Im Jahr 2010 hat das Außenministerium Russlands auf eine Anordnung des damaligen russischen Präsidenten Dmitry Medwedew hin eine „A.M.Gortschakow-Stiftung zur Unterstützung öffentlicher Diplomatie“ gegründet. Im ersten Teil dieser Untersuchung erläuterte der Sprecher der Ukranian Cyberallianz Sean Townsend, wie die russische soft power gegen die Ukraine agierte. Im zweiten Teil der Untersuchung nehmen wir die Aktivitäten russischer hybrider „Diplomaten“ in Zentraleuropa auseinander.
Ein wichtiges russisches Einflussinstrument und eine Finanzierungsquelle zur Einschleusung der „russischen Welt“ an verschiedene Stellen unseres Planeten ist das Unternehmen „Gasprom“. So wurde aus der Korrespondenz des „Instituts der GUS-Länder“ bekannt, dass die Gasprom 2 Millionen Dollar für Diversionstätigkeit dieser „autonomen nichtkommerziellen Organisation“ bereitstellte, die vom Gosduma-Abgeordneten von der Regierungspartei „Einiges Russland“ Konstantin Satulin angeführt wird. InformNapalm hatte bereits zum Thema, wie der russische Oligarch Konstantin Malofejew die Aktivitäten zur Destabilisierung in Polen, Ungarn und Tschechien finanzierte. Dasselbe betrieb auch das Institut der GUS-Länder, das durch seine Unterstützung von Kollaborateuren in einigen Gebieten der Ukraine bekannt ist. Wir betrachten heute die russische Diversionstätigkeit gegen andere Länder des Zentraleuropas.
Im Oktober 2014 hatte der Doktor der Geschichtswissenschaften, Chefredakteur des Magazins „Gasprom“ und Generaldirektor des Instituts für nationale Energetik, Sergej Prawosudow, eine analytische Notiz an die Stiftung geschickt, in der er seine Sicht der russischen soft power in Serbien und Bulgarien schilderte:
„Gasprom“ kann die Opposition nicht direkt finanzieren. Nehmen wir zum Beispiel die Bewegung „Dweri“, die gegen den EU-Beitritt von Serbien auftritt. „Dweri“ findet, dass Serbien ein Mitglied der Eurasischen Union werden und sich auf Russland stützen sollte. Diese Partei ist in den führenden serbischen Medien, deren Informationspolitik betont antirussisch ist, faktisch nicht vertreten. Bei den Wahlen 2013 hatte „Dweri“ 4% der Wählerstimmen bekommen und ist nicht ins Parlament (5%-Hürde) eingezogen.
Um seine Positionen beizubehalten und zu stärken, muss „Gasprom“ mit irgendeiner gesellschaftlichen Organisation zusammenarbeiten, die unter dem Deckmantel von humanitären Projekten aktiv an der gesellschaftlichen Meinung in Serbien und Bulgarien arbeiten wird.
Da die Einwohner dieser Länder gegenüber Russland traditionell positiv gestimmt sind, ist dies durchaus möglich zu machen.
Am Ende wird es möglich sein, auf den Straßen von Belgrad und Sofia Kundgebungen zur Unterstützung von „Gasprom“-Projekten und Russland an sich zu sehen. Mit Slogans wie „Wir wollen wegen der Ukraine nicht frieren!“
Wenn Wladimir Putin während seines Besuchs in Serbien diesem Land vorschlagen würde, der Eurasischen Union beizutreten und dabei die Bewegung „Dweri“ erwähnen würde, die diese Idee unterstützt, so würde das ein guter Orientierungspunkt für serbische Wähler sein. Denn gerade derzeit sind sie absolut davon überzeugt, dass Russland die heutige Regierung Serbiens unterstützt. In Bulgarien ist die Situation faktisch identisch, nur gibt es hier weniger Investitionen von „Gasprom“.
