In 2014 hatte der Hybridkrieg Russlands gegen die Ukraine einen vielfältigen Charakter. Lieferungen von Waffen und Panzerfahrzeugen, Söldnern und sogar regulären russischen Soldaten über die unkontrollierten Stellen der russisch-ukrainischen Grenze waren aber trotzdem nicht ausreichend, um die Pläne zur Einnahme und Halten von ukrainischen Territorien zu verwirklichen. Das russische Militärkommando griff mehrmals zur unverschleierten Aggression, indem es die ukrainischen Streitkräfte vom Territorium des Rostower Gebiets aus unter Beschuss genommen hat. In nachfolgender OSINT-Untersuchung der internationalen Freiwilligengemeinschaft InformNapalm werden weitere Fakten für zukünftige Militärtribunale bereitgestellt, vor denen russische Militärangehörige als Zeugen oder Angeklagte stehen könnten.
Zur Hauptperson unserer Untersuchung wurde diesmal Ruslan Hafisow (geb. am 10.06.1984, Abschluss an der Artillerie-Kommandohochschule in Kasanj; VK-Profil, Moj Mir, Fotoalbum). Auf der Basis der Information, die in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wurde, ist Hafisow ein Offizier der russischen Streitkräfte im Rang eines Kapitäns. Er dient in der Raketen-Artilleriedivision der 18. selbstständigen motorisierten Schützenbrigade (Militäreinheit Nr. 27777, Stationierungsort: Chankala und Kalinowska, Tschetschenien). Diese Schlussfolgerungen haben wir aufgrund seiner militärischen Ausbildung und der Analyse von Fotos in seinem Fotoalbum gezogen, auf denen er in einer Militäruniform und vor dem Hintergrund von Militärfahrzeugen posiert. Auch sollte man die Kragenspiegel auf seiner Feld- und Paradeuniform beachten, wie auch das Brustabzeichen „Für den Dienst am Kaukasus“ und das Chevron der 18. Brigade.
Rostower Dienstreise
Im Sommer 2014 rückt die Abteilung von Ruslan Hafisow ins Rostower Gebiet zu „Manövern“ aus. Den Standort der Abteilung ist uns dank der Geotags auf den Fotos zu ermitteln gelungen. Diese zeigen auf den Raum zwischen Kujbyschewo und Nowoschachtinsk – das ist in 10 Km Entfernung von der Grenze mit der Ukraine.
Die Fotos weiter unten wurden im Oktober 2014 ins Fotoalbum hochgeladen. Beachtet man aber die satte Farbe der Vegetation im Bild und die sonnenverbrannte Haut der Verbrecher, waren die Fotos noch im Sommer gemacht worden. Das spricht dafür, dass die „Dienstreise“ im Oktober 2014 bereits zu Ende gewesen ist.
Auf einem der Fotos zeigte uns Hafisow Militärgerät (2B26, Raketenwerfer „Grad“ auf der Basis eines KamAZ-5350 und bewegliche Führungsstellen) in der Bewegung seiner Abteilung im Raum des Dorfes Krjukowo. Interessant ist hier, dass die Fahrzeuge keine Kennzeichen besitzen.
Weiter unten ist das für uns interessante Foto angeführt. Auf dem Foto sind drei Fahrzeuge 2B26 zu sehen, die in Schießstellung gebracht wurden und mit Kampfsatz geladen sind (Anfang Februar 2016 haben die Freiwilligen von InformNapalm diese Fahrzeuge bereits auf dem Territorium der Ukraine registriert, Einzelheiten unter folgendem Link). Dank dem Geotag und Orientierungspunkten auf dem Foto haben wir den genauen Standort ermitteln können (Nordöstlich vom Dorf Nowaja Nadeschda) und die anvisierte Zielrichtung der Artillerie.
Zur Info: Die Rakatenwerfer „Grad“ können abhängig vom Typ der verwendeten Raketengeschosse Ziele auf eine Entfernung von 20 Km treffen, unter Verwendung der neuen Geschosse (9M521) – bis zu 40 Km.
Auf dem Screenshot unten sieht man Zielrichtung, vermutliche Stelle, wo das Geschoss beim Schiessen auf maximale Entfernung landen wird, wie auch den Wirkungsbereich im Falle des Richtungswechsels beim Schießen.
