich spielen. „Neutralität“, „Ausgewogenheit“ und sonstige „journalistische Richtlinien“ werden vom Aggressor für erlogene Propaganda ausgenutzt (EML-Brief, Archiv).
Screenshots der Briefe
Und wieder Charkiw, das TV-Projekt „Schule der Technologien“ (393 000 Rubel), Antragsteller: Konstantin Keworkjan (die GmbH „Stiftung „Erste Hauptstadt“ und ein gleichnamiger Videokanal, der über den „Genozid am Donbas-Volk“ und sonstige „Junta“-Verbrechen berichtet (EML-Brief, Archiv).
Der Komplize der Terroristen, Walentin Tschernow, bat den Fond um 1,14 Millionen Rubel (20.000$) für die „Odessa-Schule der russischen sozialen Unternehmerschaft“ und weitere 1,42 Millionen (24.000$) für das „Odessa-Festival der russischen Kultur und Sprache“, das dem 200. Jahrestag seit dem Geburtstag von Michail Lermontov gewidmet sein sollte. Allem Anschein nach, hat der Mitbegründer der Partei „Rodina“ und der separatistischen Bewegung „Einiges Odessa“ den russischen Dichter Lermontov nie gelesen, denn gerade Tschernow war derjenige, der in Odessa die Bewegung „Kulikovo Pole“ gegründet hatte – und wir wissen alle, wie das geendet ist (gemeint sind die Ereignisse des 2. Mai 2014 in Odessa). Wenn Euch gesagt wird, dass die „russische Welt“ Lermontov, Dostojewskij oder Puschkin bedeutet, glaubt dem kein Wort. Dahinter versteckt sich immer der Krieg (EML-Brief, Archiv).
Und dieser wird nicht nur von Terroristen vorbereitet, sondern auch von Philosophen. Der russische Propagandist Alexander Dugin stellte einen Antrag auf Finanzierung seines Projekts „Eurasische Union: Bild der Zukunft“ für 6.800.720 Rubel (115.000$), weitere 1,2 Millionen bekommt er vom „Moskauer Aktionärsbank „Tempbank“ zur Anmietung eines Büros. Wir haben mehrmals erwähnt, dass es in Russland keine Behörden und Institute gibt, die sich an der zerstörerischen Politik des russischen Staates nicht beteiligen würden. Beim Übergang vom Autoritarismus zur gewohnten totalitären Lebensweise wird alles eingesetzt – Bildung, Medizin, Kultur, Geschäfte und Kirche. Außer von der Bank und von dem Fonds wird Dugin eine weitere Million Rubel vom Institut für sozial-wirtschaftliche und politische Forschungen (Fonds ISÄPI) bekommen (EML-Brief, Archiv). Soviel zur Frage über „unschuldige Russen“.
Der Halbjahresplan zur Propaganda-Tätigkeit allein in der Ukraine beläuft sich auf fast 250.000 US-Dollar. Alle in diesem Artikel veröffentlichten Anträge gingen zwischen September und November 2013 beim Fonds ein. Zwei Wochen nachdem die letzten Anträge eingegangen sind, wird die „Berkut“ die Aktivisten vom Maidan vertreiben, und es beginnt die Revolution der Würde.
Womit sich der Fonds von Gortschakow später beschäftigte (mit Diversionstätigkeit in Baltischen Staaten, Belarus und Zentralem Europa) und wie Einflussagenten sich in eine fünfte Kolonne verwandeln, erzählen wir im nächsten Teil dieser Artikelreihe. Die Tatsache, dass fast jeder russischer Förderungsempfänger einen eigenen Eintrag in der Datenbank von Myrotworez besitzt, spricht auch Bände.
Das vollständige Archiv der Briefe des Fonds-Mitarbeiters wurde an InformNapalm weitergeleitet. Sie können eine Kopie des Archivs erhalten, indem Sie sich an ruheight@gmail.com wenden. In Publikationen, die auf diesem Material basieren (oder auf der Kopie des Archivs) sind aktive Links zu InformNapalm und Ukrainian Cyber Alliance obligatorisch anzuführen.
Dieses Material wurde von Sean Townsend und Roman Burko exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel.
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One Response to “Aggressive russische „soft power“ in der Ukraine”
05/08/2017
Aggressive russische soft power in Europa - InformNapalm (Deutsch)[…] eine „A.M.Gortschakow-Stiftung zur Unterstützung öffentlicher Diplomatie“ gegründet. Im ersten Teil dieser Untersuchung erläuterte der Sprecher der Ukranian Cyberallianz Sean Townsend, wie die russische soft power […]