Wie wir sehen, stellt die Tätigkeit der russischen Großunternehmen „Gasprom“ und „Lukoil“ eine stinknormale Erpressung und Deckung für Diversionstätigkeit dar. Das ist uns gut am Beispiel der Ukraine bekannt. Die Partei von Aksjonow, „Russische Einigkeit“, hatte auch nur 4%, konnte aber trotzdem bei der Besatzung der Krim treue Dienste erweisen. Russland plante, allein in den Bau von „SouthStream“ um die 500 Milliarden Rubel (auf der russischen Seite) und weitere 10 Milliarden Euro für den Meeresanteil der Pipeline zu investieren. Zum Glück ist das Geld buchstäblich verpufft, und im April dieses Jahres berichtete „Gasprom“ von der Abschreibung von 53 Milliarden Rubel.
Gehen wir aber zurück ins Jahr 2014, als „Dweri“ eine „patriotische“ Anti-Regierungs-Kundgebung in Belgrad veranstaltete. Iwan Kostisch schickte einen Fotobericht an die Gortschakow-Stiftung.
Hier sehen wir ein typisches „humanitäres“ Projekt auf russische Art: Die Flaggen der nichtanerkannten Republiken und die Tricoloren, die keine serbischen sind. Nicht dass jemand hier Zweifel diesbezüglich hat – diese Tatsache wird in der Pressemitteilung sogar extra hervorgehoben: „Während der Protestaktion, die außerhalb des Regierungsgebäudes begann und von der Polizei begleitet wurde, trugen Aktivisten Flaggen von Serbien, Russland, der Neurussland-Republiken und Porträts des russischen Präsidenten Wladimir Putin“.
Wie derartige Kundgebungen enden, sieht man anschaulich am Beispiel der besetzten Territorien von Donezk und Luhansk. Die Gortschakow-Stiftung finanzierte 2013 ähnliche Marginale und Freaks in der Ukraine, und genauso kamen sie zu Kundgebungen mit der einen fremden Flagge und den Slogans „Putin, schicke Truppen herein!“. Faktisch alle Förderungsempfänger (mit einigen wenigen Ausnahmen) dieser russischen Stiftung in der Ukraine sind bereits in der Datenbank der Webseite „Myrotworez“ eingetragen, da sie sich aktiv an Tätigkeiten im Rahmen der Bandenformationen von „D/LVR“ beteiligten. Und begonnen hatte alles genauso bescheiden – mit Slogans über die russische Sprache und Kultur.
Wie agiert Russland in Europa? Zum Beispiel schickte der Kulturattaché der russischen Botschaft in Bosnien und Herzegowina eine Informationsnotiz zur russischen Sprache in Bosnien und Herzegowina. Zur Erschaffung eines Zentrums russischer Sprache und politischer Kultur in Belgrad bat der stellvertretende Chefredakteur der „Russischen Zeitung“, Professor des Slawistik-Lehrstuhls und des Lehrstuhls für zentraleuropäische Forschungen an der historisch-phylologischen Fakultät der Russischen Staatlichen Geisteswissenschaftlichen Universität, Wjatscheslaw Tscharskij, diese Stiftung um 2.615.000 Rubel (Kostenplan.xls).
Zum Vergleich möchten wir daran erinnern, dass Juri Apuchtin aus Charkiw im Jahr 2013 ungefähr die gleiche Summe zur „Etablierung der Ideen der „Russischen Welt“ erhalten hatte, was am Ende zu einem Strafurteil und 6 Jahren Haft wegen „Massenunruhen“ und „gewaltsamer Verfassungsänderung“ geführt hat. Der Komplize der „DVR“-Terroristen aus Odessa, Valentin Tschernow, bat die Stiftung ebenfalls um Geld für die Organisation eines „Festivals der russischen Sprache“ zum Jubiläum von Michail Lermontow. Später wurde der „Fan von Lermontow“ auf gemeinsamen Fotos mit Terroristen gesichtet. Hier, zum Beispiel, steht er während eines Auftritts des ukrainischen Parlamentsabgeordneten Truchanow am Kulikowo-Feld in Odessa im Zentrum, neben dem „Volksgouverneur“ Kaurow:
Die Methoden der Durchsetzung von „Russischer Welt“ sind absolut identisch, ob in Zentraleuropa oder in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion.