Wir erinnern daran, dass Russlands Streitkräfte im Sommer 2014 aktiv die Rohr- und Raketenartillerie für Angriffe aus dem Rostower Gebiet auf das Territorium der Ukraine eingesetzt haben. Einer der bekanntesten Fälle ist die Feuerführung aus dem Dorf Gukowo. Einzelheiten dazu im Artikel „Stellungen vom Grad-Raketenwerfer, der das Territorium der Ukraine aus Russland beschossen hat, wurden ermittelt“. Wenn wir die Lageberichte vom Juli-August 2014 analysieren, so finden wir Bestätigungen für Raketenwerfer-Angriffe auf die Stellungen der ukrainischen 79. Luftsturmbrigade im Raum der Dörfer Djakowo-Bobrikowo, und zwar im Lauf eines ganzen Monats (Einzelheiten hier und hier). Wenn wir uns den Screenshot oben genauer anschauen, so befinden sich diese Ortschaften auch im Wirkungsbereich von Hafisows Abteilung. Zusätzlich wurden im Lauf des 19. Juli 2014 die ATO-Stellungen nahe der ukrainisch-russischen Staatsgrenze dreimal beschossen, worüber der „Informationswiderstand“-Leiter Dmitry Tymtschuk berichtete. Das Feuer wurde mit „Grad“-Raketenwerfern und Mörsern vom Territorium Russlands aus geführt. Die Feuerstellungen der russischen Mannschaften, die ukrainische Soldaten angriffen, befanden sich nahe dem Dorf Nowaja Nadeschda (Rostower Gebiet, Russland). Später nannte der Aussenministeriumsleiter der Ukraine Pawel Klimkin den Beschuss des Territoriums der Ukraine seitens der Russischen Föderation eine Aggression (Quelle: UNN).
Auszeichnungen
Ebenfalls interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache der Auszeichnung von Kapitän Hafisow mit den staatlichen Kampfauszeichnungen zu Friedenszeiten: mit der Suworow-Medaille und dem Georgischen Kreuz IV. Kategorie.
Womöglich hatte er diese Auszeichnungen für seine Teilnahme an der Aggression gegen Georgien 2008 erhalten, kurz nach seinem Abschluss der Militärakademie in 2007. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass er diese Auszeichnungen für die Teilnahme am Hybridkrieg gegen die Ukraine erhalten hat. Wir haben schon paar mal über Militärangehörige der russischen Streitkräfte geschrieben, die für die Teilnahme am Krieg gegen die Ukraine mit Medaillen ausgezeichnet werden: hier.
Weiter unten ein Photo von ihm in Paradeuniform, das vermutlich am 9. Mai 2015 gemacht wurde:
Bonus
Auf der Basis seiner Freundesliste und dem gemeinsamen Foto aus der „Rostower Dienstreise“ haben wie noch drei Artillerie-Offiziere identifiziert. Das ist Ruslan Satdinow, geb. 22.01.1985, Abschluss an der Artillerie-Kommandoschule in Kasanj (Profil, Fotos):
Maxim Dubinin, geb. 09.02.1986, Abschluss an der Artillerie-Kommandoschule in Jekaterinburg (Profil, Fotoalbum):
Anton Garejew, geb. 14.02.1986, Abschluss an der Artillerie-Kommandoschule in Jekaterinburg (Profil, Fotoalbum):
Archive zu den Photos, die im Artikel verwendet worden sind:
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Untersuchungen von InformNapalm, in denen die 18. selbstständige motorisierte Schützenbrigade schon mal figurierte:
- „Drei Dienstreisen der 18. Brigade in den Donbass: Cherchez la femme“
- “Putins Eleven”: Selfie-Aufklärer der 18. SMSBr im Donbass“
- „Wie Pawel Gubarew die 18. Gardenbrigade auffliegen ließ…“
- „Panzer der 18. selbstständigen motorisierten Schützenbrigade aus Tschetschenien in der Ukraine“
Dieses Material wurde von Michail Kusnezow exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
CC BY 4.0
3 Responses to “Einsatz von Raketenwerfern der 18. Brigade russischer Streitkräfte für Artillerieangriffe auf die Ukraine”
29/08/2016
August 2014: Neue Beweise für die Beschüsse der Ukraine vom Territorium Russland aus - InformNapalm.org (Deutsch)[…] 2B26 der 18. selbstständigen motorisierten Schützenbrigade der Streitkräfte Russlands bereits registriert hatte. Diese Abteilung war im August 2014 im Raum des Dorfes Kujbyschewo […]
30/12/2016
Beweise der „ukrainischen Dienstreise“ der 120. Artilleriebrigade der Streitkräfte RF - InformNapalm.org (Deutsch)[…] „Einsatz von Raketenwerfern der 18. Brigade russischer Streitkräfte für Artillerieangriffe a…, 28.02.2016 […]
07/05/2018
21 von 35: An Beschüssen der Ukraine beteiligte Artilleristen der russischen 7. Militärbasis identifiziert - InformNapalm (Deutsch)[…] „Einsatz von Raketenwerfern der 18. Brigade der russischen Streitkräfte für Artillerieangrif…, vom 28.02.2016; […]