In den ehemaligen sowjetischen Republiken benimmt sich Russland nur wesentlich grober und dreister. Im August 2015 schickte der Politologe Nikolaj Zwjatkow eine analytische Notiz, „Lage der Russischsprachigen in Moldau“ (DOCX), in der er die Rolle der russischen Sprache und Autonomie schildert (wie im Fall mit der Autonomen Republik Krim, führt eine Autonomie bei fehlenden realen Gründen für eine föderative Staatsordnung zu einer Isolierung der Region und kann nachfolgend zu einem Brennpunkt für eine hybride Aggression werden):
Um Moldau in die Einflusszone Russlands zurückzubringen, muss man vom veralteten Paradigma des gesellschaftlichen Konsens ablassen. Diese abstrakte Größe war dem „sowjetischen Menschen“ verständlich, ist aber der heutigen moldauischen Obrigkeit und ihren Betreuern absolut fremd.
Wir müssen unsere Aufmerksamkeit auf Entwicklungspunkte konzentrieren, von denen es in Moldau 12 gibt. Die Rede ist von 12 Städten: im Norden – Bălți, Sorocaki, Ungheniy; im Zentrum – Chișinău, Orhei, Chițcani; im Süden – Cahul, Comrat, Taracklia; im Osten – Rîbnița, Bender, Tiraspol. 9 von diesen 12 Städten sind russischsprachig. Man sollte ihre Loyalität unmittelbar mit russischer Hilfe sichern. Wir müssen ein Beaumonde der „prorussischen Jugend“ aufbauen. Die Rede ist von einer mittelfristigen Planung, 3-5 Jahre, die uns erlauben wird, eine beständige Plejade von informativ auf Russland ausgerichteten jungen Spezialisten in verschiedenen Bereichen zu formieren – in Wirtschaft, Justiz, Journalismus, Politik, Industrie usw.
Die Anzahl der jungen Menschen sollte im trockenen Rest nicht mehr als 100-120 Menschen betragen, die in öffentlichen Diskussionen den Ton angeben werden.
Russische Unternehmen sollten in die Finanzierung von Werbungsaktionen und sonstigen Maßnahmen zur Formierung eines positiven modernen Bildes Russlands involviert werden. Solche Produkte sind bereits ausgearbeitet. Sie brauchen nur noch materiell-technische Unterstützung vor Ort. Russische Unternehmen in Moldau haben solche Möglichkeiten.
Die Sprachbarriere oder die wirtschaftliche Isoliertheit einer Region führen dazu, dass russische hybride Strukturen es einfacher haben, die lokalen finanz-industriellen und kriminellen Gruppen unter ihre Kontrolle zu nehmen. Lokale Anführer der gesellschaftlichen Meinung einzeln zu bestechen ist wesentlich einfacher, als die Zentralmacht zu einer unnatürlichen Zusammenarbeit zu bewegen. Russische Polittechnologen sollten stets bedenken, dass das Spiel mit dem Feuer ein schlechtes Ende hat und es gut möglich ist, dass statt irgendeiner“Bessarabischen Republik“, „Sloboda“ und sonstiger wackeliger Föderationen tatsächlich eine Astrachan- oder Kasan-Republik entstehen könnte, deren Rechtsnachfolge tief in die Zeiten von Iwan dem Schrecklichen führt.
Derartige Projekte verwirklicht Russland auch im Baltikum. Und da die Aufdrängung russischer Kultur in den baltischen Ländern auf Widerstand stößt, werden hier Aufrufe zum „Frieden“ ergehen (wie in dem alten sowjetischen Witz: Es wird keinen Krieg geben, aber der Kampf um Frieden wird so hart sein, dass kein Stein auf dem anderen bleiben wird) sowie zur Einhaltung der „Menschenrechte“, von denen die Russen in ihrem eigenen Land kaum was einfordern. Die Methoden können zwar anders sein, das Ziel aber ist das gleiche: wie auch immer die verlorenen Kolonien zurückzubekommen. Für den Videoclip „Nein zum Krieg“, in dem der Defätismus mit Pseudopazifismus maskiert wird, wurden ganze vier Millionen Rubel zugeteilt (Kostenplan.doc). Im Formularbogen zum Erhalt der Finanzierung wird auf direkte Weise erklärt, dass jegliche nationale Kultur seitens der Autoren des Projekts als Anzeichen von „Russophobie“ wahrgenommen wird. Als Förderungsempfänger trat der baltische Jugendverein „Juvenis“ auf, die Projektleiter waren Alexej Rimantowitsch Greicius und Ludwik Wladimirowitsch Wolchonskij. Informative Unterstützung für das Projekt lieferten die litauischen Zeitungen „Obsor“ und „Kurier“. Antonina Simina betreut in Litauen die Rechte der Russischsprachigen und sonstige „eurasische Werte“.
Es ist eine Möglichkeit aufgekommen, eine Präsentation der Gortschakow-Stiftung im Unabhängigen Zentrum für Menschenrechte (www.nztc.lt) in Vilnius zu organisieren, dessen Ziel, im Falle der Verletzung ihrer Rechte, Freiheiten und legaler Interessen entsprechend den allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des internationalen Rechts im Bereich der Menschenrechte die allseitige rechtliche und sonstige benötigte Unterstützung für russische Landsleute ist.
Die Organisation wird einen Raum für 50 Menschen bereitstellen und russischsprachige Studenten und Aktivisten einladen. Ein Interesse an der Zusammenarbeit und dem Besuch haben auch die Leiter und Aktivisten der nichtregierungsamtlichen Organisation „Vitis“ der Stadt Kaunas bekundet.
Die Organisation beschäftigt sich mit der Etablierung von eurasischen Werten in Litauen. Auf der litauischen Seite wird die Veranstaltung vom Absolventen des „Baltischen Dialogs 2012“ Edikas Jagelavičius organisiert.
Geplantes Datum: 23. August 2014. Wegen Fahrtkosten und Unterkunft: Busfahrkarten von 1000 bis 1400 Rubel. Unterkunft wurde uns versprochen, im Durchschnitt wird sie 30 bis 40 Euro kosten.
Zur Stärkung seines Einflusses in Zentraleuropa und den Ländern der ehemaligen Sowjetunion benutzt die Russische Föderation die gleichen Methoden, die sie bereits im Krieg gegen die Ukraine erprobt hat. Und das sind: unmittelbare Erpressung mit der Lieferung von Energie, direkte Finanzierung von marginalen prorussischen Parteien durch russische Staatsunternehmen und pseudorechtliche Tätigkeit. Darüber hinaus haben wir es hier mit einer schleichenden Föderalisierung, die auf eine Zersplitterung des jeweiligen Landes nach dem sprachlichen oder wirtschaftlichen Prinzip gerichtet ist, zu tun. Sowie mit Pseudopazifismus, der den Defätismus maskiert. Und mit der Erschaffung einer inneren Opposition, die die terroristische und separatistische Tätigkeit maskieren soll.
Jeder Standpunkt, der sich vom russischen unterscheidet, wird als Russophobie gebrandmarkt. Als Sponsor dieser Tätigkeit in Europa tritt unmittelbar die Regierung Russlands auf, die sich hinter angeblich unabhängigen und nichtkommerziellen Organisationen versteckt.
Das vollständige Archiv der Briefe des Stiftung-Mitarbeiters wurde an InformNapalm weitergeleitet. Sie können eine Kopie des Archivs erhalten, indem Sie sich an ruheight@gmail.com wenden. In Publikationen, die auf diesem Material basieren (oder auf der Kopie des Archivs) sind aktive Links zu InformNapalm und Ukrainian Cyber Alliance obligatorisch anzuführen.
Dieses Material wurde von Sean Townsend exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel; editiert von Klaus H. Walter.
Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich (Creative Commons — Attribution 4.0 International — CC BY 4.0 )
Die Angaben wurden von den Hackern der ukrainischen Cyberallianz exklusiv an InformNapalm zwecks Analyse und weiteren Veröffentlichung übergeben. Die Redaktion von InformNapalm trägt keine Verantwortung für die Erstquelle und die Herkunft der Angaben.
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